Ein Tag am Meer - oder: Patrizier auf Erholungs(kurz)urlaub

  • "…Sand lässt den Sand nicht alleine … hmm … joa, das könnte man so sagen ..." Angesichts der fast schon philosophischen Ansichten der Kleinen kratzte ich mich nachdenklich am Kopf und stocherte mit meinem Fuß ein wenig in dem weichen Sand herum. Es war schon seltsam, aber gleichzeitig auch so schön mit an zu sehen, wie fremd und faszinierend zugleich solche einfachen Dinge für Tilla waren. Ich konnte einfach nicht anders, als dieses Mädchen in mein Herz zu schließen. Ich folgte ihr also mit Ikarus an der Leine zur Sandburg hin und begutachtete erst einmal kritisch das Bauwerk aus Sand.


    Tilla wollte anscheinend wissen, wie man Sandburgen baut und wieder einmal verblüffte sie mich mit ihrer Unwissenheit. "Du weisst nicht, wie man eine Sandburg baut?", fragte ich sicherheitshalber nach und beäugte Tilla kritisch mit einer erhobene Augenbraue. Ob sie mir einen Bären aufbinden wollte? " … also du nimmst Sand, mischt etwas Wasser darunter und formst ihn mit deinen Händen oder einem Behälter … einem Becher zum Beispiel … bis du ein solches Gebilde wie das hier geschaffen hast.", versuchte ich zu erklären, indem ich die Arbeitsshritte mit meinen Händen in der Luft nach ahmte. So ging das doch, oder? Na ja, ich glaub ich war damals fünf oder sechs, als ich das letzte Mal eine Sandburg gebaut hatte. Noch während ich meinen Ausführungen folgend die Sandburg begutachtete, wurde Tillas Afmerksamkeit schon wieder auf etwas anders gelenkt. Was mach wer, sie, unsere Herrin? ...


    Ich folge ihrem Blick und mein Mund stand wohl etwas offen dabei. Unsere Herrin lief da so einfach quer über den Strand auf das Wasser zu, verfolgt von dem Flavier und mich fröstelte schon bei dem Gedanken, mich in diese eiskalten Fluten stürzen zu müssen. "hmm ... ich glaub die beiden gehen baden, Tilla!", stellte ich lapidar fest und zuckte nur mit den Schultern. Was sollte ich dagegen tun? Als ich wieder zu Tilla blickte gefiel mir ihr besorgter Gesichtsausdruck gar nicht. Ihr ausgestreckter Arm zeigte auf das Wasser, aber da konnte ich beim besten Willen nichts Sonderbares erkennen. Eine Haifischflosse? - Fehlanzeige. "Ja das ist Wasser! Aber wenn du mir jetzt auch noch weiß machen willst, dass du das auch nicht kennst werf ich dich eigenhändig da rein!", drohte ich ihr scherzhaft und deutete in Richtung Meer, denn so langsam beschlich mich das Gefühl Tilla wollte sich wirklich einen Spaß mit mir erlauben.

  • Ne-hein... ich weiss es wirklich nicht. erwiderte sie und lauschte aufmerksam seinen Beschreibungen wie man es denn anstellte diesen weissen Sand in Form zu bringen und damit zu bauen. Zuallererst den Sand mit Wasser mischen bevor er in den Becher kommt? fragte sie nach, ob sie es denn anhand seiner Gesten auch richtig verstanden hatte. Wie Kuchen backen.. nur ohne Ofen? Durch das Zusehen und Zuhören war sie vom Geschehen am Strand abgelenkt und errinnerte sich wieder an die Flosse als Hektor sie fragte, ob sie Wasser nicht kannte? Doch-och.. ich kenne Wasser.. aber.. aber.. baden? Da drinnen?


    Ihr Blick wanderte wieder an der immer noch unruhigen Luna zum Meer zurück. Hatte er die Flosse nicht gesehen? Im Zuber sind keine Tiere.. aber da draußen schon. versuchte sie sich erneut Hektor mitzuteilen. Vorhin hab ich was schwarzes glänzendes gesehen. Tilla klaubte eine Muschel auf, steckte sie zwischen die Finger ihrer linken Hand, bewegte sie wie ein schwimmender Fisch auf und ab. So.. und so ist die geschwommen. Auf und ab. Wieder unterm Wasser. Sie schmiss die Muschel fort, schüttelte den Kopf und zeigte erneut die besorgte Miene, rieb sich den kribbelnden Nacken. Nein... das gefällt mir nicht. Ich mache keinen Spaß. Fest umklammerte sie die Leine der Schimmelstute und machte sich daran mit ihr zum Strand runterzulaufen. Mit jedem Schritt gewöhnte sie sich immer mehr an die Unebenheiten des weissen Sandes.


    Einer der flavischen Sklaven stellte sich ihr in den Weg, verwehrte ihr den Zugang zu dem Abschnitt in dem die Erwachsenen badeten. Er hatte sie nicht in dem Gefolge gesehen, demnach hielt er Tilla für eine Unbekannte, die es fortzuschicken galt. Sie sah sich hilfesuchend nach Hektor um. Mit Tränen in den Augen, die auch vom neu erstarkten Wind stammten, wandte Tilla sich mit Luna ab, trottete hinunter zum Wasser. Hier war der Sand feucht. Sie sank mit den Füßen ein, zog die nassgewordenen Sandalen ab und knotete sie an den Gürtel. Auch Lunas Hufe versanken im Watt, hinterliessen große Hufabdrücke, die wieder mit dem feuchten Element aufgefüllt wurden. Staunend betrachtete Tilla dieses Geschehen und klaubte eine rosafarbene Muschel vom Boden auf. Ihr Nacken kribbelte immer noch. Ziemlich arg sogar. Fest umklammerte sie die Muschel, wünschte sich, dass diese Flosse eines Hais verschwinden würde. Das Meer umschmeichelte ihre zarten Knöchel. Der Wind zerrte an ihren Haaren. Luna wieherte. Warum wusste keiner. Tilla bemühte sich die Köpfe der badenden Erwachsenen im Auge zu behalten.

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius


    Oh nein! Ein Leben an der Seite eines Hohlkopfes, der sie nicht zu würdigen wüsste, konnte sich Prisca in der Tat nicht vorstellen. Eine Aurelia war stets anspruchsvoll und fordernd in Bezug auf ihre eigene Person! Andererseits war eine Aurelia ebenso natürlich und leidenschaftlich was ihre Gefühle und Empfindungen betraf und Prisca war in der Stimmung, diese auch offen zu zeigen. Und gerade was das Feuer der Leidenschaft betraf, loderte diese Flamme immer stärker in ihr. Nein, Flavius Aquilius war ganz sicher kein Hohlkopf. Dazu war seine ganze Art und sein Handeln einfach viel zu phantasievoll. Und dies machte ihn zu einem Mann, der es sicher verstand, einer Frau die Liebe zu geben die sie forderte. … Die Liebe? … Gerade in diesem Punkt ließen seine Worte Prisca zweifeln, ja sie enttäuschten sie soger ein wenig. … er hält die Liebe für trügerisch und überbewertet, kein Mensch sei auf ewig dafür geschaffen, denselben zu lieben ? … von welcher Liebe spricht er denn jetzt? … die Liebe hat doch so viele Gesichter!... kennt er sie am Ende gar nicht? … kann er am Ende gar nicht lieben? ...


    So wie er jetzt vor ihr stand und bei ihrem Anblick stammelte, wusste sie an welche Art von Liebe er dabei dachte. Ein Gedanke den sie gemeinsam teilten, obgleich diese Erfahrung Prisca noch gänzlich unbekannt war. Aber es ging doch nicht nur um diese reine körperliche Liebe. Es gab doch soviel mehr was zwei Menschen in Liebe miteinander verbinden konnte, als nur gemeinsame Interessen. Nein, Prisca wollte nicht nur die Gesellschaft eines Mannes, sie wollte seine ganze Liebe spüren! Aber war das jetzt der richtige Zeitpunkt, um dieses Thema weiter zu vertiefen? … Es war wohl auch der Grund für ihren spontanen Entschluss, sich statt einer Antwort vorerst in die Fluten stürzen zu wollen. ..


    Und es war so befreiend im Lauf die unendliche Weite des Meeres vor sich zu sehen, in der festen Absicht sich fallen zu lassen und sich augenblicklich darin zu verlieren. Alleine? - Nein, gemeinsam! Prisca spürte wie seine Hand nach der ihren Griff und ihre Finger schlossen sich vertrauensvoll um die seinen. Sie ließ sich von ihm mit ziehen, immer schneller einfach auf das Wasser zu. War das nicht auch eine Art der Liebe, jemanden zu vertrauen? "Ja die Liebe ist wundervoll! ...", keuchte sie etwas außer Atem, von ihm gezogen hinterher rennend und es mochte zusammenhangslos klingen, da sie erst seinen Worte von vorhin widersprechen konnte. "… aber … man muss sie leben und das jeden ...Tag! … sie gemeinsam aufs neue entdecken, sie ausprobieren … auskosten … sich ….lieben ….und vertrauen …." Priscas Worte verloren sich immer mehr im Wind, je näher sie dem Wasser kamen und letztendlich konnte sie gar nicht mehr weitersprechen. Mochten ihre Ansichten auch noch so naiv und unerfahren klingen, so war es doch Priscas feste innere Überzeugung, welche noch nie zuvor von einem Mann berührt worden war.


