Arbeitszimmer | Micipsas Sklaveneinstand

  • Der Tag war lang gewesen, und ich war trotz des mittäglichen Erfolgslerlebnisses müde - es war doch etwas anderes, den ganzen Tag sich im relativ begrenzten Areal des Mars-Ultor-Tempels aufzuhalten als den halben Tag durch Rom zu wetzen, immer ansprechbereit für die Sorgen und Nöte der Bürger - allein meine Füße würden gegen Ende der Amtszeit sicherlich die dritte Schicht Haut verbraucht haben, zumindest stellte ich es mir so vor. Aber die Arbeit - beziehungsweise alles, was vor einem Umfallen in Richtung Bett und dem heute wirklich wohlverdienten Augenschließen noch passieren würde - wartete auch in der villa Flavia auf mich, und das in Form meines neuen Sklaven. Der Nubier, der gebildet schien und vom Temperament her ruhig - ein Ausgleich, den mein Haushalt dringend nötig hatte, und ich hoffte im Stillen, dass ich mich nicht allzu sehr getäuscht hatte in meiner Einschätzung. Straton erahnte wohl, wie es mir erging, und behelligte mich auch nicht mit weiteren Fragen, setzte mich nur davon in Kenntnis, dass der Nubier ordnungsgemäß geliefert worden war (was für ein seltsamer Euphmeismus, immerhin handelte es sich um einen Menschen, nicht um eine Sache) und schenkte mir gleich Wein ein - nach einem halben Becher war ich schließlich soweit, dass ich mich wieder bereit fühlte, etwas sinnvolles zu machen.


    Straton wickelte mich aus der toga und brachte sie zurück in den Nebenraum, der mir inzwischen als Ankleidezimmer diente, dort war auch die toga bereits aufgehängt, die mir am morgigen Tag als Arbeitskleidung dienen würde, und seine ruhigen Bewegungen ließen auch mich etwas zur Ruhe kommen. "Sei so gut und bringe Micipsa zu mir," sagte ich schließlich und setzte mich an den Schreibtisch, um mir die Wartezeit mit einem Blick in eine neue Gedichtschriftrolle zu versüßen, die ich vor einigen Tagen von einem recht unbekannten Autor auf dem Markt erstanden hatte. Straton nickte und machte sich innerhalb der villa auf den Weg, den neuen Mitsklaven zu suchen, und so verstrich ein wenig der Zeit, die ich versunken in das Lesen verbrachte ... kein schlechter Stil, frische Ideen, es hatte sich gelohnt, und vielleicht würde dieser Dichter auch noch zu großem Ruhm gelangen, irgendwann. Als ich Schritte auf dem Gang hörte, blickte ich auf und sah gen Türe, erwartungsvoll und neugierig im Grunde zugleich.


    Sim-Off:

    Jetzt aber :)

  • Man hatte ihn also doch nicht vergessen. Ein gewisser Straton hatte ihm mitgeteilt, der dominus erwarte ihn.
    Als Micipsa die Tür des Arbeitszimmers seines neuen Herrn erreichte,
    klopfte er an, zögerte aber noch, einzutreten. Man konnte ja nie wissen, wie dieser ihm noch völlig unbekannte Mann auf einen Sklaven reagierte, der in sein Arbeitszimmer gestürmt kam.

  • Zweifelsohne, ich hatte keinen allzu schlechten Fang gemacht, denn es klopfte, und wenn Micipsa es war, der klopfte, hatte er den meisten anderen Sklavin damit doch einiges voraus - ich nickte, bevor mir einfiel, dass man dies vor der Tür kaum sehen konnte, um dann hörbar gesprochen anzufügen: "Herein!" Ja, jetzt war ich wirklich gespannt. Einen gebildeten Sklaven hatte ich mir noch nie gekauft ...
    Ich saß am Schreibtisch, die Schriftrolle noch immer in der Hand, der Raum selbst war von zwei Öllampen erhellt und tauchte das edle, wenn auch sparsame Mobiliar in einen weichen Schimmer - es gab einen zweiten Stuhl, wohl für Gesprächspartner und Besucher, den Straton vor kurzer Zeit hier hinein geräumt hatte, daneben noch ein wohlgefülltes Regal mit Schriftrollen, das ein bisschen durcheinander wirkte, der typische Arbeitsplatz eines Menschen, der am Schreibtisch nicht wenig seiner Zeit am Tage verbringt. Mein Arbeitszimmer war eindeutig nicht der Raum, um andere mit Reichtum oder Luxus zu beeindrucken, es war ein Raum, der auf seinen Zweck hin zugeschnitten war - zum arbeiten.

