cubiculum | Flavia Celerina

  • Die Katze sprang nach einiger Zeit vom Bett und lief davon. Chimerion nahm sich vor, die Katze zukünftig mehr zu beachten und gelegentlich zu streicheln.
    Die Frage nach seiner Fitness überraschte ihn ein wenig. Er lächelte.
    "Ich trainiere täglich meinen Körper mit Liegestütze.... Laufen würde ich gerne im Garten, wenn du es mir erlaubst. Mein früherer Herr hat sehr darauf geachtet, dass ich in Form bleibe. Außerdem hat man mir beigebracht zu ringen und den Gegner ohne Waffen zu besiegen...
    Und für dich Herrin, würde ich einem Angreifer sogar die Kehle mit den Zähnen durchbeißen."

    Er ließ seinen Blick über die Einrichtung des Cubiculums wandern und sah dan wieder zurück zu Celerina.


    "Ist Rom wirklich so ein heißes Pflaster? Ich habe viel schimmes gehört, aber selber noch nichts dergleichen gesehen. Hast du denn viele Feinde in Rom oder warum fürchtest du dich?"

  • Nachdenklich hörte ich mir an, was Chimerion mir zu berichten hatte und mußte bei dem Gedanken schmunzeln, wie er meinen Angreifern mit seinen Zähnen zu Leibe rückte. "So, würdest du das? Das ist schön, zu hören. Aber ich finde, es ist nicht ausreichend, wenn du nur Liegestützen machst. Du brauchst genügend Übung und diese sollte möglichst regelmäßig stattfinden."
    Ich ließ meine Blicke über den Tunika verpackten Körper gleiten. Man konnte die Muskeln darunter erahnen und ich mochte gut durchtrainierte Männerkörper. Besonders dann, wenn sie mit wohlriechenden Ölen einmassiert waren. Als Ringer konnte ich ihn mir auch sehr gut vorstellen. In meinen Gedanken spann ich nach und nach eine Idee zusammen, die ich schließlich artikulierte.
    "Ich hatte mir überlegt, einen geeigneten Partner für dich zu suchen, mit dem du trainieren könntest. Vielleicht einen neuen sklaven. Vielleicht wäre aber auch eine Gladiatorenschule das Richtige für dich. Was meinst du? Scheue dich nicht, deine eigene Meinung kund zu tun!"Chimerions Frage erstaunte mich. Wie kam er darauf, ich könnte Feinde haben? "Ich wüßte nicht, wen ich fürchten müßte, doch es gibt immer Individuen, die es nicht gut mit einem meinen. Davor sollst du mich schützen."

  • Chimerions Augen begannen zu leuchten, als er an die Aussicht auf regelmäßige Bewegung dachte. Viel besser als nur herumzustehen, kräftig und furchteinflößend auszusehen und anschließend die übrige Zeit in den stickigen Sklavenunterkünften zuzubringen.
    Er schweifte kurz ab, sah sich schon rennen, ringen und den Umgang mit Waffen üben... Doch halt, würde er überhaupt eine Waffe tragen dürfen? Seines Wissens nach durfte kein Bürger innerhalb der Stadtmauern Waffen tragen, außer den Stadt- und Prätorianerkohorten.


    Er überlegte einen Moment lang, wen er sich als Trainingspartner vorstellen könnte.
    "Nun, da wäre vielleicht ein Parther namens Cassim, der Sklave des Marcus Flavius... Er ist recht kräftig. Wenn es hier eine Gladiatorenschule gibt, wäre das vielleicht eine zusätzliche Möglichkeit, im Kampf besser zu werden. Müsste ich dann auch an Kämpfen auf Leben und Tod teilnehmen?" fragte er.


    Beim Gedanken an einen Kampf in der Arena begann ein kribbeln in seiner Magengegend, die Aufregung vor dem Kräftemessen.

