Arbeitszimmer | Rechenaufgaben und mehr

  • Seit sein Herr ihn aus Hispania zurückgerufen hatte, hatte sich Straton Gedanken darüber gemacht, warum es ausgerechnet jetzt erfolgte. Seine Mutter war krank und würde bald über den Styx segeln, und eigentlich hatte Aquilius von diesem Umstand gewusst - dass er ihn nun doch gerufen hatte, war eine Unbekannte in dieser großen Rechnung voller Variablen. Der Haushalt der villa Flavia Felix war zwar groß, aber durch die verschiedenen Haushaltsmitglieder doch in kleinere Teile unterteilt, es konnte kaum sein, dass es so vieles zu verwalten gab, dass seine Rechenkünste gebraucht würden. Wie so oft hatte Straton auf seine Fragen keine wirkliche Antwort erhalten, in dieser Disziplin - ausweichende Antworten - war Aquilius ebenso gut wie die anderen Flavier. Und so hatte der Grieche die morgendliche Stunde genutzt, und sich ins Arbeitszimmer seines Herrn begeben, um sich an die Buchführung des Aquilius zu machen, jetzt schon insgeheim davor schaudernd.


    Es gab Menschen, die Ordnung deswegen hielten, weil sie ihnen unerlässlich schien, um Klarheit über die Geschäfte zu haben, die sie tätigten. Es gab Menschen, die Ordnung hielten, weil ihnen Ordnung an sich gefiel - zu diesen Menschen zählte Straton - und es gab Menschen, die überhaupt keine Ordnung hielten, und leider zählte Flavius Aquilius zu eben jenen. Rechnungen hatte er früher schon überall dort deponiert, wo gerade Platz gewesen war, in Blumentöpfen, in Kachelritzen oder einfach irgendwo in die Ecke geknüllt, und das hatte der bisherigen Buchführung nicht unbedingt gut getan. Es herrschre einfach zu wenig Klarheit darüber, wieviel Geld sich in Aquilius' Haushalt wirklich bewegte, und zumindest Straton hatte bisweilen den Eindruck gewonnen, es war genauso schnell wieder weg, wie es hereingekommen war. Wenigstens hatte sein Herr ein festes Einkommen durch seinen Landbesitz.


    Gemächlich nahm Straton am Schreibtisch Platz und zog sich den Kasten mit Schriftrollen heran, in dem die wüsteste Unordnung herrschte - erfahrungsgemäß war auch dies der Ort, an dem die meisten verborgenen Ausgaben lauerten. Seufzend griff der Grieche nach seinem Abakus und begann, die ersten Aufstellungen nachzuzählen und nachzurechnen - eine ganze Weile lang konnte man nur das Klackern der Holzperlen hören, während Straton angestrengt rechnete. Dass sich im Nebenraum - dem cubiculum - jemand befand und ihn hören könnte, kam ihm erst gar nicht in den Sinn, im Augenblick war er zu sehr mit der chaotischen Buchführung seines Herrn beschäftigt.


    Sim-Off:

    Reserviert :)

  • Das war einer jener Morgen, die ich haßte! Wieder hieß es früh aufstehen, keine Zeit zum frühstücken, alles schnell, schnell! Gerade hatte Aquilius sein cubiculum verlassen, da hieß es für mich, mit der "Trümmerbeseitigung" zu beginen. Dieser Mann würde es in tausend Jahren nicht lernen, seine Kleider ordentlich hinzulegen, nachdem er sie abends ausgezogen hatte. Selbst mein keiner fünfjähriger Bruder hatte das mittlerweile gelernt! Nein, das darf Bridhe machen!
    Also sammelte ich alles auf, was so im Raum verstreut herum lag.
    Meine Stimmung hielt sich deshalb auch in Grenzen. Außerdem knurrte mir der Magen. Hatte ich doch gehofft, Attalus Frühstückspampe für Sklaven heute entgehen zu können. Mein nächstes Ziel, nachdem ich hier fertig wäre, würde dann zwangsläufig die Küche sein!
    Schließlich war ich im Begriff, das Bett zu machen, als mir ein eigenartiges Geräusch auffiel. Völlig ruhig verharrte ich einen Moment, um herauszufinden, woher es stammte. Es mußte von nebenan, aus dem Arbeitszimmer, kommen. Eigenartig! Aquilius wollte doch umgehend das Haus verlassen! Wer war denn dann in seinem Arbeitszimmer? Jetzt wollte ich es doch genauer wissen. Leise verließ ich das cubiculum und lauschte erst an der Tür zum Arbeitszimmer. Ja, da war es wieder, dieses klackernde Geräusch, das ich gehört hatte. Wer oder was war das?
    Da ich durch das Schlüsselloch nichts genaues entdecken konnte, öffnete ich schließlich ganz leise die Tür einen Spalt weit, um nachzusehen, was und vor allen Dingen wer, diesen "Lärm" verursachte.
    Es war dieser Neue, der sich erst gestern als Straton vorgestellt hatte. Er sah ziemlich beschäftigt aus und bemerkte mich anscheinend gar nicht. Erst als er aufsah, schloß ich schnell die Tür, damit er mich nicht bemerken würde. Ich blieb weiterhin vor der Tür stehen, denn meine Fragen waren noch nicht alle beantwortet und meine Neugier trieb mich. Ich wußte jetzt zwar, wer da drinnen war. Aber blieb mir doch weiterhin der Sinn des Ganzen verborgen. Außerdem ließ mich dies kurzzeitig mein Hungergefühl vergessen machen und schließlich war das auch eine willkommene Abwechslung zum Bettenmachen.

