[Civitas Vangionum] Wigands Dorf

  • Auch der Magen des Centurio wurde flau, als er die Männer unter Waffen vor sich betrachtete. Zwar war das nicht sein erster Kampf und er hatte auch schon den ein oder anderen Germanen vom Leben zum Tod befördert, dennoch hatte er im Angesicht des Kampfes wieder jene Angst, die wachsam machte. Er wusste auch, dass diese Angst im Kampf von der Aufregung verdrängt werden würde, sodass sie eigentlich nur nützlich war.


    Er sah zu seinen Offiziers-Kameraden. Der eine wirkte guten Mutes, doch der andere, weitaus jüngere, blickte sich nervös um. Man konnte geradezu den Angstschweiß auf seiner Stirn sehen. Doch er machte ein tapferes Gesicht. Es war ja im Prinzip wie das Lampenfieber eines Schauspielers im Theater...


    Er wandte sich an die Decurionen.


    "Turma II bildet die Vor-, Turma III die Nachhut. Die Centuriae werden in der Mitte marschieren. Meine zuerst, dann deine, dann deine."


    Er deutete zuerst auf den jüngeren, dann auf den älteren Centurio. Die beiden würden ihre Sache sicher gut machen.


    "In agmen venite!"


    brüllte er dann über den Platz, dann band er seinen Helm unter dem Kinn zusammen. In der Ferne hatte die Sonne bereits den Horizont berührt. Sie würden Fackeln brauchen. Er eilte zu den Dorfbewohnern, die immer noch bewaffnet herumsaßen und das Schauspiel trotz der bedrohlichen Atmosphäre zu genießen schienen.


    "Habt ihr Fackeln?"


    Mit der Hand deutete er an, als würde er eine Fackel in der Hand halten. Einer der Männer verstand.


    "Paar."


    Er erklärte seinen Mitbewohnern auf Germanisch, was der Centurio wollte und diese nickten langsam und machten sich in ihre Häuser auf. Kurz darauf kamen sie mit wenigen Fackeln zurück.


    "Jedes Contubernium nimmt sich 2 Fackeln!"


    brüllte er über den Platz und was sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war, bei Nacht ein Lager anzugreifen. Und ob Fackeln überhaupt sinnvoll waren...andererseits würde man diese Meute sicher eine ganze Meile weit hören. Er selbst nahm sich ebenfalls eine der Fackeln. Sie würden wohl nicht reichen, aber sie waren besser als nichts. Im Kampf waren sie ohnehin nicht zu brauchen.

  • Von Nervösität, einem äußerst unangenehmen Angstgefühl und einer seltsamen freudigen Erwartung zugleich befallen kam Drusus eilig dem Befehl des Petroniers nach. Der Iulier war darauf gefasst jeden Moment loszumarschieren, doch dann änderte Crispus seinen Plan scheinbar und befahl jedem Contubernium zwei Fackeln aufzunehmen. Aurelianus, einer der neuen aus dem Contubernium Tertium eilte sofort um sich eine zu holen und Drusus war sich sicher, dass sich auch noch ein zweiter finden würde. Er selbst allerdings hatte keine Lust noch so ein Ding herumzuschleppen, das warscheinlich eh nichts bringen würde... Angespannt wartete er darauf, dass endlich der Befehl zum Wegmarschieren erschallen würde.

  • Es ging los. Das spürte Reatinus im Magen, als er merkte, wie die Truppe ein wenig lauter und geschäftiger wurde. Der Tag verschwand in einer Abenddämmerung, welche sowohl Soldaten als auch Räubern die kalte, dunkle germanische Nacht hinterlassen würde. Fackeln wurden angezündet, Befehle geschrien, welches von den disziplinierten Soldaten immer wieder mit einem "Jawohl, Optio!" oder "Jawohl, Centurio!" bestätigt wurden. Je nach Dienstgrad eben.
    Reatinus´ Plauschgruppe löste sich sofort auf, damit jeder der Optiones wieder zu seinen Einheiten eilen konnte. Mit schnellen, freundschaftlichen Handschlägen wünschte man sich nur das Beste und dass Mars ihnen wohlgesonnen sein würde. Hoffentlich würden die guten Wünsche für jeden der Optiones in Erfüllung gehen, hoffte der Artorier. Mit sicheren Schritten kam der Optio zu seiner Truppe unter dem Petronier an, legte sorgfältig den Helm auf sein Haupt und bedachte den Centurio mit einem entschlossenen, zuversichtlichen Nicken. Das Scutum war bereit und das Gladius geschärft. "Bald ist es soweit...", dachte Reatinus inne haltend, "... wird endlich Zeit, dass die Bastarde bekommen, was ihnen zusteht.".
    Unter dem Schein der Fackeln blickte Reatinus ruhig zu den Männern, denen die Ruhe des Optios hoffentlich abfärbte. Hatten die Offiziere Angst, hatten auch die anderen Soldaten Grund zur Angst. Er beobachtete, wie sich die letzten paar Legionarii mit Fackeln ausrüsteten. Bald würden sie marschieren, unwissend, wen sie morgen wieder lebendig vor sich stehen haben werden.

