Cubiculum | AVGR - Antonia vs. Gracchus - Requiem

  • Für Gracchus schien Aquilius der Inbegriff eines wünschenswerten Vaters zu sein. Er lobte ihn in den höchsten Tönen und auch Antonia fiel auf Anhieb nichts ein, was gegen den Flavier als Ersatzmann sprechen würde. Sie versuchte sich vorzustellen, wie ein solches Kind aussehen würde und blanke Panik ergriff sie. Was, wenn das Kind die blonde Mähne seines Vaters erbte? Sie selbst, wie auch ihr Gatte, hatten dunkle Haare, jeder würde erkennen, dass es unmöglich Gracchus‘ Kind sein konnte. Alle würden wissen, dass sie eine Ehebrecherin war. Dass sie keinen Deut besser war, als so viele andere ihrer Vorfahren, welchen sie nie hatte nacheifern wollen. Das Maul würde man sich über sie zerreissen. Niemals würde man ihr natürlich ins Gesicht sagen, für wie verabscheuungswürdig man sie hielt und so würde sie sich auch nicht rechtfertigen können. Es wäre auch einerlei, was interessierte es die anderen, dass sie nur für ihn, nur um ihre Ehe zu retten es getan hatte? Je länger sie darüber nachdachte, desto unwohler fühlte sie sich bei dem Gedanken, jenen Schwur, welchen sie bei ihrer Eheschließung geleistet hatte, nun zu brechen. Doch jetzt einen Rückzieher zu machen wäre undenkbar.
    Und Aquilius? Würde er sich opfern? Um der Familie willen? Um seines Vetters willen? Welche Erklärung würde Gracchus ihm liefern, wenn er ihn darum bat, bei seiner Gattin zu liegen? Die Wahrheit? Gewiss, die beiden standen sich nahe, doch so nahe, dass Gracchus ihm beichten würde, dass er keine Kinder zeugen konnte? Einem anderen Mann gegenüber zugeben, dass ein entscheidender Teil nicht richtig funktionierte? Sie konnte es sich kaum vorstellen. Das ungleich größere Opfer, vielleicht einen Sohn zu zeugen, den man niemals würde ‚Sohn‘ nennen dürfen, ließ Antonia zu dem Schluss kommen, dass der Flavier in dieses Unterfangen nicht einwilligen würde. Doch wenn ihr Gemahl es sich so wünschte, abgeneigt war sie schließlich keineswegs.
    „Dann also Aquilius.“, bestätigte sie schließlich.
    Wie er ihn wohl fragen würde? Eine rechte Vorstellung von einem solchen Gespräch unter Männern hatte sie nicht. Fragte man geradeheraus? War so etwas am Ende gar nicht so ungewöhnlich, wie sie es empfand? Einfach zwischen Haupt- und Nachspeise beim abendlichen Familienessen eine kurze Frage eingeschoben, mehr nicht. Kaum der Rede wert. Was war es schon? Nur die Grundlage einer neuen Generation, die Fortführung eines uralten Familienzweiges, die Weitergabe seines Blutes. Ihr selbst konnte es ohnehin fast egal sein, ob nun Aquilius oder Gracchus der Vater sein würde, in beiden floss das edle flavische Blut, wenn auch Aquilius sich ob seiner hispanischen Herkunft stets einen Makel ankreidete, welcher ihrem Gatten fehlte. Doch perfekt konnte ein Kind, welches auch ihr Erbgut in sich trug, ohnehin nicht sein, war sie doch viel zu unzulänglich um solcherlei zustande zu bringen. Vielleicht war es tatsächlich besser so, dass Gracchus sich nicht selbst würde bemühen müssen. So konnte er, würde jenes Kind eines Tages nichts als Schande über die Familie bringen, doch einfach ihr die Schuld geben und konnte sich sicher sein, dass es an ihm nicht gelegen haben konnte. Wenn Fortuna ihr gewogen war, würden die dunklen Haare alles sein, was das Kind von ihr erbte, nur um der Tarnung willen.
    „Gut.. wenn du denkst, er würde dies tun. Aber.. falls er sich bereits erklärt.. ich.. würde gerne.. ich schiebe ungern eine Bürde vor mir her.. “
    Trotz oder gerade wegen des ehebrecherischen Themas spürte sie indes den starken Drang, Iuno ein Opfer darzubringen :P