  • Mathematik hatte dem eigentlichen Leben gegenüber einen entscheidenden Vorteil - die Probleme, die einem begegneten, waren lösbar, und man musste zwar bisweilen kreativ sein, aber dafür blieben gelöste Probleme in der Regel auch gelöst. Probleme des wirklichen Lebens hatten die unangenehme Eigenschaft, sich nach einer Weile zurück zu entwickeln und wieder Probleme zu machen. Etwas, was den empfindlichen Ordnungssinn des Griechen ziemlich störte. Was seinen Sinn für Ordnung ebenfalls zu stören vermochte, waren die Rechnungen seines Herrn. Wie konnte man nur eine so katastrophale Buchführung zusammenwirtschaften? Sicher, es war nie Aquilius' Art gewesen, sich mit Rechendetails auseinanderzusetzen, er hatte eher die schöngeistige Art seiner Mutter geerbt, aber so wenig Talent konnte doch eigentlich kein Mensch für Zahlen haben. Stöhnend legte Straton eine Rechnung beiseite, die so mit Nebenrechnungen verschmiert war, dass man die eigentlichen Ziffern nicht mehr lesen konnte. Es war nicht die erste in diesem Zustand.


    Dann allerdings hielt er inne. Hatte er nicht etwas gehört? Ach was, sagte sich Straton, du musst dich getäuscht haben. Um diese Zeit war Aquilius längst aus dem Haus, und ansonsten war ja niemand anwesend. Wieder vertiefte er sich in die nächste Rechnung und war gerade dabei, einem Fehlbetrag nachzuforschen, als er aus dem Nebenraum wieder etwas hörte. Waren das Schritte gewesen? Nein, so laut ging doch niemand. Es hatte sich eher angehört, als hätte jemand etwas abgestellt. Hm. Langsam stellte er den Abakus ab und erhob sich so lautlos wie möglich aus dem Stuhl am Schreibtisch, um zur Tür zu schleichen. Es waren doch hoffentlich jetzt nicht irgendwelche anderen Sklaven im Bett seines Herrn zugange, während er nicht im Haus war? Es passierte viel, wenn die Herrschaft gerade nicht so genau hinsehen konnte, und überrascht hätte es den Griechen nicht. So riss er mit einem Mal die Tür in seine Richtung auf und spähte forschend in den Nebenraum - nur um dort jemanden zu entdecken, den er schon kannte.
    "Bridhe? Was machst Du denn hier?"

  • Mir blieb beinahe das Herz stehen, als plötzlich wer die Tür aufriß und dann auch noch meinen Namen aussprach. Natürlich wußte ich, daß es Straton war, denn sonst war ja niemand im Raum anwesend. Oh Mann, war mir das aber jetzt peinlich, einfach so entdeckt zu werden.
    Verlegen grinste ich ihm ins Gesicht und schwieg einen Moment. Doch sein Blick drängte mich dazu, mich zu erklären.
    Hallo! Ich bin´s nur. Ich hab´da so was gehört. Da wollte ich eben mal nachschauen.
    Etwas besseres fiel mir in diesem Moment nicht ein. Dafür war ich immer noch zu überrascht.
    Dann versuchte ich, an ihm vorbei ins Arbeitszimmer hinein zu schauen. Es interessierte mich doch jetzt wirklich, was er hier machte und was dieses eigenartige Geräusch verursacht hatte.
    Was machst du denn hier?
    Ich mußte ihm sicher wie eine naseweise Göre vorkommen, die nur eines im Sinn hatte, nämlich zu stören.