  • Nun sollte es wirklich los gehen. Ich hörte, wie der Centurio ruhig mit seiner kräftigen Stimme die letzten Befehle ausgab. Seine scheinbare Ruhe färbte etwas auf mich ab. Auch wenn ich es keine tolle Idee fand, in der Nacht durch einen unbekannten Wald zu stolpern. Als hätte der Centurio meine Gedanken erraten, verlangte er nach Fackeln. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Was sollten zwei Fackeln pro Contubernium bitte bringen?


    Ihr Licht würde die Männer mehr blenden als ihnen den Weg leuchten. Der Schnee würde bestimmt genügend Mondlicht reflektieren. Ich beschloss, mir keine dieser Fackeln zu nehmen. Sollten andere so dumm sein. Aber ich spielte bestimmt kein Glühwürmchen in einer Winternacht. Natürlich würden wir uns nicht lautlos durch den Wald bewegen können. Aber nun brauchte der Gegner uns auch garnicht mehr hören. Denn bevor er dies tun könnte, hätte er uns durch den Fackelschein schon längst entdeckt. Außerdem gab das eine wunderbare Zielscheibe für Bogenschützen ab. Nee, nee. Nicht mit mir.


    So blieb ich in der Formation stehen und zwei andere Unglücksraben hatten die zweifelhafte Ehre zu Fackelträger befördert zu werden. Zum Glück schien Drusus ähnliche Gedanken wie ich zu haben. Denn auch er blieb wohlweißlich in der Kolonne.

  • Die Equites warteten in Formation geduldig neben ihren Pferden. Alles war bereit. Die Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne ließ die Helme golden schimmern und verlieh der ganzen Szene etwas theatralisches...
    So dachte sich zumindest Tuto, der seinen Helm mit dem Helmbusch auf den Kopf setzte und den Kinnriemen festzog. Die Zweite würde die Vorhut übernehmen, die Dritte die Nachhut. Fackeln gab es nicht mehr genug für die Equites, aber Tuto war nicht böse darüber. Ein Reiter mit einer Fackel war ein willkommenes Ziel für einen Bogenschützen und selbst für Anfänger kaum zu verfehlen.


    Seine Gedanken wanderten zum Spähtrupp. Bis jetzt hatten sie noch keine Meldungen erhalten, dass Feinde gesichtet worden waren. Hoffentlich ein gutes Zeichen.


    Dann straffte Tuto die Schultern und brüllte: "Turmae, aufsitzen" Die Männer schwangen sich in ihre Sättel, einige überprüften ein letztes Mal den Zustand ihrer Ausrüstung. Alle Blicke wanderten zum Centurio, ob er wohl noch eine kurze Rede hielt?

  • Crispus blickte sich noch einmal um. Der Decurio Tuto sah ihn fragend an, auch die Augen vieler Soldaten waren auf ihn gerichtet. Das war möglicherweise der Augenblick, um einige ermutigende Worte loszuwerden. Dafür musste er sich jedoch erst einen Augenblick sammeln. Schließlich begann er mit seiner üblichen lauten Kasernenhofstimme


    "Milites!


    Wir werden nun in die Schlacht ziehen gegen finstere Barbaren, die die Segnungen des Imperium Romanum nicht anerkennen wollen. Sie haben verdiente Veteranen auf ihnen Höfe niedergemetzelt, Kinder verschleppt und Frauen geschändet."


