Allein unter Menschen

  • Es war früher Nachmittag als die Sänfte in der Helena saß den Markt erreichte. Sie hatte sich lange überlegt, ob sie herkommen sollte, doch schließlich war ihr bewusst geworden, dass es ihr nur gut tun konnte endlich mal wieder aus der Villa hinauszukommen. Entgegen ihrer normalen Angewohnheit hatte Helena diesmal auf Sklaven verzichtet. Bis auf die die Träger, die bei der Sänfte bleiben würden, wurde sie nur noch von einem Leibwächter begleitet. Sie wusste, dass das nicht ganz ungefährlich war, aber sie vertraute dem Mann und auf dem Markt würde ihr sicher nichts passieren. Als die Sänfte mit einem leichtem Rucken zum Stehen kam richtete sie sich auf und ließ sich von einem der Träger hinaushelfen. Sie trug ihre Lieblingstunika in einem hellen Blau und bevor sie die ersten Schritte auf den Marktplatz machte überprüfte sie den Sitz des Kleides und strich ein paar Falten aus dem Stoff. Marina hatte ihre Haare zu einer komplizierten Frisur hochgesteckt und sie traute sich noch nicht einmal sie zu berühren, um das Kunstwerk nicht zu zerstören. Nachdem sie sicher war, dass sie mit ihrem Aussehen zufrieden sein konnte nickte sie ihrem Leibwächter zu und verschwand dann zwischen den Ständen.


    Es war laut, so wie immer und doch spürte Helena wie sie sich langsam entspannte. Sie genoß es schweigend durch die schmalen Gassen zu gehen und sich ganz auf die Auslagen konzentrieren zu können, ohne das sie eine Sklavin zurechtweisen musste, oder aber die neusten Gerüchte zu hören bekam. Mit einem kurzen Blick über die Schulter vergewisserte sie sich, dass ihr Leibwächter ihr mit wenigen Schritten Abstand folgte, dann konzentrierte sie sich wieder auf die ausgefallenen Waren. Sie hatte Geld dabei, bzw ihr Leibwächter hatte es in sicherer Verwahrung, denn sie wusste aus Erfahrung, dass sie sich besser fühlte, wenn sie etwas Teures kaufen konnte. So waren Frauen nunmal. Vor einem Stand mit seltsamen Tonstatuen blieb sie stehen. Aufmerksam musterte sie die Statuen und schmunzelte, als sie erkannte, dass es sich bei einer um zwei Menschen in einer eindeutigen Pose handelte. Wer kaufte bloß soewtas?

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  • Ich ging zum Markt, nicht um mir etwas zu kaufen, sondern weil ich diese Atmosphäre liebte. Überall boten Händler ihre Waren an. Jeder versuchte den anderen an Lautstärke zu übertreffen. Gut, es war ziemlich laut, aber das gehört zu einem Markt dazu. Die vielen Angebote waren fast unübersichtlich. Qualitäts - und Preisvergleiche werden für den Käufer bestimmt einige Zeit in Anspruch nehmen. Es gibt für jeden Geldbeutel Waren zu kaufen. Am meisten interssieren mich Angebote an Waren aus den anderen Provinzen des Imperiums. Vor allem die Waren aus Alexandria sind sehr interessant. Bunt und exotisch ziehen sie viele Käufer an. Vielleicht habe ich auch mal genug Geld um mir so etwas leisten zu können. Jetzt jedenfalls noch nicht. Ich ging weiter. Es wird einige Zeit dauern bis ich mir den Markt angesehen habe. Ich bekam Hunger und suchte den nächsten Stand mit Obst auf.

  • Wieder einmal trieb die Pflicht mich und meinen scriba und Neffen in Personalunion durch die Stadt - sicherlich war dies einer der deutlich angenehmsten Teile meiner Pflichterfüllung, inzwischen hatte ich es zu schätzen gelernt, in die Menschenmenge einzutauchen, mir ihre Klagen und Sorgen anzuhören und ihnen bisweilen auch den ein oder anderen Rat zu erteilen sowie ihnen weiterzuhelfen. Es hatte den Vorteil, dass ich als Magistrat bekannter wurde, aber auch, dass ich langsam aber sicher auch ein Gefühl dessen gewann, was in der Stadt den Menschen wichtig war, was sie sich ersehnten, und worüber sie sich ihre Gedanken machten. Letztendlich war das Vigintivirat eine sehr gute Vorausarbeit für die späteren höheren Ämter, und deswegen nahm ich es auch entsprechend ernst.
    Dass wir uns diesmal den Mercatus Traiani ausgesucht hatten, war eher Zufall denn wirkliche Berechnung, eine Menschenmenge hatte uns hierhin mit sich gerissen und da waren wir nun unterwegs, inmitten von einkaufswilligen Bürgerinnen und den etwas einkaufsunwilligeren Bürgern, die von den Bürgerinnen mitgeschleppt worden waren. Eine gewisse Erinnerung an einen Einkaufsbummel mit Gracchus' Gemahlin drängte sich förmlich auf, aber glücklicherweise war Lucanus weder alt genug noch weiblich, um als Begleiterin passend zu fungieren. Außerdem trug er toga.