  • Die Veränderung, die in Chimerions Augen stattgefunden hatte, war mir aufgefallen. Sie leuchtete mit einem Mal, wie bei einem Kind, das ein langersehntes Spielzeug zum Geschenk bekam. Umso besser, dachte ich. Wenn er freiwillig an seinem Können feilen wollte, dann nur zu. Es bedurfte keinerlei Worte, um herauszufinden, wie er zu meinem Vorschlag stand. Wenn es jetzt noch einen geeigneten Partner gab, mit dem er trainieren konnte, dann wäre alles perfekt.
    Chimerion machte auch sogleich einen Vorschlag, der mir allerdings jegliche Farbe aus dem Gesicht sog. Er sprach von diesem rüpelhaften Parther, der mich und meine Katze aufs Übelste beleidigt hatte.
    "Du meinst Cassim? Der Sklave von Aristides! Der, der heute Nachmittag so unverschämt zu mir war?" Wieder lächelte ich zufrieden. Dieser Drecksparther würde seine Strafe erhalten, dank meines Sklaven. "Aha, nun weiß ich also, wessen Sklave er ist! Nun, Chimerion, danke für diese wertvolle Information. Ich werde mein möglichstes tun, um Aristides davon zu überzeugen, wie wichtig es wäre, diesen Cassim gegen dich kämpfen zu lassen." Außerdem würde ich Arisitides über die Unverschämtheiten dieses Sklaven informieren und würde auch auf eine angemessene Bestrafung bestehen!


    "Würdest du gerne auf Leben und Tod kämpfen? Ich persönlich halte nicht viel davon. Es wäre reine Verschwendung, wichtiger Ressourcen. Nein ich dachte eher, du könntest dort deinen Kampfstil noch etwas verbessern, mehr nicht."
    Solange Chimerion folgsam war und mir gut diente, hätte ich es nicht übers Herz bringen können, ihn als Löwenfutter enden zu lassen

  • Ein Funkeln in den Augen seiner Herrin ließ Chimerion stutzig werden. Er hatte doch nur den Namen von Cassim.... Plötzlich verstand er, sie wusste nun also, wem er gehörte und das Raubtier in ihr brüllte bereits nach Vergeltung. Nun ja,früher oder später hätte sie es ja doch herausgefunden.
    So murmelte er nur: "Nichts zu danken, Herrin," um möglichst schnell wieder das Thema wechseln zu können. "Ein Kampf wäre mit Sicherheit recht erbaulich, dann könnten wir uns gegenseitig in Form bringen Herrin, ich denke mir, dass auch Aristides das zu schätzen weiß." Hoffentlich reichte das als Ablenkung, um seine Herrin gnädig zu stimmen. Sie hatte immer noch diesen katzenhaften Blick.


    Doch der Blick verlor sich wieder, als sie nach dem Kampf auf Leben und Tod fragte.
    "Nun Herrin, ich bin nicht besonders erpicht darauf, meine Haut zu Markte zu tragen... Aber wenn du es mir befiehlst, was könnte ich dagegen tun? Meinen Kampfstil würde ich allerdings gerne verbessern, auch ohne großes Blutvergießen."
    Sie sprach zwar von Ressource, aber Chimerion war seine Haut näher als die Tunika, also würde er alles dafür tun, nicht in Ungnade zu fallen.

  • Ich lächelte ihn ganz unschuldig an, denn ich wusste, ich würde meine Rache bekommen. Kein Sklave griff Celerina ungestraft an!
    Es amüsierte mich, wie eifrig er bei der Sache war. Offenbar hatte ich ins Schwarze getroffen. Ein schöneres Geschenk hätte ich ihm nicht machen können, oder gab es noch mehr, was er begehrte. Ich erinnerte mich seiner Worte am Nachmittag, an dem ich ihn gefragt hatte, welche Belohnung er sich wünschte…
    Nun, er war hier, mir ganz nahe. Das alleine konnte schon eine Belohnung sein.
    "Glaube mir Chimerion, auch ich habe nicht das Verlangen nach einem toten Sklaven, der mir nichts nützt und der mir nur die Kosten des Abdeckers bringt. Nein, du bist lebend viel mehr wert." Ich ergriff seine mächtige Hand, die von der vielen Arbeit zeugte, die er in seinem bisherigen Leben schon hatte verrichten müssen. Einmal mehr war ich der Meinung, wie gut er es doch bei mir hatte, mein Thraker und welch ein Glückstag es gewesen war, als ich ihn käuflich erworben hatte.
    Meine zarten Fingerspitzen glitten über die raue Innenseite und zogen sie langsam zu mir.
    "Ich möchte deine Hände in meinem Nacken spüren. Er ist so verspannt! Verschaffe mir etwas Lockerung!"

