[Grundausbildung] Probatus Tiberius Germanicus Probus

  • Erstaunt stellte ich fest, dass jetzt der Optio den Befehl übernommen hatte. Scheinbar bildete der Centurio ihn zum Ausbilder aus. Aber das konnte mir egal sein. Gespannt lauschte ich den sehr lauten Ausführungen des Optio und sah zu, wie er uns die Übung vormachte.


    Kaum hatte er den Befehl gegeben, fingen die Probati an, die Grundstellung zu üben. So auch ich. Ich entschied mich, die Übung aus dem normalen Stand zu üben. Aus der normalen Grundstellung in der Reihe, bei der beide Beine parallel fast schulterbreit zueinander standen, vollführte ich einen Ausfallschritt mit dem linken Fuß nach vorne. Dadurch bewegte sich das Scutum mit nach vorne. Es war ungewöhnlich schwer, so dass es einige Kraft kostete, es kontrolliert mit nach vorne zu bewegen. Nachdem ich die Grundkampfstellung eingenommen hatte, ließ ich mir kurz Zeit und kontrollierte meine Ausführung. Mein Stand glich dem des Optio. Aber ich war nicht zufrieden und wiederholte die Übung mehrmals. Also zurück in die Grundstellung und von vorne. Am Anfang stieß ich mir ein paar Mal am unteren Rand des Scutums leicht schmerzhaft das linke Schienbein. Und ich merkte, dass man darauf aufpassen musste, mit dem hinteren rechten Fuß einen festen Stand auf dem Boden zu bekommen. Der linke Fuß wurde durch das Gewicht des Scutums förmlich an den Boden genagelt, solange man ihn kontrolliert nach vorne bewegte und aufsetzte. Sonst konnte es leicht passieren, dass der Ausfallschritt zu groß wurde und der Schuh auf dem sandigen Boden leicht anfing zu rutschen. Von Mal zu Mal war ich zufriedener mit meinen Ausführungen.


    Dann fiel mir ein, dass man anstatt mit dem linken Fuß einen Ausfallschritt zu machen, auch den rechten Fuß nach hinten bewegen konnte, um in die Grundkampfstellung zu gelangen. Ich versuchte diese Variante sofort und merkte deutliche Unterschiede. Bei dieser Ausführung blieb das Scutum fast an der selben Stelle, da sich der linke Fuß nicht bewegte. Somit brauchte ich auch weniger Kraft. Allerdings lag das Körpergewicht jetzt auf dem rechten hinteren Fuß und nicht auf dem linken vorderen Fuß, wie bei der ersten Variante. Deswegen musste man noch mehr darauf aufpassen, mit dem rechten Fuß einen festen Stand zu erreichen, da man sonst nach hinten wegrutschte. Ich übte auch diese Version mehrmals hintereinander. Als ich der Meinung war, dass ich die Grundbewegung auch hier verinnerlicht hatte, fing ich an beide Varianten hintereinander anschließend zu üben. Das hatte auch den Vorteil, dass ich mich nun auf der selben Stelle vor und zurück bewegte und somit weniger Platz brauchte. Konzentriert übte ich weiter.


    Plötzlich musste ich grinsen, denn mir kam der Gedanke, dass ein Außenstehender denken musste, dass hier Soldaten das Tanzen mit Gladius und Scutum beigebracht bekämen. Und tatsächlich, als ich kurz in die Runde der Probati schaute, sah es fast so aus, als übten sie Tanzschritte. Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich mit einem leichten Lächeln wieder auf meine Übungen.

  • Sowohl Optio als auch Probati machten sich gut. Von Letzteren gab es jedoch auch Einige, die diese Grundtechnik weniger gut beherrschten. Was Reatinus da sah, war mehr als nur Faulheit. Es war Schlamperei! Ungläubig ging er auf zwei Probati zu, die nichtmal ansatzweise versuchten, es zu schaffen. Blitzschnell flog das Vitis auf die Wade des Mannes, der schmerzend aufstöhnte und sich nun mehr Mühe gab. Nach zusätzlichen kritischen Blicken der Centurios wurde es dann doch noch etwas. "Geht doch!", kommentierte der Centurio. Der Probatus hatte noch Schmerzen, war aber zugleich erleichtert, als Reatinus wieder ging.