    Wir passierten einige Kleidungsstände - die ich mit einem weiten Bogen umlief, irgendwie jagten mir diese Läden immernoch eiskalte Schauer über den Rücken - und erreichten den Abschnitt des Marktes, in dem viele Handwerkswaren aller Art zu erhalten waren, angefangen von Sandalen über kleine Statuetten bis hin zu getöpferten Gefäßen und Glasbläsereiarbeiten. Schmunzelnd erkannte ich aus der Ferne das Schild eines Ladens, der sich auf kleine Statuetten mit eindeutig erotischen Posen spezialisiert hatte, und die sollte sich Lucanus ruhig einmal ansehen können - ich steuerte also darauf zu und musste überrascht feststellen, dass dort bereits jemand stand, den ich zumindest vom sehen her kannte. "Brust raus, Bauch rein, jetzt lernst Du sie endlich kennen," raunte ich Lucanus zu und schleifte ihn kurzerhand mit. Was an den Saturnalien mangels Gelegenheit nicht geklappt hatte, sollte sich jetzt durch Zufall ereignen, und wenn ich ihn hätte hinprügeln müssen. Aber welchen jungen Mann musste man schon zu einer schönen jungen Frau prügeln?
    "Salve, Aurelia Helena - was für ein schöner Zufall, Dich hier zu treffen!" grüßte ich diese junge Dame freundlich und lächelte sie entwaffnend an. Dass sie ausgerechnet an diesem Stand verharrt hatte, ließ mich innerlich grinsen - aber warum sollten sich nur Männer für derlei Spielereien interessieren? Frauen verbargen es nur meist besser.

  • Nachdem ich etwas zu mir genommen hatte ging ich weiter. Ich sah mir so nebenbei Ringe, Ketten und andere Schmuckstücke an. Vielleicht konnte ich später Schmuck für meine Nichte zum Geburtstag kaufen. Das Angebot war beträchtlich. Es waren ein paar sehr schöne Stücke darunter die in die engere Wahl kamen. Aber ich wollte mir erst noch andere Angebote ansehen und ging darum weiter.

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius


    Daß mein Onkel "volksnah" wird oder ist, habe ich zunächst mit Freude wahrgenommen. Nichts macht so viel Spaß, wie sein Mittagsmahl auf die Hand irgendwo einzufangen; bei meinen Onkeln ißt ja jeder für sich, wahrscheinlich sind sie auch bei der Auswahl ihrer Gäste am zufriedensten mit sich selbst, schließlich kann der Kaiser, zumal er gerade in Parthien im Sand gräbt oder um den Platz zum Graben kämpft, nicht jeden Abend zu uns nach Hause kommen. Ab und an mal Bridhe oder jetzt immer öfter Lars, aber das Frühstück nehme ich noch immer allein in meiner Ecke des atriums ein, von wo aus ich die salutationes beobachten kann.


    Aber inzwischen - wäre Rom nur halb so groß, wäre mir Rom immer noch zu groß. Menschen - Menschen - Menschen - oder Wesen, die so aussehen, wenigstens von der Entfernung. Mit Einkaufen hatte ich bislang auch nicht viel Glück gehabt, jedenfalls hatte der Klamottenkauf mit Bridhe mich nicht zu weiteren rauschhaften Erlebnissen stimulieren können - und was will ich schon mit Lämmern, Widdern oder Gänsen? Der Viehkauf mit Purgitius Macer und meinem Onkel hatte mir wirklich Spaß gemacht, man konnte die Tiere streicheln, es roch wie zu Hause - nicht wie im Haus natürlich - die Stunden, die ich mir manchmal im Sommer ein paar Honigwaben als Hütejunge verdient hatte, erscheinen mir heute wie kurze Zeiten des Paradieses.


    Daß wir die Tiere ausgelassen hatten, bedauere ich, daß wir den bunten Ballen und aufgehängten Kleidungsstücken keinen Besuch gewährten, hingegen nicht. Kleidung muß nicht ersetzt werden, solange sie einem nicht in Fetzen herumterhängt. Waschen, flicken, gut is'.


    Das Kunsthandwerk finde ich da schon spannender, kleine Götterbildchen, auch mal ein Diorama, eine mythologische Szene wie die Blendung Polyphems in Ton oder als Holzschnitzerei, die Darreichung des goldenen Apfels von Paris an Aphrodite auf Leinwand im Holzrahmen, eine Elle hoch und drei Ellen breit, sehr schön. Wir kommen auch am Stand des Steinmetzes vorbei, der den Grabstein meiner Mutter fertigen wird, die Probe für seine Geschicklichkeit, ein flavischer caduceus erhaben in Stein, liegt als Beschwerer auf meinem Schreibtisch.


    Eh? Oh. Auf die mahnenden und vorbereitenden Worte meines Onkels klappe ich mein Gestell zu voller Länge aus, zupfe verstohlen an der von der Menschenmenge leicht touchierten Toga und linse nach etwaigen Flecken, die Aurelia Helena verraten könnten, was ich zu Mittag hatte. Oder zum Frühstück. Ich würde jetzt gerne ein Bad mit Olivenöl-Essenz, frische lavendelduftende Kleider und einen tonsor mit einem Kamm eine Stunde lang genießen, um einen - zweifellos gibt es kein passableres Wort: aegrablen - Eindruck zu machen. Naja, so bin ich nur den Eindruck des "Luca in actione", der im wortwörtlichsten Sinne mitgenommene Hausneffe. Realismus - vielleicht schätzt sie das ja?


    "Die Freude ist auch ganz auf meiner Seite", sage ich und erinnere mich daran, was Aurelius Ursus sagte: 'Warte, bis Du Aurelia Helena kennenlernst'. Ach, braunes Haar, seufze ich insgeheim. Ich lächele, die Menschen ziehen sich wie auf Regieanweisung zurück, die Stände verschwinden - was hatte ihre Aufmerksamkeit vorher gegolten? - in meiner Wahrnehmung sind wir nur noch zu Dritt auf dem Markt, ein Terzett, dann - Aquilius ab - ein unweigerliches Duett.

  • Noch immer dachte Helena darüber nach, wer sich eine solche Statue wohl ins Haus stellen würde. Ein kurzer schweifender Blick ließ sie erkennen, dass an diesem Stand nur solche Bildnisse verkauft wurden. Und der Händler sah nicht gerade so aus, als würde sein Geschäft schlecht laufen. Gerade als sie sich ein wenig hinunterbeugen wollte, um ein tönernes Paar in einer besonders kompliziert aussehenden Stellung genauer zu betrachten, hörte sie plötzlich wie jemand ihren Namen rief. Erschrocken zuckte Helena zusammen und drehte sich ruckartig herum. Flavius Aquilius! Wie peinlich! Ertappt huschte ihr Blick zu den Statuen und dann wieder zu dem Mann zurück. Was er wohl jetzt dachte? Helena spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoß und sie rettete sich in einem charmanten Lächeln, begleiten von einem fast schüchtern wirkenden Augenaufschlag.