  • Der Nubier wartete, bis er aufgefordert wurde, einzutreten und betrat dann das
    Arbeitszimmer. Dabei musste er den Kopf ein wenig einziehen, um nicht am Türbalken
    hängen zu bleiben. Aber das war er ja gewohnt.


    Der Mann, der ihm über einen kleinen Schreibtisch hinweg aufmerksam entgegensah und den
    Micipsa als den Käufer vom Markt wieder erkannte, mochte höchstens ein paar Jahre älter als
    er selbst sein. In dessen Blick konnte man aber eine gewisse Erschöpfung oder Ernüchterung ablesen. Hoffentlich
    war Micipsa nicht in einem unpassenden Moment zu ihm gerufen worden.
    Er blieb etwa einen halben Schritt neben einem Stuhl stehen.


    "Du hast mich rufen lassen, Domine Aquili!"


    Dabei senkte der Sklave nur kurz seinen Blick, versuchte aber seine grimmigen Gesichtszüge etwas zu entspannen.
    Er wollte von seinem neuen Besitzer ja nicht unbedingt als Bedrohung angesehen werden.

  • So groß hatte ich ihn gar nicht in Erinnerung gehabt, und deswegen war ich etwas erstaunt, dass er den Kopf einzog, als er eintrat - aber zweifellos hatte mich der Stand des Sklavenhändlers genarrt, an dem er gestanden hatte. Er war eine eindrucksvolle Gestalt, zweifelsohne, und die grimmigen Gesichtszüge wussten ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen, die vielleicht auch potentielle Angreifer etwas entmutigen würde.
    Ich machte eine einladende Geste zu jenem zweiten, freien Stuhl bei meinem Schreibtisch und nickte ihm zu. "Setz Dich zu mir, Micipsa, denn es gilt zu klären, welche Aufgaben Du in meinem Haushalt übernehmen wirst. Das Loblied, welches der Sklavenhändler auf Dich gesungen hat, dürfte zu einem gewissen Teil auch Verkaufsstrategie gewesen sein, das tut er bei jedem Sklaven - und ich wüsste gerne, was davon den Tatsachen entspricht. Erzähle mir von Dir, von Deinem bisherigen Leben, und auch davon, was Du gelernt hast. Du hast sicherlich erkannt, dass dies kein armes Haus ist, die gens Flavia stellt hohe Ansprüche, denn wir sind dem Imperium in besonderem Maße verpflichtet." Schätzungsweise war er der einzige Sklave, bei dem Gracchus nicht die Augenbraue spöttisch erheben würde, wenn er erfuhr, dass ich ihn gekauft hatte, aber selbst dieser Gedanke war für den Moment nicht dazu angetan, mir die Laune zu verderben, noch hielt ich mich tapfer aufrecht, auch wenn ein großer Teil meines Inneren nach einem baldigen Schlaf verlangte. Noch nicht.

  • Micipsa folgte der Aufforderung und nahm Platz. Auf einem solchen Stuhl mochte er etwas unbeholfen aussehen, doch er begegnete diesem Problem, indem er seine langen Beine nach hinten unter den Stuhl schob.
    Auf jeden Fall war er froh, dass er sich dank dieser Sklavin namens Bridhe hatte waschen und neu einkleiden können. Mit einer frischen Tunika und sauberem Gesicht fühlte man sich doch gleich viel besser.