    Schon wurde sie von einer Welle erfasst und einfach umgerissen. Das eiskalte Wasser umspülte ihren ganzen Körper und Prisca hielt augenblicklich den Atem an, bis sie prustend zurück an die Oberfläche kam. Wie eine zweite Haut legte sich die nasse Tunika um ihren Körper und Priscas Lippen bebten vor Kälte. Sie bemerkte es nicht einmal, denn dieser Moment war es einfach nur herrlich erfrischend und belebend. Prisca warf den Kopf etwas zurück und strich sich die Haare aus dem Gesicht, um dann das dunkle Wasser nach ihrem Begleiter abzusuchen, den sie sogleich direkt neben sich erspähte. "….d d das …Wa Wa Wasser ist … herrlich! … ka ka kalt … nicht wahr? … wollen wir um die Wette … schwimmen?", rief Prisca bibbernd in seine Richtung und versuchte trotz der Kälte ein warmes Lächeln zu Stande zu bringen. Was sich um sie herum sonst noch in den Tiefen des Meeres verbergen mochte, entging ihrer Aufmerksamkeit völlig. Nur die nächste Welle sah Prisca auf sich zu rollen und mit einem erheiternden Aufschrei warf sie sich ihr entgegen, tauchte ein und wurde kurzzeitig von der Brandung einfach mitgerissen …

  • Als mich die ersten Wellen des Meeres umfingen, musste ich unwillkürlich an einen Scherz denken, der noch aus meiner Jugend stammte - Straton hätte ihn sicherlich sofort erkannt. Wir hatten damals die Temperatur des Meerwassers, in das wir uns gern gestürzt hatten, mit der Abstandsspanne zwischen Daumen und Zeigefinger dargestellt - nicht die ideale Art und Weise, das einer Frau gegenüber anzugeben, deswegen verzichtete ich darauf, Prisca diese Methode der Temperaturbestimmung vorzuführen, zudem, der winzige Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger, den ich ihr dabei zeigen müsste, wäre auch kaum wirklich schmeichelhaft gewesen. Jungen kamen bisweilen auf die seltsamsten Dinge, und solch einen Blödsinn behielt man bis ins Mannesalter im Kopf.
    Dass sie mit meinen Ansichten über die Liebe nicht übereinstimmte, hatte ich nicht unbedingt gemerkt, und ihre eigenen Worte darüber bestärkten mich eher in der Ansicht, dass sie eben doch auch noch eine junge Frau war, die, wie ich es ihr nur wünschen konnte, von den schlimmsten Auswirkungen einer unglücklich verlaufenden Liebe bisher verschont geblieben war. Nur wer nicht wusste, wie tief man fallen konnte, wenn man nicht leben durfte, was man fühlte, konnte sich die Liebe so sehr wünschen.


    Lieber wollte ich den Moment genießen, den Augenblick leben, und mir über die Zukunft nicht mehr Gedanken machen, als unbedingt notwendig war, denn die Sorgen, die Grüblereien würden früh genug zurückkehren.
    "Vertrauen ... und Liebe ... sind gute Wegbegleiter, aber sie bedingen sich nicht grund...sätzlich!" prustete ich und hechtete im kalten Wasser umher, um nicht zu lange an einem einzelnen Ort stehen zu bleiben, denn dann würde ich garantiert sofort beginnen zu frieren. Bona dea, war dieses Wasser kalt! Und doch, ihre Hand lag warm in der meinen, und es schien mir, als sollte es so sein. Diese schlanke Hand, die doch einen sicheren Griff hatte, weiche Finger, die doch eine gewisse Stärke zu besitzen schienen, jene Hand war es, die mich sicherer in meinem Entschluss machte, sie heute noch zu fragen. Später, wenn wir nicht mehr wegen des eisigen Wassers prusten würden, wenn wir nicht mehr lachen würden ob des gemeinsamen Umherhüpfens im kalten Nass, wenn Ruhe eingekehrt war. Und doch hoffte ich, sie würde so lebendig, so warmherzig, so offen lächeln, wie sie es jetzt tat und unsere Narretei genoss. Ihre Hand löste sich, sie tauchte unter und ich blickte ihr so lange nach, bis sie wieder an der Oberfläche der sich kräuselnden Wellen erschien.


    "Eine gute ... Idee! Sonst ..frieren wir .. hier im Wasser fest!" rief ich ihr lachend zu, deutete dann geradeaus parallel zum Strand und fügte an: "Wer einen deutlichen Vorsprung ... hat ...gewinnt, einverstanden?" Und schon war sie weg, in die Fluten geglitten wie eine mystische Nixe, eines dieser rätselhaften Wesen der tiefen See, und ich brauchte einen Moment, um dies zu realisieren. Aber neben ihrem im Wasser weiß schimmernden Leib hatte ich weiter hinten etwas anderes erspät, etwas, das sich bewegt hatte, hell aufblitzend in einer schwungvollen Bewegung - was immer es war, es schien groß zu sein und definitiv zu nahe am Strand. Ich kannte das Meer inzwischen gut genug, und reiner Instinkt bracht mich dazu, nun ebenfalls ins Wasser zu springen, nicht wegen des Wettbewerbs, sondern um ihr schnellstmöglich nachzukommen, sie einzuholen und mit mir zum Strand zu ziehen, sie in Sicherheit zu bringen - wenn sie schwamm, würde sie mich ohnehin nicht hören, egal wie laut ich schreien mochte. Ich schluckte salziges, eisiges Wasser, doch ich nahm Geschwindigkeit auf, fühlte meinen Körper in den Schwimmzügen reagieren, wie ich schon als Knabe viel geschwommen war, ein kostenloses Vergnügen, nur war es diesmal kein Vergnügen, sondern Ernst ...

  • Zitat

    Original von Tilla Romania
    ... Vorhin hab ich was schwarzes glänzendes gesehen. ... So.. und so ist die geschwommen. Auf und ab. Wieder unterm Wasser.Nein... das gefällt mir nicht. Ich mache keinen Spaß.


    Was ist schwarz und schwimmt im Meer? Ich blies die Backen auf und überlegte. Vergessen war alles was ich zum Thema Sandburgen wusste. Spontan hätte ich ja jetzt gesagt: Das ist Prisca … Unsere Herrin hatte doch wundervoll schwarzglänzendes Haar, oder? Nein, Tilla wirkte viel zu besorgt um ihr das zu sagen, also überlegte ich weiter und sah Tilla dabei skeptisch an Was ist schwarz und schwimmt im Meer?. Noch während ich darüber nach grübelte, lief Tilla mit Luna an der Leine plötzlich los und hinunter zum Wasser. Ich also mit Ikarus hinterher, dabei dem flavischen Wachposten kurz zunickend, um dann neben Tilla endlich wieder zum stehen zu kommen.


    "Schwarz und glänzend sagst du? … " schwarz und glänzend, schwarz und glänzend ???… was schwam im Mittelmeer rum und sah so aus? Pinguine vielleicht? … Nee, solche Viecher gab´s zu unserer Zeit ja noch nicht … Ein Orcinus orca? Der verirrte sich zumindest vereinzelt ins westliche Mittelmeer, aber dann könnten wir Prisca und den Flavier schon mal getrost abschreiben. "Tilla, meinst du einen cetus? … einen schwarzen Hai? Also ich kenne nur den Weißen … Halt mal Ikarus!", sagte ich zu Tilla und drückte ihr auch schon die Leine meines Pferdes in die Hand. Ich schritt etwas ins Wasser hinein und dachte mir … uhhh ist das kalt! …. Aber es half wohl nichts. Noch einmal suchte ich das Wasser nach der Flosse ab, die Tilla angeblich gesehen hatte. …Und siehe … "Daaa! Tilla! … dort draußen, war es das, was du eben gesehen hast?",rief ich ihr aufgeregt zu und deutete auf Etwas was parallel zum Strand und zu den beiden badenden Patriziern schwamm. Es war schwarz glänzend, hatte eine Flosse und schwamm ziemlich zügig … nur was ES war konnte ich nicht erkennen, da es gerade in dem Moment wieder abtauchte … Hmm, ob Priscas Onkel mich wohl freilassen oder eher töten ließe, wenn ich ihm die Nachricht überbringen würde, dass seine Nichte beim baden im Meer von einem ES gefressen wurde? Schoss es mir ungewollt durch den Kopf während ich reflexartig weiter ins Wasser hinein lief ...