  • Der Blick des Griechen glitt durch das halb aufgeräumte cubiculum, dann schüttelte er leicht den Kopf. Wie so oft hatte Aquilius ein wahres Schlachtfeld an wild durcheinander liegender Kleidung hinterlassen, und eigentlich juckte es Straton sogleich in den Fingern, das Chaos schnellstmöglich zu beseitigen - wie immer, wenn er die wüste Nichtordnung seines Herrn sah. Es war schon kein angenehmer Gedanke mehr, dieser Zwang zum Ordnungmachen, und gerade hinter Aquilius konnte man andauernd herräumen, wenn er einen schlechten Tag hatte.


    "Du weisst schon, dass Flavius Aquilius unangenehm werden kann, wenn er Dich in seinem cubiculum erwischt und er Dich nicht dorthin befohlen hat, oder?" Wahrscheinlich gehörte sie zu den Sklaven, die hier im Haushalt aufräumten, so musste es sein - und wenn, dann hatte sie hier wirklich noch einiges an Abreit vor sich. Auf ihre Frage hin deutete er lässig mit dem Daumen hinter sich Richtung Arbeitszimmertür. "Ich prüfe die Bücher meines Herrn. Dafür hat er mich schließlich herbestellt, dass ich ihm in Zukunft seinen Haushalt organisiere. Wohl wegen der Hochzeit, die bevorsteht." Durch die geöffnete Türe war der Abakus noch recht gut zu sehen, und auch die inzwischen zum Teil geordneten und entknitterten Rechnungen, die sich angehäuft hatten. "Wem gehörst Du eigentlich?"

  • Was glaubte er denn, was ich hier machte? Sah es vielleicht so aus, als ob ich mir einen schönen Tag machte?
    Also, wenn es dich beruhigt, er weiß, daß ich hier bin. Er sagte es mir jeden Tag, Bridhe räum hier auf!, und Bridhe beseitigt jeden Morgen sein Chaos!
    Soso, er war also für den Rest von Aquilius´Lotterleben zuständig! Diesen Job wollte ich mit ihm auf keinen Fall tauschen. Das würde mir sicherlich den Rest geben!
    Doch ich wußte jetzt immer noch nicht, woher das seltsame Geräusch herrührte, was mich eigentlich dazu bewogen hatte, im Arbeitszimmer nachzuschauen. Schließlich entschied ich mich dazu, gezielt nachzufragen.
    Was hat denn da so geklackert?
    Nocheinmal fiel mein Blick in Richtung des Arbeitszimmers. Diesmal gelang es mir sogar, den Schreibtisch ins Visier zu nehmen. Darauf stand so eineigenartiges Ding, das ich noch nie zuvor gesehen hatte und was mir bislang auch noch nie augefallen war. Ich deutete darauf und fragte ihn danach.
    Was ist das denn? Übrigens, wir beide haben etwas genmeinsam!
    Geheimnisvoll lächelte ich ihm zu.

  • "Wir haben etwas gemeinsam?" wiederholte Straton mit einem vagen Klang des Zweifels in seinen Worten. Mit dieser Frau hatte er seiner Ansicht nach nur so viel gemeinsam, dass sie anscheinend beide demselben Herrn gehörten und beide dunkles Haar hatten. Nein, der Gedanke war schon fast lächerlich, und so trat er etwas beiseite, um auf den Abakus zu zeigen. Die Blöße, sie direkt nach der gemeinten Gemeinsamkeit zu fragen, wollte er sich vorerst nicht geben.
    "Das ist ein Abakus, er erleichtert einem das Rechnen größerer Zahlenbeträge," damit deutete er auf die einzelnen Holzperlen. "Was Du da wohl gehört hast, war, dass ich diesen Abakus benutzt habe. Er dient letztendlich als Gedankenstütze, denn je größer die Zahlen werden, mit denen man arbeitet, desto eher macht man einen Fehler, wenn man sich nicht ein bisschen hilft. Und gerade, wenn es um alle Rechnungen der letzten Zeit geht, um zu sehen, wieviel Geld der Herr eingenommen hat und wieviel ausgegeben, ist es wichtig, keine Fehler zu machen." Und da wartete noch ein ganzer Berg Arbeit. Straton mochte Zahlen. Aber am liebsten mochte er Zahlen, die ordentlich waren, nicht dieses Zahlenchaos des Aquilius.

