scelus et poena, 4. Akt: Recherche

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    "Nein, ein Elefant ist vielmehr wie ein großer Fächer."


    In der Bibliothek. Langsam glitt Severus' Finger über die Zeilen hinweg. Wort für Wort entzifferte er mühsam, entriss es den toten schwarzen Zeichen auf dem Pergament, murmelte es vor sich hin, suchte die richtige Aussprache bis er verstand was es bedeutete. Worte fügten sich zu Sätzen, stockend und mühsam.


    "Es war-en einmal fünf weisse... nein.... weise... Gelee... Ge.... leer?....Gelehrte, ach so... Sie alle wa-ren blind. Diese Ge-lehr-ten wurden von ihrem.... Kö-nig - Kunigaz... - auf eine... Reise ge-schickt und sollten herausfinden, was ein E-le-fant ist. Und so machten sich die Blinden auf die Reise nach in... die... - was? nach oder in? - ...in-di-en."


    Ach ja, das Land. Severus sah von dem Pergament auf und blickte über die Regale und Schriftrollen der Bibliothek zu der grossen Weltkarte an der Wand, zwischen den Büsten zweier strenger bärtiger Herren. Das war ein Land Indien verzeichnet, ein grosses Reich weit im Osten.
    Der Germane rieb sich die Augen. Lesen war wirklich verdammt anstrengend. Er sah hinaus durch die grossen Fenster. Ein wechselhafter Tag war es, vorhin war ein Regenschauer niedergegangen, jetzt stand wieder eine blasse Sonne am Himmel, schien durch den Dunst wie durch Milchglas. Es war noch früh am Vormittag. Das Training im Ludus hatte er heute geschwänzt, denn er musste unbedingt Nachforschungen anstellen. An der Sache mit den Elefanten war mehr dran als er zuerst gedacht hatte, und es hatte möglicherweise sogar etwas mit den Flaviern zu tun. Ausserdem lenkten ihn diese Nachforschungen hervorragend von seinen trüben, sehr trüben Gedanken zum Thema Frauen im Allgemeinen und ganz speziell im Besonderen ab. Und wieder vergrub er sich in der Schriftrolle und entzifferte hartnäckig, Stück für Stück, die Fabel von den fünf Gelehrten, die den Elefanten alle ganz unterschiedlich gesehen, nein wahrgenommen hatten, bis zum Ende.


    "Die Ge-lehr-ten senkten besch...beschää...besch-ämt - ach 'beschämt'! - ihren Kopf, nachdem sie er-kan-nten, daß jeder von ihnen nur einen Teil des Elefanten... ertastet hatte und sie sich zu schnell damit... zu-frie-den...ge-ge-ben hatten....puh...."


    Eine seltsame Geschichte. Es erinnerte Severus irgendwie an das merkwürdige Thema Erfahrungs-Erlebnis-Horizont, über das er manchmal noch nachdachte. Grübelnd stützte er den strohblonden Kopf, dem man all diese tiefsinnigen Gedanken gar nicht ansah, in die schwielige Hand und überlegte, welche Weisheit in der Geschichte verborgen war. Aber er verfing sich immer an der Frage: Warum hatte der König ausgerechnet blinde Gelehrte losgeschickt? Und wenn der König es schon gewusst hatte, wie ein Elefant aussah, warum hatte er sie überhaupt ausgesandt? Um ihnen klarzumachen, dass man sich nicht mit dem ersten Eindruck begnügen sollte? Oder vielleicht um ihnen zu zeigen dass er sowieso alles besser wusste. Musste ein Römer gewesen sein, dieser verschlagene König, der um so viele Ecken herumdachte...


    Ja, interessant, aber leider half es ihm nicht weiter. Er stand auf und trug die Schriftrolle zurück zu Mago, dem alten Bibliothekar, der gerade penibel seine Schreibrohre sortierte - nach Länge, Dicke und Typ, in akkuraten Reihen auf dem Schreibpult. Severus hielt den bärbeissigen alten Mann für einen wahren Weisen, und hatte sich deshalb hilfesuchend zuerst mal an ihn gewandt.
    "Werter Mago, in dieser Schrift geht es um echte Elefanten. Ich meinte aber doch Menschen, die sich als Elefanten bezeichnen. Eine Vereinigung, Bande oder Gefolgschaft."
    "Warum sagst Du das nicht gleich, hm?! Hm?! Immer diese Leser, die nicht wissen was sie wollen."
    Ungnädig fixierte der Bibliothekar den Germanen.
    "Aber ich habe das doch gesagt."
    Ein knochiger Finger wackelte erbost hin und her.
    "Wiedersprich mir nicht, junger Mann."
    Dann furchte sich die hohe Stirn des Bibliothekars.
    "Das war doch was... einmal hat da etwas in darüber der Acta Diurna gestanden. Im Bezug auf Hispania."
    Er zeigte auf eine Kiste, in der sich die Abschriften der Imperialen Zeitung stapelten.
    "Die kannst Du Dir einmal durchsehen. Oder frag die Domina Flavia Minervina, sie soll angeblich deren Bekanntschaft gemacht haben. Aber sieh Dich vor und hüte Deine Zunge vor der Domina, junger Germane, Renitenz kann Dich da schnell den Kopf kosten."
    Das war ja geradezu rührend wie der kauzige alte Mann ihn warnte. Er schien doch einen weichen Kern zu haben. Severus nickte.
    "Ich hatte dieses Gerücht auch schon mal gehört. Aber Flavia Minervina ist nicht in der Villa zur Zeit."
    "Hm... Anfang des Jahres war diese Geschichte", murmelte Mago, dessen Ehrgeiz Auskunft zu geben langsam wach wurde. "Da warst Du eingesperrt, was?"
    "Mhm."
    "Kannst Du also nicht wissen... Aber Hannibal und Sciurus sind damals nach Hispania gereist - gemeinsam, die beiden, wo sie doch wie Katz und Hund sind..." - der Bibliothekar gab einen trockenen, brüchigen Lachlaut von sich - "...und mit der Domina Flavia Minervina wieder zurückgekommen. Ich an Deiner Stelle würde da mal nachfragen. - Und jetzt stör mich nicht weiter, ich habe zu Arbeiten."