    Somit betrachtete Reatinus noch abschließend das Geschehen auf dem Platz. Die allgemeinen Leistungen waren ja garnicht mal so schlecht!


    "Milites, venite!", rief der Centurio abschließend zum Sammeln. Jetzt kam der wichtigste Teil der Übung. Der ernsthafte Kampf.


    "Da ihr nun die Grundstellung beherrschen solltet, wird es an der Zeit, euch im Kampf zu üben! Zu diesem Zweck sucht ihr euch einen Übungspartner und fangt an, zu trainieren! Vergesst nicht, gebt nie eure Deckung auf, immer auf´s Scutum aufpassen! Und das Gladius ist ein Stichschwert, Hämmern und Prügeln will ich hier nicht sehen! Abite!".

  • Ich hörte den Befehl des Centurios und trat zusammen mit den anderen Probati an. Mir fiel dabei auf, dass einer sich mehrmals an die Wade griff. Scheinbar war er es gewesen, der den Unwillen des Centurios auf sich gezogen hatte. Selber schuld, dachte ich. In der Legio muss man immer mindestens sein Bestes geben. Und sollte dies nicht ausreichen, war es nur eine Frage der Motivationskünste der Offiziere, um Höchstleistungen zu vollbringen.


    Nun wurde es ernst, dachte ich. Auch wenn wir nur Übungswaffen hatten, ein Volltreffer auf den ungeschützten Arm oder auf das Bein würde bestimmt höllisch weh tun. Ich suchte nach Fullo. Doch ich sah, dass er einen Übungspartner hatte. So schaute ich in die Runde und sah einen drahtigen, großen Probatus, der auch noch keinen Partner für die Übung gefunden hatte. Während einige der Probati schon anfingen, ging ich zu ihm und fragte: „Na, wie wäre es mit uns beiden? Wollen wir ein Tänzchen wagen?“ Ich lachte. Denn ich hatte immer noch das Bild von vorhin vor Augen. Der Probatus lachte auch und antwortete „Mit Vergnügen. Aber trete mir bitte nicht auf meine Füße.“ „Dein Humor gefällt mir.“ Ich grinste ihn an. „Ich heiße Probus.“ Ich streckte ihm die Hand entgegen. „Freut mich ebenfalls, Probus. Ich bin Murcus.“ Er nahm meine Hand und schüttelte sie.


    Nachdem wir uns gegenseitig bekannt gemacht hatten, suchten wir uns ein freies Plätzchen, denn diese waren auf einem Mal rar geworden. Die meisten Probati lieferten sich ihren Zweikämpfen. Ich sah regelrechte Duelle, aber auch sehr zaghafte Gemüter. Der Lärm, den die Probati bei ihren Übungen machten, war erstaunlich. Man hörte Holz auf Holz knallen. Die Männer schnauften und keuchten. Ab und an gab es einen Aufschrei, wenn jemand nicht aufgepasst hatte. „Hier scheint mir genügend Platz zu sein. Also ich sage dir mal lieber gleich, dass ich ein totaler Anfänger in dieser Sache bin. Und du?“ Murcus nickte. Ich war erleichtert. „Gut. Dann habe ich einen Vorschlag. Anstatt völlig hirnlos aufeinander einzuprügeln, sollten wir meiner Meinung nach die Sache etwas systematischer angehen.“ Ich sah Enttäuschung auf Murcus Gesicht. „Wie meinst du das?“, fragte er mich. „Nun, wir sollten erstmal ein bisschen Gefühl für die Sache bekommen. Wir stellen uns einen Schritt voneinander entfernt auf. Dann stechen wir abwechselnd nach dem Scutum des anderen. Der versucht dann den Schlag mit seinem Scutum abzuwehren.“ Ich sah Murcus fragend an. „Na gut. Aber ich weiß nicht, ob dass dem Centurio gefallen wird.“ Ich lachte. „Das werden wir dann schnellstens wissen. Glaube mir.“ Ich war mir nicht sicher, ob sich der Centurio die Übung so vorgestellt hatte. Aber ich hielt es für das Beste. „Na dann lass uns mal loslegen. Und ich fange an. “, sagte ich zu Murcus, nachdem wir die Grundkampfstellung eingenommen hatten.