  • Aufmerksam hörte ich Straton zu, als er mir erklärte, was es mit diesem Abakus auf sich hatte und wofür er ihn brauchte. In der Tat, solch ein Gerät sah ich heute zum ersten Mal. Daher konnte ich mir nicht so recht vorstellen, wie man damit sehen konnte, wo denn das ganze liebe Geld abgeblieben war.


    Das ist ja interessant. Und wie funktioniert dieser Abakus?


    Ich fragt nicht nur aus reinem Interesse, sondern eigentlich wollte ich gerne noch etwas über ihn selbst erfahren. Unser gestriges Zusammentreffen war eigentlich nur recht kurz verlaufen und wurde dann auch noch jäh unterbrochen. So hatte ich noch gar keine Gelegenheit gefunden, mir über ihn ein rechtes Bild zu machen.
    Außer das er auch Aquilius´ Eigentum war, sich gut mit Zahlen auskannte und bislang den Sklavenfraß boykottierte, wußte ich eigentlich noch gar nichts über ihn.

  • "Komm, ich zeige es Dir," sagte Straton schlicht und trat zurück ins Arbeitszimmer, um sich am Schreibtisch niederzulassen. Er notierte die derzeit eingestellte Zahl auf den Rand eines Papyrusblatts, das ohnehin schon ziemlich verschmiert war, und schob dann die Kugeln in den Rillen wieder an den richtigen Ausgangsort.
    "Im Grunde ist es gar nicht so schwer, Du musst Dir nur merken, welche Einstellung dieser Holzkugeln für welche Zahl steht. Wenn Du also diese Kombination einstellst -" Stratons Finger schoben zwei Kugeln in den Rillen umher. "- symbolisiert dies die Zahl neun. So viele Finger, wie deine beiden Hände haben, minus einen. Möchte ich zu dieser Zahl noch etwas hinzufügen, sagen wir eine drei -" damit hob er drei Finger, "- fügt man den Kugeln für die neun noch das Symbol für die drei hinzu und hat am Ende das Ergebnis, das man haben möchte - zwölf. Nach diesem Prinzip kannst Du mit Zahlen arbeiten, die so groß sind, dass man sie nicht im Kopf behalten kann - solange Du Dir nur merkst, welche Kugeln an welchem Ort für welche Zahlen stehen. Mit einiger Übung wird man darin so schnell,. dass man nicht mehr erst überlegen muss, welche Kugeln wofür stehen, sondern dass man die Zahl, die man eingestellt hat, sofort sieht."


    So, wie sie nun neben ihm stand, konnte er ihren Geruch einatmen - und sie wohl den seinen, der eine vage Andeutung einer hebren Sandelholznote beinhaltete. Es war für einen Augenblick der Hauch einer seltsamen Intimität vorhanden, die ihn in seiner Erklärung innehalten ließ, dann jedoch straffte er seine Gestalt wieder und blickte sie aus fast unbewegter Miene an. "Im Grunde kann das jeder lernen, der sich ein bisschen darin übt, sich Dinge zu merken. Wenn Du willst, bringe ich es Dir bei - es ist ziemlich nützlich, wenn man nicht von jedem Händler übers Ohr gehauen werden will."