  • In Chimerions Innerem begann es sich sehr merkwürdig anzufühlen, als sie ihn offen anschaute und dann seine Hand nahm. Fast war er ein wenig gerührt über seinen Wert, den seine Herrin so hoch maß. Allerdings hätte sie sich den Kommentar mit dem Abdecker auch sparen können, dachte er dann. Trotz allem tat es gut, gebraucht zu werden, es gab Chimerions Dasein wieder eine Berechtigung. Wenn er recht darüber nachdachte, war es ihm in seinem ganzen Leben noch nie so gut ergangen. Er war Leibsklave einer überaus noblen und hübschen Herrin, die Gens Flavia war angesehen und reich. Keine schlechten Zukunftsaussichten also.


    Die weiche gepflegte Hand fühte die seine an den Nacken seiner Herrin und er kniete sich hinter sie, um sie besser massieren zu können. Sanft kneteten seine Finger, drückten dort ein wenig und lösten nach und nach die Verspannungen. Der Duft von Celerinas Haaren stieg ihm wieder an seine Nase und er atmete tief durch. Er wusste nicht, warum er sich so dankbar und so....verweichlicht!!!! Er dachte daran, dass seine Herrin ihm offenbar den Verstand ausgesaugt hatte und er sich freute, sie zu berühren.
    Nach einiger Zeit nachdenklichem massieren räusperte er sich.
    "Darf ich fragen, wie die Vorbereitungen zu deiner Hochzeit aussehen, Celerina? Wird es ein angemessen großes Fest werden?"

  • Nie im Leben wäre es mir in den Sinn gekommen auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, seine Gefühle zu verletzten, mit dem was ich sagte. Ich war in einer Welt aufgewachsen, in der Sklaven Dinge waren, die dazu da waren um mir das Leben angenehmer zu gestalten und mit denen ich tun und lassen konnte, was mir beliebte. Ich schätzte Chimerion seiner Fähigkeiten wegen und seines außerordentlich günstigen Preises, den er mich gekostet hatte. Nur aus diesem Grund genoß er besondere Privilegien und durfte sich von Zeit zu Zeit Dinge erlauben, die über die Grenzen des Normalen hinaus gingen.
    Wie angenehm war es, als seine Hände die Verspannungen lösten! Das konnte wirklich gut! "Etwas tiefer noch!" ordnete ich an.
    Ganz nebenbei erkundigte er sich über die Hochzeit. Corvinus hatte mir einige Tage zuvor endlich einen Antrag gemacht. Seitdem hielt mich nichts mehr! Ich war richtig im Hochzeitsfieber!
    "Oh die Hochzeit! Stell dir vor, Corvinus möchte den Ritus auf einem Schiff abhalten! Er hat eigens dafür eines erbauen lassen. Natürlich wird es ein großes Fest werden. Es gibt allerhand wichtige Persönlichkeiten, die eingeladen werden müssen. Du und Ylva, ihr werdet natürlich auch dabei sein! Ach ja, ich möchte übrigens in den nächsten Tagen nach Ostia fahren und Donatella besuchen. Sie hat einfach die besten Stoffe, die derzeit zu haben sind! Ich brauche unbedingt einige neue Kleider!"
    Versacia Donatella war meiner Meinung nach, derzeit Roms beste Adresse in Sachen Mode und wer ein Schnäppchen machen wollte, der besuchte ihr Stammhaus in Ostia und nahm den Hausrabatt noch mit!