    Der befremdliche Anflug von Heiterkeit war vorüber und Mago wandte sich wieder seinen Schreibutensilien zu, und dann dem Katalog der Bibliothek, den er minutiös (und für nicht Eingeweihte vollkommen unverständlich) führte.
    Hannibal oder Sciurus... Keine schwere Entscheidung. Aber da er nun schon mal hier war, und die Luft in der Bibliothek auch gerade Flavier-rein war, wandte Severus sich erst mal den Acta-Stapeln zu. Er ging sie der Reihe nach durch und suchte immer unter 'Hispania' nach dem Wort 'Elefanten'. Eine wahre Tortur war das. Nein, soviel Lesen konnte einfach nicht gesund sein. Sein Kopf schmerzte, seine Nase juckte und die Buchstaben tanzten schon vor seinen Augen, als er dann schliesslich doch fündig wurde. ELEFANTEN stand da, schwarz auf weiss. Na endlich. Er stibitzte sich das Blatt, und begab sich hinaus in den Garten, um es an der frischen Luft in aller Ruhe zu lesen.

  • Die Protagonisten: Hannibal und ein Schwamm


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    ~ Hannibal ~ in der Rolle des ~ Hannibal ~ oder in der Nachtwelt auch als Chrysantha bekannt.


    Titel: Frau oder nicht Frau? Irrungen und Wirrungen!


    Warm plätscherte das Wasser in das hölzerne Becken. Mit jedem Eimer Wasser füllte sich der Badezuber mehr, der in einem einfachen Zimmer im Sklaventrakt sich befand und von allen Sklaven des Haushaltes gemeinsam genutzt wurde. Keine schönen Fresken zierten die Wände und keine bunten Mosaike den Boden. Grober Steinboden, schlecht verputztes Mauerwerk wurden von schmalen Sonnenstreifen beleuchtet, die sich von der östlichen Seite in den Raum schlichen. Dreckig war der bescheidene Raum im Sklaventrakt nicht, aber fern von Luxus und Dekadenz. Es sei denn man betrachtete die Möglichkeit für Sklaven in einem einfachen Holztrog sich baden zu dürfen als Opulenz. Platsch!, noch ein letzter Eimer wurde im Badezuber entleert. Die Männerhand stellte den Eimer zurück neben den hölzernen Schemel. Müde streckte sich der Mann, der den Zuber gefüllt hatte, strich sich durch seine nussbraunen Haare hindurch, die einen warmen Schimmer offenbarten. Seine Kleidung raschelte dezent als er sich bewegte. Der weiche Stoff auf seinem Körper umschmeichelte ihn immer noch, er genoss ihn auf seiner Haut, fühlte sich so wohl wie seit langem nicht. Der grobe Umhang darüber war notwendig gewesen, schließlich war Hannibal nicht darauf aus, dass alle in der Villa von seinen nächtlichen Ausflügen erfuhren. Gar die Natur der Selbigen! Eine goldblonde Perücke rutschte unter dem Umhang hervor, Hannibal legte sie auf den hölzernen Schemel und warf lässig den grauen Umhang darüber. Roter Seidenstoff offenbarte sich darunter, eine gold geblümte Tunika, die er unter seiner Brust mit goldenen Bändern geschnürt hatte. Die weiche Füllung die des Nachts neuerdings über seiner nicht vorhandenen weiblichen Brust ruhten, fielen neben die Perücke aus goldenem germanischem Haar. Teuer, das war dieses Kunsthaar gewesen, aber es hatte sich für Hannibal gelohnt. Mit seinen manikürten Händen löste Hannibal die goldenen Bänder, er streifte die Seidentunika von seinem Körper und warf sie achtlos auf den Stuhl. Ehe er sich anders besann, immerhin war das gute Stück sehr teuer gewesen, wenn vielleicht nicht die Ausgeburt des erlesenen Geschmaks, etwas zu grell, zu schillernd und zu auffällig war sie. Er hob sie hoch und legte sie sodann sorgfältig gefaltet zurück auf den Stuhl. Neben der Tunika deponierte er den Dolch, den er immer mit sich führte. Selbst in seiner neuen Erscheinung gedachte Hannibal nicht, ein leichtes Opfer zu werden. Es sei denn, die Umstände sprachen dafür.