  • Es hatte sich eigentlich komplizierter angehört, als es dann tatsächlich war! Als Straton mir das Erklärte anhand des Abakus verdeutlichte, begriff ich wovon er sprach. Eigentlich war es dann recht einfach, wenn man die Funktion des Gerätes kannte. Sicher gab es auch immer wieder Situationen, in denen es hilfreich sein konnte, rechnen zu können.
    Mir schien, es war ein eigenartiges Gefühl, so nah bei ihm zu stehen, hatte doch gestern noch diese gewisse Distanz zwischen uns bestanden. Ich konnte nicht recht behaupten mich wohl oder unwohl in seiner Nähe zu fühlen. Auch hätte ich nicht recht sagen können, was mich an ihm anzog. War es dieser würzig-herb dezente Duft, der von ihm ausging, war es seine Ausstrahlung auf mich, seine Fingerfertigkeit, mit der er den Abakus bedient hatte oder vielleicht auch seine Statur. Ich wußte es nicht.
    Mir war auf einmal so, als wäre ich wie benebelt. Hatte ich zu Beginn seiner Ausführungen noch eifrig mit dem Kopf genickt, war es jetzt, als sei ich ganz weit weg.
    Sein Angebot, mir diese Fertigkeit beizubringen, stieß zunächst auf ein Schweigen meinerseits. Erst mußte ich wieder meine Gedanken sammeln und wieder zu mir kommen.
    Mechanisch kam dann meine Antwort.
    Oh...ja! Es wäre sicher hilfreich. Wenn du möchtest, kannst du es mir gerne beibringen.

  • Der Grieche blinzelte ein wenig, als sie sich einverstanden erklärte, den Umgang mit dem Abakus zu erlernen - für einen kurzen Moment lang war ihm der Faden seiner eigenen Erklärung verloren gegangen, aber dann zog er die Augenbrauen zusammen und konzentrierte sich wieder auf das eigentliche Thema des Gesprächs, tippte mit einem Finger auf die unordentlich wirkenden Rechnungen, von denen eine große Menge ziemlich zerknüllt aussah, und meinte: "Wenn ich das hier fertig habe, zeige ich Dir gern die ersten neun Zahlenstellungen, aber zu sehr viel mehr werden wir heute wohl nicht kommen. Er hat noch einen ganzen Kasten voll mit irgendwelchen Rechnungen und Verträgen, sodass ich nicht weiss, wann genau ich mich Dir widmen kann."
    Als die Worte heraus waren, hätte sich Straton am liebsten mit der Hand an die Stirn geklatscht. Was sie jetzt wohl denken mochte, der Satz war ziemlich zweideutig gewesen - und er hatte die hühnenhafte Gestalt ihres Geliebten noch sehr gut in Erinnerung. Am Ende würde er sich noch mit dem Germanen prügeln müssen, weil sie glaubte, er hätte sie falsch angesprochen. Aber andererseits ... ihr Blick und der seine begegneten sich kurz, und ehe dieser Kontakt zu intensiv werden konnte, räusperte sich Straton merklich.


    "Kannst Du lesen und schreiben, Bridhe? Wenn ja, wird es Dir deutlich leichter fallen, auch das rechnen zu lernen, wenn nicht ... nun ja, wenn der Herr es erlaubt, kann ich Dir auch das beibringen." Wie lange hattest Du jetzt eigentlich keine Frau mehr? Oder überhaupt jemanden? überlegte Straton insgeheim und atmete stumm den noch immer übermächtig scheinenden, zarten Geruch der jungen Frau ein, vorsichtig, sodass sich die Nasenflügel dabei nicht verräterisch bewegten. Lass es. Du bist hier nicht in Hispania. Es war ein großer Haushalt und irgendwelche Spaßaktionen untereinander führten auf lange Sicht ohnehin nur zu Problemen. Meist zu Problemen wie diesem Germanen, zu breit, zu kräftig, zu ... germanisch. Wobei es sicherlich amüsant zu betrachten sein würde, überlegte er weiter, zu sehen, was geschehen würde, sobald die Variablen in diesem Spiel einen eigenen Willen entwickelten. Ob Aquilius mit ihr schlief?

  • Es schien, als habe ihn meine Antwort überrascht. So wußte er wohl nicht gleich, was er darauf sagen sollte. War er etwa verlegen?
    Auf den Berg Rechnungen zeigend, wollte er mich wohl auf später vertrösten.
    Ah ja, die neun Zahlenstellungen. Das wäre ja schon eine ganze Menge! Mhhm ähm ja, später widmen. Später widmen? Oh wie schade! Ich weiß gar nicht, ob ich später vielleicht noch Zeit habe.


    Eine gewissen Enttäuschung konnte man meinem Gesicht schon ablesen. Wußte ich doch nicht, was heute noch so alles anstehen würde. Eigentlich war ich an diesem Morgen noch nicht in den Genuß eines halbwegs ordentlichen Frühstücks gekommen und mein Masgen begann zu knurren. Das konnte zwar einerseits meine Konzentrationsfähigkeit etwas herabsetzen, andererseits aber auch dazu führen, recht unbeherrscht zu werden.