    Ich stach um den rechten Rand meines Scutums nach den Schild von Murcus, der diesen leicht abwehren konnte. Ich merkte sofort, dass man aufpassen musste, sich bei diesem Stich nicht den Unterarm am Schildrand zu stoßen. Doch gleichzeitig durfte man seine Deckung nicht zu weit öffnen. Die folgende Attacke von Murcus konnte ich ebenfalls leicht mit meinem Scutum abblocken. So übten wir einige Zeit. Dabei merkte ich, dass zum Abblocken des Stiches der Stand auf dem rechten Fuß vorteilhafter war, da ich dann das Scutum freier bewegen konnte. Außerdem hatte der Gegner dann einen längeren Weg mit seinem Schwert zurückzulegen. Er war somit offener in der Deckung, was meinerseits mit einer schnellen Gewichtsverlagerung auf den linken Fuß gekontert werden konnte, um meinerseits in den Angriff zu gehen.


    „So, Murcus. Ich denke wir sollten mal was anderes üben. Der Schild lässt doch die unteren Beine und den Kopf in der normalen Haltung offen. Vielleicht sollten wir üben, wie man die Stellen angreifen kann. Fangen wir mal lieber mit den Beinen an. Und ich beginne wieder. Wenn ich zustoße, sage ich jetzt. Wir wollen uns doch nicht unnötig wehtun.“ Ich sah, wie sich Murcus Miene aufhellte. Scheinbar war ihm die Übung auch langsam langweilig geworden. In der kurzen Verschnaufpause merkte ich, dass ich mittlerweise schon ordentlich schwitzte. Trotzdem wir noch gar nicht richtig kämpften. Wie sollte das erst in einem echten Kampf sein!


    Wir beide nahmen wieder die Grundkampfstellung ein und ich versuchte mit dem Gladius nach Murcus Beinen zu stechen. Ich merkte, dass diese Aktion viel zu lange dauerte. So konnte Murcus meinen Angriff auch abblocken. Als ich wieder hoch kam, sah ich Murcus den Kopf schütteln. „Ne, ne. Das ist nicht gut. Während deiner Attacke war deine Deckung soweit offen, dass ich dich locker hätte abstechen können.“ Ich sah Murcus erstaunt an, denn das, was er sagte, war mich nicht aufgefallen. „Das will ich sehen. Mach du mal den Stich.“ Als Murcus den Stich nach meinen Beinen ausführte, sah ich, was er gemeint hatte. Einerseits hatte man alle Zeit der Welt, den Stich mit dem Schild abzublocken. Und andererseits erkannte selbst ich als Laie, dass ich Murcus auf mehrere Arten hätte töten können. „Du hast recht!“, sagte ich zu ihm, nachdem er wieder hoch gekommen war. „Das sollte man also nicht tun. Gut zu wissen. Dann lass uns mal den Stich zum Kopf üben. Aber pass dabei auf. Ich habe keine Lust, dein Holzschwert zu fressen!“ Ich grinste Murcus an. „Ach nö. Ich würde viel lieber richtig kämpfen und nicht dieses langweilige Zeug hier machen“, nörgelte er. „Hör zu. Lass uns diese eine Übung noch machen und dann können wir ja sehen, wer von uns beiden am heutigen Tag mehr gelernt hat.“ Ich sah ihn fragend an. „Na gut. Aber danach kämpfen wir richtig.“, antwortete er ungeduldig.“Versprochen?“ „Versprochen!“ Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob das so sinnvoll war, was Murcus gerade vorgeschlagen hatte.