    An dieser Stelle spekulierte der Petronier wild, aber da die anderen kaum mehr wissen konnten, als er selbst, lag dies durchaus im Bereich des Möglichen. Und am Ende schrieben die Sieger Geschichte.


    "Ich warne euch: Wir werden einen fremden Wald betreten, wo wir nicht wissen, was uns erwartet. Vielleicht haben sie irgendwelche finsteren Fallen ausgearbeitet oder Geiseln genommen. Doch vertraut euch und uns: Wir sind Soldaten Roms, ausgebildet von den besten Centurionen und kampferfahren. Diese dagegen sind Bauern, die glauben, eine Waffe in der Hand mache sie zu einem Krieger. Wir werden sie in den Boden stampfen und die Kreuze, an denen wir die Überlebenden aufhängen werden, werden eine Warnung für alle sein, die sich dem Senat und dem Volk von Rom widersetzen!"


    Dann zog Crispus sein Schwert und stieß einen Kriegsschrei an.

  • In der Tat vermochte die Rede des erfahrenen Centurios aus dem Geschlecht der Petronier die Bedenken des Iuliers ein wenig zu zerstreuen, doch sie reichte bei weitem noch nicht aus um jene Bedenken vollständig auszuradieren. Ebenso schürte die Ansprache Crispus' Wut in Drusus. Schließlich hatten diese Barbaren rechtsschaffende Leute umgebracht, nur des schnöden Mammons Willen! Daran, dass er und seine Kameraden im Prinzip nichts anderes machten dachte der Iulier hingegen überhaupt nicht.


    Als die letzten Worte ihres allseits respektierten Centurios schließlich verhallt waren, schossen bereits erste Pila beziehungsweise Fackeln in die Luft. Die Möglichkeit die glänzende Spitze ihres Kurzschwertes gen Himmel zu strecken hatten sie ja nicht wirklich.


    "Roma Victrix!", brüllten da bereits die ersten Vetranen und Drusus stimmte natürlich sofort mit ein. Nun war er wirklich bereit gegen diese Räuber in den Kampf zu ziehen.

  • Wenn die Legionen marschierten, vermochte sie nichts mehr aufzuhalten. Naja, schön wäre es. Schließlich bewieß die Schlacht am Teutoburger Wald, dass man nicht zu übermütig sein sollte. Man konnte schnell einen Fehler begehen. Die Niederlage der Schlacht lastete bis heute auf den Römern... hoffentlich würde der Kampf gegen die räudigen Banditen nicht genauso ein Debakel werden, wie damals unter Varus. Das hofften die Soldaten, die kurz vor ihren Kämpfen standen.


    Gespannt hörte der Optio zu, was Crispus zu sagen hatte. Die Rede spendete den Männern ein wenig Ruhe und Moral. Das war gut, dass er die Soldaten noch unter Kontrolle hatte, dachte Reatinus zuversichtlich. Beinahe schon triumphal und sich der Sieges sicher schrie Reatinus laut, während er die Faust in die Luft hob. Eigentlich eine übliche Floskel, hatte der Optio doch schon so viele Rede gehört, um die Männer zu erheitern.

  • Romanus schütelte leicht den Kopf ... er selbst hat viele Kämpfe meist leicht oder gar unverletzt überstanden und viele Männer auf brutalste weise getötet aber das erschien Romanus im Gegensatz zu einer Kreuzigung als human.....
    Aber Romanus wollte den Legionären nicht die Freude nehmen und begab sich zu Decurio Tubo den er aus dem Castellum eher flüchtig kannte aber da man auserhalb eines Castellums nicht militärisch grüßte fragte er direkt!


    Meinst du ich sollte das Vexillium im Dorf bei den Wachen zurücklassen?
    Ich denke es wird mich im Wald nur behindern und den Equites dadurch nicht wirklich viel Mut machen!