  • Chimerion massierte etwas tiefer und traf auf eine Verhärtung, die sich erst nach intensiver Arbeit löste. Für ihn war wieder einmal unklar, wie man bei einem patrizischen Lebensstil so verspannt sein konnte. Während seine Finger über die warme weiche Haut glitten, überlegte er sich wie die Zeremonie der Hochzeit ablaufen würde. Er kannte zwar die Gebräuche seines Volkes, die der Römer aber nicht. Unter dem Ritus konnte er sich nichts vorstellen, er hoffte jedoch inständig, nicht wieder eine rosa Tunika tragen zu müssen und wahrscheinlich würden überall Blumen sein....


    Trotz seiner Gedanken bemerkte er einen Glanz in ihren Augen, als sie vom erwarteten Tag sprach und eine Spur Eifersucht machte sich bei Chimerion breit.
    "Dann werden wir wohl in die Villa Aurelia umziehen müssen nach der Hochzeit? Du scheinst ihn wirklich zu lieben, so wie du strahlst, Herrin. Ich freue mich für dich." Er selber freute sich aber nicht so richtig, hatte er doch die Aussicht auf einen weiteren Einkaufsbummel in der Hafenstadt.

  • Es war eine Wohltat, diese starken Hände! Rücken fühlte sich gleich viel besser an. Die war offenbar ein Zeichen, daß es mir an Bewegung mangelte. Vielleicht sollte mein Sklave die Ertüchtigungsübungen mit mir durchführen. Dieser Gedanke amüsierte mich, obschon es ausgeschlossen war, mich solchen Dingen hinzugeben.
    Ja, die bevorstehende Hochzeit! Es gab noch so viel zu erledigen. Ich war in einem wahren Vorbereitungsfieber und natürlich freute ich mich auch schon sehr darauf, auch wenn es im Vorfeld einige Verstimmungen wegen des Sergiers gegeben hatte.
    "Oh ja, Chimerion! Das werden wir! Du und ich und Ylva natürlich. Vielleicht werden uns noch einige andere Sklaven begleiten. Man kann ja nie wissen, was uns dort erwarten wird!" anwortete ich immer noch strahlend. Chimerion hatte auch die Liebe angesprochen. Strahlte ich wirklich so, als ob ich ihn liebte? Das war mir gar nicht bewußt gewesen. "Nun die Liebe, Chimerion, sie wird auch noch kommen. Eines Tages, vielleicht. Dessen bin ich mir sicher!" Ich musterte meinen Sklaven. Das Strahlen war etwas aus meinem Gesicht gewichen. "Vielleicht wirst auch du dort eine Sklavin finden, die dir gefällt. Corvinus hat offenbar eine Schwäche für Sklavinnen. Er hält sich fast nur Sklavinnen in seiner Villa." Dann würden auch bald schon kleine Sklavenkinder durch die Villa toben, die dann mit meinen Kindern spielen konnten. Später hinaus würden Chimerions Nachkommen freilich die Sklaven meiner Kinder sein. Das manche dieser Sklavinnen durchaus auch zum Vergnügen ihres Herrn dienten, ließ mich eher kalt. Gab ich mich nicht selbst auch ab und an diesem Vergnügen hin?


    "Nun, Chimerion. Dein Wunsch war es, die Nacht hier bei mir verbringen zu dürfen, nicht wahr," sagte ich, als er mit der Massage geendet hatte. "Ich werde dir diesen Wunsch gewähren!" Ich nahm eines meiner vielen Kissen und warf es vor mein Bett auf den Fußboden. "Dort kannst du schlafen! Benötigst du noch etwas oder ziehst du es doch vor, in der Sklavenunterkunft zu nächtigen?"

  • Chimerion ging im Kopf den Aufwand für einen solchen Umzug durch. Und vor allem seine Folgen. Da gab es einen Parther, der nicht mit in die Villa Aurelia kommen würde, der Kontakt mit ihm würde schwierig werden. Die Trennung von Cassim war schmerzlich und auch hübsche Sklavinnen würden Chimerion nicht darüber weghelfen.
    Er beendete die Massage und setzte sich wieder neben seine Herrin.