    Also führte ich den ersten Stoß nach Murcus Gesicht aus, nachdem ich das Signal gegeben hatte. Er blockte ihn ab. Nun stach Murcus zu. Doch statt den Stich abzublocken, zog ich meinen Kopf hinter die Deckung meines Scutums. So übten wir kurze Zeit diese Variante des Stichs. Wenn dieser Stich ein Gesich trifft, musste es geradezu zerfleischt werden, dachte ich. Jedenfalls waren Treffer dieser Art bestimmt meistens tödlich. Wenn man nicht das Gesicht traf, so doch vielleicht den Hals. Doch selbst wenn man den Gegner nicht trifft, bietet der Stich den Vorteil, dass dem Gegner beim Blocken die Sicht auf den Angreifer genommen wurde. Ich merkte, dass jede der beiden Blockvarianten ihre Vorteile hatte. Das Ducken hinter das Scutum war schnell. Aber es hatte den Nachteil, dass der Schild statisch war. Eine mögliche Konterattacke war meiner Meinung nach, dass man sich gedeckt durch den Schild blind nach vorne auf den Gegner warf, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das aktive Blocken gegen diesen Stich hatte den Vorteil, dass das Scutum dynamischer geführt werden konnte. Zwar sah man den Gegner auch nicht, aber man konnte den Stich abgleiten lassen, um selbst um die Deckung herum, nach den Gegner zu stechen. Das dabei die Deckung der Beine etwas entblößt wurde, war nicht so dramatisch, wie die vorherige Erfahrung mich gelehrt hatte.


    „So. Und jetzt lass uns richtig kämpfen!“, sagte Murcus mit leuchtenden Augen und riss mich aus meinen Überlegungen. „Gut. Ich habe es dir versprochen. Auch wenn ich es für sinnvoller halte, wenn wir noch etwas weiter üben würden.“ Denn ich war mir mittlerweile sicher, dass die Kunst des Fechtens nicht nur im Gladius lag, sondern viel mit dem richtigen Gebrauch des Scutums zu tun hatte.


    Murcus und ich gingen in die Grundkampfstellung und nickten uns zur Kampferöffnung zu. Murcus versuchte sofort einen Stich nach meinem Kopf. Ich duckte mich hinter mein Scutum und warf mich sofort nach vorne. Ich merkte den harten Aufprall und wie ich weiter nach vorne fiel. Ich konnte mich gerade so noch auffangen und lukte hinter meinem Schild hervor. Murcus saß auf seinem Hosenboden und starrte mich verwirrt an. „So war das nicht abgemacht. Du sollst fechten und nicht mich umschubsen.“, sagte er wütend. Ich grinste auf ihn herab. „Murcus, du weißt doch. Im Krieg und in der Liebe sind alle Dinge erlaubt.“ Er schnaufte nur verächtlich und stand wieder auf. Kaum war er oben, griff er mich wütend an. Er stach nach meiner Körpermitte, da ich im Gespräch das Scutum leicht nach links geöffnet hatte. Schnell riß ich den Schild nach rechts und das Holzschwert glitt am Scutum ab. Da Murcus in seiner Wut zuviel Schwung in den Stich gelegt hatte, verlor er kurz das Gleichgewicht. Meine Chance. Ich machte einen Schritt schräg nach vorne, drehte mich zu Murcus und stach mit dem Holzschwert rechts um meine Deckung und schürfte mir dabei schmerzhaft die Haut am rechten Unterarm auf. Doch der Lohn war ein Treffer an der linken Panzerseite bei Murcus. Ich grinste wölfisch. Nicht blinde Entschlossenheit obsiegt im Kampf, sondern kühle Entschlossenheit, dachte ich. Murcus schrie vor Zorn auf. Wie wild startete er eine Attacke nach der anderen. Doch ich konnte alle mit meinem Scutum abfangen. Sie waren zwar schnell und kräftig. Und er trieb mich mit seiner Agressivität vor sich her. Aber sie waren zu unkontrolliert. Ich hörte, wie Murcus Atem immer heftiger wurde, bis er schließlich anfing, heftig zu schnaufen. Da wusste ich, dass er müde und ich jetzt am Drücker war. Wieder startete Murcus eine Attacke und stach nach meinem Gesicht. Diesmal blockte ich nach oben, bewegte ich nach links vorne und schob mit meinem Scutum sein Schild zur Seite. Das öffnete seine rechte Seite für einen Gegenangriff. Kurz entschlossen stach ich zu. Mein Holzschwert glitt am Panzer von Murcus ab und landete dadurch in seiner rechten Achselhöhle. Murcus schrie auf vor Schmerz. Erschrocken sah ich ihn an. Hatte ich ihn so schwer getroffen?