    "Flavius Aquilius! Was für eine Überraschung. Ich hatte nicht erwartet ein bekanntes Gesicht zu sehen."


    Aber eigentlich hätte sie damit rechnen müssen. Der Markt war voller Menschen und gerade der wahrscheinlich einzige Mensch der sie kannte fand sie hier vor. Die Götter schienen zu Scherzen aufgelegt zu sein. Plötzlich ergriff noch jemand das Wort und Helena wandte ihrem Kopf dem Mann zu, der gerade noch durch Flavius Aquilius verdeckt gewesen war. Neugierig musterte sie den jungen Mann und während sie überlegte ob sie sich schon einmal begegnet waren schenkte sie auch ihm ein charmantes Lächeln. Nein, sie kannte ihn nicht, daran hätte sie sich sicher erinnert.


    "Ich grüße dich." Nicht gerade sehr einfallsreich aber sie war immer noch damit beschäftigt aus dieser peinlichen Situation heraus zu kommen. So unauffällig wie möglich trat sie ein paar Schritte zur Seite, und somit vom Stand weg. Ein kurzes Räuspern folgte, bevor sie sich wieder an Flavius Aquilius wandte. "Was führt euch auf den Markt? Doch sicher keine Einkäufe? Und magst du uns nicht vorstellen?" Das war schon besser. Langsam fand Helena ihr Selbstvertrauen wieder und an sich war diese Situation doch durchaus amüsant. Trotzdem würde sie zu gerne wissen was die Männer jetzt wohl dachten. Ihr Blick huschte zurück zu dem jungen Mann, der sie, wie sie bemerkte, ebenfalls musterte. Plötzlich war sie froh, dass Marina soviel Wert darauf gelegt hatte sie zurecht zu machen.

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  • An den Ständen mit den Kleidern und den Stoffen ging ich vorbei. Das sollte sich Stella lieber selber kaufen. Am nächsten Stand, an dem Kunsthandwerk angeboten wurde, sah ich Schnitzereien und kleine Figuren aus allerlei verschiedenen Materialien. Vielleicht gefällt ihr so etwas?

  • Ich war immer für amüsante Überraschungen zu haben, und auch für angenehme Anblicke, dass dies nun aber gleich zugleich auf einem Schlag vorkam, war nun doch erstaunlich, aber wer wäre ich schon, mich gegen dies zu wehren? Aurelia Helena schien ein bisschen peinlich berührt darüber, dass wir sie ausgerechnet an einem solchen Stand getroffen hatten, aber ich tat, was jeder Patrizier tun musste, der etwas auf sich hielt - so tun, als sei es ganz normal, ausgerechnet vor einem Stand mit erotischen Statuetten auf eine junge Dame zu treffen und sich insgeheim jedes Detail einprägen. Mit den rosigen Wangen sah sie jedenfalls sehr exquisit aus, und es fiel mir nicht schwer, ihr Lächeln offen zu erwiedern, mochte sie in meinem Blick ruhig ein Kompliment entdecken, das ganz ihrem Äußeren und der erfreulichen Tatsache galt, sie hier angetroffen zu haben.
    "Nun, ich hätte auch nicht gedacht, bei meinen Amtsgeschäften eine Schönheit wiederzusehen, die ich schon bei den Meditrinalia aus der Ferne bewundern durfte, aber wenn die Götter schon für einen so erfreulichen Zufall sorgen, so darf man sich dem schließlich nicht verwehren."


    Ich zwinkerte ihr amüsiert zu und blickte zu Lucanus, um zu kontrollieren, ob er sie auch statthaft ansah und nicht etwa anstarrte, bei diesen Jungspunden konnte man das ja nie wissen. Er hatte so einen typischen Schimmer in seinen Augen, der mir nur zu deutlich verriet, dass er weiblichen Reizen eindeutig nicht abgeneigt war. Lucanus, Lucanus, daran müssen wir aber noch arbeiten, dachte ich bei mir und versuchte ein zu deutliches Schmunzeln zu unterdrücken. Sie gefiel ihm, aber gefiel er auch ihr?
    "Nun, leider führt uns die Pflicht hierher, und nicht das Vergnügen, aber da wir nun Dich getroffen haben, so wurde aus der Pflicht sehr schnell ein Vergnügen - dies ist mein Neffe Flavius Lucanus, der aus unserer Heimat Hispania nach Rom gekommen ist, um die ersten Schritte in die Politik zu machen. Er ist scriba logei der Schola Atheniensis und zudem mein derzeitiger scriba personalis, was mich bei meiner Arbeit sehr entlastet. Ich glaube, ihr habt euch noch nicht getroffen bisher, oder?"


    Natürlich wusste ich, dass sie sich nicht kannten, aber so deutlich musste man es nicht zeigen. Beiläufigkeit half oft den jungen Leuten auf die Sprünge. "Was führt Dich denn hierher? Sicherlich die Suche nach ein wenig Zerstreuung - ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Händler heute einen Stoff haben könnte, der Deiner Erscheinung würdig wäre." Auftritt Lucanus, während die Schöne hoffentlich von meinem Kompliment genug geschmeichelt war, hatte mein Neffe Zeit gehabt, sich spontan etwas geistreiches zu überlegen. Was musste patrizische Kuppelei auch immer so kompliziert und anstrengend sein, immerhin wollte ich für meinen Neffen eine politisch wie persönlich ansprechende Partie.