    Sein Blick fiel auf das Kissen am Boden. Spielte sich schon wieder mit ihm? Sollte er etwa auf dem nackten harten Boden schlafen? Da gab es andere Möglichkeiten, sich ein warmes Bett zu sichern. Sämtliche Pläne die er für seine Zukunft hatte, kamen bedrohlich ins schwanken und nahmen ihn die Lust für sämtliche Abendbeschäftigungen.


    Er erhob sich langsam und neigte demütig sein Haupt. "Ich werde natürlich in den Sklavenunterkünften schlafen. Verzeih meine kühne Bitte, aber ich gehöre nicht in das Schlafzimmer einer noblen Dame. Brauchst du mich noch?"

  • Chimerion sah irgendwie verändert aus. Sein Gesicht war nachdenklich geworden und er wirkte so ernst. Als er sich wieder neben mich gesetzt hatte, musterte ich ihn von der Seite. "Was hast du? Du bist auf einmal so still."
    Meine Vermutung bestätigte sich, als er sich erhob und gehen wollte. Ich war mir sicher, ich hatte es zu weit getrieben. Das hätte ich nicht tun dürfen. Augenscheinlich hatte auch ein Sklave, wie der meine so etwas wie Ehrgefühl. Empörung aber auch Enttäuschung empfand ich, doch hätte ich zumindest die Enttäuschung in Gegenwart meines Sklaven niemals zugegeben.
    "Aber du... Ja, natürlich! Geh nur!" Ich wandte mein Gesicht ab, damit er auch nicht meine Enttäuschung sehen konnte, die nun offensichtlich in meinem Gesicht gestanden hatte. "Nein, ich brauche dich nicht mehr. Geh jetzt!", versuchte ich mit fester Stimme zu sagen, damit ich ein schluchzen unterbinden konnte.

  • Wieder einmal musste sich Chimerion eingestehen, dass er seine Herrin immernoch nicht wirklich kannte. Chimerion hatte die Kränkung zwar zur Kenntniss genommen, sich aber gedacht, eher Rückzug als doch wieder ein Wutausbruch. Als jetzt beim geplanten Rückzug das Gesicht von Celerina alle Lachfältchen verlor und die Mundwinkel nach unten rutschten, erschrak Chimerion.


    Hatte sie also damit gerechnet, dass er bei ihr bleiben würde und für sie ein bisschen auf dem Boden herumturnte? Wenn ja, würde sie jetzt nicht so reagieren. Mitleid schlich sich in sein Herz, doch er dachte daran, dass sie wieder versucht hatte, mit ihm zu spielen und ihm seinen Platz in der Gesellschaft überdeutlich vor Augen zu führen. Ihre Stimme zitterte, als er sie ihm befahl zu gehen, aber es klang eher wie eine Bitte. Einen kurzen Moment lang rang er mit sich selber und da sie sich weggedreht hatte, berührte er sanft ihre Schultern.
    "Herrin, mit mir ist alles in Ordnung.... Nur du scheinst nicht glücklich zu sein,"murmelte er mit sanfter Stimme. Er hatte sie noch nie so direkt nach ihrem Gefühlszustand gefragt und hoffte, nicht zu weit gegangen zu sein.

  • Solange er noch in meiner Nähe war, wollte ich mein Gesicht verbergen, in dem die Enttäuschung geschrieben stand. Die Enttäuschung darüber, doch allein zu sein und auch meine Enttäuschung über mich selbst. Warum konnte ich es nicht lassen, meine Späße mit ihm zu treiben, die letztlich doch nach hinten los gingen und mich am schwersten trafen?
    Vielleicht konnte ich einfach nicht anders. Doch hier war ein Mensch, wenn auch nur ein Sklave, der mich plötzlich sanft an der Schulter berührte und sich ernstlich besorgt und in voller Aufrichtigkeit erkundigte, wie es mir ging! Diejenigen die mich sonst danach fragten, wollten es doch in Wahrheit gar nicht wissen, wie es mir wirklich ging und ich bestätigte diese Lüge oft mit einer gelogenen Antwort: es geht mir gut! Mein Leben, bestand zwar aus Wohlstand und Luxus, doch waren gerade in den letzten Tagen wieder Zweifel aufgekommen, die mich zu der Frage drängten, ob ich wirklich glücklich war. Danach hatte sich bisher niemand erkundigt, bis auf Chimerion, meinem Sklaven.
    Ich drehte mich wieder zu ihm um, auch wenn man nun hinter meine Fassade blicken konnte, die alles andere als glücklich aussah. "Bitte bleib! Bleib bei mir, hier neben mir und halt mich einfach. Wenigstens bis ich eingeschlafen bin, bitte!" Ich rückte ein Stück zu Seite, um ihm Platz zu machen. Endlich hatte ich wieder Bodenhaftung!