    Er sammelte schnell seine Gedanken und begann dann zu antworten:
    "Nun, ich habe, solange meine Erinnerungen zurückreichen, als Sklave gelebt und gearbeitet."
    Mehr gearbeitet als gelebt natürlich. "Den Großteil dieser Zeit gehörte ich zum Besitz einer Kaufmannsfamilie aus Italia, die sich in Leptis Magna niedergelassen hatte."
    Erinnerungen an diese Zeit kehrten zurück, gute wie schlechte. Doch der Nubier hatte sie schnell wieder verdrängt und konzentrierte sich wieder auf Aquilius.
    "Eine größere Zahl an Sklaven konnte oder wollte sich diese Familie nicht leisten. Mein Herr schimpfte immer über die große Menge an Sklaven, die seiner Meinung nach die Wirtschaft im Reich langsam zugrunde richten würde. Umso wichtiger war es ihr, dass ich ihre Sprache gut beherrschte und auch halbwegs gebildet erschien, um im Geschäftsbetrieb mitzuhelfen und vorzeigbar zu sein. Die Pflege ihres Gartens lag ebenfalls in meiner Verantwortung.
    Mit zunehmendem Alter und meiner",
    das sagte er nicht ohne Stolz, "veränderten Statur wies mir der dominus andere Aufgaben zu.
    Ich hatte ihm zwar auch für Tätigkeiten, die unmittelbar sein Geschäft betrafen, zur Verfügung zu stehen, doch vor allem Anderen war ich nun für seinen Schutz zuständig und, um..." - er zögerte kurz - "...na ja, Geschäftspartner einzuschüchtern."
    Nein, ein besonders integrer und beliebter Mann war sein früherer Besitzer sicher nicht gewesen.
    Aber Micipsa hatte es ihm nie zum Vorwurf gemacht. Jeder musste eben selbst zusehen, wie er sich durchs Leben schlug. Was natürlich erst recht für einen Sklaven galt.

  • Micipsa hatte sich anscheinend hergerichtet, und im Haushalt war dafür gesorgt worden, dass er mir gewaschen und neu eingekleidet unter die Augen getreten kam - ja, es hatte sich in dieser villa wirklich etwas entschieden zum Besseren verändert, und ich machte dafür den Einfluss meiner Sklaven verantwortlich. Während er sprach, gab ich auch dem Klang seiner Worte ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit, nicht allein dem Inhalt. Er wusste sich gut auszudrücken, und das war unter Sklaven selten genug - vor allem, wäre dieses Talent offensichtlicher gewesen, hätte ich ihn mir sicherlich nicht leisen können und wollen.
    "Dein Herr hat für eine gute Ausbildung gesorgt und auch, dass sich wohl vorhandene Talente entwickelt haben - das ist ein Umstand, dem ich auch gerne weiter folgen werde. Der hortus dieser villa verlangt viel Pflege, und eine kundige Hand mehr wird sicherlich helfen, ihn zu bewahren, da der eigentliche Hausherr Flavius Felix sehr an seinen Rosenrabatten hängt und ich den Eindruck gewonnen habe, dass sie etwas verkümmern. Aber für mein persönliches Umfeld fehlt mir ein Sklave, der mit den Literaten umzugehen weiss und auch eine Gesellschaft unterhalten kann - spielst Du irgendein Instrument?"
    Muskeln konnte man überall kaufen, aber gebildete Muskeln waren ausgesprochen rar - zudem erkledigte Rutger seine Tätigkeit als Abschrecker durch den stetig in seinen Augen glimmenden Zorn sehr effizient, bisher hatte ich mich noch nie über zu aufdringliche Leute beschweren müssen. Zudem, sollte er musikalisch begabt sein - ein Talent, das mir selbst leider völlig abging - konnte er auch gemeinsam mit Bridhe üben und ich würde keinen Lehrer dafür anstellen müssen.

  • Die Frage nach dem Instrument überraschte ihn. Er war tatsächlich auch in musikalischen Belangen unterrichtet worden, aber da dies vom Händler nicht erwähnt worden war, hatte auch er es bis jetzt verschwiegen. Es war ihm nebensächlich vorgekommen.
    "Ja, ich habe gelernt, die siebensaitige kithara griechischer Bauart zu spielen. Und kann demzufolge auch mit der einfachen lyra umgehen."


    Sein Blick blieb an den zahlreich im Raum verteilten Schriftrollen hängen.
    "Und ich bin natürlich auch in der Lage, lateinischsprachige Autoren zu zitieren."
    Mit dem Griechischen hatte er es nicht so, aber bei den zahlreichen Übersetzungen war dies weniger ein Problem.