    Romanus blickte Tubo nicht wirklich an sondern musterte die Soldaten um sich selbst davon zu überzeugen das sich alle gut ausgerüstet haben... aber dadurch das er in vielen Gesichtern die Angst vor dem ersten Kampf sah beschäftigte Romanus sich wohl eher mit Gästen die den Sodaten zwar nicht die Angst nahm aber ihnen zumindest Mut machte den Romanus hob das Vexillium ziemlich hoch bevor die Soldaten in den Kampf zogen!
    Aber wer weiß wenn der Decurio es erlaubte würde Romanus es zusammen mit dem Wolfsfell das er trug bei den Wachen im Dorf zurücklassen

    Sim-Off:

    Wow im Wald wird schon gekämpft und ich häts warscheinlich Verpasst wenn ich nicht zufällig grad ins Internet könnte ^^ GÜßE AN EUCH ALLE ^^

  • Ich dachte, dass nun endlich los gehen würde. Bevor mich mein Mut verlassen würde. Doch da hörte ich, wie unser Centurio mit einer Rede anfing. Erstaunt hörte ich, was er sagte und die Wut stieg in mir hoch. Sie verdrängte meine Angst für den Moment, so dass ich sie schon fast als angenehm empfand. Frauen geschändet? Kinder verschleppt? Dann verdienten sie wirklich den Tod. Diese Schweine, dachte ich. Hätte der Centurio in diesem Augenblick den Befehl zum Kampf gegeben, nichts hätte mich aufhalten können. Doch die nächsten Worte des Centurios dämpften meine Kampfeslust wieder etwas, als er auf die möglichen Gefahren im Wald hinwies. Mussten die sich ausgerechnet im Wald verstecken? Konnten diese Banditen uns nicht wie richtige Männer im offenen Feld entgegentreten? Mein Jubel hielt sich in Grenzen. Doch dann riss mich die allgemeine Stimmung mit. Ich viel laut schreiend in die Beifallsbekundungen ein. Allein um mir selber wieder Mut zu zu schreien. Ich reckte mein Pilum in die Luft und schlug mit es danach auf den metallenen Buckel meines Schildes, dass es nur so krachte. Nun wusste der Gegner, dass wir zu ihm kommen würden. Und er wusste auch, dass wir zu allem entschlossen waren.

  • Zahlreiche Spathae flogen aus ihren Scheiden und wurden krachend gegen die Schilde geschlagen.
    "ROMA VICTRIX", gellte es aus zahlreichen Kehlen, als der Centurio mit seiner Rede geendet hatte. Der Mut der Männer konnte nicht besser sein, dachte sich Tuto.
    Als der Lärm sich wieder etwas gelegt hatte, trat Romanus auf Tuto zu und stellte ihm seine Frage.


    "Nun, Romanus, der Platz des Vexillarius ist bei seinem Vexillum, wo es steht, da gehört der Vexillarius hin.
    Du kannst also mit uns reiten, oder hier beim Feldzeichen bleiben. Aber egal wie, du lässt es nicht aus den Augen, wenn wir kämpfen halte dich zurück, wenn du hier bleiben willst, bleibt dir das auch freigestellt.
    Du hast eine verantwortungsvolle Aufgabe"


    Gespannt wartete er auf die Entscheidung des noch jungen Vexillarius.
    Unterdessen war alles bereit, der Abmarschbefehl würde nicht lange auf sich warten lassen.

  • Crispus bekam gar nicht mit, wie der Vexillarius mit dem Decurio sprach und hätte vermutlich auch gelacht, wenn er erfahren hätte, worum es ging. Das Feldzeichen zurück lassen?
    Aber er wusste natürlich nichts davon, sondern befahl, kaum dass er seinen Platz eingenommen hatte


    "Pergite!"


    Damit zog der kleine Heereswurm aus dem Dorf in Richtung Wald...wie eins Varus...

  • Nach und nach setzte sich der kleine Heerzug in Bewegung. Und erneut befiel Drusus die Angst vor dem ersten richtigen Gefecht gegen echte Feinde aus Fleisch und Blut. Ob der Iulier überhaupt aus dieser Schlacht zurückkehren würde? Nein, solche fragen durfte er sich gar nicht stellen! Er würde einfach sein Bestes geben udn so kämpfen wie er och nie gekämpft hatte, dann würden ihm die Götter schon gewogen sein.


    Schließlich marschierte auch Drusus selbst los, in Richtung Wald, ins Ungewisse...