  • Beim Anblick der verzweifelten Celerina zog sich Chimerions Magen schmerzlich zusammen. Diese sonst so starke und unnahbare Frau sah einsam und verzweifelt aus und Mitleid trieb ihm beinahe die Tränen in die Augen.
    Er sezte sich zu ihr und legte ihr vorsichtig den Arm um die Schultern und zog sie zu sich. So hielt er sie eine zeitlang, während er nach den richtigen Worten suchte. Wie konnte er sie nur trösten?
    "Herrin, es steht mir nicht zu, dich zu fragen, aber ich sehe, dass du leidest. Darf ich fragen warum? Du hast doch allen Grund, glücklich zu sein. Du bist reich, beliebt, wunderschön und.... und du bist frei. Kannst tun und lassen was du willst."


    Das war nicht wirklich ermunternd, dachte er, aber immerhin hatte sie ihre Freiheit und keine Sorgen für die Zukunft. Doch allmählich dämmerte in Chimerion die Erkenntnis, dass Celerina als Mensch auf der Strecke blieb.

  • Einem Kinde gleich, lag ich in den tröstlichen Armen meines Sklaven, der mich umschloß. Diese menschliche Wärme war wohltuend.
    "Das ist alles nur Fassade, Chimerion. Was dahinter steht, sieht niemand. Es darf niemand sehen. Ja, ich sollte glücklich sein, weil ich alles Materielle habe, was ich brauche und sogar mehr habe, als ich wirklich bräuchte. Und ich werde bald heiraten. Auch deshalb müßte ich glücklich sein, denn ich werde die Frau eines angesehenen Senators sein. Ich werde die Herrin von einer Unzahl von Sklaven sein. Aber auch das wird nur Fassade sein, Chimerion. Niemand interessiert sich dafür, wie es in mir aussieht. Was ich fühle. Von mir wird verlangt, eine Rolle zu spielen. Wahrlich eine sehr attraktive Rolle. Allerdings auch eine Rolle die von Zwängen geprägt sein wird."
    Ich sah auf, um in Chimerions Augen sehen zu können. Ich blickte eine ganze Weile hinein, ohne etwas zu sagen. In den Augen der Menschen sah man die Wahrheit.
    "Was würdest du dir wünschen, wenn du könntest, Chimerion" Natürlich hätte mir klar sein sollen, daß es die Freiheit sein würde, die er sich wünschen würde. Aber daß er mich verlassen wollte, konnte und wollte ich nicht akzeptieren.