    Zuerst tasteten seine Zehen in das heiße Wasser. Doch, es war wohl temperiert. Der andere Fuß folgte stante pede, dann sank Hannibal in das warme Wasser hinab, was ihn wohlig umfing. Ein erleichtertes Seufzen gab Hannibal von sich, als ihn das Wohlbehagen erfasste, die Ruhe und Entspannung. Gemartert war er, die Nacht hatte er erneut durchgemacht. Schließlich konnte er nach Belieben die Villa verlassen, tun, was ihm beliebte. Dem Einzigen, den er Rechenschaft schuldig war, der kämpfte in Parthia. Mit beiden Händen schöpfte Hannibal das heiße Wasser und wischte sich damit über das Gesicht. Schminke verlief von seinen Augen, Kohleschminke, das warme Rot auf seinen Lippen hatte er durch wilde Küsse in der Nacht schon längstens verloren, es bildete einen feinen, schmierigen Schleier um seine Lippen herum, die sich vortrefflich für die Schminke der Damenwelt eigneten. Zumindest wurde ihm das stets und immerfort versichert. Hannibal lächelte genüsslich und sank tiefer in das Wasser. War die Tür abgeschlossen? Doch, Hannibal meinte sich daran zu entsinnen. So versank er zu sorglos in der weichen Wolke um sich herum, die die Spuren der nächtlichen Aktivität von ihm streifen sollte. Leise summend griff Hannibal nach dem Schwamm, den er sich bereit gehalten hatte. Das Wasser aus dem voll gesogenen Schwamm plätscherte über seinen Arm. Ein Bein streckte sich aus dem Wasser hervor, sinnend betrachtete Hannibal seine Wade, die er von jedem Haar befreit hatte. Was für eine Tortour! Aber auch das hatte sich gelohnt. Der Bart war aus dem Grunde auch geopfert worden und Hannibal pflegte sich jeden Tag von einem Barbier auf dem Forum rasieren zu lassen. Versunken frönte er seinem Bad.




    [SIZE=7]Edits: Die Nacht hat ihre Tücken...besonders bei meinen blinden Augen.[/SIZE]

  • Auf einer Steinbank neben einer winterkahlen Hecke fand der Germane ein abgeschiedenes Plätzchen. Er setzte sich und zog ein Bein an. Kurz hielt er sein Gesicht in Richtung der blassen Sonne. Rot schien das Licht durch seine geschlossenen Lider. Die Strahlen waren matt und wärmten kaum. Und kaum liess er von seiner Arbeit ab, da stiegen wieder die Gedanken an Bridhe auf, trostlos und nagend... Severus ertappte sich bei einem schweren Seufzen. Verdammt. Ärgerlich verscheuchte er dieses ganze Wirrwarr aus seinem Kopf. Er musste sich konzentrieren! Nicht einer Frau nachhängen, die es sowieso nicht wert war. Gab doch genug andere auf der Welt! Heute war ein wichtiger Tag, da brauchte er seinen Verstand, klare Sinne musste er haben, und durfte sich nicht dummen Gefühlsduseleien, unnützem Groll oder gar schwachsinnigen Selbstvorwürfen hingeben.
    Entschlossen verbiss er sich wieder in dem Text, den er aus der Bibliothek mitgenommen hatte, eine Abschrift aus der Acta vom Frühjahr. Seine Brauen rückten zusammen, und eine steile Falte grub sich dazwischen, während er sich starrsinnig Stück für Stück durch das Dickicht dieses Artikels vorkämpfte. So viel schwierige Wörter, so viele umständliche Formulierungen... Folgendes war da zu lesen:



    ... Die Verschwörung breitet sich weiter in Hispania aus. Schon lange kann man den Eindruck gewinnen, dass in den Iberern das Potential zu Verrat und Missgunst liegt. Denn immer wieder bahnt sich die unheilvolle Abtrünnigkeit dieser Menschen an die Oberfläche ihres Denkens und Handelns. Und obwohl der gerechte Zorn unseres geliebten und weisen Kaisers den Verrätern von Hispania naht, die Praetorianer haben schon längstens die hispanisches Küste erreicht, wagen die Hispanier weiter sich gegen das große Imperium, den Princeps und den Senat zu erheben. Aus guten Quellen erreichte uns kürzlich ein Brief aus Hispania, der wohl seinen Weg in die Redaktion der Acta finden sollte und als ein weiteres Zeichen der Unverfrorenheit der Hispanier gelten kann. Natürlich möchten wir diese Unverschämtheit nicht dem werten Leser vorenthalten. Möge der Zorn der Römer sich dann gegen die Verfasser dieses Briefes richten. Wie aus dem Inhalt jenes Briefes hervor geht, ist ein unschuldiger römischer Bürger in den Händen dieser Räuberbande und Verräter gelangt. Mögen die Götter ihn beschützen und die Soldaten des Imperiums rechtzeitig diese Halunken stellen.



    An die
    Acta Diurna
    Roma
    Italia
    Ein Leserbrief...


    Sehr geehrte Redaktion der Acta Diurna, sehr geehrte Damen und Herren Senatoren, Bürger!


    Erst vor kurzer Zeit entschloßen sich einige verzweifelte Männer, dem römischen Volke zu zeigen, dass es in seiner Lebensweise falsch liegt und das verachtenswerteste Volk aller Völker ist. Zu diesem Zweck entschlossen sie sich eine Gruppe zu gründen, die es sich zum Ziel gesetzt hat, dem römischen Staat mit Gewalt zu schaden. Es liegt allerdings nicht in ihrem Interesse, einzelnen Personen zu schaden. Um jedoch Druck auf die Regierung der Provinz auszuüben, entführte sie einen römischen Bürger, Marcus Manlius Vulso, dessen Kopf und Siegelrig diesem Schreiben beigelegt wurde, und verlangte vom Statthalter Agrippa ein Lösegeld. Den und seine Berater interessierte es aber nicht im Geringsten. Sie töteten den Parlamentär und kümmerten sich nicht weiter um den Bürger.


    Doch damit bewies der dekadente und beinahe greise Gesandte Roms nur die Richtigkeit der Ansichten der Entführer. Ihn interessiert nicht der Bürger an sich, sondern nur sein persönlicher Reichtum und seine Ruhe und sein Wein (aus verlässlicher Quelle erfuhr die Gruppe, dass Agrippa einen riesigen Vorrat in seinem Haus lagert -- als angeblich so tugendhafter römischer Beamter...).