  • Ich ging weiter durch die Gänge des Marktes als ich schon von weitem einen Streit hörte. Ich kam näher und hörte dann um was es bei dem Streit ging. Ein Käufer, an einem Stand mit Obst und Trauben, war der Meinung das er für die Qualität der Trauben zu viel bezahlen sollte. Er wollte den Preis runter handeln. Darauf ließ sich der Händler aber nicht ein. Daraufhin begannen die beiden zu streiten. Es hatte sich schon eine Menschenmenge um die beiden Streithähne gebildet. Einige der Umstehenden gaben dem Käufer Recht und mischten sich in den Streit ein. Auch der Verkäufer hatte inzwischen von anderen Händlern Unterstützung bekommen. Daraufhin wurde der Streit immer lauter und immer mehr Menschen kamen dazu. Ich blieb nur kurz stehen und ging dann weiter. Ich wollte nicht dabei sein wenn der Streit womöglich eskalierte und blutig endete. Ich ging weiter bis zum nächsten Friseur und ließ mir die Haare schneiden. Dabei hatte ich etwas Zeit um mich in Ruhe zu entspannen und die alltäglichen Sorgen für den Augenblick zu vergessen.

  • Also echt, eher gehe ich ohne Umstände in die curia und halte vor den versammelten Senatoren eine Schmährede und wiegele den Mob dann auf, das Senatsgebäude mit den alten Säcken darin abzubrennen, als daß mir einfallen würde, was ich jetzt tun soll.


    Selbst wenn Onkel Aquilius sich sofort verdünnisieren würde, wüßte ich nich', was ich anfangen soll. 'N dummer Spruch? Vergiß' es Luca. Hatte Pedro nicht mal gesagt, er habe ein Mädchen, bei dem er nicht den Mund aufbekam, aus Verlegenheit einfach verdroschen? Sie haben sich im Sand gekugelt, Pedro hat ziemlich was auf die Schnauze gekriegt und dann haben sie den ganzen Abend und fast die ganze Nacht miteinander geschwatzt. Oder wie war das noch? Langsam verdrehen sich meine Erinnerungen, ergeben sie wie die Figuren bei einem Brettspiel neue Konstellationen. Egal, jedenfalls ist das keine Option. Soll ich Onkel Aquilius zur Abwechslung mal auf Jagd schicken? He, da! Ein Dieb! Lauf, Onkel, lauf! Oder so. Aber wahrscheinlilch wird das dann auch nicht besser werden.


    Alles so steif wie die Holzfiguren, die wir vorhin gesehen haben. Was stehen denn da für Figuren auf'm Tisch? Läßt sich damit irgendwas anfangen? Ach, lauter Massenware! Oder: Schau, wie individuell sie aussehen. Nach 'was sehen sie überhaupt aus? Was soll das denn darstellen? Vorsichtig beäuge ich die feilgebotenen Tonplastiken, werde aber ehrlich nicht ganz schlau daraus. Bis ich zwei Hunde sehe, die in nicht unbekannter Stellung übereinanderhocken. Und da, zwei Pferde! Die Menschenfiguren, machen die nicht dann dasselbe? Ich schaue schnell wieder weg und verbarrikadiere mit meiner Gestalt den direkten Blick auf dieses Zeug. Wenn Aurelia Helena das zu Gesicht bekommt, fällt sie sicherlich in Ohnmacht. Darf so etwas überhaupt verkauft werden? Unter dem vergöttlichten Augustus wären diese Dinger sofort zerschlagen worden. O tempora, o mores! Flüchtig spingse ich nochmals hin, nicht richtig, nein, einfach - ich muß ja irgendwohin schauen, wenn ich Aurelia Helena nicht in Grund und Boden starren will.


    Da mich mein Onkel vorstellt, mache ich eine Verbeugung und lege dabei höflich meinen Kopf schräg. "Ich habe schon viel von Dir gehört", murmele ich in meinen langen, weißen Bart. Ich benehme mich wie ein Ur-Ur-Ur-Großonkel, der weder gehen, noch hören noch richtig reden kann und nur noch nicht gemerkt hat, daß er schon tot is'.- Ich war ja noch unverkrampfter mit Senator Purigitius Macer gewesen, denke ich, aber den werde ich ja auch nicht vielleicht heiraten, was sowohl ihm wie auch mir erleichternd zugute kam.


    "Magst Du Tiere, Aurelia Helena?" sagt irgendwer. Wer? Ich? Oh. Hat sich mein Mund selbständig gemacht und Silben zu Worte, Worte zu einer Frage gebildet. Ja, warum eigentlich nicht? Einem Mädchen "die Karnickel zeigen" war daheim ein Synonym für den Wunsch nach trauter Zweisamkeit, nicht nur deshalb, weil die Karnickel immer in einer dunkleren Ecke des Stalles untergebracht werden, sondern auch, weil Mädchen Tiere einfach mögen. Vielleicht ein hübsches Lämmchen, das man baden konnte, mit einer zu ihrer hellblauen Tunika passenden Schleife versehen konnte, dem man beim Grasen zusehen und es mit Milch füttern konnte. Ich liebe Schafe, es sind gutmütige und liebe Tiere.

  • Wenn Flavius Aquilius ihre peinliche Berührung bemerkte, so ließ er sich davon nichts anmerken. Helena war ihm sehr dankbar dafür und nach und nach kehrte das bekannte Funkeln in ihre Augen zurück. Dieses Funkeln verstärkte sich, als sie seine Komplimente hörte. Sie konnte Prisca nur beglückwünschen, dass dieser Mann sich für sie interessierte. Allerdings sorgten diese Komplimente auch dafür, dass die leichte Röte auf ihren Wangen ersteinmal blieb wo sie war. Das wäre sicher jeder Frau so ergangen. Und gerade sie hatte in letzter Zeit nicht viel Gelegenheit dazu gehabt sich gut zu fühlen. Ob die Beiden wussten was vorgefallen war? Helena konnte sich gerade noch zurückhalten um nicht auf die hellrote Narbe zu blicken, die ihr Handgelenk zierte. Selbst wenn tat das nichts zur Sache. Das war Vergangenheit und sie hatte beschloßen von nun an in die Zukunft zu sehen.