  • Zwischen den Wellen der doch recht belebten See blieb nicht viel Zeit, um einen Blick auf den Flavier erhaschen zu können. Dabei würde sich gerade jetzt in dem leicht bekleideten Zustand ein Blick auf seinen durchtrainierten Körper lohnen, den sie schon vorhin am Strand viel zu kurz genießen konnte. Prisca drehte sich auf den Rücken, um so mit den Füssen paddelnd sich weiter voran zu treiben, während sie Aquilius mit einem herausfordernden Grinsen an sah. "Einverstanden! … Wer gewinnt hat einen Wunsch frei! …", rief sie ihm zu und malte sich ihre Chancen gegen ihn aus. Von ihrer Position aus war sie leicht im Vorteil und sie war eine gute Schwimmerin! Schließlich war sie hier am Meer aufgewachsen und hatte sich oft in solchen Wettkämpfen mit anderen Kindern erfolgreich messen können. Doch heute wäre ihr "Gegner" ein stattlicher Mann und die Strömung und Kälte des Meeres waren auch nicht zu verachtende Faktoren. … aber vielleicht lasse ich ihn ja gewinnen? …


    Prisca gab sich weiter siegessicher aber nur, weil sie bereits einen leichten Vorsprung hatte. Mit einer weiteren Drehung halb in eine Welle eintauchend verschwand sie vor seinen Augen und schwamm zwei, drei Züge, bevor sie wieder die Wasseroberfläche durchstieß. "huuuuh!" ein überraschter Seufzer kam über ihre Lippen und einen Herzschlag lang hielt Prisca schwimmend inne. …Was hat mich denn da eben unter Wasser an der Wade berührt? … Aquilius wird mich doch nicht etwa schon eingeholt haben?... Das wäre in der Tat eine Enttäuschung gewesen, denn so leicht wollte sie es ihm auch nicht machen. Aber schon ein kurzer Blick über die Schulter genügte um zu erkennen, dass er noch mehrere Meter von ihr entfernt war. Aber er holte schnell auf!


    "Wo bleibst du denn?", rief Prisca neckend ihrem Verfolger zu und dachte nciht weiter über die Berührung nach Sicher war es nur Einbildung gewesen und mit einem kurzen Lacher begann sie wieder vor Aquilius davon zu schwimmen. Lange würde es ohnehin nicht mehr dauern, dann hätte er sie erreicht. Und dann?... Im Augenblick fühlte es sich herrlich an, so schwerelos durch das tiefe Wasser zu gleiten, welches dunkel und undurchdringlich schien. Wirklich? Ein Schatten huschte dicht neben ihr vorbei und verschwand in der nächsten Sekunde wieder. "Was war das denn?", rief Prisca erschrocken aus und verlangsamt abrupt ihre Schwimmbewegungen. Angst verspürte sie seltsamer weise nicht, vielmehr glaubte sie gerade geträumt zu haben. Das war doch kein Fisch, oder? … war da nicht eben ein Auge und ein lachender Mund im Wasser zu sehen gewesen? … Prisca schüttelte über diesen absurden Gedanken selbst den Kopf. Aquilius würde sie für verrückt erklären, wenn sie ihm das erzählen würde …

  • Hektor kam mit Ikarus ein wenig später ihr hinterher. Tilla sah nicht auf, um die Köpfe der Erwachsenen im Wasser nicht zu verlieren. Endlich sprach Hektor mit ihr und daher sah sie auch zu ihm auf. Ja.. ein Hai... Tilla nahm die Muschel wieder zwischen die Finger und bewegte die Hand einem Hai gleich über sowie unter fiktivem Wasser. Einfach um es ihm noch einmal zu verdeutlichen. Mit einem stummen Nicken nahm sie die Leine von Ikarus zu sich, verfolgte Hektor, wie er tiefer ins Wasser ging. Hektor hatte es wohl jetzt auch gesehen! Sie selbst traute sich in diesen Momenten noch nicht hinein ins kalte Naß. Dazu war die Sorge um Prisca zu groß. Tillas Nacken kribbelte immer noch. Tilla wandte sich ab, erfasste Lunas Mähne und zog sich mit Schwung und nassen Füßen auf den Rücken der Stute hinauf.


    Danach warf sie die Muschel in Hektors Richtung, wo dieser am Rücken getroffen wurde. Ich kann das nicht untätig mitansehen. gestikulierte sie kopfschüttelnd, liess Ikarus Leine ins Wasser fallen und stiess ihre Fersen in Lunas Flanken. Luna trabte los und verfiel schließlich in einen Galopp. Der Leibwächer der Flavier der Tilla zurückgewiesen hatte, stellte sich ihr in den Weg. Tilla hielt unverdrossen auf ihn zu, sodass der Mann sich mit einem Spung in Sicherheit bringen musste. Tilla hörte seine wütenden Rufe nicht, der Wind war laut. Ihr erster Galopp am Strand!! Tief duckte Tilla sich hinter der Mähne Lunas und hielt sich daran fest. Sie musste die Stute ins Wasser hineintreiben. Den Hai von den badenden Erwachsenen ablenken! Der flavische Wächter hingegen rief zwei seiner berittenen Kollegen hinzu, winkte ihnen Tilla nachzusetzen. Die Männer verloren Zeit, da sie die Pferde noch holen mussten.


    Fluchend lief der umgerittene Wächer persönlich los. Tilla erreichte die Stelle, wo Prisca hineingelaufen war, trieb die Stute wie vorgehabt ins Wasser. Hielt Ausschau nach der schwarzen glänzenden Flosse.Du bekommst sie nicht!! Beide nicht!! dachte Tilla immer wieder. Ihre Füße trieben Luna an in Bewegung zu bleiben, den Hai zu sich zu locken. Leise keuchend wischte Tilla die Haare aus dem Gesicht, bemühte sich um einen Überblick. Die flavischen Sklaven kamen zu Fuß und Pferd immer näher.. viel Zeit blieb ihr nicht mehr, um ihren Beitrag zu liefern. Um mitzuhelfen, dass die Erwachsenen es heil aus dem Wasser herausschafften.


    Wo bist du? Du kriegst sie nicht! Komm her... Da waren die Köpfe der beiden zu sehen. Tilla lenkte die aufschnaubende Luna ein bisschen in ihre Richtung, um dann wieder von ihnen wegzustreben. Die schwarze Flosse tauchte keine sieben Meter neben Prisca und Aquilius auf, wandte sich mit einem heftigen Flossenschlag ab. Komm her... forderte Tilla den cetus gedanklich auf. Verbissen versuchte sie Luna zu einer Umdrehung zu forcieren. Nur... die Stute hatte den sandigen Untergrund unter den Hufen wegen einer unerwarteten Kuhle im Sand verloren. Das kalte Wasser schwappte über Tillas Knie. Das kristallblaue Amulett des Mädchens funkelte immer wieder in der Sonne auf. Nimm mein Opfer. Woher kam der Gedanke? Er war einfach da. Hatten Aquilius und Prisca inzwischen den Strand erreicht? Du kriegst niemanden!

  • Ich stand noch immer bis zu den Knien im Wasser und blickte in Richtung der beiden Patrizier, da spürte ich wie mich etwas am Rücken traf. Ein Blick über die Schulter genügte, um zu sehen dass Tilla einen Hai gemeint hatte. Na prima! Ich sah schon die Schlagzeilen vor mir ' Flavier und Aurelia beim gemeinsamen Bad im Meer von Hai gefressen'; So hatte ich mir den Tag eigentlich nicht vorgestellt. "Dann bleib wo du bist!", rief ich Tilla sicherheitshalber zu und hoffte, dass sie an Land blieb.


    Blieb sie aber nicht! Zu meinem Entsetzen ritt Tilla nun mit ihrem Pferd auch noch ins Wasser hinein. Was sie damit bezweckte war mir klar, sie wollte den Hai ablenken. Na prima!! Das gäbe zwar keine Schlagzeilen, wenn eine Sklavin vom Hai gefressen wurde, aber ... ich hatte einfach Angst um sie. "TILLA! ... bist du verrückt?? ... komm sofort da raus, hörst du nicht!", schimpfend und fluchend hastete ich durch das knietiefe Wasser hinter Tilla und Luna her. Von dem was die flavischen Sklaven gerade machten bekam ich gar nichts mit. Mein Blick ging immer nur zwischen den Badenden, Tilla mit Luna und der Flosse hin und her, die in der bewegten See ständig an anderen Stellen wieder auftauchte. Wen sollte ich im Zweifelsfall retten? ... Die Entscheidung in dieser Sekunde fiel mir nicht besonders schwer. "TILLA!! ... pass auf!...verdammt ..."


    Immer schneller näherte sich das Tier unter Wasser der kleinen Tilla, die ihr Pferd mittlerweile so weit in das Meer gelenkt hatte, dass Luna nun den Boden unter den Hufen verlor. Mit einem leichten Aufbäumen drehte Luna abrupt im Wasser um und warf das Mädchen einfach ab. "TILLA!" Immer wieder konnte ich nur ihren Namen rufen, was auch nicht viel half, außer mich die letzten Meter zu der kleinen Slavin hin zu tragen. Ich griff ins Wasser, wo Tilla gerade eingetaucht war und zog das Mädchen zu mir in meine Arme. So leicht wie sie war, war das auch kein Problem ...