    Darum fordern wir:


    - Die sofortige Absetzung der hispanischen Regierung und die sofortige Autonomierung der hispanischen Provinz. Gehen sie durch ein beliebiges Dorf und sie werden davon überzeugt sein, wie unerwünscht die römische Diktatur in Hispania immer noch ist.


    Dieser Bürger kann nicht mehr gerettet werden, doch es kann verhindert werden, dass noch mehr Menschen sterben müssen! Handelt jetzt, bevor es zu spät ist! (In dem Falle, dass dieser Leserbrief nicht veröffentlicht werden sollte, wird der Senat auf anderer Weise von der Existenz des Widerstands erfahren und es wird nicht mehr so sanft zugehen!)


    Warnende Grüße, "DIE ELEFANTEN"


    Das waren Freiheitskämpfer! Überrascht hob Severus die Brauen. Er hatte längst nicht alles verstanden, aber soviel war deutlich geworden. Wie sympathisch dass es nicht nur in seiner Heimat, sondern auch im fernen Hispania mutige Männer gab, die sich der römischen Gewaltherrschaft widersetzten! Aber ob das wirklich etwas mit den 'Elefanten' des Longinus zu tun hatte? Vielleicht hiess dessen Gruppierung nur genauso. Andererseits erinnerte ihn das mit dem Kopf des Manlius Vulso gleich an die Bedingung mit dem Kopf des Arbogastes - Keine Beschädigung. Er muss noch zu erkennen sein.
    Der Germane rollte das Papyrus zusammen und erhob sich, schlug langsam und nachdenklich wieder den Weg zum Haus ein. Er kam an Telamon vorbei, einem Gärtner, der gerade dabei war ein Rosenbeet dick mit Zweigen abzudecken.
    "Telamon? Sag mal - was heisst 'Autonomierung'?", erkundigte sich Severus.
    "Autonormierung", wiederholte der Mann nachdenklich, und zupfte dabei gemächlich ein paar Zweige zurecht. "Selbst normal machen, würd ich sagen."
    "Hm. Ach so."
    So ganz verstand Severus den Sinn immer noch nicht. Egal. Er machte sich auf die Suche nach Hannibal. Vielleicht wusste der ja mehr über menschliche Elefanten. Hoffentlich. Sonst würde er Sciurus fragen müssen, und das würde todsicher mal wieder nicht gut gehen.

  • Zitat

    Original von Hannibal, bzw. "Chrysantha"


    Eines der Küchenmädchen meinte, Hannibal sei vorhin Richtung Balneum gegangen. Also schlug auch Severus diese Richtung ein. Er drückte die Türe auf - sie schien ein wenig zu klemmen, und bemerkte erst beim Eintreten, dass jemand nachlässig den Riegel ein Stück vorgeschoben hatte, allerdings nicht weit genug um die Türe richtig zuzuhalten.
    Severus Augen wurden etwas schmäler, und seine Züge verhärteten sich, als der Raum - wenn er auch am Tage ganz anders wirkte - gleich die Erinnerungen an die vermaledeite letzte Nacht aufweckte. Dann aber weiteten sich seine Augen wieder, und zwar in einem Ausdruck angenehmer Überraschung, als er das aparte Wesen im Badezuber erblickte. Warum war ihm diese Süße denn bis jetzt noch nicht aufgefallen? War die neu? Volle Lippen nahm er wahr, ein feuerrotes, goldgeblümtes Kleid über dem Stuhl, dann glitt sein Blick anzüglich an einem wohlgeformten, glatten Unterschenkel entlang, und über eine schlanke Fessel. Er lächelte wohlgefällig.
    "Verzeih, ich wollte nicht stören.", sagte er, keineswegs schuldbewusst, eher dreist war sein Tonfall, und blickte dem Mädchen glutvoll in die grossen dunklen Augen, die von verlaufener Schminke umgeben noch grösser wirkten. Zu schade dass das Wasser und der Schaum auf der Oberfläche tiefergehende Einblicke verhinderten. Da wollte man Schwamm sein. Severus warf sich in Pose, lehnte sich lässig gegen den Türrahmen und zeigte sein strahlendestes Lächeln (das immer hart an der Grenze zum Zähnefletschen war), Marke unwiderstehlicher Schürzenjäger, sprühend vor urtümlichem barbarischem Charme.
    "Eigentlich suche ich nämlich..."
    Ein Anflug von Verunsicherung kam über ihn. Diese Kinnlinie war doch recht ausgeprägt für eine Frau.
    "...suche ich...."
    Das Lächeln gefror. Dann rutschte es dem Germanen förmlich aus dem Gesicht und machte einem Ausdruck Platz, den man nur als schafsköpfig bezeichnen konnte.
    "...Hrannibhall."
    Eigentlich neigte Severus überhaupt nicht zum Rotwerden. Aber jetzt überzog, ausgehend von seinen Ohren, eine flammende Röte sein Gesicht. Ungläubig starrte er das Wesen an, das immer noch das selbe war, ihm mit einem Schlag aber gaaanz anders erschien.
    "Potzblitz."

  • Womöglich wäre ein kleiner Rückblick für den geneigten Leser und Zuschauer der Szenerie von Nöten. Wann ist die blond gelockte Chrysantha geboren worden, die tatsächlich 'neu' in der Villa Flavia war? - Insofern irrte sich der urchige Germane nicht. Erst einige Wochen war Chrysantha alt, hatte schon unzählige Nächte sich um die Ohren geschlagen und zahlreiche Bekanntschaften gemacht. Und die Erste davon, ja, die war für die Geburt von Chrysantha verantwortlich. Hatte das geweckt, was schon seit einigen Jahren in Hannibal schlummerte, seit einem ganz unscheinbaren Auftrag in Ostia, der in einer Orgie der Verwüstung endete. Doch dazu, werter Leser, wollen wir ein anderes Mal kommen. Schließlich ist das hier nicht die Tragikomödie 'Hannibal und Chrysantha', sondern 'Verbrechen und Strafe*'. Doch nun, meine treue Leserschaft, möchte ich mit folgendem Satz einleiten: Möge die Geschichte weiter gehen.


