„Centurrrrio?“
Ein Schnurren an Marcus Ohr, wie eine lästige Fliege wollte Marcus das Summen hin weg scheuchen, doch es folgte ein Lachen und dann tropfte ihm etwas Kaltes ins Gesicht. Ärgerlich grummelte Marcus leise und öffnete ein Auge. Nein, er versuchte das Auge zu öffnen, doch schwere Gewichte schienen an seinen Lidern zu hängen. Langsam hob es sich dann doch und er starrte in ein verschwommenes gelbes Licht. Betörend tanzte es vor seinem Auge hin und her, schwebte mal nach unten, dann wieder nach oben. Ein schwarzer Schatten glitt davor hinweg, erneut landeten einige kalte Tropfen in seinem Gesicht. Hell klimperten silberne Kettchen, raschelte leichter Stoff, der kaum einen schlanken Körper verbergen konnte; es drang der Geruch nach sinnbetäubend duftenden Ölen an seine Nase. Die weiche Stimme einer Frau, mit einem guturalen Akzent, ertönte in seinem Ohr.
„Centuuuurrrrio? Aufwachen...“
Mühsam fokussierte sich Marcus auf das sanft geschwungene Gesicht der Frau. Wie hieß sie noch mal gleich? Marcus hatte es vergeßen. Es war ihm auch recht gleichgültig gewesen. Ihm schwirrte der Kopf, nein, er schwebte bereits unter dem Zelt, welches zu dem lupanartroß des Lagers gehörte, Tücher trennten das große Zelt in kleinere Räume, Marcus hörte das brünstige Stöhnen anderer Soldaten, die falschen Lustbezeugungen der lupae, damit die Männer schneller fertig wurden. Wo waren sie, die Legionen? Schon weit entfernt von Edessa, die Stadt, die in Marcus Geist zu einer Ansammlung von brauen und ockerfarbenen Häusern verschwamm, umrahmt von vielem Grün. Eine Enttäuschung war die Stadt, weder schöne dunkelhäutige Exotinnen hatte Marcus ergattern, noch sonderlich groß Beute machen können. Aber die marginale Frustrierung war schon längst vergeßen. Warme Schenkel, viel Wein und gutes Essen hatten Marcus in den letzten Tagen das Leben wieder erträglich gemacht. Viva la vita!
Seine pelzige Zunge fuhr über die trockenen Lippen und er rappelte sich etwas in die Höhe.
„Hast Du noch Wein, Venustas?“
Vinum, fututio, pecunia, das waren alles Wörter, die die lupa aus dem fernen Africa sehr gut verstand, sonst sprach sie eine Mischung aus dem ägyptischen Griechisch, dem niederen Latein der Soldaten und ihrer Muttersprache. Sie drückte Marcus einen Becher mit rot schillerndem Nass in die Hand. Marcus stürzte den Wein herunter und seufzte, grunste dann leise und sah an sich herunter. Wo war seine Rüstung? Ah, im Lager. Wo war das Lager? Er wußte es nicht wirklich. Irgendwo hinter dem Troßlager. Seine Finger griffen suchend nach seiner Tunika. Einige Herzschläge später stand Marcus bereits an der Zeltplane, die frische Luft schlug ihm entgegen. Mit einer Hand tätschelte er die Wange der lupa, mit der Anderen drückte er ihr einige Münzen in die Hand.
„Bischt ein prächtig' Mäd...Mädchen, Venustas!“
Schon torkelte Marcus davon, über ihm schwankten bedrohlich die Sterne und in seiner Hand hielt er noch einen halb vollen Schlauch mit Wein. Jeder Schluck half ihm, unangenehme Gedanken von sich fern zu schieben, die stets dann kamen, wenn die Arbeit weniger, wenn es still im Lager wurde und die Soldaten sich schlafen legten. Irgendwo dahinten schien das Tor aufzutauchen. Noch einmal benetzte Marcus seine Kehle mit dem wunderbar vergorenen Saft, versteckte den Schlauch schnell unter seinem Umhang und trat auf die pilamauer zu.
„Pssttt....la-...la-...laßt misch rein, Jungs!“
Zwei Soldaten spähten hinüber, starrten Marcus einen Augenblick mißtrauisch an und flüsterten dann leise miteinander.
„Ist das der Tribun?“
„Nein, ich glaub der centurio vom Abend. Wie viel hat er noch mal gezahlt?“
Münzen wurden gezählt.
„Geht so. Wir sollten die Preise anziehen.“
Einer der Soldaten spähte über die Spitzen hinweg.
„Parole?“
Marcus hielt sich mühsam an dem Torpfosten fest und spähte mit verkniffener Miene nach oben.
„Was für eine...? Häh?“
„Doch, das isser! Kannst rein kommen, centurio.“
Das Tor öffnete sich einen winzigen Spalt, leider nicht genug für Marcus nicht unbeträchtlichen Leibesumfang – schließlich war Marcus kein athletischer Jüngling mehr. Mühevoll versuchte er sich hindurch zu quetschen.
„Jungs, jetzt macht schon etwas mehr auf...ja, so ist's recht. Puh!“
Marcus tippte sich an die Stirn und torkelte weiter. Mal lenkten ihn die Schritte unkontrolliert nach Links, dann eine scharfe Kurve nach Rechts. In einer Lagergasse blieb Marcus stehen, griff nach dem Schlauch Wein und trank den fast letzten Tropfen. Er hob ihn an und presste noch den allerletzten Tropfen heraus, der sich an der Kante sammelte und dann auf seine ausgestreckte Zunge nieder fiel. Schwermütig seufzend versuchte Marcus den Beutel an seinen Gürtel zu binden, doch da er den Gürtel bei der lupa vergeßen hatte, scheiterte der Versuch, der Lederschlauch fiel auf den Boden und Marcus torkelte langsam weiter. Seine Füße wollten dummerweise immer mal wieder in eine ganz andere Richtung als der Rest seines Körpers, Marcus schwankte immer mehr, fühlte sich gar schon auf des Meeres Wogen. Herrje, wo waren nur die Zelte? DIE Zelte freilich- sein Zelt viel mehr. Da, er meinte schon endlich sein Zenturiozelt ausgemacht zu haben, das erlösende Bett- was ihn vor dem Sturm des Weinmeeres retten würde- war nahe und Marcus Füße flogen dem entgegen. Doch mehr nur in seinem Wunschdenken, denn schon verhakten sich seine Beine in zahlreichen Zeltseilen, deren Pflöcke tief im Erdreich steckten und es war Marcus Körper, der einen Herzschlag lang flog und mit seiner vollen Wucht – dank des nicht wenigen Gewichtes – auf dem Erdboden landete, Zeltpflöcke wurden heraus gerißen, Seile zischten davon und ein Zelt stürzte neben Marcus ein. Marcus indes lag auf allen Vieren und es schwindelte derart um ihn herum, daß er nicht wußte, wo oben und unten war. Lag er auf dem Himmelsdach oder der kalten Erde? Schon einen Moment später war ein leises Schnarchen von ihm zu vernehmen. Selig entschlummerte Marcus und merkte nicht, daß sich Füße ihm näherten...
SimOff: Herrje, da würde wohl gerne jemand zuerst antworten. Wie nennt man das im IR? Reserviert, aber natürlich nur der nächste Beitrag zumindest.