  • Es fanden noch einige letzte Besprechungen statt, ehe der imposante Soldatenzug sich in Bewegung setzte. Das Ziel war der Kampf, für einige, die Pluto jedoch jetzt schon vorbstimmt hatte, war es der Tod... Reatinus nahm sich vor, heute nicht zu jenen zu gehören, die eigentlich in den Tod marschierten. Er durfte sich nicht erwischen lassen. Er dachte während sich die Truppe in Bewegung setzte an seinen Bruder, der bei der Legio I diente. Schon lange hatte der Optio nichts mehr von Imperiosus gehört. Hoffentlich ging es ihm gut, doch gab der Gedanke an die Familie gab dem Artorier Kraft. Und Überlebenswillen.


    "Heute stirbst du nicht, Artorius...", murmelte der Schreihals sich selbst beruhigend.

  • Romanus wurde klar das die Frage unsinnig gestellt war ... die Kampfeslust hatte ihn übermant ....


    Hier bleiben? fragte sich Romanus?......... NIEMALS er hatte auch mit Vexillium überlebt .... und er wird auch heute an der Spitze reiten und Kämpfen damit die Moral erhalten bleibt wenn die Soldaten das Feldzeichen an der Spitze sahen ....


    Verzeiht Decurio ... die Frage war dumm und unüberlegt!


    Romanus wartete noch auf die Antwort des Decurios und ritt dann mit ihm zusammen zu den anderen Offizieren an die Spitze!

  • Dann ging es endlich los. Der Centurio gab den Befehl zum Abmarsch. Doch je näher die Marschkolonne dem Wald kam, desto mehr kam in mir wieder die Angst vor dem Kampf hoch. Ich hatte mich eben noch bei dem lauten Jubel als fast unbesiegbar empfunden. Doch nun, da die Angst in mir hochkroch, riet mir ein kleiner Teil von mir, die Beine in die Hand zu nehmen und wegzurennen. Doch ich blieb. Denn meine Kameraden verließen sich auf mich. So, wie ich mich auf sie verlassen konnte. Und wenn ich schon sterben sollte, wollte ich mit Ehre sterben. Ich wollte nicht den Namen meiner Gens durch eine Flucht beschmutzen. Außerdem hätte ich mit dieser Schande nicht mehr weiter leben wollen.


    So blieb ich in den Reihen bei meinen Kameraden, obwohl mir das Herz immer schneller klopfte, je näher wir dem Wald kamen. Meine Hände waren noch kälter, als sie es ohnehin schon gewesen waren. Dunkel und bedrohlich ragte der Wald vor uns auf. Eine schwarze Wand, ein mystisches Ungeheuer, in dessen Bauch wir marschierten.

  • Seitdem die Vexillatio Wigands Dorf verlassen hatte, war einiges geschehen. Während Wigand und seine Männer bange gewartet hatten, was geschehen würde, hatten die beiden anderen Centuriones die Verwundeten und toten Römer eingesammelt und zum Dorf gebracht. Man hatte Feuer entzündet (mit dem Feuerholz der Dorfbewohner) und die Verwundeten in den Hütten untergebracht. Während sicher ein Drittel der Legionäre Wache schoben, saßen noch manche Soldaten ohne Rüstung und Waffen um die Feuer und machten sich etwas zu Essen. Aufgrund der Menge an Personen hatte man auch Feuer außerhalb des Zaunes entzündet.

  • Kaum hatte Crispus den Wald verlassen, konnte er bereits die leuchtenden Lichtpunkte erkennen, die wohl Lagerfeuer waren. Als die Centuria ein wenig näher gekommen war, konnte er auch die Posten, sowie die "dienstfreien" Legionäre sehen, die um die Feuer saßen und wohl den Kampf revuepassieren ließen.


    Der Centurio ging jedoch nicht zu den Feuern, sondern führte seine Einheit direkt ins Dorf. Auf dem Dorfplatz hatte man ein Feuer entzündet, an dem die beiden Centurionen, sowie Wigand standen und sich unterhielten. Als sie Crispus entdeckten, gingen sie auf ihn zu. Crispus befahl


    "State!"


    Er selbst ging weiter auf die Offiziere zu und begrüßte sie per Handschlag.


    "Ist alles gut gegangen?"


    fragte er. Der ältere Centurio, der vermutlich das Kommando geführt hatte, antwortete


    "Jawohl! Wir haben 13 Tote, sowie 17 Schwer- und 31 Leichtverwundete. Oder mit dem da 18 Schwerverwundete. Der eine oder andere könnte noch abnippeln."


