Der Wind spielte in der crista von Marcus Helm, das Roßhaar bewegte sich verhalten, folgte der Bewegung von Marcus Kopf als er sich umsah und seine Soldaten anschaute, die ihm in den letzten Wochen und Monaten durch so viele Widrigkeiten gefolgt waren, immer in der Gewißheit, den Krieg für das Imperium und den Kaiser zu führen, für Größeres, etwas, was von Mars seine Zustimmung fand. War dem doch nicht so? Hatten sie sich alle geirrt, die Auguren, die Priester, die Berater des Kaisers? War das wirklich ein Zeichen, wie manche der Soldaten riefen? Doch der erneute Stoß von seinem signifer, der ihn aus den Grübeleien riß, brachte Marcus zurück auf den Platz, wo sich so viele verschiedene Stimmen erhoben, die einen, die nach Rache riefen, die Anderen, die schon den nächsten – vermeindlichen! - Imperator hoch leben ließen. Marcus Augenbrauen zogen sich zusammen als er das hörte – freilich nicht wegen dem neuen Imperator, Marcus hatte nur eine verschwommene Assoziation mit jenem Manne! - aber weil der Kaiser noch nicht wenige Stunden tot sein konnte. Marcus empfand es als nicht nur pietätlos, sondern beinahe frevelhaft, den nächsten Kaiser hoch zu jubeln, wenn noch nicht mal die Trauerzeit um den alten Kaiser vorbei war. Darum klang womöglich Marcus Stimme grimmiger als er es beabsichtigte, als er nach hinten rief.
„Ruhe, milites. Der Legat ist noch nicht fertig!“
Zumindest glaubte das Marcus; und dem war dann auch so. Natürlich ging es weder darum, den Kaiser zu rächen, den Kaiser zu betrauern oder etwas über seine Bestattung, sondern um Politik. Wer wurde der nächste Kaiser, wer erhielt von nun an das Szepter über die Macht? Marcus war wenig überrascht als er das vernahm, jedoch etwas irritiert, daß schon gleich ein Schwur geleistet wurde. Aber das war wohl auch Teil des politischen Ränkespiels, daß die Legaten sich erdacht hatten. Marcus Nasenflügel blähten sich auf, gerade erst hatte er von dem Tod ihres Kaisers erfahren und hatte noch nicht mal Zeit, die üblichen Trauermaßnahmen zu ergreifen und nun sollte er bereits dem Nächsten den Treueeid schwören? Marcus Mund öffnete sich und ehe er wußte, was das Ende seiner Gedanken waren, formte sich bereits der Eid aus seinem Mund, seine Stimme vermischte sich mit dem Meer an Stimmen, die zu einem Wirbel von Worten, einem Chor verschwammen.
„Es schwören aber die Soldaten, daß sie alles entschloßen ausführen werden, was der Imperator Caesar Augustus...“
Marcus zögerte, der Kaiser war gerade erst tot, er konnte nicht auf jemand anderen schwören ehe nicht die übliche Anzahl von Tagen verstrichen waren.
„...befehlen wird, daß sie niemals den Dienst verlaßen werden und den Tod für den römischen Staat nicht scheuen würden.“
Damit konnte Marcus leben, sollte in neun Tagen immer noch jener Mann, der hier hoch gelobt wurde, Kaiser werden, dann war der Mann Kaiser und Marcus würde ihm treu folgen, wie auch seinem Adoptivvater, aber vor dem Ende der Trauerzeit war der alte Kaiser noch der Kaiser für Marcus. Damit war Marcus Ehrgefühl zufrieden, wenngleich es ihm genauso, wie viele seiner Soldaten nach Rache dürstete.