    Sein Angebot, mir das Lesen und Schreiben beizuringen, fand ich richtig gut .So müßte ich nicht mehr, bei Mago, diesem ständig schlechtgelaunten Langweiler, in der Bibliothek abhängen.


    Vor einigen Tagen habe ich damit begonnen, es mir anzueignen. Das wäre sehr schön,wenn du mir dabei unter die Arme greifen könntest und mich dann vielleicht noch in die Geheimnisse der Zahlenkunst einführen könntest.
    Nicht einmal im Traum hatte ich daran gedacht, daß man meine Worte als eine Zweideutigkeit hätte auffassen können. Vielleicht war ich einfach so naiv, um nicht zu merken, was in ihm vorging. Was er dachte.

  • "Ich bin auch die nächsten Tage noch hier, eine Gelegenheit wird sich sicher finden. Zur Not bitte ich den dominus, dass er Dir einen Nachmittag frei gibt, denn mit einigen kurzen Erklärungen ist es nicht unbedingt getan, ohne etwas Übung dabei ist es recht sinnlos, sich damit zu beschäftigen," erwiederte der Grieche, nun wieder deutlich gefestigter. Dass sie nun auch noch in Wortkombinationen verfiel, die man zumindest mit etwas Phantasie als zweideutig empfinden konnte, stellte Straton vor eine Frage, die er mangels Kenntnis ihres Charakters noch nicht eindeutig beantworten konnte - war es Absicht, dass sie so sprach, oder tat sie es arglos? Es gab genug Frauen, die gerne spielten, aber was er nicht wusste, war, ob sie zu jenen zählte oder eben nicht.
    "Das lesen und schreiben ist ohnehin nichts, was man an einem Tag lernen könnte," fügte er dann sicherheitshalber hinzu, wer wusste schon, was sie sich bisher angeeignet hatte. Damit schob der Grieche den verworrenen Stapel zerknitterter Rechnungen beiseite und meinte dann: "Hast Du heute schon gefrühstückt? Allein beim Gedanken an diese Pampe, die es garantiert wieder gibt, wird mir schon schlecht." Unverfängliche Themen eigneten sich nach wie vor am besten, um ein gutes Klima mit einem fremden Menschen aufzubauen, alles weitere würde Straton dann eben sehen müssen.

  • Ich sah ein, daß er recht hatte. Innerhalb so kurzer Zeit wäre nicht gewonnen worden. Einen ganzen Nachmittag dafür zu investieren, wäre sicher sinnvoller gewesen.
    Ja, ich könnte Aquilius heute Abend auch einmal fragen. Der sagt sicher nicht nein.
    Upps, jetzt hatte ich vielleicht doch etwas zu viel verraten. Er fragte sich sicher, was ich abends noch bei Aquilius zu schaffen hatte. Doch ich lenkte gleich wieder vom Thema ab, als er nach meinem Frühstück fragte.
    Ach, weiß du, eigentlich habe ich noch gar nichts heute Morgen gegessen und mir knurrt auch schon mächig der Magen. Wie siehts mit dir aus? Hast du etwa schon gefrühstückt? Weißt du was, ich gehe runter in die Küche und besorge uns was! Aber nicht dieses Mistzeug, sondern was Genaues!
    Spitzbübisch lächelte ich, denn ich hatte mir schon meinen Plan zurecht gelegt, wie ich an besagtes Genaues herankommen würde.

  • So lagen die Dinge also ... Straton hob leicht einen seiner Mundwinkel zu einem angedeuteten Schmunzeln. Sein Herr (und Freund) hatte sich die hübsche junge Frau in sein Bett geholt, wen wunderte es? Wäre er an Aquilius' Stelle gewesen, hätte er sicherlich auch darüber nachgedacht. Vielleicht würde sich ihm noch die Gelegenheit bieten, der Natur dieses Arrangements ein wenig nachzuspüren, wenn sich auch die Zeit dazu fand.
    "Du glaubst Doch nicht ernsthaft, dass ich freiwillig irgend etwas essen werde, was aus dieser versifften Küche stammt? Da muss man ja befürchten, dass man krank wird und schwach noch dazu. Ich frage mich wirklich, wieso die culina in einem so schlechten Zustand ist, lasst ihr euch das hier wirklich gefallen?" Der Grieche schüttelte den Kopf - zumindest das war in Hispania eindeutig besser, man ließ die Sklaven nicht in einem dreckigen Loch essen, und die Qualität der Nahrung war ebenso sehr viel höher als das, was er hier hatte sehen und riechen müssen.
    "Und was meinst Du mit 'etwas Genaues'?" Nicht, dass er etwas gegen ein Frühstück einzuwenden hätte, aber wer konnte schon wissen, was sie sich da dachte?