    Crispus quittierte die Meldung mit einem knappen Nicken und sah sich um. Die Soldaten, die noch wach waren, wirkten müde. Wigand trat vor.


    "Ich will Bezahlung für Feuerholz!"


    "Die Bezahlung ist die Befreiung von der Räuberplage!"


    fuhr Crispus den Dorfältesten an und ließ ihn stehen, während er auf dessen Haus zuging.


    "Wir beziehen da Quartier?"


    fragte er seinen Kollegen, der nun seinerseits nickte.


    "Morgen vormittag werden wir die überlebenden Männer zwischen hier und Borbetomagus kreuzigen. Die Frauen und Kinder werden als Beute unter den Männern verteilt. Gegen Abend will ich dann unsere Leute begraben, dann zieh'n wir ab."


    erklärte er und ging in das Haus hinein, um sich dort seiner Rüstung zu entledigen, zu waschen und sich direkt auf das Bett des Dorfältesten zu legen. Der jüngere Centurio ging nach draußen, um sich um Crispus' Männer zu kümmern.


    "Milites movemini!


    Bezieht die Hütten im Dorf. Da drüben ist unser Lazarett. Bringt den Verwundeten dorthin! Die Gefangenen kommen weiter hinter, da ist ein Schafsgatter!"


    Er winkte Tesserarius Superbus herbei und begann mit ihm auch die Männer dieser Centuria zur Wache einzuteilen. Der Wachplan wurde an die Männer weitergegeben, dann entließ man sie, sich einen Schlafplatz zu suchen (was gar nicht so einfach war, denn die andern beiden Centuriae hatten selbstverständlich schon Quartier bezogen). So endete der Tag der Schlacht bei Wigands Dorf in relativer Ruhe...

  • Die ganze Zeit über wurde Reatinus von einem unbekannten Eques durch die Wälder transportiert. Er blieb stumm und hörte sich die Marschgeräusche der Soldaten an, die noch laufen konnten und denen es im Vergleich zu den anderen Verletzten noch gut ging. Dieser gleichmäßige, im Takt ertönende Marsch... er kündigte den Gegnern der Legionen normalerweise sein Ende an. Selten erfuhren römische Soldaten eine Niederlage. Auch heute änderte sich an alle dem nichts. Obwohl das, was heute geschah für ihn schon eine kleine, persönliche Niederlage war.


    Bald kamen sie schon wieder in Wigands Dorf an. Vielleicht würden sie dieses Dorf zum letzten Mal sehen. Reatinus zumindest wünschte sich, schnell wieder zu verschwinden. Ins Castellum, um das alles zu verdauen. Aber wie es das Schicksal wollte, würde wohl bald das Wundfieber einsetzen. Es war nur eine Frage der Zeit. Reatinus sah die Centuriones etwas besprechen, einige andere Legionäre saßen derweil ruhig da und machten sich ihr Essen. Nachdem dieser junge Centurio seine Befehle erteilte, wurde Reatinus von zwei Legionären weggeschleppt. Der Weg führte ihn nun in das Lazarett, wo schon eine Gruppe Verletzter gegen ihre Wunden ankämpfte. Jetzt konnte Reatinus ihnen Gesellschaft leisten!

  • Ich war froh gewesen, als die Toten endlich unter der Erde lagen. Kaum war das erledigt gewesen, hatte der Centurio das Signal zum Sammeln blasen lassen. Müde, völlig verdreckt und mit den Eindrücken des Scharmützels und seinen Folgen kämpfend hatten wir uns in Reih und Glied aufgestellt. Es schien mir, als hätte jemand sämtliche Kraft aus meinen Knochen gesogen. Der kleinen Ansprache des Centurios hatte ich mit gemischten Gefühlen zugehört. Kurz darauf stampften wir durch den dunklen Wald Richtung Dorf zurück. Kaum einer der Legionarii sprach dabei, so dass nur das Klirren der Ausrüstungsgegenstände, das Knacken von kleinen Ästen unter den Sohlen der Caligae und die nächtlichen Laute des Waldes zu hören gewesen waren. Ich hatte nicht zurückgesehen. Irgendwann wurde der Wald wieder lichter und wir kamen am Dorf an.