  • Chimerion hatte einen Kloß im Hals, als sich Celerina ihm offenbarte. Sie schien immer so stark und war doch so zerbrechlich, wie eine Blume. Bei ihm regte sich Widerstand, wie konnte ein Mensch nur so leben ohne kaputt zu gehen?
    "Warum willst du denn für andere perfekt sein? Ich verstehe euch Römer nicht. Ihr verdient euch Respekt und Anerkennung nicht durch Taten, sondern durch euren Besitz. Und jeder von euch will vornehmer sein, als alle anderen. Und was soll jetzt mit dir werden Herrin? Ich...." er zögerte, "ich mache mir Sorgen um dich, kein Mensch kann mit einem ihm aufgezwungenem Schicksal glücklich sein. Sieh dir doch die Sklaven an, diejenigen, die erst seit kurzem in der Sklaverei leben, haben sich noch nicht mit ihrem Schicksal abgefunden, diejenigen aber, die immer schon Sklaven waren, haben sich mit ihrer Situation abgefunden. Aber sie sind nicht glücklich, weil sie nichts ändern können.
    Du kannst dein Schicksal noch immer selbst in die Hand nehmen",
    meinte er dann. Er hatte sich ins Feuer geredet, um ihr zu zeigen, wie viel besser sie es doch hatte. Nun atmete er einen Moment lang durch, dann antwortete er auf ihre Frage: "Ich würde mir wahrscheinlich meine Freiheit wünschen... Aber die nützt mir im Moment auch nichts, denn ich habe keine Heimat, in die ich gehen könnte. Aber ich würde wohl mein Schicksal erleichtern, wenn ich könnte. Und das deine auch!!" murmelte er. Ihr Blick faszinierte ihn und er beugte seinen Kopf unwillkürlich ein wenig mehr zu ihr.

  • Ich wunderte mich über die Frage meines Sklaven. Natürlich, mein Stand, meine Herkunft, das war nicht selbst erarbeitet. Dies hatten meine Ahnen getan und auch ich war dazu berufen, in einer gewissen Weise meinen Teil dazu beizutragen, indem ich das tat, was von mir verlangt wurde.
    "Dieses Schicksal ist mir vorher bestimmt, Chimerion und glaube mir, das Schicksal hat es bisher gut mit mir gemeint." Oh ja, das hatte es! Es hätte mich weitaus schlimmer treffen können, hinsichtlich meiner ersten Ehe. "Ich wurde dazu erzogen, dieses Leben zu leben und ich kann mir nicht erlauben,mich meinen Träumen hizugeben, so wie ich es vielleicht gerne tun würde. Ich war fast noch ein Kind, als ich zum ersten Mal verheiratet wurde. Mit einem Mann, der mein Vater hätte sein können. Diese Ehe war die Hölle! Das Schicksal hat mich von meinem abscheulichen Ehemann befreit. Und nun führt mich das Schicksal zu einem Mann, mit dem ich vielleicht glücklich werden kann. Wer weiß das schon. Wir alle müssen unser Schicksal tragen, Chimerion! Du und auch ich. Wir müssen das tun, wozu wir bestimmt sind."


    Natürlich wünschte er sich seine Freiheit. Das hatte ich bereits in seinen Augen gesehen. Aber war ich bereit dazu, sie ihm zu geben? Er würde mich verlassen wollen. Ganz sicher! Nein, das wollte ich nicht. Nein, ich wollte ihn nicht verlieren. Er sollte bei mir bleiben!
    Mein Gesichtsausdruck änderte sich mit einem Mal. Sah ich eben noch wie die schwache, Mitleid erregende Celerina aus, wandelte ich mich binnen Sekunden wieder in die Celerina, die Herrin über diesen Sklaven war. Natürlich konnte ich ihm nicht sagen, wie wichtig er für mich war und wie sehr ich ihn brauchte. Ich hatte bereits genug Schwäche gezeigt, indem ich mich vor ihm offenbart hatte.
    "Deine Freiheit? Eines Tages vielleicht, Chimerion. Diene mir gut und dann werde ich dich eines Tages vielleicht frei lassen." Darüber wollte ich mir jetzt noch nicht den Kopf zerbrechen, was in zehn oder fünfzehn Jahren war.
    "Wie kommst du eigentlich darauf, es könne mein Schicksal erleichtern, wenn ich dich frei ließe?"