    Flavius Aquilius wandte seinen Blick zu seinem Neffen und Helena folgte ihm. Auch während er sprach sah sie den jungen Mann forschend an, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Wie es aussah hatte er erst jetzt registriert vor welchem Stand sie sich gerade befanden. Und er schien, ebenso wie sie recht fasziniert zu sein. Zumindest ruhten seine Augen auf den Statuen und sie fragte sich, was er wohl gerade dachte. Da er ihren Blick nicht erwiderte sah sie wieder zu Flavius Aquilius und als er Hispania erwähnte, zog sie erstaunt eine Augenbraue nach oben. Sie hatte nicht gewusst, dass Hispania die Heimat der Männer war und das, obwohl sie selbst vier Jahre dort verbracht hatte. Das Leuchten in ihren Augen wurde ein wenig amüsierter, als Flavius Aquilius begann die Vorzüge seines Neffen zu preisen. Sie konnte sich schon denken waum er das tat und sie musste zugeben, dass ihr Interesse geweckt war.


    "Nein, wir haben uns bis jetzt noch nicht kennengelernt. Ein Umstand, der durch diese göttliche Fügung glücklicherweise geändert wurde." Ihre Augen huschten kurz zu Flavius Lucanus. Er war noch recht jung, vielleicht ein paar Jahre älter als sie. Dann jedoch erklang ihr helles Lachen, als sie die nächsten Worte des Älteren hörte. "Nun, ich hoffe doch, dass zumindest einer der Händler etwas Passendes für mich zu bieten hat, sonst wäre mein Besuch hier umsonst. Ich bin auf der Suche nach ein wenig Zerstreuung. Du kennst das sicher. Es gibt Tage an denen man am Liebsten dem Alltag entfliehen würde. Doch da ich nun euch getroffen habe, kann der Tag kaum noch besser werden." Sie zwinkerte Flavius Aquilius schelmisch zu, als sein Neffe plötzlich seine Stimme wiederfand. Helena wandte ihre Aufmerksamkeit nun ihm zu und ein kurzes Schmunzeln huschte über ihre Lippen. Er schien nervös zu sein. Doch nicht etwa wegen ihr? "Nun, ich hoffe, du hast nur Gutes gehört. Es würde mich sehr bekümmern, wenn mögliche Gerüchte dich davon abhalten würden mich persönlich kennenzulernen." Seine nächste Frage kam dann allerdings so überraschend, dass Helena im ersten Moment nicht wusste was sie sagen sollte. Ob sie Tiere mochte? Das war jedenfalls mal eine andere Einleitung eines Gesprächs als sie bisher kannte. Ob er etwas Bestimmtes damit bezweckte? "Ja, ich mag Tiere. Der Tiger ist mein Lieblingstier. Ich bewundere seine Anmut, seine Eleganz hinter der er eine unbändige Kraft verbirgt. Ein unzähmbares Temperament. Mal Wildkatze, mal sanftes Kätzchen. Ein gutes Vorbild, wie ich finde."

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    Einmal editiert, zuletzt von Aurelia Helena ()

  • Pffftt. "Ha! Hahahaha!!!!" ohne Vorwarnung explodiere ich in einer ausgelassen-fröhlichen Lachsalve. Prust. Kicher. Gicks. "Verzeit, haha, Aurelia Helena" ich schniefe leicht und wische mir die Lachtränen aus dem Gesicht, immer noch vor mich hinwimmernd.


    "Verzeih', ich lache Dich nicht aus oder so. Es ist nur so: bei mir, hm, bei mir daheim in Flaviobriga würden die Mädchen spontan 'Kaninchen', "Häschen', 'Hündchen' oder auch 'Spatz' oder 'Lämmchen' sagen. So süüß!" Ich kriege, wenn ich nicht aufpasse, gleich einen Schluckauf. Gicks.


    "Aber hier in Rom, das erste Mädchen, dem ich vorgestellt werde," die Sklavinnen, die ich zu meinen Freundinnen zähle, gelten ja nicht, nicht jetzt und hier, "das kommt mit einem Tiger an! Echt stark! Meinen tiefsten Respekt!" :D


    Nach dem letzten Zirkusbesuch wußte ich, was wilde Katzen waren, also richtig wilde Katzen, nicht nur Luchse oder so. Und Tiger sehen aus wie Löwen mit Cebras gekreuzt, nur gefährlicher als beide Arten zusammen.


    "Hast Du'n Tiger daheim, Aurelia Helena? Wißt ihr: Gibt's irgendwo in Rom Tiger zu kaufen? Onkel Aquilius?" Ohne Zweifel, der Tag könnte weitaus spannender und lustiger werden, als alle Wahrscheinlichkeiten bieten würden, mit denen ich nicht wagte zu rechnen.

  • Inzwischen war es Nachmittag geworden und ich machte mich auf den Heimweg. Der Markt war sehr groß. Dawerde ich noch einmal herkommen müssen. Auf den Weg in meine Wohnung kaufte ich noch Brot, Fleisch und Käse ein. Wein hatte ich noch. Auf dem Markt war alles teurer gewesen. Ich ging zu den Händlern in der Nähe meiner Wohnung. Die kannte ich schon etwas länger und wurde immer höflich bedient. Ich ging in meine Wohnung, aß etwas und ließ dabei den Tag noch einmal in Gedanken an mir vorüberziehen.