  • Hallo?! Von welchem Stern kam der denn? Ob wir uns das hier so gefallen lassen würden? Darauf gab es nur eine Antwort!


    Ähm, Straton, den Kummerkasten für Sklaven hat man letzt Woche wegen Überfüllung abgehängt! Was glaubst du denn? Meinst du hier kümmert sich auch nur einer drum, was uns schmeckt oder was nicht?
    Mal ganz unter uns, die culina ist gar nicht so schlecht, jedenfalls, das was für die Herrschaften gekocht wird. Doch wir werden nur mit dem was übrig bleibt oder den Abfällen abgespeist. Ich habe es selbst gesehen. Sowas würde ich meinem Hund nicht mal zum fressen hinstellen!


    Ich mußte nur an den Fraß denken und schon drehte sich bei mir der Magen um. Doch mittlerweile ging nichts mehr umzudrehen, denn er war völlig leer und rebellierte lautstark.
    Das Wörtchen Genaues
    hatte wohl sein Interesse geweckt. Vielleicht hatte er ja wirklich noch nichts bekommen. Dann müßte ich eben mit ihm teilen.
    Och, weißt du. Ich hole morgens immer für Aquilius das Frühstück. Seitdem ich das mache, bekommt er immer reichlich, wenn du verstehst, was ich meine. Das reicht dann immer noch für mich.
    Naja, heute ist er ohne besagtes Frühstück aus dem Haus gegangen. Aber die Schnarchnasen in der Küche wissen das ja natürlich nicht. Und da wollte ich jetzt mal runtergehen und, ähm uns was organisieren.

    Unschuldig, wie ein Lämmchen schaute ich wieder drein.

  • "Wahrscheinlich wird hier wirklich anders mit Sklaven umgegangen als in Hispania. Im Haushalt der Eltern meines Herrn werden wir besser versorgt - auch nach beider Tod hat sich das nicht geändert. So weltfremd Flavius Atticus mit vielem auch gewesen ist, er wusste sehr genau, dass jemand, der viel harte Arbeit verrichten muss, auch ein anständiges Essen braucht, wenn er nicht umfallen will vor lauter Erschöpfung. Ich werde dieses Thema einmal zum Herrn bringen. So, wie es hier aussieht, könnte man meinen, wir wären in der subura bei den ganz armen Leuten gelandet, und das kann ja nun wirklich nicht sein." Ihre Meinung zum Thema Essen wie Küchenabfälle teilte der Grieche in jedem Fall und verzog leicht angeekelt das Gesicht. Allein die Überlegung, dass diese Beköstigung ihm wohl die nächsten Wochen bevorstand, ließ seinen Magen vorsorglich revoltieren.
    "Im Zweifelsfall muss der Koch eben überzeugt werden, dass er uns dieses Zeug nicht servieren kann, wenn er weiterhin angenehm leben will." Die dunklen Augen Stratons glitzerten verdächtig, und es mochte der Eindruck entstehen, dass er diese Art Überzeugung nicht zum ersten Mal ausführen würde.


    "Na, bei einem kräftigen Mann fragt sich auch niemand, wenn er reichliches Frühstück bestellt, in sofern .. der Küche wird es nicht wehtun und dem Herrn auch nicht. Im Gegenteil, ich bin mir fast sicher, er würde es amüsant finden, wie Du Dir Dein Essen organisierst. Früher, als wir noch Kinder waren, haben wir oft irgend etwa aus der culina geklaut, wenn uns das Essen am Tag nicht geschmeckt hat ..." Seine Kindheit war, gemessen an der anderer Sklaven, auf jeden Fall sehr aufregend und amüsant verlaufen - und er erinnerte sich gerne an die Streiche, die er gemeinsam mit Aquilius jedem im Haus gespielt hatte.