    ... das Problem war eher ... Da standen wir nun - also genau gesagt, ich stand hüfttief im Wasser und hatte Tilla auf meinen Armen - und die Flosse kam direkt auf uns zu geschwommen. Tilla hatte es also geschafft, die Aufmerksamkeit des Tieres auf sich zu lenken. Ich schluckte,"Tilla, ganz ruhig ...!" Was redete ich denn da? Gleich würde uns beide der Hai fressen und ich hatte keinen blassen Schimmer, was ich dagegen tun sollte. Weglaufen, beten, schwimmen? ... Nein, dazu blieb uns keine Zeit mehr.


    Nur noch wenige Meter trennten uns von dem Tier, dessen Schatten nun dicht unter der Wasseroberfläche immer größer und bedrohlicher wurde. Es tauchte auf! "Hab keine Angst und halt dich gut an mir fest!" Was auch immer uns das bringen sollte, aber instinktiv drückte ich Tilla noch fester an mich. Jetzt durchbrach ES die Wasseroberfläche! Seine Schnauze war so nah, dass Tilla nur eine Hand hätte ausstrecken müssen, um ES zu berühren... ich schloss die Augen. Ich konnte einfach nicht hinsehen, was auch immer ES war ... ES war direkt vor uns und ich konnte spüren, wie das unbekannte Tier uns beide ganz sanft berührte ... ich blinzelte leicht und sah ein Auge, welches genau auf Tilla und ihr funkelndes Amulett blickte und ein Maul, das leicht zu lächeln schien ........

  • Luna warf sie ins eiskalte Wasser. Tilla sank unter dem heftigen Schwung erst einmal unter und versuchte sich wieder an die Oberfläche raufzustrampeln. Da waren die Leiber, die die Flossen trugen. Wieso haben die einen hellen Bauch? fragte Tilla sich und fühlte sich von ihnen unwiderstehlich angezogen. Bevor sie irgendwie nur handeln konnte, zog sie jemand nach oben zum Licht. Dank Hektors Griff kam Tilla prustend wieder an die Oberfläche und fand sich sogar oben drüber in seinen Armen wieder. Zitternd und hustend klammerte sie sich an Hektor fest, schlang die Beine um seine Taille. Auf Hektors Worte schüttelte sie den Kopf. Eine dunkle Wolke schob sich vor die Sonne, der Wind liess ihre nasse Kleidung knattern. Nein, mich kriegt ihr nicht.


    Sie wandte sich bibbernd um, sah ganz gebannt die Flosse an. Wir haben es geschafft. Er wird gehen. Tilla runzelte die Stirn. Aber hallo? Hatte sie einen kleinen Mann im Ohr sitzen? Hektor drückte sie fest an sich, sprach ihr sogar Mut zu. Immer noch konnte sie den Blick nicht von der Flosse abwenden. So schwarz glänzend sah sie nicht mehr aus... eher etwas heller. Gehörte sie zu den Leibern, die sie gesehen hatte? Wird alles gut? dachte Tilla zaghaft und bekam prompt eine Antwort. Si. Kurz sah sie Hektor an, der die Augen geschlossen hatte und beugte sich vor, so gut es eben ging, Richtung Flosse, die an Geschwindigkeit zu nahm. Anstatt ein cetus sprang etwas viel freundlicheres aus dem Wasser heraus. Tilla starrte das Wesen an, konnte den Sprungwind spüren und spürte nicht viel später die Wasserspritzer, die es mit der Landung im Wasser auf sie und Hektor verteilte.


    Was ist mit den anderen? Ihr Amulett fühlte sich seltsam heiss an, als ob es Wärme durch ihren frierenden Körper schicken wollte. Schau hin. Abermals drehte Tilla sich in Hektors Armen um, suchte die Wasseroberfläche nach Aquilius und Prisca ab. Tilla atmete tief ein und aus, stupste Hektor an und deutete immer wieder auf die Flossen. Schau nur. Sie helfen mit!!! gebärdete sie, mit dem Amulett und der wieder hervorkommenden Sonne um die Wette strahlend. Denn da waren noch mehr Flossen, die eine andere schwarz glänzende abdrängten, sich bemühten den cetus wieder aufs offene Meer hinauszudrängen. Danke. Tilla ergriff ihr Amulett mit einer Hand und umarmte Hektor. Der Nacken kribbelte nicht mehr. Die ganze Anspannung in ihr legte sich. Hinter sich hörte Tilla die Stute Luna schnauben, die ebenso nass war wie sie war. Der Wind, der immer stärker aufgefrischt war, die Wellen aufgepeitscht hatte, legte sich. Beinahe einer Flaute gleich. Der Geschmack von geschlucktem salzigen Meerwasser war ekelhaft. Tilla schluckte, legte ihren Kopf auf Hektors Schulter. Bis bald.

  • Ich holte auf, und das war auch gut so - das harmlose Vergnügen dieses Tages hatte mich längst verlassen, ich kannte nur ein einziges Ziel - Prisca unbeschadet aus dieser möglichen Gefahrensituation herauszubringen, so gut es eben ging. Ich hätte mich ohrfeigen können, sie überhaupt mit ins Wasser genommen zu haben, auch wenn ich vor dieser Entdeckung nicht einmal daran gedacht hatte, es könnte in irgendeiner Form gefährlich werden, immerhin war Winter, das Wasser kalt und die meisten Raubfische schätzten wärmere Temperaturen mehr als diese Eiseskälte - ich hätte aber daran denken müssen, ich hatte das alles hier veranlasst, und ich wäre derjenige, der schuld daran wäre, wenn ihr etwas geschah. Wieder schluckte ich das eisige Wasser, erhöhte mein Schwimmtempo noch etwas und versuchte, in den mir entgegen schwappenden Wellen etwas zu erkennen. Das salzige Meerwasser brannte in meinen Augen, es schmerzte heftig bei jeder neuen kleinen Woge, und doch schwamm ich voran, ohne Rücksicht auf mich selbst, denn würde ihr etwas geschehen, ich würde es mir niemals verzeihen können. Ihre Stimme erklang, im Rauschen des Wassers, der an mich heran klatschenden Wogen hörte ich, dass sie mir etwas zurief, aber ich verstand die Worte nicht, wahrscheinlich hatte ich zuviel Wasser in den Ohren, also machte ich schneller, vielleicht hatte sie es bereits gesehen!


    Als ich sie endlich erreichte, schien eine halbe Ewigkeit vergangen, bei der ich immer still gehofft hatte, sie würde nicht untergehen, ihr würde nichts geschehen, sie würde nicht verletzt werden - ich hatte weniger um mein eigenes Wohl Angst denn um das ihre - und ohne Zeit zu verlieren, umschlang ich im Wasser ihre Tallie mit einem Arm und schwamm mit dem anderen und einem heftigen Schlag der Beine dem Ufer zu, wir wurden von den Wellen glücklicherweise getragen. Ich hatte ihr nichts gesagt, aber sie mochte meiner ernst gewordenen Miene ablesen können, dass ich nicht mehr spaßte, dass es mir bitterernst geworden war - erst als ich Grund unter den Füßen spürte, hielt ich inne, so weit kamen Raubfische normalerweise nicht zum Strand, weil sie die starke Strömung nicht mochten, die sie zu leicht auf den Sand spülen konnte.
    "Irgend etwas .. ist hier .. unter..weg.s.." keuchte ich, das heftige Tempo hatte mich nun doch außer Atem gebracht, und ich spähte auch gleich wieder auf die dunkle See hinaus. Warum stand da nun ein Pferd am Strand? Einige meiner begleitenden Sklaven standen ebenfalls in der Nähe des Pferds und einer hielt gar einen Fischspieß, wie ich ihn früher benutzt hatte, um in flachen Gewässern Fische zu jagen - die Augen zusammenkneifend versuchte ich herauszufinden, was hier eigentlich los war.


    Ich sah Delphine, und zwei Köpfe im Wasser, und noch mehr Delphine, die munter umher sprangen - und wer badete dort im Eiswasser? Energisch winkte ich einen meiner Sklaven heran, er möge für Prisca ein Tuch bringen, damit wenigstens sie vor der Kälte sicher war, und Straton sah ich auch näher kommen, sein Gesicht nicht minder ernst als das meine.
    "Was ist passiert?" verlangte ich von ihm zu wissen, und langsam schien sich die Aufregung am Strand nach und nach zu legen. Erst jetzt entließ ich die nasse Prisca aus meinem Arm, wurde mir überhaupt bewusst, wie nahe ich sie gehalten hatte, dass ihr Körper sich noch immer an meinen geschmiegt hatte, um Wärme zu suchen, und ich blickte zu ihr zurück, tief durchatmend. "Was immer das für ein Fisch war, ich glaube nicht, dass das Tier gut gesinnt war, die Delphine haben es wohl vertrieben. Aber ..." wieder kniff ich die Augen zusammen. "Das ist doch Dein Leibwächter, oder? Und diese kleine Sklavin, gehört die nicht auch zu dir?" Eine Kunstpause entstand, in der die Gedanken in meinem Kopf durcheinander stürzten. "Straton! Hol die beiden raus und zwar sofort!"