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    ~Hannibal~ weiterhin den Part des ~Hannibal~ spielend.


    Nicht viele Minuten der Ruhe waren Hannibal vergönnt, obwohl er sie nach dieser Nacht bitter nötig hatte. Erst wenn alle Sklaven aus dem Trakt der Servi entschwunden war, würde Hannibal sich in seinem Lager verkriechen können; wenn Sciurus erneut so wachsam herum schritt, dann würde er lieber doch in das Zimmer seines Herrn verschwinden und dort die nötige Nachtruhe nach holen. Sicherlich hatte er noch eine Wohnung in der Subura, die er immer noch finanzierte, denn die Hoffnung starb bekanntermaßen zuletzt, aber seit jenen Tagen vor mehr als einem Jahr hatte er dort keinen Fuß mehr herein gesetzt. Munter plätscherte das Wasser dort entlang, wo Hannibal mit seinem Schwamm entlang fuhr, hinterließ einen wohl duftenden öligen Film auf seiner glatten Haut, und schäumte das Wasser auf; gerade als die Tür aufgestoßen wurde.
    'Bona Dea, muss das jetzt sein??', fluchte Hannibal in Gedanken. Wollte bereit in den Untiefen des kleinen Gewässers abtauchen und so sich verbergen. Zu spät! Er war entdeckt worden. So beschloss Hannibal nach vorne zu stürmen und die Flucht zu meiden – es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Ganz als ob es das Natürlichste der Welt wäre ließ er den Schwamm über seine Wade gleiten, der Fuß – deutlich männlich markant – war im Wasser verborgen. Um seinen Mundwinkel spielte ein belustigtes Schmunzeln. Sein Schwamm stockte schließlich.


    'Bei Eros, flirtet der?' Hannibal sah unverwandt den Germanen an, der ihm natürlich kein Unbekannter war. Das fesche Lächeln, die legere Art, die doch eindeutig betörende Erotik ausstrahlte. Hannibals Augenbrauen, geschwungen und mit der Pinzette nochmals in Form gebracht, wölbten sich nach oben. Bei der Schürzenjägerei, die man diesem Germanen nachsagte in der Villa, war Hannibal über diese Wendung doch eindeutig überrascht. Nicht unangenehm, Hannibals Blick wanderte darum an dem Germanen hoch und runter, er betrachtete ihn das erste Mal aus dem Blickwinkel und grinste etwas breiter. 'Er wird ja ganz rot, bei Venus, wie verlockend.' Hannibal beugte sich etwas nach vorne, stützte sich auf dem Rand des Zubers ab und ließ den mit einem Mal deutlich reizvolleren Mann nicht aus den Augen. „Hannibal suchst Du also?“ Warm und weich klang die Stimme von Hannibal. „Der Abwechslung wegen oder aus einem profanen Grund? Wenn Letzteres Deine Motivation ist, dann ist Hannibal fort und weg. Wenn nicht, dann vermag ich Dir zu sagen, wo er ist.“ Gleichgültigkeit gegenüber den Konsequenzen mischte sich mit der Freude, womöglich durch das Risiko belohnt zu werden. Blond, er mochte die Farbe der Haare, ob bei Männern oder Frauen. Aufgrund dessen lag ein interessierter Ausdruck in den braunen Augen von Hannibal.



    * A.d.Ü.: In Fachkreisen der altphilologischen Literaturwissenschaft, besonders von Dr. Dr. Dr. h.c. Nequissimus, wird über die Interpretation dieses Titels noch diskutiert. Meiner Meinung nach, weswegen ich die Freiheit dieser Übersetzung gewählt habe, passt es in den Kontext des Stückes.

  • Wie hatte er sich nur so täuschen können?! Die Sache mit Bridhe musste ihn noch viel ärger mitgenommen haben als er gedacht hatte. Er sah noch einmal genau hin. Keine Frage. Hrannibhal. Ein Mann. Und als wäre sein anfänglicher Irrtum nicht schon verstörend genug gewesen - es wurde noch schlimmer! Severus schluckte und sah Hannibal verunsichert an. Bei Fenris' Fängen, flirtete der etwa mit ihm??!!
    Der Germane wich instinktiv einen Schritt zurück, bis er den Türrahmen im Rücken hatte. Wie der ihn ansah! So einvernehmlich und vor allem gierig! Hier war eindeutig ein schreckliches Missverständnis entstanden. Severus hatte den Impuls zu fliehen. Aber er brauchte doch die Informationen!
    Er räusperte sich, straffte sich, und versuchte seine Würde zurückzugewinnen.
    "Ich hab ihn schon gefunden.", wehrte er spröde ab, wollte sich gar nicht erst auf den spielerischen Tonfall seines Gegenübers einlassen. "Also nicht dass Du etwa denkst... für einen Moment glaube ich wirklich Du wärst... Wegen dem Bart! ...weil Du jetzt keinen mehr trägst, meine ich natürlich. Verändert Dich, äh, sehr."