  • Wirklich eine schöne Frau, dachte ich bei mir, als mein Blick wohlgefällig auf der geschmückten und sorgsam zurecht gemachten Gestalt der Aureliern verharrte - nun, die Entwicklungen der letzten Tage und Wochen hatten mir zwar den ewig brennenden Hunger etwas stillen können, der sich anstatt auf meinen Liebsten stets auf das andere Geschlecht gerichtet hatte, und auch von der faszinierendsten Frau nicht zum Erlöschen hatte gebracht werden können, aber blind für die Reize einer Frau hatte mich dies nicht gemacht, und diese Frau vor uns hatte zweifelsohne eine Menge Reize, die ansonsten meine Sinne mehr verlockt hätten, als es mir lieb gewesen wäre.
    "Ob die Götter wirklich etwas damit zu tun haben, scheint mir angesichts der letzten Entwicklungen hier in der Stadt mehr als zweifelhaft - aber sicherlich hatte Venus heute gute Laune, dass sie zwei unbedarfte Kerle gleich einem ihrer Ebenbilder hat begegnen lassen. Lucanus, erinnere mich daran, dass wir nachher am Venustempel vorbeigehen und zum Dank eine Taube opfern," entgegnete ich Aurelia Helena mit dem leisen Lächeln eines Mannes, der gewillt ist, einer schönen jungen Frau so viele Komplimente zu machen wie möglich, damit diese sanfte Röte nicht von ihren Wangen wich, damit sah sie einfach zu entzückend aus. Leider entpuppte sich mein Neffe, was das tändlerische Gespräch mit der Aurelierin anging, als ziemlicher Komplettversager.


    Aber wo hätte er das auch lernen sollen, in diesem Provinznest Flaviobriga dürfte die Auswahl an adäquaten Patrizierinnen recht gering gewesen sein. Dieser Heiterkeitsausbruch war jedenfalls nicht ganz das, was eine Frau erwarten mochte, wenn ein Mann versuchte, auf sie Eindruck zu machen.
    "Solche Tage gibt es wohl, wenngleich ich mich dann eher mit einer Schriftrolle in mein Arbeitszimmer zurückziehe und mich von den unsterblichen Worten unserer Dichter in eine andere Welt entführen lasse - aber so hat ein jeder Mensch seine Vorlieben, und Du bist gewiss nicht die einzige Frau, die an der Vielfalt bunter Muster und Farben Vergnügen findet, das sie ein wenig zu zerstreuen weiß. Im Bezug auf Dein Unterfangen, etwas Schönes zu finden, kann ich Dir also nur Glück wünschen, vielleicht versuchst Du es einmal bei Joopus vorbeizuschauen, meine Schwägerin Claudia Antonia kauft dort sehr gern ein."


    Und was für ein grauenhafter Einkauf es gewesen war, ich hatte mich nur mit viel Beredsamkeit um eine Seidentoga drücken können. Die Tierdiskussion unterbrach ich erst einmal nicht, immerhin schienen sie ein Thema gefunden zu haben, bei dem sie miteinander sprechen konnten, und das sollte man nicht unterbrechen.
    "Ich habe lange keine Tiger mehr auf dem Markt gesehen, sie sind auch sehr selten und schwer zu transportieren - und sie werden ohnehin meist an die Circusschulen verkauft, um sie auf die Arena vorzubereiten, es dürfte also nicht nur schwer, sondern auch sehr teuer sein, sich ein solches Tier zu beschaffen, das für den Haushalt gar nicht taugt. Tiger sind Raubkatzen, und egal wie weit man eine Raubkatze zähmt, sie wird immer ein Tier bleiben, das Fleisch frisst und jagen muss, um nicht zu verkümmern."

  • 'Luca, stop ma' das schwule Gequatsche' hätte Pedro wahrscheinlich mir an den Kopf geworfen, hätte ich wie mein Onkel Aquilius in seiner Gegenwart derart viel verbales süßliches Parfüm versprüht. Ein wenig angenervt schaue ich drein und schäme mich auch ziemlich dafür, jetzt ausgerechnet mit einem Erwachsenen gesehen zu werden. Peinlich, peinlich, wie Onkel Gracchus. nicht ganz auf derselben Höhe, aber gefährlich nahe dran.


    Ich nicke mißmutig zu dem Vorschlag, Venus eine Taube dazubringen - wieder ein Tagesordnungspunkt mehr - und denke an meine Ferkelchen für Iuno. Ob ich ihr wieder mal ein Opfer darbringen sollte? Welcher Gott half eigentlich gegen peinliche Onkels? Hätte dringenden und riesigen Bedarf ...


    "Ich dachte auch daran, daß wir uns Tiger vielleicht anschauen könnten ... obwohl: wenn sie noch klein sind, dann macht das sicher so wenig wie ein Wolfsbaby oder ein Bärenjunges, vorausgesetzt, die Mutter ist nicht gerade um die Ecke ..." ;) Man kann mit Tieren viel falsch machen, das absolut überfalscheste jedoch ist, einer Bären- oder Wolfs-Mutter ihr Junges streitig zu machen. Kennen da nix, die Weiber.

  • Als Flavius Lucanus plötzlich lauthals anfing zu lachen starrte Helena ihn einen Moment völlig sprachlos an. Dann jedoch verhärtete sich ihre Miene. Sie konnte es überhaupt nicht leiden wenn jemand über ihre Worte lachte. Ihr Stolz machte sich bemerkbar, was dafür sorgte, dass ihre Augen gefährlich blitzen. Was war denn überhaupt so witzig? Dann jedoch, als der junge Mann wieder ein wenig zu Atem gekommen war gab er eine Erklärung für sein Verhalten und Helena musste unwillkürlich schmunzeln. Sie hatte sich noch nie sonderlich für die Tiere interessiert, die andere Mädchen süß fanden. Aber das konnte Flavius Lucanus kaum wissen. Bei seiner Frage musste sie nun lachen, wenn auch etwas leiser, bevor sie ihm schelmisch zuzwinkerte.