    Ich sah, wie Murcus sein Gladius fallen ließ und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Achselhöhle griff. Er atmete heftig. Ich trat einen Schritt zurück und sah ihn besorgt an. „Alles klar Murcus?“ fragte ich ihn. Er nickte mit dem Kopf. „Ja, ja. Geht schon.“, quetschte er zwischen den Zähnen hervor. „Entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht so hart treffen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ist schon in Ordnung. Schließlich wollte ich, dass wir richtig kämpfen.“ Murcus ließ seinen rechten Arm kreisen. „Vielleicht hätte ich auf dich hören sollen.“

  • Ziemlich geschäftig ging es hier auf dem Exerzierplatz zu. Die ganze Schar der Probati war heftig dabei, zu üben. Überall keuchte, stöhnte und manchmal sogar auch fluchte es. Noch war Reatinus zufrieden, denn der Tag könnte eigentlich nicht besser verlaufen.
    Der Probatus, der einen Schlag des Vitis in die Wade bekommen hatte, wagte es nun nicht mehr, Faulheit zu zeigen. Und diese "Motivation" zu Lernen übertrug sich schnurstracks auf die restlichen Faulpelze. Manchmal, dachte Reatinus, liebte er doch seinen Job als Centurio. Hatte man Probleme mit den Legionären oder Probati, waren diese bald schon verschwunden. Nicht zuletzt, dank des gefürchteten Vitis, der Rebstock, den jeder Centurio schon einmal benutzt hat. Der Effekt dieses Gegenstands war sehr nützlich, beinahe auch schon magisch.
    Unermüdlich kontrollierte Reatinus die Rekruten bei ihren Übungen. Sie machten sie für den Anfang sehr gut. Eine solche lernfähige Truppe war sehr, sehr selten. Reatinus selbst hatte schon so manch schlimmen Haufen gesehen. Bei diesen Leuten halfen auch nicht die Hetzsprüche, die er immer und auch hier von sich gab.


    "Ihr Schlappschwänze, ihr sollt kämpfen und nicht so dämlich hier rumstehen!".
    "Und sowas kommt in meine Centuria! Eine Schreibtischarbeit hätte euch gut getan!".
    "Sogar mein Großvater in Elysio kriegt das besser hin! Und der muss sich gerade wohl heftig im Grabe umdrehen! Ich hör´s ja schon hier!".


    Ja, Reatinus zerstörerisches Arsenal an mutmachenden Sprüchen war schier gewaltig. Man wusste so gesehen nie, was er als nächstes sagte. Obwohl dieses Merkmal bei allen Offizieren besonders stark ausgesprägt war. Eine centurionische Intuition, sozusagen.