    Der Centurio befahl stehenzubleiben und unterhielt sich dann mit den beiden anderen Centurionen. Ich wollte nur noch schlafen, um all das zu vergessen, was ich in den letzten Stunden erlebt hatte. Wie benommen hörte ich die Zahlen der Toten und Verwundeten. Auf der einen Seite war es nicht soviele, wie ich es befürchtet hatte. Auf der anderen Seite war jeder einer zuviel. Insgesamt machte ihre Anzahl fast eine gesamte Centuria aus. Wie ging es eigentlich Drusus? Schließlich war er auch verletzt worden. Abnippeln? Das hörte sich in meinen Ohren ziemlich mies an. Dann erzählte der Centurio was von Männer kreuzigen. Ich blickte verwundert auf. Welche Männer? Gab es noch welche unter den Banditen? Und hatte es nicht schon genug Leid gegeben? Das mit den Frauen und Kindern war mir im moment egal. Er ging zu einer der Hütten und einer der anderen Centurionen gab uns die Befehle.


    Zusammen mit einigen anderen Legionarii brachte ich die Gefangenen zu dem Gatter. Sie trotteten schweigend mit uns mit. Dort angekommen lösten wir die Bande zwischen ihnen auf, so dass sie sich wenigsten halbwegs bewegen konnten. Denn sie füllten das Gatter mehr als aus. Wir nahmen die Seile und gingen zurück. Die anderen Legionarii unserer Centuria hatten inzwischen in den Hütten Quartier bezogen. Da die Soldaten der beiden weiteren Centurien sich bereits in den Hütten breit gemacht hatten, kam es zu lautstarken Auseinandersetzungen. Denn natürlich waren die besten Plätze schon belegt. Das hätte man auch besser organisieren können, dachte ich mir. Doch irgendwann und irgendwie fand jeder ein Plätzchen.


    Da ich nicht wusste, in welche Hütte sich meine Stubenkameraden einquartiert hatten, ging ich sie ab, bis ich sie schließlich fand. Allerdings sah ich Drusus nicht. Wahrscheinlich war er im Lazarett, um seine Wunde versorgen zu lassen. Dann fiel mir ein, dass ich ja noch mein Marschgepäck, welches ich im Dorf gelassen hatte, suchen musste. Ich wandte mich um und wollte gerade die Hütte wieder verlassen, als mich jemand ansprach.


    „Halt Probus. Dein Marschgepäck ist hier. Wir haben es mitgenommen, nachdem du mit den Gefangenen abgehauen bist.“ Ich drehte mich um und sah einen meiner Stubenkameraden im schummrigen Licht, wie er mich anblickte.


    „Danke! Mann, wirklich vielen Dank! Wer weiß, wie lange ich gebraucht hätte, bis ich es in der Dunkelheit gefunden hätte!“, antwortete ich ihm. Erleichtert ging ich zu ihm, nahm mir mein Gepäck und suchte mir noch einen freien Platz. Das war garnicht so einfach, denn die Hütte platzte fast aus allen Nähten. Die Plätzte auf dem Heuboden waren natürlich schon belegt, so dass ich mich mit einer Stelle nahe dem Stall vorlieb nehmen musste. Wenigstens hatten die Kameraden etwas Stroh auf den Boden gelegt, so dass es nicht ganz so hart war.


    Ich ließ mich auf den Boden plumpsen und starrte erschöpft vor mich hin. Mein Kopf schien leer zu sein. Das leise Stimmengewirr um mich herum nahm ich nur als Hintergrundrauschen wahr. Auf einem Mal hörte ich meinen Magen knurren. Schon komisch, wie die Natur nach ihrem Recht verlangte, egal was passiert war. Ich nahm meinen Helm ab und stellte Scutum und Pilum an die Wand. Widerwillig kramte ich nach meinem Proviant, nahm mir ein Stück Brot und Käse und begann lustlos zu essen. Ich wollte es eigentlich nicht und es schmeckte mir auch nicht. Aber ich wusste, dass es besser so war. Schließlich brauchte ich Kraft für den morgigen Tag.