  • Ich stellte mir gerade vor, wie er Attalus davon überzeugen wollte, zukünftig seine Creation für die Sklaven umzustellen. Dabei mußte ich grinsen. Wer Attalus einmal kennenlernen mußte, wußte, daß dieser Mann alleine mit mit seinen Blicken töten konnte! Doch sicher würde diese Auseinandersetzung lustig werden und auf alle Fälle wieder etwas Abwechslung bringen.
    In diesem Haus mußt du wissen wo du bleibst. Von irgendetwas muß ich ja schließlich leben, sonst wäre ich schon längst verhungert.
    Also, ich interpretiere das mal als ein JA! Gut, dann geh ich mal schnell und hole was für uns! Bis gleich!

    Gesagt, getan!
    Sofort eilte ich aus dem Raum, die Korridore entlang, hinunter zur Küche. Dort orderte ich, wie immer, das Frühstück für meinen Herrn.
    Mit einem vollbepackten Tablett kehrte ich wenig später zurück.
    So, da bin ich wieder! Frisches Brot, etwas Schinken, Käse, frisches Obst, ein Kännchen mit Milch und Oliven. Die kannst übrigens gerne alle haben. Die mag ich nicht!
    Ich stellte das Tablett auf einen Tisch ab.
    Hier bedien´ dich!
    Ich schenkte die Milch in den Becher ein, den ich mitbekommen hatte und verteilte die Speisen auf dem Tisch. Dann griff ich mir ein Stückchen Brot und nahm noch ein Stückchen Schinken dazu.
    Du und Aquilius, habt als Kinder früher zusammen gespielt?

  • Straton wartete geduldig, bis Bridhe mit dem Tablett voller Essen zurückkehrte, und das Warten hatte sich wirklich gelohnt. Auch wenn sie sicher noch nicht lange dabei war als Sklavin, die wichtigsten Tricks schien sie sich bereits angeeignet zu haben. Und dass sie Oliven nicht mochte, war ein weiterer sehr sympathischer Charakterzug an ihr - Straton mochte nämlich Oliven, sehr gern sogar. Aber er war klug genug, sie nicht auf diesen Umstand hinzuweisen, Frauen neigten leider sehr dazu, sich solches Wissen zunutze zu machen.
    "Da hast Du wirklich eine gute Auswahl zusammengestellt bekommen - ich kann kaum glauben, dass die Küche wirklich glaubt, dass der Herr das alles isst. Würde er das jeden Tag schaffen, wäre er inzwischen sicher dick und rund, und könntest Du Dir das vorstellen?" Zumindest innerlich grinsend schob der Grieche den Schreibtischstuhl zum Tisch und nahm sich ein Stück Brot mit einem guten Brocken des Ziegenkäses, begutachtete das Brot auf beiden Seiten und begann dann, als er sich sicher war, dass es noch gut war, zu essen.


    "Ja, haben wir. Genauer gesagt, sind wir gemeinsam aufgewachsen, mein Vater war der Leibsklave seines Vaters," gab Straton schließlich gleichmütig zu und kaute genüsslich den Käse, der wirklich gut war. Kein Vergleich zu dem elenden Zeug, das die Sklaven herunterwürgen mussten. "Danke übrigens. Ich hätte mir sonst heute wohl selbst etwas klauen müssen, diesen puls aus der culina werde ich nicht essen. Das Zeug macht sicherlich krank. Wer weiss, welchen Dreck der Koch da mit hinein mischt, dass es so aussieht wie frisch erbrochen."

  • Genüßlich kaute ich an meinem Brot und bediente mich anschließend auch beim Käse. Das ganze wollte ich dann mit etwas frischer Milch hinunterspühlen.


    Ich hab leider nur einen Becher bekommen. Den müssen wir uns eben teilen. Sláinte!


    Die frische Milch schmeckte einfach köstlich! Ich reichte ihm den Becher, damit er auch was abbekommen könnte.
    Ja er hatte recht! Zum Glück waren die Hohlkörper in der Küche noch nicht dahinter gekommen, daß Aquilius´Portionen extrem größer geworden waren, seitdem ich hier war.


    Na wenn er zu dick werden würde, müßte ich ihn gelegentlich mal durch die Villa scheuchen!


    Alleine bei diesem Gedanken, konnte ich mich kaum halten.
    Dann erzählte er von der gemeinsamen Kindheit, die er mit Aquilius verbracht hatte. Irgendwie konnte ich mir gar nicht vorstellen, daß mein Herr jemals ein Kind gewesen war.


    Na und wie war er so, ich meine, als Kind?

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