    "Ich glaube jede Frau wünscht sich einen Tiger im Haus, doch nur die wenigsten haben das Glück und bekommen einen. Ich gehöre bis jetzt leider auch dazu."


    Ob er diese Zweideutigkeit verstand? Flavius Aquilius sicher und deswegen wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihm zu. Wie lange war es her, dass ihr ein Mann derartige Komplimente gemacht hatte? Sie konnte gar nicht anders als leicht beschämt zu Boden zu sehen, denn sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Das hatte ihre Tante ihr nicht beigebracht. Dann jedoch sah sie wieder auf und ließ ihren Blick kurz zwischen Lucanus und Aquilius hin und her wandern. Wie sehr sich die Beiden doch unterschieden! Kaum zu glauben, dass sie der gleichen Familie entstammten. Und doch...die offene und ein wenig überschwengliche Art des Jüngeren hatte einen gewissen Reiz. Er war anders als die anderen Männer und das war sehr faszinierend.


    "Joopus? Vielen Dank für den Rat. Dann werde ich mich als dort einmal umsehen. Das nächste Fest steht bestimmt bald vor der Tür und ich brauche dringend ein neues Kleid."


    Eigentlich brauchte sie das nicht, denn ihre Truhen waren gefüllt mit den kostbarsten Stoffen und verwegensten Mustern. Aber was wäre es für ein Dilemma, wenn sie bei einem Fest erscheinen würde mit einem Kleid, das sie schon einmal getragen hatte?! Um diese Gefahr zu umgehen musste sie einfach einkaufen gehen. Es war sozusagen ihre Pflicht. Helena schmunzelte über ihre eigenen Gedanken während sie dem kurzen Gespräch der Männer lauschte. Erst als Flavius Lucanus davon sprach sich Tiger ansehen zu wollen ergriff sie wieder das Wort.


    "Wenn du Tiger sehen willst, geh am Besten in das Colosseum. Soweit ich weiß kann man dort die Tiere auch in ihren Käfigen aus der Nähe betrachten. Ich hatte bis jetzt leider noch keine Gelegenheit dazu. Dabei ist es sicher ein faszinierender Anblick."

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  • Zitat

    Original von Aurelia Helena


    "Tatsächlich?" ich bin verblüfft, naja Marotten haben sie ja schon, die Stadtrömer. "Aber Tante Claudia Antonia hat keinen Tiger, oder? Jedenfalls habe ich keine Wildkatze gerochen. Aber wahrscheinlich mag Onkel Gracchus auch keine Tiger." Die Vermutung äußere ich eher zu niemand bestimmten, eher noch zu mir selbst. "Ich schon!" bekräftige ich dann deutlich. Klar, wenn Aurelia Helena einen Tiger haben wollte, dann bekam sie ihn auch. Spätestens mit der Hochzeit, und wenn ihn wir ihn erst in Afrika fangen müßten.


    Etwas unsicher schaue ich meinen Onkel und Helena an. Irgendwie habe ich das Gefühl, das Drehbuch für ein Theaterstück in der Hand zu haben, das gerade woanders gegeben wird. Egal. Solange das Stück nicht "Wir reden über die Frühjahrkollektion von Joopus" heißt, jedenfalls, was ich an Männertuniken da gesehen habe, war völlig grausig, lauter effeminierte Fetzchen von Tuniken, sogar eine fast durchscheinende war da zu haben.


    "Ich habe mal schöne schlicht-beige Gewänder bei ... äh ... Coco Irgendwer aus Lutetia gesehen. Sie arbeitet leider nur für Frauen, sind aber wirklich raffiniert im Schnitt" sage ich, wundere mich, daß ich mir das behalten habe. Bridhe hatte vor dem Laden gestanden und ich war dankbar, daß ich schon alles Geld ausgegeben hatte. Die Goldborten, nicht aufgesetzt, sondern am Saum unten verborgen und leicht glitzernd in der Nachmittagssonne sahen wirklich schick aus.


    "Sollen wir auf dem Weg zum Kolosseum mal vorbeischauen?" frage ich leicht hinterlistig? Mit Mäuse fängt man Speck und mit Coco Irgendwer aus Lutetia vielleicht auch Helena. Und ich will zum Kolosseum, mir die wilden Tiere aus der Nähe anschauen. "Und dann können wir auch die Tiger und Löwen dort besuchen, nicht?" Fünf Miinuten für das Kleid, eine Stunde für die Tiger und Löwen.

  • Er verstand es nicht! Einen Moment lang starrte Helena Flavius Lucanus fast fassungslos an und war fest davon überzeugt, dass er sich einen Scherz erlaubte. Dann jedoch, bei seinen folgenden Worten, erkannte sie, dass er aus vollster Überzeugung sprach. Wie konnte ein Mann in seinem Alter bloß so unwissend sein? Oder hatte sie sich vielleicht nicht deutlich genug ausgedrückt? Helena öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloß ihn dann aber wieder, ohne das ein Ton über ihre Lippen gekommen war. Was hätte sie jetzt auch sagen sollen? Ihn über die schönste Nebensache der Welt aufzuklären war nun wirklich nicht ihre Aufgabe. Kurz huschte ihr Blick zurück zu den kleinen Statuen. Vielleicht sollte man ihm eine kaufen? Als Anschauungsunterricht?


    Helena bemühte sich ein amüsiertes Schmunzeln zu unterdrücken. Flavius Lucanus half ihr dabei indem er ein neues Thema anschlug, das ganz nach ihrem Geschmack war. Von Coco Irgendwer hatte sie zwar noch nie gehört, aber sie war auch noch nicht lange genug in Rom, um sich alle Geschäfte angesehen zu haben. Es klang jedenfalls sehr interessant und dort vorbeizugehen setzte sie ganz oben auf ihre Liste. Seine nächsten Worte sorgten allerdings dafür, dass sie verwundert eine Augenbraue hochzog. Er wollte sie begleiten? Und dann gleich auch noch am Colosseum vorbei? Helena warf Flavius Aquilius einen fragenden Blick zu bevor sie seinem Neffen antwortete.