    Mit einer Art von morbider Faszination näherte er sich dann dem Stuhl, wo das geblümte Gewand hing, griff danach, und hob es mit spitzen Fingern ein kleines Stück an, wie um sich zu vergewissern, dass es so was groteskes wirklich gab. Darunter kam eine golden schimmernde Lockenpracht zum Vorschein, die früher gewiss einmal die Köpfe nordischer Frauen geziert hatte. Unglaublich! Severus' Brauen schienen zu seinem Haaransatz emporklettern zu wollen, und fassungslos schüttelte er den Kopf. Diese Villa war einfach ein Tollhaus, und die Personen hier, die noch am normalsten wirkten, schienen sich früher oder später als die verdrehtesten zu entpuppen...
    "Warum tust Du sowas?", entwich es ihm völlig verständnislos, dann aber hob er schnell abwehrend die Hand. "Halt nein, ich will es lieber GAR. NICHT. WISSEN. - Ich habe ein paar Fragen an Dich. Ob sie profan sind weiss ich nicht. Aber wichtig sind sie. Ich bitte Dich mir Antwort zu geben."
    Er bemühte sich, über das bizarre und beunruhigende an der Situation einfach hinwegzusehen, verschränkte die Arme wie eine Barriere vor sich, und schlug einen betont sachlichen Tonfall an.
    "Du bist doch im Frühjahr zusammen mit Sciurus nach Hispania gereist, oder nicht? Sagt Dir 'die Elefanten' etwas? Ich meine nicht die Tiere mit den langen Rüsselnasen und den Fächerohren sondern Menschen, die sich so nennen."

  • Einen kleinen Einblick in das Original möchten wir dem geneigten Leser eröffnen, ehe wir wieder die Gattung der literarischen Prosa wählen.


    Rutger und Hannibal
    4. Szene
    (Ein Badezuber. Im Hintergrund sieht man eine schlichte Mauer. Einen Stuhl, Kleider, einen Eimer: Er ist leer.)


    Rutger
    Ich hab ihn schon gefunden.
    (wirkt nicht erfreut)
    Also nicht dass Du etwa denkst... für einen Moment glaube ich wirklich Du wärst... Wegen dem Bart! ...weil Du jetzt keinen mehr trägst, meine ich natürlich. Verändert Dich, äh, sehr.


    Hannibal
    Wohlan, Rutger. Du hast mich in der Tat gefunden.
    (lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.)
    Nun, mein Freund, trete hinein durch die Thüre. Weiche doch nicht zurück.
    Ein fehlender Bart wird Dich doch wohl nicht schrecken, wackerer Weigand.
    Oder was fürchtest Du sonst?


    Rutger
    Warum tust Du sowas?
    (er deutet auf ein Kleid. Es liegt auf dem Schemel)


    Hannibal
    (Ignoriert den Wink auf das Kleid)
    Baden? Von weil zu weil ist es von Nöten, Adonis.


    Aber nun, werter Leser, zurück zu dem Werk, dessen sich das antike Theaterstück als Quelle gewählt hat.


    Hannibal ließ den Schwamm in das Wasser versinken und konnte das amüsierte Schmunzeln auf seinen Lippen schwer vertreiben, es schlich sich immer wieder dorthin, suchte danach sich einen Weg hinaus zu bahnen und fand Ausdruck auf seinem Gesicht. Bis zu dem Rand des Badezuber zog sich Hannibal und legte seine Arme auf den Rand, betrachtete dabei Rutger aufmerksam. Was für ein Hin und Her! Was wollte der gutaussehende Mann nun eigentlich? Mit ihm anbändeln oder dann doch lieber die scheue Jungfer spielen? Doch Hannibal war zu müde, um große Verwunderung über das Gebarden des Germanen zu verspüren, er amüsierte sich mehr darüber. Keinen Augenblick ließ er Rutger aus den Augen, besonders als jener die Arme vor seiner Brust verschränkte, die Muskeln am Körper des Germanen spannten sich stärker dadurch an, sein Körper wurde noch auf das Vortrefflichste modelliert, die starken Arme wirkten umso anziehender, außerdem rutschte die Tunika einen Finger breit höher. Hannibals Augen wanderten erneut hoch und runter. Nett, nett, dachte sich Hannibal. Souverän ignorierte Hannibal das Gehabe um sein Kleid, tat so als ob es völlig irrelevant war. „Ja, das bin ich.“, bestätigte Hannibal die Frage. Schon bei dem Gedanken an diese elende Reise wurde Hannibal ganz übel, all das schreckliche Schaukeln an Bord eines Schiffes. Oh, wie hatte sich Hannibal die Seele aus dem Leib gekotzt und dabei auch noch den Spott von Sciurus ertragen müssen. Hannibals Gesicht verzog sich einen Moment unangenehm berührt, als er sich daran zurück entsann. „Die Elefanten? Hm...?“


    Hannibal war etwas überrascht über die Frage. Er hob die Hand und fuhr damit durch seine dunkelbraunen Haare, die durch das Wasser noch etwas dunkler wirkten und teilweise an seiner Schläfe kleben blieben, dann jedoch durch seine Hand gebändigt wurden. „Natürlich sagen die mir was, beide, sowohl die Dickhäuter als auch die Menschen. Also, wenn Du Dich auf diese Bande in Hispania beziehst, die dort ihr Unwesen treibt. Wieso?“ Hannibals Neugier war geweckt, aber dennoch beherrschte ihn der Spieltrieb, der in ihm aufgekeimt war, seitdem Rutger das Bad betreten hatte und mit seinem charmantesten Lächeln einem Irrtum erlegen war. Hannibals Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. „Soll ich Dir etwa von den Elefanten berichten?“ Hannibals Augenbraue wölbte sich eine Nuance nach oben. „Was bietest Du mir denn für die Informationen?“ Ein drittes Mal ließ Hannibal seinen Blick an dem anziehenden Germanen entlang gleiten, während Hannibal anzüglich lächelte.