  • "Ah ...das ist wahrlich ein willkommenes Talent in diesem eher unmusikalischen Haushalt. Meine Leibsklavin Bridhe vermag sich gesanglich auszudrücken, ich denke, Deine erste Aufgabe in diesem Haus wird es sein, mit ihr einige ihrer Lieder einzuüben, auf dass sie ein wenig mehr Sicherheit im Vortrag erhält - und es wäre zudem willkommen, würdest Du Dich darin üben, die Dichter angemessen zu rezitieren, auf dass Du bei Gastmählern die Besucher unterhalten kannst." Endlich ein Sklave, der sich anscheinend auf diese seltene Kunst verstand, ich atmete innerlich auf - ich hatte wirklich Glück gehabt, ihn zu ersteigern.
    "Du hast sicherlich auch Erfahrung im Umgang mit höhergestellten Persönlichkeiten? Zumindest wäre dies bei einer solchen Bildung zu erwarten - aber sage mir ruhig ehrlich, was Du kannst und was nicht, denn was Du noch nicht kannst, wirst Du hier erlernen können." Und ein Sklave mit seinem Aussehen und tadellosen Manieren würde bei Gastmählern sicher Eindruck schinden, das hatte ich bisher bei nicht allzu vielen Familien überhaupt gesehen.

  • Höhergestellte Persönlichkeiten? „Ich kann einen Senator von einem Eques unterscheiden. Dafür reicht es.“ Er war nicht ganz sicher, auf was der dominus hinauswollte.
    „Aber es wäre mir zuerst einmal wichtig zu wissen, wer sich noch in diesem Anwesen aufhält. Nicht dass ich einem deiner Verwandten unwissentlich auf die Füße trete.“

  • Ich hob langsam eine Braue an, und nickte dann leicht. "Nun, das wird nicht genügen, aber es ist eine Frage der Erfahrung, die wichtigen Senatoren von jenen zu trennen, die nur schwatzen und nichts erreichen - es werden in diesem Haus in den nächsten Jahren viele Männer ein- und ausgehen, und die meisten davon sonnen sich im Wissen, wichtig zu sein. Alle müssen zuvorkommend behandelt werden, und bei allen wird es notwendig sein, dass sie jemand im Auge behält. Ihre Reaktionen, ihre Kleidung, ihre bevorzugten Gesprächsthemen - ich brauche jemanden, der fähig und aufmerksam genug ist, solchen Dingen Beachtung zu zollen. Meinst Du, dies könnte Dir liegen? Ich brauche dafür einen intelligenten Mann, der die Lebensart meines Volkes kennt, aber neutral genug ist, Details zu bemerken, die mir selbst vielleicht entgehen, weil ich zu sehr daran gewöhnt bin. Ein zweites Paar Augen. Augen, die unbestechlich agieren und auf deren Sichtweise ich mich verlassen kann." Es war letztendlich eine Vertrauensstellung wie alle anderen Sklavenarbeiten, die sich in der unmittelbaren Nähe eines Politikers abzeichneten, und das war ich nun - ein Politiker - selbst wenn es mir schwerfiel, von mir selbst in dieser Weise zu denken.


    "Was die in der villa lebenden Familienangehörigen angeht, so sind dies nicht viele. Mein Vetter Flavius Gracchus ist der vom Hausbesitzer bestimmte Hausherr in dessen Abwesenheit, seinen Anweisungen ist unbedingt Folge zu leisten - ein blondhaariger Sklave namens Sciurus ist der vilicus meines Vetters, und auch dessen Wort ist für Dich gleichbedeutend mit einer Anweisung von mir. Mein Großneffe Flavius Lucanus agiert als mein scriba personalis, wird also oft in meinem Arbeitszimmer anzutreffen sein und ist noch recht jung, sollte er Dir Anweisungen erteilen, bei denen Du Dir über Sinn und Richtigkeit im Unklaren bist, dann bespreche Dich mit Sciurus oder Straton. Flavius Lucullus ist ebenso ein Vetter von mir und Flavius Gracchus' Bruder, allerdings siech und er zeigt sich nicht oft, Du wirst ihn sicher nicht viel zu Gesicht bekommen. Dann bliebe da noch Claudia Antonia, die Gemahlin des Flavius Gracchus, die sich ebenso mehr in ihren Räumlichkeiten aufhält, und die Du nicht oft sehen wirst. Das wären derzeit alle - aus meinem Haushalt ist Straton, mein vilicus, der für Dich wichtigste Mann, seinen Anweisungen ist Folge zu leisten, als kämen sie von mir selbst. Bridhe und Severus hast Du inzwischen sicher kennengelernt?" Nach diesem Sermon musste ich erst einmal Luft holen und blickte ihn interessiert an - entweder er war jetzt von all den Informationen erschlagen oder aber er hielt sich tapfer.