    Kurz darauf hörte ich, wie einige Legionarii ein Lied summten. Nach und nach fielen immer mehr Soldaten in der Hütte in die Melodie ein. Ich kannte sie nicht. Aber sie schien das auszudrücken, was ich im Moment empfand. Sie war einfach und traurig. Stetig wiederholte sie sich. Dann fingen einige Soldaten an zu singen. Leise und traurig, so wie das Lied war. Bis schließlich fast alle mit einstimmten. Aufgrund der Einfachheit konnte ich die Melodie mittlerweile leise mitsummen. Die Soldaten sangen über ihre gefallenen Kameraden. Tränen schossen mir in die Augen und ich fing an, leise zu weinen. Ich konnte nichts dagegen tun. Beschämt blickte ich zu Boden und summte mit erstickter Stimme weiter. Die Bilder des Scharmützels und im Lager traten wieder vor meine Augen. Ich presste die Kiefer aufeinander, dass mir nach einiger Zeit die Zähne wehtaten. Nach einer halben Ewigkeit hörte das Lied auf.


    Ich starrte immer noch zu Boden, als sich plötzlich jemand neben mich hockte. Ich sah nicht auf, denn ich schämte mich meiner Tränen, die einfach nicht zu versiegen schienen. Eine Hand legte sich schwer auf meine Schultern.


    „Mach dir nichts draus.“, hörte ich dann die Stimme des Stubenkameraden von vorhin. „Wir alle haben schon geweint. Mehr als du glaubst. Es war dein erster Kampf, nicht wahr?“, fragte er mich. Ich nickte nur. „Dann ist es völlig normal. Auch ich habe wie ein Waschweib nach meiner ersten Schlacht geweint. Das haben alle. Ist nicht einfach zu verkraften, wenn man zum ersten Mal in seinen Leben einen Menschen tötet. Und das wird man nie vergessen. Keinen einzigen von ihnen wirst du jemals vergessen, aber man gewöhnt sich bis zu einem bestimmten Punkt daran. Und lernt damit zu leben.“ Ich hörte ihm zu. Das was er mir erzählte, war schrecklich und tröstend zugleich. Ich wischte mir mit der Tunika die Tränen aus dem Gesicht und sah ihn an.


    „Danke für deine Worte. Aber ich weiß nicht, ob ich mich an sowas gewöhnen kann. Es waren ja nicht nur Männer, die ich im Kampf getötet habe. Es wurden auch Frauen und halbe Kinder getötet. Das ist es vor allen Dingen, was so wehtut.“, sagte ich zu ihm. Er nickte.


    „Ja. Das ist wirklich hart. Aber es wird wieder vorkommen. Du hast nur die Wahl, dich entweder daran zu gewöhnen oder die Legio zu verlassen. Und glaube mir, du wirst damit leben können und müssen. Genauso wie du damit leben musst, dass einige deiner Kameraden ins Gras beißen.“, antwortete er mir ernst. Die Legio verlassen? Das würde eine unehrenhafte Entlassung nach sich ziehen. Niemals, sagte ich zu mir. Dann lieber sterben. Ich begann zu ahnen, dass das Leben als Legionarius mehr als Marschieren in glänzenden Rüstungen war. Wie naiv war ich doch gewesen. Wie damals als kleiner Junge. Das, was heute geschehen war, war der eigentlich Sinn eines Daseins als Legionarius. Kämpfen und töten! Ich nickte stumm.

    „Was war das eben eigentlich für ein Lied?“
    , fragte ich ihn.

    „Es ist ein altes Legionärslied. Keiner weiß genau, woher es stammt und wer es zuerst gesungen hat. Die Legende will, dass es ein Legionarius Macius Cencius nach der Schlacht von Alesia zum ersten Mal gesungen hat. Aber wer weiß das schon. Wichtig ist nur, dass wir es kennen.“
    , antwortete er mir auf meine Frage. Ich nickte. Inzwischen waren die Tränen versiegt.

    „Ich glaube, ich gehe mich mal waschen.“
    , sagte ich zu ihm. Ich hatte es wirklich verabsäumt. Aber es gab mir auch die Gelegenheit, allein zu sein. Meine Stubenkamerad nickte. Ich stand auf und ging Richtung Tür und verließ die Hütte.

    „In Ordnung. Tue das. Und vergiss nicht. Du wirst damit leben müssen! Sag dir einfach, das hättest du sie nicht getötet, du jetzt über den Styx gegangen wärest.“
    , rief er mir hinterher.

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