  • "Ja, ich sehe es...Delfine! .. und sie scheinen dich zu mögen ...", stellte ich tonlos auf Tillas Gebärden hin fest und konnte es dennoch nicht glauben, was ich da sah. Den Blick starr auf das Tier vor uns gerichtet, achtete ich zuerst gar nicht weiter darauf, was mit den beiden Patriziern geschah. Bist ja ein schöner Leibwächter!, dachte ich mir dann doch als ich mit einem kurzen Seitenblick bemerkte, wie der Flavier unsere Herrin eigenhändig an Land und in Sicherheit brachte. Jetzt sahen die beiden auch noch zu uns herüber. Na toll! Was mochten Tilla und ich jetzt für einen Anblick bieten. Egal! Die flavischen Sklaven waren ohnehin schon auf dem Weg, um uns aus dem Wasser zu helfen.


    Ich sah wieder zu Tilla die ihren Kopf an meine Schulter lehnte. Wenn ich nur gewusst hätte, dass ich sie schon bald ein weiteres Mal so tragen würde … ich hätte sie wohl gar nicht mehr los gelassen. "Das war eben ganz schön mutig von dir, Tilla!" ...dumm! …dumm wollte ich eigentlich sagen! Tilla hätte soviel passiern können, aber ich konnte sie einfach nur aufmunternd anlächeln. "Die Delfine waren dir wohlgesonnen, Tilla! … Du wirst doch nicht am Ende gar eine kleine Atlanterin sein?", stellte ich halb scherzend halb mit einem unbestimmten Gefühl in der Magengegend fest. Dieser Augenblick war schon etwas seltsam gewesen und erklären konnte ich mir nicht, warum dieser eine Delfin eben so zutraulich auf Tilla zu geschwommen war. Als hätte ihn irgendetwas magisch angezogen. Ob das an ihrem Amulett lag, das sie um ihren Hals trug? Unwillkürlich musste ich an Platons Erzählungen über Atlantis denken, der einstigen Seemacht und Insel zwischen Kreta und Griechenland. Sehr seltsam...


    "Jetzt gehen wir uns erst einmal umziehen! In den nassen Kleidern können wir nicht bleiben. Hmm, haben wir überhaupt passende Eratzkleidung dabei?", schickte ich schnell nach, um meine Gedanken wieder einigermaßen zu ordnen. Herrje! Ausgerechnet mich brachte diese Situation eben völlig aus der Fassung. "Du warst jedenfalls sehr tapfer,Tilla!", lobte ich die kleine Sklavin in meinen Armen ein weiteres Mal und trug sie zum Strand hin. Luna wartete schon auf uns und auch einige flavische Sklaven, die uns nur verdutzt und verständnislos musterten.

  • Irgendwo zwischen blau und grün lag die Farbe der Wellen, dunkler wenn man weiter nach draussen sah, silbern blitzend wo die Sonne darauf wider schien, und getupft von den Kronen weissen Schaums. Rans Töchter waren die Wellen, launische Wesen, mal verspielt und freundlich wie heute, mal tobend im Sturm, gierig den Seemann in ihren salzigen Armen tief in das Reich unter dem Meer hinabzuziehen, in einer Umarmung die kein Sterblicher überstehen konnte... All die Geschichten, die ihm Sigmar erzählt hatte, damals als er von seiner grossen Fahrt zurückkehrte, wurden wieder lebendig, als der Germane da am Strand sass und ruhig die Wellen betrachtete. Wie sie kamen und gingen. Wie sie anbrandeten und zerflossen. Immer wieder, immer wieder, endlos...
    Störend drangen das Geräusch sich nähernder Schritte in seine Kontemplation. Ein kleines Rinnsal von Sand floss an der Flanke der Düne hinab, und ein Schatten zeichnete sich scharf auf dem hellen Sand ab, noch bevor die Stimme Stratons erklang.


    Zitat

    Original von Straton
    "Hast Du einen Augenblick Zeit für ein Gespräch, Severus? Es gibt da etwas, das ich gerne mit Dir besprechen würde."


    Der Germane versteifte sich innerlich. Er wandte nicht den Kopf, sah weiter auf das Meer hinaus. Was für eine komische Frage. Natürlich hatte er Zeit. Aber er hatte schlichtweg keine Lust, sich an so einem wunderschönen Tag mit einem Widerling wie Straton zu befassen. Ein Kriecher und Schwätzer, ein Schleimer und ein Schmeichler war der Grieche in Severus' Augen, noch dazu schien dieses Geschöpf von einem widersinnigen Stolz auf sein Lakaientum, auf sein unterwürfiges Scharwenzeln vor dem Flavierpack erfüllt zu sein. Nicht besser als Sciurus!
    "Nein." antwortete der Germane lakonisch.


    Ohne den Besucher überhaupt eines Blickes zu würdigen griff er nach einem Stück Treibholz, das halb im Sand versunken neben ihm lag. Es war ganz weiss, von der Sonne ausgedörrt und der Farbe beraubt. Severus strich über die glatte Oberfläche, über die Astknorren und die Wölbung des Holzes. Dann zog er sein Messer aus dem Gürtel, setzte es an und machte sich daran, dem Holz eine Form zu entlocken. Helle Späne sammelten sich um seine Füsse. Auf die Rufe, die aus Richtung der Badenden kamen, achtete er nicht, die waren wohl Ausdruck des Schreckens, als die beiden verzärtelten Patrizier Bekanntschaft mit dem kalten Wasser machten. Was für ein grausamer Humor des Schicksals, dass er, Krieger und dazu bestimmt sein Land und Volk gegen die römischen Invasoren zu verteidigen, nun hier am Strand rumhing, mit der mehr als überflüssigen - eigentlich ziemlich lächerlichen - Aufgabe einen Römer beim Planschen und Schäkern zu bewachen...
    Erst als sich im Meer Delphine zeigten, sah der Germane staunend von seinem Zeitvertreib auf. Er kannte die Viecher von Bildern und Erzählungen, und auch als leckeren Braten. Nett sah das aus, wie sie da durch das Wasser schnellten. Aber dass sie so nah an Menschen herankamen, und vor allem so nahe an das Ufer, das erfüllte ihn schon mit Verwunderung. Er erhob sich, warf einen Blick über den Rücken der Düne hinweg zu den anderen. Aquilius stand an Ufer, das Mädchen in den Armen. Schulterzuckend setzte der Germane sich wieder hin und widmete sich weiter seiner Schnitzerei.

  • Für einen Moment lang zuckten die Mundwinkel des Griechen - Amüsement? Verachtung? es war schwer zu erkennen! - doch ließ er sich keineswegs von Severus' Ablehnung in irgendeiner Weise beirren. Wo Aquilius den Germanen sicherlich stehen gelassen hätte, war der Grieche deutlich unbeugsamer und sturer, und sein Vorhaben, über eine bestimmte Sache mit dem aufs Meer blickenden Menschen zu sprechen, setzte er denn auch in die Tat um, ohne durch eine allzu deutliche Reaktion zu verraten, was er sich dabei dachte. Zuerst die Pflicht, dann ...
    "Nun, dann wirst Du eben nicht sprechen, sondern zuhören, auch wenn es Dir, wie ich bisher beobachtet habe, ausgesprochen schwer zu fallen scheint, Dich mit etwas zu beschäftigen, das nicht mit schlechtem Benehmen, Frauen oder Nutzlosigkeit zu tun hat," sagte der Grieche trocken und blickte ebenso auf das Meer hinaus, das durch die schimmernden und doch dunklen Farben der wogenden Wellen geheimnisvoll und anziehend zugleich war. Wie sehr er die hellen, sonnigen Farben Hispanias doch vermisste! Aber das war vorerst Vergangenheit, und konnte schlecht zurückgebracht werden. Irgendwann, wenn sein Herr genug Karriere gemacht hatte und sich nach seiner Heimat sehnte, dann vielleicht ... aber sicher nicht vorher. Hispania schien so fern zu sein, zu weit entfernt, um sich der Illusion hinzugeben, dass sie nicht zu lange in Rom sein würden.