  • Die Entscheidung war somit getroffen, unumstößlich, es gab kein zurück, nicht einmal Zögern und Zaudern wollte Antonia noch konnivieren, so dass gleichsam keine Erleichterung auf dieses Gespräch hin zu erwarten stand, denn nicht eben einfacher würde es sein, jene Thematik vor Aquilius anzusprechen, immerhin war dies nichts, was zwischen Haupt- und Nachspeise sich erledigen ließe.
    "Noch heute werde ich mit ihm sprechen."
    Die Entscheidung war getroffen. Gegen die Liebe, für die Pflicht. Womöglich würde Gracchus noch einmal sich einige erquickende Stunden von Caius stehlen, ehe er die Frage ihm stellte, doch er bezweifelte bereits jetzt, dass er dies würde in gebührendem Maße goutieren können. Langsam löste er sich von Antonia, schickte sich an, wieder aufzustehen, hockte sich jedoch vorerst nur auf seine Füße und fasste seine Gemahlin bei den Schultern um ihr aufzuhelfen.
    "Die Familie ist stets das wichtigste für einen Flavier, noch vor Rom und der Wahrheit, auch wenn wir nach Außen hin stets Rom ihr voran stellen. Dies solltest du wissen."
    Er war sich selbst nicht gänzlich sicher, ob er damit ihr aufzeigen wollte, dass sie und ihre Nachkommen zu dem Wichtigsten in seinem Leben gehörten, oder aber, dass er nicht daran zweifelte, dass Aquilius ob der Familie wegen ihre Bitte würde erfüllen - womöglich wollte beides er ihr versichern. Weiters drängte es ihn, sie noch einmal um Verzeihung zu bitten, doch er kämpfte jenes unbändige Verlangen in sich hinab. Er war bereits weit genug hinab gesunken und sie würde dies mitnichten vergessen, er musste nicht sie zudem noch wieder und wieder daran erinnern - vermutlich reichte ohnehin sein Antlitz bereits dazu aus, weshalb er nun auch schnellstmöglich sie wieder von dieser Qual wollte befreien.

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  • Heute. Noch heute wollte er mit Aquilius sprechen. Er schien es sehr eilig zu haben, doch dies konnte Antonia ja nur recht sein. Ob Aquilius dann auch schon heute.. ? Unmöglich. Aber falls doch.. sie musste sich so schnell wie möglich zumindest so weit herrichten lassen, dass sie wieder vorzeigbar war. Dass Gracchus sie so gesehen hatte war eine Sache – und schlimm genug. Doch konnte sie sich kaum vorstellen, dass der künftige Vater ihrer Kinder besonders angetan wäre von ihrem derzeitigen Anblick. Im Hinterkopf und mehr unterbewusst kramte die Claudia so bereits ihre Garderobe nach einer passenderen Tunika durch. Es war nicht sonderlich schwer, denn so ziemlich jede Tunika war passender als die Aktuelle.
    „Noch heute.“
    Wie so oft wiederholte sie stupide die Worte ihres Gatten. Anstandslos ließ sie sich aufhelfen, verließ den rettenden Boden, der sie aufgefangen hatte und musste wieder auf ihren eigenen Beinen stehen. Zu ihrem Erstaunen trugen ihre Beine sie, knickten nicht sofort wieder weg, als die Last ihres Körpers auf ihnen ruhte. Wenngleich die Offenbarung Gracchus’ sie erneut ins Grübeln stürzte. Was meinte er? Sollte das bedeuten, Aquilius würde ohne große Fragen und Probleme zu machen diese Pflicht auf sich nehmen? Würde in alle Ewigkeit stillschweigen darüber bewahren? Wollte er sie beruhigen?
    Oder war dies mehr auf ihr Geständnis gemünzt? Dass er die einzige Familie für sie war und sie nun für ihn? Alles für sie und ihre Kinder hinten anstellen würde? Antonia konnte es kaum glauben. Sie nickte, als hätte sie den Sinn hinter seinen Worten bereits ergründet.
    Wie gerne hätte sie noch eine Weile ihren Kopf an seine Schulter gelehnt, hätte vergessen, was war und was sein würde. Doch die Pflicht rief und gönnte niemandem eine Ruhepause.

  • Noch einmal wiederholte Antonia seine Worte, um keinen Zweifel zu lassen, ihm keinen Ausweg zu bieten, das Vorhaben aufzuschieben, zu zaudern oder zögern, ein wenig noch zu warten, nur einen oder zwei Tage womöglich, um nichts zu überstürzen. Noch heute. Der Tag war nicht mehr sonderlich lange. Keine Stunden blieben, um Worte sich zurecht zu legen, doch Gracchus wusste ohnehin, dass es vergeudete Zeit würde sein, da für ein solches Vorhaben keine Worte recht gelegt werden konnten, dass er noch in Jahren nicht würde wissen, was zu sagen und was zu tun. Noch heute. Es musste getan werden und es würde getan werden. Noch heute. Wie gerne hätte er sie noch eine Weile in seinen Armen gehalten, nun, da sie für Augenblicke sich so nahe gekommen waren, seine Pflicht vergessend, Zeit schindend, doch der leise Ruf in seinen Ohren verstummte nicht, so dass seine Hände sich von ihren Schultern lösten, ein letztes aufmunterndes Lächeln er sich abzwang, um hernach das Cubiculum seiner Gemahlin eilig zu verlassen, ohne ein weiteres Wort, denn was noch hätte er können sagen, ohne dass es hätte wie eine Lüge geklungen? Er wies Sciurus an, ihm noch ein wenig Zeit zu lassen, und dann seinen Vetter Aquilius in sein Arbeitszimmer zu bitten.

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