  • Ihn schrecken? Pah. Er war doch nur... überrascht.
    "Ich werde jetzt anders genannt. Severus.", erklärte er Hannibal, der ja vor kurzem erst wieder nach Rom gekommen war, in einem Tonfall der deutlich machte, dass er das nicht ausführen wollte, nickte dann als Hannibal bestätigte, in Hispania gewesen zu sein.
    "Warum ich das wissen will? Nun, es gibt auch Elefanten hier in Rom...", gab er preis. Aber Hannibal machte ihn nervös. Der verschlang ihn ja förmlich mit Blicken, geradezu als wäre er, Severus, eine holde Jungfer oder so. Severus fand das richtig unanständig und auf eine irritierende Weise verkehrt und funkelte Hannibal bedrohlich an. Der sollte gefälligst mal seine Augen bei sich behalten, sowas gehörte sich doch einfach nicht! Und lenkte ihn ausserdem ab...
    Er war in Hispania... Er kam mit Flavia Minervina zurück... Sie soll angeblich irgendwas mit ihnen zu tun gehabt haben... Es sind Freiheitskämpfer... Sind es aber dieselben Leute wie hier in Rom?... hm... Der Stabmann nennt sich auch der Schächter von Hispania......


    "Ja. Berichte mir was Du über sie weisst. Haben sie womöglich der Sippe der Flavier - Schmach zugefügt? Und hast Du damals vielleicht etwas gehört von einem gewissen 'Stabmann', auch genannt 'Tavernenmörder', 'Schächter von Hispania' oder auch Longinus von Vindobona?", formulierte er die Fragen, die ihm auf den Nägeln brannten.
    "Und wenn Du das tust, gebe ich Dir mein Wort, dass ich über das hier..." er umfasste mit einer kleinen Handbewegung Kleid, Blondschopf und Zuber, "...nie auch nur ein Sterbenswörtchen verlieren werde. Das sollte Dir doch genügen."
    Hoffte er jedenfalls! Wieder wollte er unbehaglich Hannibals verzehrendem Blick ausweichen, doch dann riss er sich zusammen und starrte ihm herausfordernd direkt ins Gesicht.
    "Oder?"
    Noch immer irritierte es ihn gewaltig, dass er - auf den ersten Blick - die Lippen, die er da vor sich sah, durchaus als einladend empfunden hatte. Natürlich nur weil er sie als einer Frau gehörend gewähnt hatte...! Aber trotzdem... stimmte womöglich etwas nicht mehr mit ihm?! Severus, sowieso arg erschüttert durch seinen Liebesschmerz, betrachtete Hannibals Lippen und machte sich Sorgen...

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    Hannibal, mittlerweile ohne verdächtige Spuren seines nächtlichen Treibens, alias Hannibal


    Ein belustigtes Lachen drang von Hannibals Lippen, nicht laut, mehr verhalten. „Severus? Naja, der Flavier mag noch so sehr auf seine schlechte Komödie bestehen...“ Hannibal verharrte und fuhr mit einer Hand über sein nasses Gesicht, wischte auch noch die letzte Schminke von seiner Wange. „...oder Tragödie, wie auch immer...“ Hannibal seufzte leise in sich hinein. „Aber es ändert nichts daran, wer Du bist, Germane. Egal wie Dich der Flavier auch nun nennen mag und sich damit etwas vormacht.“ Hannibal ließ die Hand herab fallen, die wieder in den Bottich mit dem warmen Wasser zurück sank. Ernst betrachte Hannibal den Germanen und wusste einen Augenblick nicht, ob er nicht den Germanen für alles verantwortlich machen konnte. Nein! Nein, Hannibal schüttelte den Kopf und verdrängte den Gedanken wieder, so schnell er auch gekommen war, wie ein Dolch in der Nacht, der von einem Mann der Subura geschwungen wurde. Genauso verletzend, genauso unangenehm, Hannibal wollte darüber nicht mehr nachdenken. So kam er zu dem zurück, was ihm eindeutig mehr Vergnügen brachte, das eindringliche Betrachten von Rutger. Dieses wilde Funkeln in den Augen, entzückend. Hannibal mochte solche Männer, je ungestümer sie waren, um so mehr. Das anzügliche Grinsen auf seinen Lippen wurde breiter, Hannibal lehnte sich gegen die Wand des Bottiches und ließ sich in keinster Weise durch die Abwehrhaltung des Germanen beeindrucken. „In Rom? Soso...“, murmelte Hannibal in seinen geopferten und somit nicht mehr vorhandenen Bart hinein.


    Im Moment war er noch etwas zu sehr amüsiert, um die ganzen Zusammenhänge zu verstehen, sie in sich aufsteigen zu lassen. Außerdem war ihm die Flavia egal und somit auch, ob ein Verbrechen an ihr gesühnt wurde, schließlich hatte sie sich nicht nur zickig ihnen, Sciurus und Hannibal, was ihn nicht sehr erschüttert hätte, gegenüber benommen, sondern sich sogar noch als recht undankbar erwiesen und am Schluß versucht, Schande über die Familie zu bringen, in dem sie sich in die Arme des nächst besten Mannes warf. Gut, der PP war nicht gerade der nächst beste Mann und hätte bestimmt auch Wohlgefallen von seinem Äußeren bei Hannibal gefunden, aber dennoch befand Hannibal, dass sein Engagement für die loyalen und vorbildlichen Teile der Familie mehr angebracht war als für die schwarzen Schafe.*


    Ist da ein Zaudern bei Hannibal? Wäre ein antiker Chor vorhanden, er würde jetzt auf den Plan treten (was er auch tat, würden wir erneut einen Blick in das Original werfen.)
    Chor: O treuer Sklave der Familie! Sieh, sieh, wohin Dich Dein Pfad geführet hat.
    Sieh! Sieh! Der Familie Schmach kann gerächt werden.
    Säume nicht, o Servus! Diene der Familie göttergefällig.