    "Der Haushalt wird sich in absehbarer Zeit vergrößern, sobald der Herr verheiratet ist, und wird für seine Sicherheit mehr Männer brauchen, ebenso die künftige domina," fuhr Straton fort, ohne zu betrachten, was der Germane gerade tat, und auch, ohne den Blick vom Meer zu lassen. "Das bedeutet, je höher der Herr im politischen Rang steigt, desto mehr werden wir darauf achten müssen, dass er überlebt, und vor allem unverletzt bleibt. Du bist sein Leibwächter, und gelingt es Dir nicht, ihn zu schützen, kannst Du kaum hoffen ihn zu überleben. Ich habe die Absicht, zur normalen Ausbildung der Leibwächter stetige Übung und gemeinsames Vorgehen zu etablieren, und da wären Deine Fähigkeiten als Krieger, als jemand, der weiß, wie man mit Angriffen aller Art umzugehen hat, um sie abzuwehren, nützlich. Du kannst es Dir also überlegen - ob Dir die dauernde, gleichförmige Tätigkeit als herumstehender Leibwächter lieber ist oder die Herausforderung, andere auszubilden und ihnen die Härten des Kampfes beizubringen und sie letztendlich anzuführen. Überlege es Dir, ich werde Dir dieses Angebot kein zweites Mal machen."


    Damit nickte Straton dem widerspenstigen Germanen leicht zu, wandte sich ab und schritt in Richtung der Zelte zurück, ohne sich nach ihm umzusehen. Erst das Geschehen im Meer vermochte ihn wieder zu fesseln, und er gab dann auch prompt einem der Sklaven den Wink, einen Fischspieß zu holen, um zur Not den Herrn und seine Begleiterin zu verteidigen - die Delphine allerdings waren in dieser Angelegenheit eindeutig geschickter. Schon eilten weitere Sklaven herbei, um Tilla und Hektor beizustehen, und er selbst ging in Richtung seines Herrn. "Was auch immer dieses Tier war - es war schwer von hier aus zu erkennen, es scheint fort zu sein, dominus. Aber ich würde empfehlen, dass ihr vorerst dem Meer fern bleibt, bis wir sicher sein können, dass dieser Fisch nicht wiederkehrt."

  • Tilla lächelte und nickte. Si. Sie mögen mich. erwiderte sie strahlend und folgte Hektors Blick, der zum Strand schaute. Eine weitere Erleichterungswelle durchströmte Tillas mittlerweile frierenden Körper. Die Erwachsenen hatten es geschafft und waren heil am Strand angelangt. Ich wollte doch nur helfen. Nicht mitansehen, was geschehen soll. fügte sie hinzu, liess das Amulett los.


    Bei Hektors Worten hob sie den Kopf, erwiderte das Lächeln, welches sie von ihm bekam. Mutig? Joar... so kann man es auch nennen. Offenbar bekam sie einen neuen Namen. Eine Gebärde hatte sie dafür nicht. Atlanterin. Das klang gut. Stimmt doch auch. erwiderte der Mann im Ohr. Das stumme Mädchen konnte kaum mehr aufhören zu lächeln. So sehr freute sie sich, dass alles gut ausgegangen war. Sie klammerte sich an Hektor fest, der sie inzwischen aus dem Meerwasser heraus trug, sah den Delfinen zu. Eure Hilfe kam gut an. Wenn sie aus dem Wasser sprangen, konnte man die helle Unterseite sehr gut sehen. Tilla winkte den Meerestieren zu. Nichts zu danken. kam es zurück.


    Ich habe nichts weiter dabei. Nur das was ich anhabe. gebärdete sie, senkte den Kopf, betrachtete ihre nasse Kleidung und die mit Wasser vollgesaugten ledernen Sandalen. Ganz schön blöd, ne? kommentierte sie den traurigen Anblick ihres Schuhwerks, strich sich die dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Nahm die Blicke der anderen Sklaven wahr und senkte den Kopf. Tapfer? Ich? Ich wollte doch nur helfen. wiederholte sie zu Hektor gebärdend. Sich wieder außerhalb des eisigen Wassers befindend kam ihr die schwarze Flosse, der wilde Ritt auf Luna, die Begegnung mit den Delfinen, der kurze Augenblick unter Wasser wie ein Traum vor. Scheu sah sie zu den Erwachsenen auf, die sie vor dem cetus hatte retten wollen. Wagte nicht ihre Hände zu rühren, bevor sie angesprochen wurde. Hielt sich mit gesenktem Kopf an Hektor fest. War alles nur ein Traum gewesen? Die nasse Kleidung, die tropfenden Haare bewiesen ihr das Gegenteil.

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius


    Der Gedanke an das Tier - oder was auch immer sie zu sehen geglaubt hatte - war ebenso schnell verschwunden wie der Schatten selbst. Prisca kannte das Meer mit all seinen Gefahren und den vielen unheimlichen Lebewesen die es barg. Sie hatte immer Respekt davor und umso mehr überraschte es sie, wie weit sie unbewusst nach draußen geschwommen waren. … wo ist denn Aquilius …, blickte sie sich in der Sekunde im Wasser um, in welcher der Flavier durch eine zur Küsten hin rollenden Welle verdeckt wurde. Zwar hatte sie keine Angst, aber ein leichtes mulmiges Gefühl verspürte Prisca nun doch in der Magengegend.


    Und eben da um die Hüften wurde sie im nächsten Augenblick von etwas gepackt und festgehalten. Mit einem kurzen spitzen Aufschrei zuckte sie zusammen und atmete noch in der selben Sekunde erleichter aus. Es war "nur" der Flavier, der sie an der Taille umfasste. Auf Lpsus hätte sie diese Berührung wohl mehr genießen können aber hier war sie eigentlich nur froh und erleichtert, dass er ihr zur Hilfe eilte. Ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen und mit einem leichten Nicken gab sie zu verstehen, dass sie sich nicht unnötig wehren würde. … Irgend etwas ist hier unterwegs? … Prisca fragte lieber nicht nach, denn die Antwort hätte ihr womöglich in dieser Situation nicht gefallen.


    Auch ohne zu sprechen schluckte Prisca noch genügend Meerwasser und schließlich erreichten sie dann dann das rettende Ufer und die Frage hatte sich damit erledigt. An der Luft bemerkte Prisca erst wie halt ihr war und fröstelnd lief sie die paar Schritte dem Sklaven entgegen, welcher vor ihr eine der vorgewärmten Decken ausbreitete. Erleichter tauchte Prisca in die wohlige Wärme ein und winkte aber ab, als der Skalve ihr anbot ihm direkt ins Zelt zu folgen.


    Stattdessen ging sie zu Aquilius zurück, der eben noch das Meer beobachtete und seinen Untergebenen Anweisungen erteilten. … mein Leibwächter und eine Sklavin? …wo?... Auf die an sie gerichtete Frage hin schaute Prisca zum Wasser hin und wunderte sich, wen sie dort erblickte. "Ja, das ist Hektor mein Leibwächter und Sklavin gehört auch zu mir. … Aber was machen die beiden im Wasser und warum trägt er Tilla auf seinen Händen? Hmm, könntest du bitte veranlassen, dass man ihnen trockene Sachen bringt und sie sich aufwärmen können", dachte Prisca laut für sich und war einen Moment lang besorgt um die kleine Sklavin. Doch wie es schien war den beiden nichts passiert und Prisca drehte sich mit ihrer Bitte wieder zu Aquilius um.


    Die Decke bis zum Kinn hochgezogen, die Lippen leicht vor Kälte zitternd sah sie ihn kurz an und meinte dann lächelnd und mit leiser Stimme. " Vielen Dank Aquilius, dass du mich eben gerettet hast. … Was auch immer die Define da im Meer vertrieben haben, möchte ich eigentlich gar nicht wissen. Ich fürchte nur, unser Wettschwimmen werden wir heute nicht mehr entscheiden können. ", scherzte sie bereits wieder und wirkte äußerlich gelassen, obwohl sie im stillen noch immer an das Erlebnis im Wasser denken musste. Einen Augenblick lang überlegte Prisca, ob sie sich einfach auf die Zehenspitzen stellen und ihm zum Dank einen Kuss auf die Wange geben sollte. Nein, nicht hier… Stattdessen ergriff sie die Initiative und schritt an dem Flavier vorbei in Richtung des Zeltes, wo sicher bereits Erfrischungen, etwas zu essen, trockene Kleidung und bequeme Klinen für sie vorbereitet wären.

  • Zitat

    Original von Straton


    "Hör auf Dich wichtig zu machen, du Würstchen.", gab der Germane auf Stratons Beleidigung ärgerlich zurück. Tief grub sich das Messer in das Holz hinein. Wie der Kerl redete und redete... - lauter offensichtliches Zeug! Severus fragte sich, ob der Grieche damit vielleicht seinen Herrn imitieren wollte, beziehungsweise dessen charakteristische Art, ausufernd über das Offensichtliche zu dozieren. Nachahmung als eine Art 'vollendete Unterwerfung', sozusagen.
    "Natürlich kann ich den anderen Leibwächtern was beibringen, neue anlernen - wenn sie Potential haben - und so weiter. Das ist doch keine Frage. Aber Du - Verwalter" - ein kaltes, nachlässiges Spottlächeln schob sich auf Severus' Züge - "Du, bleib mal lieber bei Deinen Griffeln und Rechenschiebern. Du hast mir gar nichts zu sagen, also spiel Dich hier nicht so auf."
    Er schüttelte den Kopf und versuchte sich wieder in den Anblick des Meeres zu vertiefen. Oder ins Schnitzen. Doch er war zornig, zornig dass er gezwungen war, mit solchen wie Straton oder Sciurus einigermassen friedlich auszukommen.
    Nach einer Weile erhob er sich und ging zur Wasserlinie. Er streifte die Sandalen ab und trat in die anbrandenden Wellen hinein. Frisch umspülten sie seine Füsse, liessen den Sand unter seinen Sohlen zerrinnen und zerfliessen. Langsam ging er dann ein Stück am Strand entlang - nicht zu weit natürlich - und lies sich den Wind um die Nase wehen, lauschte auf die Schreie der Möwen und auf das Rauschen der Brandung.