  • Sim-Off:

    sorry für die Verspätung


    Micipsa zögerte für einen Moment mit seiner Antwort, nicht ganz sicher, ob Aquilius noch etwas hinzufügen würde. Aber offensichtlich war der Flavier schließlich doch zum Ende seiner langen Rede gekommen.
    Der Nubier hatte aufmerksam zugehört, entschlossen, die verschiedenen Namen und deren Status im Gedächtnis zu behalten.


    "Ja. Ich denke schon, dass mir das gelingen wird.
    Ist die Frage erlaubt, mit welchen Aufgaben oder mit welchem Posten du momentan beschäftigt bist.
    Und, da vorhin von den nächsten Jahren die Rede war, was für die Zukunft angetrebt wird.
    Das zu wissen wäre wohl recht hilfreich."


    Er wollte nicht neugierig erscheinen, aber für ein besseres Verständnis der Angelegenheiten war diese Information wahrscheinlich nützlich.


    "Was Bridhe und Severus angeht; ja ich bin ihnen begegnet.
    Mit ihr habe ich bereits gesprochen und nach meiner ersten Einschätzung kann man gut mit ihr zurechtkommen."

  • Sim-Off:

    Kein Problem!


    Hoffentlich hatte er alles mitbekommen - aber im Grunde war es auch gleich, Straton konnte ihm denselben Vortrag gleich nochmals halten, sollte es notwendig sein, und wahrscheinlich ausführlicher, als ich es getan hatte. Zumindest wirkte meine Neuerwerbung entschlossen, sich mit alledem auseinander zu setzen, und das war schon ein sehr guter Anfang.
    "Nun, im Augenblick habe ich das erste Amt der politischen Laufbahn inne - im Vigintivirat die Tätigkeit eines tresvir capitalis, es wird also nicht ausbleiben, dass ich übermüdet oder erschöpft sein werde, wenn die nächtlichen Patroullien anstrengender waren als es geplant ist, man kann in Rom nie wissen, was geschieht. Ansonsten - die Planung der nächsten Jahre führt für mich in den Senat, wie Du Dir sicher denken kannst. Ob dies nun schnell oder etwas langsamer geht, ist eine Frage guter Gelegenheiten, ich will nicht zu schnell aufsteigen, denn wenn ich kein Amt bekleide, verrichte ich den Dienst eines sacerdos im Tempel des Mars Ultor, und diese Pflicht verlangt viel Aufmerksamkeit. Welchem Glauben hängst Du an, Micipsa? Hast Du neben den römischen Staatsgöttern noch eigene Götter aus Deiner Heimat oder von Deinem früheren Herrn?"


    Bridhe hatte er also schon kennengelernt, und dass er Severus nicht kannte, erstaunte mich nicht, hatte mein custos corporis doch anderes zu tun, als den ganzen Tag in der villa herumzuhängen - Straton würde er noch genauer kennenlernen, sobald ich die Pflichten des neuen Sklaven weitergegeben hatte.

  • Micipsa hatte sich in seiner Einschätzung von Aquilius wohl nicht geirrt: Ein einigermaßen intelligenter, junger Adliger, der den für seinen Stand typischen Karriereweg eingeschlagen hatte. Das Wichtigste für ihn selbst war aber der Eindruck, dass es sich bei diesem dominus offensichtlich nicht um jemanden handelte, der Spaß daran fand, seine Sklaven zu demütigen oder zu quälen.