  • Einen Moment lang dachte Chimerion über das gesprochene nach. Wie konnten die Götter es zulassen, dass ausgerechnet er sein Leben als Sklave zuzubringen hatte. Das Gehörte über die unglückliche Ehe schien ihm alltäglich zu sein, man heirate wegen geschäftlicher Beziehungen oder um mehr Einfluss zu bekommen. Selbst bei seinem Volk waren solche Dinge Sitte.
    "Dann haben die Schicksalgöttinnen doch noch ihre Pläne mit dir... Aber ich glaube, dass der Mensch selber entscheiden kann, was er aus seinem Leben macht. Glauben nicht auch diese Christianer, dass ihr Gott lenkt und der Mensch denkt? Aber vielleicht bringe ich auch etwas durcheinander.... Jedenfalls kann es nicht der Wille der Götter sein, dass ein Mensch leidet und unglücklich ist. Und vielleicht hast du ja jetzt auch wirklich einen besseren Ehemann, der dich gut behandelt. Mir ist es zwar bestimmt zu dienen, aber ich werde es hoffentlich nicht ein Leben lang tun müssen," meinte er nachdenklich.


    Celerinas Augenbrauen zogen sich zusammen, ihr Blick wurde wieder streng, um ihm zu zeigen, wer hier Herr und wer Sklave war. Unwillkürlich straffte sich sein Rücken ein wenig, doch dann zögerte er und beschloss einen Versuch.
    "Auch wenn du mich nicht freilassen solltest, werde ich mich nicht beschweren. Dein Schicksal kann ich vielleicht auch als dein Sklave erleichtern, denn ich habe glaube ich einen Teil der echten Celerina gesehen, einen guten Teil." Ein Lächeln spielte um seinen Mund.
    "Bei mir brauchst du dich nicht zu verstellen, Herrin, und wenn du willst, werde ich mir alle deine Sorgen anhören und nichts ausplaudern. Bitte lass die echte Celerina nicht immer eingesperrt,"sagte er und schaute ihr wieder in die Augen.

  • Was aus Chimerions Mund drang hatte etwas Aufrührerisches. Wenn jeder selber darüber befinden konnte, wie sein Leben auszusehen hatte, würde dies im Chaos enden. Als er dann auch noch diese Sekte ansprach, wurde ich mit einem Mal blaß.
    "Chimerion, hast du etwas mit diesen Leuten zu tun? Diesen Christianern?" In meiner Stimme klang eine ordentliche Portion Angst mit. Momentan war es zwar recht ruhig um diese Sekte, aber trotzdem konnte es gefährlich werden, wenn man mit diesen Leuten in Verbindung gebracht wurde.
    "Chimerion, du kannst frei im Geiste sein! Niemand zwingt dich, deinen Gedanken Einhalt zu gebieten. Aber sage mir, leidest du hier etwa, weil ich ungerecht zu dir bin oder bist du unglücklich? Gebe ich dir nicht alles, was du brauchst? Kleidung, Essen, ein Dach über dem Kopf, Zugang zur Bildung. Du hast Zugriff zu mehr Luxus, als es sich ein Freier, der in der Subura lebt, jemals leisten kann! Darüber solltest du einmal nachdenken, Chimerion!"


    Kaum hatte ich versucht, wieder in meine alte, angestammte Rolle zu schlüpfen, gelang es ihm, mich erneut zu erweichen. Ich war einfach sprachlos! Er hatte die echte Celerina gesehen und ich brauchte mich nicht mehr zu verstellen. Er würde mir zuhören und nichts ausplaudern. Ich kämpfte in mir, Sollte ich ihn nun fortjagen, auf daß er nicht meinen Zorn zu spüren bekam oder sollte ich ihn umarmen, für diese Aufrichtigkeit, die er mir zuteil werden ließ? Ich tat nichts von beidem, noch nicht!
    "So, du hast also die echte Celerina gesehen! Du verstehst sicher, daß ich es nicht zulassen kann, immer so offen mit dir zu sein. Nicht in der Öffentlichkeit. Aber ich wäre froh, dich als meinen Vertrauten zu sehen, der bei mir ist, wenn ich ihn brauche und der mir keinen Honig ums Maul schmiert, nur um einen Vorteil dadurch zu haben. So wie die anderen alle." Mein strenger Blick hatte sich wieder entspannt und bald lächelte ich auch wieder.
    "Bitte bleib bei mir heute Nacht, Chimerion! Du mußt auch nicht auf dem Boden schlafen. Hier ist genug Platz für uns zwei!" Ich rutschte etwas zur Seite, um ihm Platz zu machen.

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