    "Nun, ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mich begleiten würdet. Aber wenn ich deinen Onkel richtig verstanden habe seid ihr nicht zu eurem Vergnügen hier. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass ihr eure geplanten Ziele für den heutigen Tag nicht erfüllen könnt."


    Das sie sich über Begleitung freuen würde stimmte. Zwar war sie eigentlich hier, da sie ein wenig ihre Ruhe habe wollte, aber ihre Laune hatte sich wesentlich gebessert seitdem sie auf die beiden Männer getroffen war. Dennoch war sie sich fast sicher, dass Flavius Aquilis nicht damit einverstanden war, dass sie sich nun zum Colosseum begaben. Sicherlich war er, wie fast alle Männer die sie kannte, sehr pflichtbewusst und ließ sich nicht von Annehmlichkeiten ablenken. Aber sicher würde es noch einmal die Möglichkeit geben um auf Flavius Lucanus' Angebot zurück zu kommen. Zumindest, wenn er das so wollte.

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

    Einmal editiert, zuletzt von Aurelia Helena ()

  • Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern wische ich alle Bedenken beiseite: "Ein vigintivir und sein scriba sind immer im Dienst" sage ich selbstbewußt, aber mit einem leichten Schielen zu meinem Onkel, in der Befürchtung reaktionsschnell beiseite hüpfen zu müssen, sollte er mir eine Kopfnuß verpassen wollen. Da ich an Laas freigiebig Kopfnüsse ausgebe, rechne ich umgekehrt auch mit ähnlichen Erziehungsversuchen.


    "Niemals otium, stets negotium, keine Ruhe, keine Muße, das Schicksal der Patrizier, stets sich verzehrend im Dienst für Götter, Kaiser, Vaterland", was ein gekwollener Käse. Aber hat Onkel Aquilius nicht gesagt, wir müssen uns unter's Volk mischen, stets das Ohr am Mund der Römer haben? Und? Ist Aurelia Helena kein Römer? Also. Bitte. Klarer Schluß: haben wir unser Ohr am Mund der Aurelia, tun wir unsere Pflicht. Ein Hurra auf den logischen Schluß.


    "Außerdem verlangen die modernen Zeiten ein Höchstmaß an Flexibilität von allen Römern. Geschmeidigkeit in der Zielanpassung an die aktuellen Erfordernisse." Und die momentanen Erfordernisse sind: a) Begleitung der Aurelia Helena, b) Inspektion ades Salons der Coco Irgendwer aus Lutetia (wenn ich nur auf den Namen käme) sowie c) Inspektion der Tiergehege im Kolosseum. Wer weiß, vielleicht verhindern wir ja den Diebstahl eines oder mehrer Tiger.

  • Der schelmische Humor Helenas gefiel mir, auch wenn ich mir fast sicher war, dass er zumindest an einen von uns Flaviern ziemlich verschwendet war - Lucanus war noch so jung und von seiner Mutter so gut erzogen, dass ihm hoffentlich möglicherweise zweideutige Scherze nicht aufgingen. Das würde ohnehin noch früh genug passieren, die Statuetten an diesem Stand waren schon ein ziemlich eindeutiger Anfang.
    "Tiger haben den Nachteil, reißende Bestien zu sein, und ich glaube, dass Du mit einem Stier besser beraten wärst - Verlässlichkeit, ein starker Wille und ein ruhiger Charakter sollten einen Mann eher auszeichnen denn allzu viel Wildheit." Dass ich ihr genauso zweideutig geantwortet hatte - bei Stieren verband man ja doch auch mehr als allein einen sturen Schädel mit dem gewählten Bild, man musste allein einmal an minoische Fresken denken - war letztlich ein Versuch herauszufinden, wie weit sie gehen würde, so im Angesicht der Öffentlichkeit, und so langsam gefiel mir der Gedanke an ein mehrschichtiges Gespräch, bei dem letztendlich nur ein gewisser Spaß daran im Vordergrund stand.


    "Nun, eine Weile werden wir Dich mit Vergnügen begleiten, nicht wahr, Lucanus, und dann werde ich mich wohl den Freuden der Pflicht hingeben müssen - was hältst Du von einem freien Nachmittag, mein treuer scriba? Du hast in den letzten Wochen wirklich wie ein Ackergaul gearbeitet, ein wenig frische Luft und eine angenehme Begleiterin werden Dir guttun," führte ich das Gespräch schmunzelnd fort und blickte Helena dabei bittend an. Sie sollte ruhig das Gefühl gewinnen, meine Bitte sei dem Wohl meines Neffen zugeneigt, wenngleich ich ganz andere Hintergedanken hegte. Wenn ich merkte, dass die beiden miteinander gut zurecht kamen, würde ich mich einfach davonmachen, dringende Amtsgeschäfte vorschieben und hoffen, dass er sie nicht in meiner Abwesenheit irgendwie beleidigte - besser konnte man einer künftigen Ehe nicht auf die Sprünge helfen.


    Was junge Leute vor allem brauchten, war Zeit miteinander, und am besten dort, wo man keine Dummheiten machen konnte, also auf dem Markt, und die Gelegenheit war wirklich günstig. "Ich denke, nach dem Besuch am Laden jener Coco werde ich schweren Herzens auf die Begleitung meines scriba verzichten können und ein wenig mit den Akten im officium kuscheln," sagte ich vergnügt und blickte die beiden mit einem entwaffnenden Lächeln auf den Lippen an. Irgendeinen Nutzen musste meine reichhaltige Erfahrung mit Affären und Liebschaften aller Art schon haben, wenn nicht zum Einfädeln einer Bekanntschaft zwischen zwei jungen Leuten, die nur einen kleinen Schubs brauchen würden.

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