    "Meine Götter sind im Wesentlichen die gleichen wie die euren. Da Leptis Magna aber ein Ort ist, an dem sich viele verschiedene Völker und Riten vermischt haben und die punische Kultur noch nicht völlig verdrängt bzw. assimiliert worden ist, bin ich auch unter dem Einfluss von Göttern wie Tanit, der alten Fruchtbarkeitsgöttin, oder dem knabenhaften Schadrapa aufgewachsen."
    Die Erinnerungen an die Prozessionen und ausschweifenden Feiern zu Ehren Tanits, an denen er, wann immer es seine einschränkende Stellung zuließ, teilgenommen hatte, weckte etwas wie Wehmut in ihm, aber es war schnell wieder verdrängt.
    "Im Allgemeinen habe ich mir aber angewöhnt, sich mit den Göttern gut zu stellen, in deren Herrschaftsbereich ich mich aufhalte. Das mag vielleicht opportunistisch klingen, für mein Befinden ist es aber vernünftig und ich bin damit bisher immer gut gefahren."


    Mit den Sitten seiner nomadischen Vorväter kannte er sich sowieso kaum aus. Wie auch? Er hatte diese vermeintliche Heimat ja nie gesehen.


    Da er zuvor wohl etwas kurz angebunden geantwortet habe, kam er noch einmal auf das vorherige Thema zurück
    "Was dieses zweite Paar Augen betrifft: Ich denke schon, dass ich aufmerksam und anpassungsfähig genug bin und ausreichend Menschenkenntnis mitbringe, um deine Gäste, Kollegen, Konkurrenten zu beobachten und ihre wahren Absichten zu durchschauen. Falls es das ist, was du meintest."

  • "Es ist zweifelsohne der gesündeste Weg, und auch der einzige, der ich in diesem Haus von einem Sklaven akzeptieren werde," sagte ich bestimmt auf seine Worte über den Glauben und den Respekt diesen gegenüber. "Letztendlich ist die gens Flavia dem Glauben sehr verbunden, und mein Vetter Gracchus ist amtierender pontifex, sodass irgendwelche Umtriebe ganz sicher ihre Folgen haben werden. Du wirst, wie alle anderen auch, an den Opfern der Familie teilnehmen, und solltest Du sterben, sorge ich auch für eine angemessene Bestattung." Es gab Haushalte, in denen die Sklaven selbst für ihre Beerdigungen oder Rituale sparen mussten, aber davon hielt ich nichts, sobald man einen Sklaven erwarb, gehörte dieser auch zur Familie und hatte das Recht, den Weg zum Übergang erleichtert zu erhalten, wie man es bei jedem Familienmitglied tun würde. Sicherlich nicht so prächtig wie bei einem direkten Verwandten, aber doch angemessen einem Menschen gegenüber, der einem gegenüber treu gedient hatte. Er schien eine gesunde Portion Menschenverstand zu besitzen, und auch das war angenehm, schmälerte es doch die Befürchtungen, dass ich mir mit ihm eine Schlange im Nest gekauft hätte.


    "Nun, es geht mir vor allem darum, die Eindrücke eines anderen Blickwinkels den meinen hinzufügen zu können. Jeder Mensch verfügt über seinen persönlichen Horizont, seine eigenen Erfahrungen, und darob auch über eigene Sichtweisen, die es uns nicht immer leicht machen, alles klar zu erkennen, was sich uns eigentlich präsentiert. Du sollst meinen Blick ergänzen, und wenn Du Dich bewährst, werde ich dies sicher nicht unhonoriert lassen." Einen Sklaven bei Empfängen bei sich zu haben, dem man vertrauen konnte, war ein enormer Vorteil, und vielleicht würde er mir wirklich hilfreich sein, ich hoffte es zumindest. "In den nächsten Tagen werde ich einen wichtigen kaiserlichen Hofbeamten zur cena einladen, bis dahin solltest Du einige Stücke vorbereiten, die Du spielen kannst, während wir essen, die von angenehmer Natur sind und den Geist nicht zu sehr ablenken, aber auch Deine Kunstfertigkeit offenbaren."

  • An seine eigene Bestattung und an den dieser notwendigerweise vorausgehenden Tod wollte er eigentlich nicht allzu viele Gedanken verschwenden. Charon und Co. würde er wahrscheinlich noch früh genug begegnen. Aber es war doch immerhin beruhigend zu wissen, dass man ihn im Fall der Fälle nicht einfach in irgendeine Grube werfen würde; auch wenn er sich darüber im Klaren war, dass dieses Verhalten nicht aus Menschlichkeit oder Mitgefühl, sondern aus dem Glauben an die besondere Bedeutung der gens flavia und der Sorge um ihren Ruf resultierte.