  • Meine Stirn war und blieb gerunzelt, denn ganz offensichtlich war dieser Strand weit weniger sicher, als man es mir gesagt hatte - jene Sklaven, die den Platz hier vorbereitet hatten, waren offensichtlich nachlässig gewesen, und ich würde es später Straton überlassen, sie an ihre Pflichten nachdrücklich zu erinnern. Ausesprochen unerfreulich, dass solche Zwischenfälle sich überhaupt ereigneten, waren sie doch dazu imstande, dieses als harmlosgeplante Vergnügen zu zerstören, aber wenigstens war Prisca nichts geschehen. Ihre Sklaven waren mir in diesem Moment weniger wichtig, sie schienen unverletzt, und so konnte ich auch dies getrost Stratons Hand überlassen, der meinen Wünschen entsprechend handeln würde.
    "Kümmere Dich darum, dass die beiden sich aufwärmen und Essen bekommen," sagte ich also zu meinem vilicus, der leicht als Zeichen des Verständnisses nickte. Wirklich unerfreulich, aber Prisca schien es nicht zu verstören, sie gehörte wirklich zu jenen Frauen, die sich auch von einem Schrecken nicht ins Bockshorn jagen ließen. Zumindest in dieser Sache hatte das Unbekannte aus dem Meer sein Gutes gehabt, hatte dafür gesorgt, dass ich zum einen versuchen konnte, sie zu retten, zum anderen offenbarte ihre Reaktion einen kühlen Kopf und ein mutiges Herz.


    Inzwischen fröstelte ich auch, aber ich hatte keine Decke bekommen, also würde ich es eben noch kurz aushalten müssen, bis wir im warmen Zelt waren - ich blickte Prisca nach und schmunzelte, sie dachte an das Naheliegendste und setzte es auch gleich um. Eine kluge, praktisch denkende Frau, die nicht sofort hysterisch wurde, im Grunde konnte ich mir nichts Besseres wünschen. So stand ich frierend vor dem Zelt und wartete darauf, dass im Inneren Prisca wieder in ihre Kleidung schlüpfen würde, die inzwischen angewärmt worden war, ebenso lagen dort die diversen Dinge, die eine junge Frau zur Wiederherstellung einer makellosen Fassade und Erscheinung nötig haben mochte, bereit - zudem wartete ein junges, rehäugiges Mädchen darauf, dass Prisca ihr sagen würde, ob sie der Hilfe bedurfte und was sie tun konnte. Offensichtlich war die Kleine schüchtern, denn sie hielt den Blick gesenkt, als die Patrizierin eintrat, und gab nur ein leise piepsendes "Salve, domina!" von sich, um dann auf Anweisungen zu warten.
    Endlich erhielt auch ich eine Decke, einer der Sklaven hatte meine fröstelnde Notlage erkannt und so blickte ich auf das aufgewühlte Meer, schweigend, sinnierend, und froh um die vage Wärme, die im Inneren der Decke nun entstand.


    Ich beobachtete, wie Straton zu Hektor und der unbekannten Kleinen trat, offensichtlich einige Worte gewechselt wurden und er dann in Richtung des Zeltes deutete, dann verlor sich mein Blick im erst langsam heller werdenden Horizont, die Sonne schien heute nicht gewillt, uns viel ihrer Stärke zukommen zu lassen, und tauchte das Land in wilde Farben, als müsse sie erst überzeugt werden, uns ihre Schönheit zuzugedenken. Der Geruch des Meeres ließ mich wehmütig werden, während sich meine Zehen in den kühlen Sand gruben, wischte ich etwas Wasser aus meinem Gesicht und atmete tief ein, die Lungen mit dieser frischen, kühlen Luft füllend, die mir die Erinnerung an meine Heimat so lebendig werden ließ. Vielleicht erkannte man die Dinge, die man zu schätzen wusste, erst, wenn sie einem fehlten, dachte ich bei mir und seufzte leise, ein Laut, der sofort vom Wind von meinen Lippen gepflückt wurde und sich dann darin verlor. Hispania schien so unendlich fern zu sein ...
    "Du sagst mir hoffentlich Bescheid, wenn Du fertig bist, Pricsa?" fragte ich ins Innere des Zeltes hinein. "Denn sonst wirst Du vermutlich hier auf eine Eisstatue denn auf einen hoffnungsfrohen und unterhaltsamen Begleiter stoßen." Leicht musste ich nun doch schmunzeln, als ich mir ihr Gesicht bei einem solchen Anblick vorstellte, aber vielleicht hatte sie auch ein Einsehen mit mir.

  • Prisca spürte erst jetzt so recht wie weich ihre Knie doch waren, wie sie so über den Strand hinweg auf das Zelt zu lief. Das eben Erlebte zehrte doch ein wenig mehr an ihr, als sie sich eingestehen wollte und sie war dankbar für die Gewissheit, dass Aquilius so entschlossen gehandelt und sie aus dem Wasser gezogen hatte. Endlich erreichte sie das schützende Zelt und tauchte in die Wärme ein, die ihr schon am Eingang entgegen strömte. Seufzend blickte sie sich um und erkannte ein schüchtern wirkendes Sklavenmädchen, welches sie mit kaum hörbarer Stimme begrüßte. Mit einem kurzen Nicken bedachte Prisca die Sklavin, die ihr offensichtlich beim Umkleiden und Zurechtmachen behilflich sein sollte. Die nasse Tunika zog sich Prisca dennoch selbst aus. Erst dann ließ sie sich von dem Mädchen eine wärmende Decke um die Schultern legen und setzte sich in einen der bereitstehenden Sessel.


    Du kannst anfangen!", gab Prisca der jungen Sklavin das Zeichen mit dem trocknen und frisieren der Haare zu beginnen. Prisca indes nahm einen kleinen Silberspiegel von dem Tischchen neben ihrem Sessel zur Hand und betrachtete sich lange und kritisch darin. Wie ein echte Patrizierin sah sie momentan ganz und gar nicht aus. Und ganz sicher benahm sie sich auch nicht so, wie man es von ihr erwarten mochte. Seltsamerweise schockierte diese Erkenntnis Prisca bei weitem nicht so stark wie sie geglaubt hatte. Nicht das sie ihr Äußeres oder ihr Benehmen würde vernachlässigen wollen, aber sie erkannte auch wie schön diese Art der Ungezwungenheit sein konnte. Alleine wie auch gemeinsam … vielleicht sogar gemeinsam mit ihm?


    Ausgerechnet heute! Musste Aquilius sie so sehen. Ob es ihn sehr schockiert? Warum eigentlich, war nicht alles nur anerzogener Schein? Prisca fühlte sich mit einem Mal sehr schwach und unsicher in Anbetracht der Tatsache, dass es heute passieren könnte. Was antworte ich nur, wenn er mich wirklich fragen sollte? … bin ich wirklich die Frau, die er sich wünscht und ist er der Mann den ich mir wünsche? … Was wenn ich nicht allen Anforderungen entspreche? Prisca seufzte und drehte den Spiegel leicht in ihrer Hand, erhaschte einen Blick auf das Sklavenmädchen und beneidete sie dafür, dass sich das kleine Ding um solche Sachen wohl keine Sorgen zu machen brauchte. Warum nur diese plötzlichen Zweifel?


    Die Zeit verging und Prisca wusste nicht, wie lange sie einfach nur den Spiegel betrachtet hatte ohne sich darin zu erkennen. Erst die zaghaften Worte der jungen Sklavin, die ihr Werk vollendet hatte, lösten Prisca wieder aus ihren Gedanken. Sie sah in den Spiegel und betrachtete die sorgfältig hochgesteckten Haare mit einem anerkennenden Nicken. "Gut, jetzt mein Kleid!", befahl Prisca knapp und mit müder Stimme sich erhebend, um sich von dem namenlosen Ding in ihr Kleid helfen zu lassen. Keinen Augenblick zu früh, denn eben vernahm sie die Stimme ihres Retters von draußen. Unwillkürlich musste Prisca schmunzeln und wischte damit den letzten ihrer Gedanken wieder beiseite. "Natürlich darfst du herein kommen. Ich möchte schließlich nicht schuld daran sein, dass mein Retter zum Dank für seinen Einsatz vor einem Zelt erfrieren muss!", forderte Prisca den Flavier endlich auf einzutreten. "Habe ich dich sehr lange warten lassen?", erkundigte sie sich in einem fürsorglichen Tonfall und einem herzlichen Lächeln, eben als er eintrat. Machte es ihr ansonsten nichts weiter aus jemanden warten zu lassen, so war Prisca eigentlich nur froh Aquilius jetzt hier bei sich zu haben.