    Vielleicht war es dann doch das Eingreifen des Chors, der göttliche Wille, des Schicksals Faden, der Hannibal dann letztendlich überzeugte. Mit einer lapidaren Geste mit dem Kinn zu den Kleidern meinte Hannibal: „Naja, eigentlich würde ich meinen: Nein! Das reicht mir nicht. Davon gehe ich schon von ganz alleine aus. Schließlich scheinst Du mir doch kein unanständiger Kerl zu sein, oder?“ Hannibal schmunzelte und beugte sich etwas weiter nach vorne. „Aber vielleicht kannst Du mir mal behilflich sein...in Zukunft.“ Hannibal ließ Rutger weiterhin nicht mit seinen Augen los als er sich wieder in das Wasser zurück sinken ließ. „Die Elefanten haben dieses kleine Lu..ähm..Flavia Minervina in Hispania entführt als die dum...Dame gerade unterwegs war sich an den Hal...in das Haus der Flavier zu begeben. Also, mitten auf der Reise. Sie haben ein Lösegeld von zweihundert Aurei gestellt und sie von einem Eques erhalten, der wiederum die Forderung wohl an den Hausherrn gestellt hat, samt Zinsen wie ich gehört habe. Ein raffgieriger Kerl halt. Und Gracchus hat ihn, meines Wissens nach, auch ausbezahlt. Die Flavia wurde befreit und naja...kam dann irgendwann auch wieder nach Rom...“ Hannibal legte den Kopf zur Seite. „Und diese Elefanten sind hier in Rom? Woher weißt Du das?“ Langsam besann sich Hannibal also doch auf seine Pflichten...



    *Die literarische Prosa erlaubt ein derartiges Abschweifen, dennoch möchte sich das Autor für so viel Geschwafel entschuldigen, womöglich ist jedoch dadurch ein wenig mehr die Intensität der Aufmerksamkeit erklärt, die Hannibal für die Schönheit des Germanen übrig hatte, aber weniger der Familie der Flavier Gerechtigkeit angedeihen zu lassen.

  • Ein neuer Name. Hannibal lachte. Der Germane reckte das Kinn, stumm, stolz und trotzig, als der Badende so leichthin von Komödie und Tragödie sprach... Wenn es nur der Name wäre. Doch es war mehr, mehr das damit einherging, es war eine Schuld und eine Treuepflicht gegenüber dem vermaledeiten Römer, und es war eine stete, nagende und bohrende Erinnerung daran, dass er angesichts des Kreuzes in wahrsten Sinn des Wortes in die Knie gegangen war. Dieser Name war wie eine Kette! Wie ein Joch!
    Finster blickte er Hannibal an. Der war wirklich ein Sklave, Sklave des Neidings noch dazu, Sklave mit Leib und Seele wahrscheinlich. Was wusste der schon... Mit einer abfälligen Handbewegung wischte er das alles dann barsch beiseite. Er würde dieses Joch schon noch abschütteln. Für den Moment wandte er sich lieber wider dem naheliegenden zu. Den Elefanten.
    Nach einigem Zögern begann Hannibal zu erzählen, ebenso aufschlußreich wie launig. Das brachte allerdings Licht in den Dämmerschein der Vermutungen, die der Germane bereits angestellt hatte. Flavia Minervina entführt. Zweihundert Aurei. Zweihundert! Seine Augen wurden gross. Bei Fenris Fängen, das war eine völlig unvorstellbare Summe. Genug um ein eigenes Heer aufzustellen, im Kampf gegen die römischen Besatzer. So lukrativ konnte es also sein, eine Flavia zu entführen?! Hätte er mal besser Lösegeld für Arrecina verlangt, dachte der Germane sarkastisch, anstatt sich in sie zu verlieben und infolgedessen die ganze Sache in den Sand zu setzen.


    Jetzt wunderte es ihn gar nicht mehr, dass der zerlumpte Longinus so mit dem Gold um sich warf. Seine Stirn furchte sich. Den Mann musste er sich schnappen! Aus ihm rauspressen wo die Elefanten ihren Hort aufbewahrten. Oder ihn den Flaviern ausliefern, um seine Schuld zu tilgen. Ganz neue Möglichkeiten taten sich da auf, aber erst mal musste er den Bären natürlich fangen, bevor er dessen Haut zu Markte trug.
    Der Ausdruck des Grübelns wich aus Severus' Zügen, machte dem Tatendrang Platz. Er leckte sich über die Lippen, auf die nun ein jagdlustiges Lächeln trat, und die kräftigen Zähne wie Raubtierfänge bleckte.
    "Gut...", sagte er langgezogen, "Ja. Sie sind in Rom. Spricht sich doch rum, sowas. - Ich danke Dir Hrannibhall. Ich schulde Dir was und das hier hab ich nicht gesehen."
    Noch einmal musterte er das Kleid, den Blondschopf, und den so ausserordentlich wandlungsfähigen Mann in der Wanne. Nein, er konnte das nicht verstehen, er wollte es auch gar nicht erst versuchen. Severus hatte was er wollte. Es war Zeit hier den Rückzug anzutreten - bevor dieser Ausbund an Schamlosigkeit ihn noch mehr verwirrte, oder verständlicherweise versuchte ihn auszufragen - und auf Elefantenjagd zu gehen.
    "Ja dann."
    Knapp nickte er Hannibal, dem seltsamen Informanten, zu, verließ dann mit raumgreifenden, federnden Schritten das Balneum. Schon bald würde er den Stabmann wiedertreffen. Um abzurechnen. Da hiess es zuschlagen!


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