    Wie auch immer, man wollte seine musikalischen Fähigkeiten in Anspruch nehmen.
    "Ich werde mich bemühen, diese Aufgabe zufriedenstellend zu erledigen.
    Bekomme ich die Erlaubnis, die villa flavia für einige Stunden zu verlassen, falls es nötig sein sollte, hierfür etwas zu besorgen."

  • Ich nickte leicht. "Dein erster Ausflug sollte mit einem meiner Sklaven stattfinden, damit Du den Rückweg auch wiederfindest, aber danach habe ich nichts dagegen, wenn Du alleine in die Stadt gehst - vorausgesetzt, Du bist bei allen Deinen Aufgaben pünktlich und nutzt diese Zeit in Rom nicht ausschließlich zum Müßiggang oder machst mir in irgendeiner sonstigen Weise Schande. Rom ist letztendlich ein Schmutzfleck, und wer nicht aufpasst, tritt an jeder Ecke in einen hinein, ohne es zu wollen."
    Mein Lächeln war grimmig geworden, und ich sprach die Worte ohne Freude aus, letztendlich würde ich wohl nie ein Freund dieser Stadt werden, sie hatte von dem, was ich mir für mein Leben wünschte, herzlich wenig zu bieten und offerierte zudem vor allem hohle Lustbarkeiten, die schnell schal schmeckten. "Möchtest Du sonst noch etwas wissen? Ansonsten werde ich Straton bitten, dass er Dir Deinen Schlapflatz zeigt und alles andere."

  • Mittlerweile musste es wirklich spät geworden sein. Zumindest waren sämtliche Stimmen und Geräusche, die in einem solch belebten Anwesen normalerweise durch Wände und Türen drangen, verstummt. Selbst in diesem Haus kehrte wohl irgendwann Ruhe ein.
    Micipsa war der Ausdruck einer gewissen Erschöpfung bei seinem neuen Besitzer nicht verborgen geblieben. Offensichtlich hatte er einen langen, ermüdenden Arbeitstag hinter sich gebracht.
    Und auch er verspürte nun ein Gefühl großer Müdigkeit in sich, das die Anspannung und die Belastungen der letzten Zeit vermutlich bis zu diesem Zeitpunkt verdrängt hatten.


    "Nein, das war schon recht aufschlussreich. Ein Schlafplatz wäre jetzt wahrscheinlich genau das Richtige."

  • Lange genug hatte dieses Gespräch nun gedauert, und Straton kannte seinen Herrn gut genug, um zu wissen, dass Grenzen gezogen werden mussten, sonst kam Aquilius nie ins Bett - so klopfte er leise an die Tür zum Arbeitszimmer und wartete darauf, hereingerufen zu werden. Der neue Sklave sollte schließlich noch versorgt werden und brauchte eine Unterkunft.

  • "Komm herein," rief ich gen Türe, in der Annahme, dass es sich um Straton handeln würde, und ich hatte mich nicht geirrt. "Straton, Micipsa ist ein neues Mitglied unseres Haushalts, und ich möchte, dass Du ihm einen angemessenen Schlafplatz zuweist, Kleidung und so weiter, was eben dazu gehört. Er wird in Zukunft für die Unterhaltung meiner Gäste bereitstehen und erhält Zugang zur hauseigenen bibliotheca, um seine Bildung zu verfeinern. Es ist ihm erlaubt, das Haus zu verlassen, aber in den ersten drei Wochen nur in Begleitung anderer Sklaven, die den Rückweg kennen. Zudem soll er die Gelegenheit erhalten, seinen Körper zu ertüchtigen, um den jetztigen Stand beibehalten zu können." Straton nickte auf meine Worte, und mein Blick wandte sich wieder Micipsa zu. "Wenn Du Fragen haben oder Hilfe brauchen solltest, wende Dich an Straton, er handelt in meinem Auftrag und mit meinem Vertrauen. Lebe Dich gut ein, und Du weisst ja, was man über den Traum in der ersten Nacht in einem neuen Haushalt sagt - er sei ein Omen über die persönliche Zukunft." Damit nickte ich den beiden verabschiedend zu, mein Werk für heute war getan - nur noch ein Becher Wein wartete und dann die verdiente Entspannung, ich war inzwischen wirklich müde und sehnte mich nach ein wenig Ruhe.

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