  • Ihre Herrin hatte bereits eine Decke bekommen und unterhielt sich mit dem Mann, wegen dem sie hergekommen war. Aurelia Prisca sah sie nicht einmal an oder schien sie nicht ansehen zu wollen. Sie ging dann fort über den weißen Strand auf eines der Zelte zu. Enttäuscht aber auch verdutzt, weil es nicht die Reaktion war, die sie erwartet hatte, sah Tilla ihr über Hektors Schulter hinweg nach und legte schliesslich ihren Kopf auf Hektors Schulter ab. Der fremde Mann wandte sich auch nicht einmal direkt an sie, teilte einem anderen mit, was sie gleich bekommen würden: Wärme und Essen. Das war Tilla mehr als recht. Ihr war recht kalt geworden. Hektor und sie bekamen keine Decke für den Weg hinauf zu einem weiteren Zelt. Der Mann, von dem sie immer noch nicht den Namen wusste ging ebenfalls fort, auf das Zelt zu in dem Prisca sich befand.


    Tilla hob den Kopf, sah Hektor an. Was war das denn jetzt? fragte sie ihn zitternd. Bist du in Ordnung? Ich möchte runter. Zuerst nach Luna gucken. verlangte sie. Das Mädchen fand sich auf dem weichen Sand wieder und trottete, zugleich die Arme warmreibend, zu Luna rüber. Sie nahm deren Leine auf, klopfte ihren Hals und streichelte sie. Die Stute schien in Ordnung zu sein. Die Kälte und die klammen Finger liessen sich nicht mehr ignorieren. Tilla drehte sie sich um und führte Luna an der Leine zu dem Zelt. Der flavische Sklave, der wegen ihrem wilden Ritt hatte wegspringen müssen, drehte sich um, sobald er ihr gewahr wurde und ging weg. Traurig sah Tilla ihm nach. Was hatte sie ihm denn getan? Inzwischen mit den Zähnen klappernd und mit blauen Lippen gezeichnet lupfte sie den Zelteingang und trat ein, um neben dem Eingang stehenzubleiben. Uh... schön warm hier drinnen! Wo war Hektor? Suchend sah sie sich nach ihm um, strich sich die dunklen Haare aus dem Gesicht.

  • Die kleine Sklavin im Inneren ging Prisca zweifelsohne zur Hand, wie ich durch ihre Stimme mit einem recht befehlsgewohnten Klang vernahm, während ich mir draußen die Wartezeit mit müßigen Gedanken und Betrachtungen vertrieb - bis sie mich schließlich doch erhörte. "Oh nein, ich habe es gerade so noch überleben können," sagte ich scherzhaft und überspielte mein Frösteln mit einem leichten Schmunzeln. Sogleich reichte das schmale Mädchen auch mir eine Decke, als ich in das Zelt eingetreten war, doch ein Handzeichen meinerseits ließ sie von mir dann auch gleich wieder zurücktreten, denn abtrocknen wollte ich mich selbst.
    Es gab andere Dinge, die man Sklaven erledigen lassen konnte, und diese einfachen Handgriffe angereicht zu bekommen erfüllte mich stets mit dem Gefühl, ich sei in einer unangenehmen Weise unselbständig und nicht fähig, solcherlei selbst zu erledigen - man konnte es auch damit übertreiben. Manche meiner Standesgenossen ließen sich von Sklaven selbst noch die Sandalen zuschnüren, und das war nun wirklich etwas, das mir eisige Schauer den Rücken herunterlaufen ließ, wann immer ich es sah. Dankbar für die weiche Wärme der Decke überlegte ich, wie ich mein klatschnasses Lendentuch loswerden konnte, ohne dass Prisca es sehen würde - nicht, dass es mich gestört hätte, aber ich war mir doch fast sicher, dass sie es stören würde.


    "Würde es Dir etwas ausmachen, Dich kurz umzuwenden? Außer, Du findest Vergnügen daran, einem Mann dabei zuzusehen, wie er sich aus seinem Lendentuch quält, um ein anderes anzulegen," führte ich unsere Unterhaltung einfach so locker fort, als seien wir Verwandte und schon von Kindesbeinen auf daran gewöhnt, einander im wechselnden Bekleidungszustand zu sehen und doch nicht wahrzunehmen. Das dünne Sklavenmädchen, dessen Namen ich nicht einmal wusste, reichte mir, nachdem sich Prisca zumindest so weit umgedreht hatte, dass ich ihr glauben konnte, sie wolle die Schicklichkeit wahren, ein trockenes und angewärmtes Lendentuch - was für eine unerwartete Wonne nach dem eisigen Bad! - und ich schlüpfte eilig in dieses, bevor ich noch die tunica überstreifte, die ich schon beim Ritt hierher getragen hatte. Immerhin war es eine Landpartie, und man musste keineswegs dauernd die Kleidung wechseln, das ging mir ohnehin bei den meisten patrizischen Ausflügen enorm auf die Nerven. Man kam sich dann doch meist eher vor wie ein Vorführsklave eines reichen Tuch- und Bekleidungshändlers denn wie ein erwachsener Mann. Endlich angekleidet, wollte ich gerade wieder etwas zu Prisca sagen, als sich der Zelteingang abermals öffnete und sich jene kleine Sklavin hereinschob, die gerade im Meer gelandet war - hatte Straton sich nicht um ein Feuer für sie gekümmert? Oder war sie einfach von sich aus hergekommen?


    Die Inneneinrichtung jedenfalls ließ recht klar werden, dass das Zelt nicht für den Aufenthalt der Sklaven gedacht war, und im Grunde war das Zelt auch nicht dafür dimensioniert gewesen - ich runzelte die Stirn, die Kleine hatte nicht einmal die Höflichkeit besessen, sich in irgendeiner Form anzukündigen, und das war etwas, was für meine Begriffe zu weit ging, selbst von einer Sklavin, die sich eben versucht hatte, für ihre Herrin einzusetzen. Gewisse grundlegende Richtlinien der Höflichkeit mussten eingehalten werden, und das machte ich im folgenden auch deutlich - jener Sklavin, die eben noch Prisca bedient hatte, bedeutete ich mit einem Nicken, hinauszugehen, und Tilla mitzunehmen (ich ahnte ja nicht, dass diese mangels sprachlicher Fähigkeit nicht auf sich aufmerksam hatte machen können), sodass diese Tilla kurzerhand am Arm berührte und mit einem leisen Flüstern noch unterstrich, dass sie mitkommen sollte: "Das hier ist kein Ort für uns!" Zumindest ein Punkt bei der ganzen Sache war beruhigend - dass nicht nur meine Sklavenschaft bisweilen aufmüpfig und unangemessen reagierte, sondern dass dies auch in anderen Haushalten zu passieren schien und folglich nicht alleine an meiner Unfähigkeit liegen konnte, allzu streng zu sein, um Zucht und Ordnung zu halten - letztendlich waren diese jungen Sklavinnen ohnehin halbe Kinder.


    Entschuldigend blickte ich zu Prisca, hoffend, der Zwischenfall hätte ihr nicht die Laune verdorben, und meinte dann: "Was denkst Du, wollen wir uns ein kleines Frühstück genehmigen? Die rechte Zeit wäre es jetzt auf jeden Fall dafür, und ich muss gestehen, unser kleiner Ausflug ins Meer hat mir doch einen gewissen Hunger aufkommen lassen."
    Nicht nur nach Speisen allein stand mir der Sinn, bot sie doch mit dem kunstvoll hochgesteckten Haar, ohne die viele Schminke, die bei Frauen unserer Herkunft üblich war, einen reizvollen, sinnlichen Anblick, der mir durch die intime Nähe im Zelt noch ein wenig atemberaubender schien als noch zuvor, da ich sie auf meinen Armen getragen, vor mir im Sattel gehalten hatte. Auch wenn wir uns jetzt nicht berührten, es hätte in jedem Augenblick so weit seion können, und die Tatsache, dass viele ablenkende Gerüche fehlten, ich mich so einzig und alleine auf den ihren konzentrieren konnte, machte mir die Sache nicht gerade leichter.
    Iuppiter, lass mich standhaft bleiben, flehte ich im Stillen und versteckte meinen Genuss hinter einem gleichbleibend warmherzigen, aber doch gemäßigten Lächeln. Dass es so schwer werden würde, hatte ich mir wahrlich nicht ausgemalt. Und schätzungsweise war Iuppiter für eine solche Bitte auch nicht der richtige Adressat.

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