    Nach einer Weile, glaubte Reatinus, einen zornigen Schrei vernommen zu haben. "Was zum...?!". Alarmiert blickte er sich um. Man konnte ja nie wissen, ob sich zwei Probati an den Hals gingen, oder ob es wirklich einen Hitzkopf gab, der sich auf einen erfahrenen Centurio stürzte. Letzteres konnte Reatinus zum Glück nicht ausmachen. Zum Glück des Angreifers, der in diesem Falle nicht da war. Dafür musste er aber schnell zwei Streithähne auf den Teppich bringen. Reatinus hat nie gesehen, dass sich zwei Probati gegenseitig umbrachten. Aber Verletzungen hatte es durchaus auch schon gegeben.
    Mit Argus Augen sah sich der Schreihals, wie er noch heute gern genannt wurde, um. "Scheisse, kann ja heiter werden...", murmelte Reatinus sichtlich unerfreut vor sich hin. Den Optio konnte er auch nicht ausmachen. Der war wohl irgendwo mit anderen Probati beschäftigt. Na dann konnte er wenigstens ein Auge auf den Rest der Trainierenden werfen.
    Aber Reatinus´ eilige Suche war nicht von Dauer, den an einem trainierenden Paar angehender Legionäre vorbei sah er noch ein paar angehender Legionäre. Probus und Murcus. Beide erkannte der Centurio schon aus weiter ferne, denn sie hatten ein gewisses Wiedererkennungspotenzial. "Ich glaube, ich spinn´...", murmelte er erneut zu sich selbst und schnellte dort hin, wo das Spektakel statt fand. Probus, sichtlich angestrengt mit der Abwehr wurde also von Murcus, wütend und zornig mit Schlägen bombardiert. Das durfte nicht passieren, zumal Disziplin und ein kühler Kopf in jeder Situation den römischen Soldaten eben einen römischen Soldaten sein ließen.


    Kaum war der Schreihals angekommen, schien sich die Situation von alleine bereinigt zu haben. Er hatte dafür nur ein missgünstiges Kopfschütteln übrig. "Das kann doch nicht wahr sein...", setzte Reatinus mit einer Stimme an, die sich nach jedem Wort ein klein wenig steigerte. Immer mehr, bis schließlich das Trommelfell der Umgebenden Probati erzitterte. Im Hintergrund flogen einige verschreckte Vögel aus ihren Bäumen. "Probatus Germanicus, erklär DU mir mal bitte, was bei Mars hier passiert ist?!"
    Ein bedrohlicher Blick wechselte zwischen beiden beteiligten Probaten hin und her. Reatinus hasste es, wenn seine Rekruten unkontrolliert drauf los schlugen. Er wollte Soldaten mit kühlem Kopf in seiner Centuria, doch wer in einer solchen Übung schon die Kontrolle verlor... da musste der Schreihals ein wenig nachhelfen!

  • Ich wollte gerade Murcus vorschlagen, dass wir doch lieber zum systematischen Üben zurückkehren sollten. Da sah ich, wie Murcus plötzlich steif wurde und mit vor Schrecken weit aufgerissen Augen über meine rechte Schulter starrte. Ich dachte erst besorgt, dass Murcus doch schlimmer verletzt sei, als es den Anschein hatte. Doch plötzlich erscholl eine mir bekannte Stimme so laut an meinen Ohren, dass ich dachte, ich würde taub werden. Au backe, der Centurio. Ich drehte mich mit klingelnden Ohren und etwas weichen Knien zu ihm um. Ich wäre nicht verwundert gewesen, wenn in diesem Moment mein Helm, in tausende Stücke zerbrochen, von meinem Kopf gefallen wäre. Ich nahm Haltung an und schaute in die bedrohlich blickenden Augen des Centurios.


    „Centurio Artorius! Der Probatus Murcus und ich haben wie befohlen das Fechten geübt. Dabei wurde der Kampf etwas hitziger, in unserem Ehrgeiz, deinen Ansprüchen zu genügen. Als ich die Möglichkeit sah, Probatus Murcus zu treffen, habe ich diese genutzt. Dabei ist mein Gladius an seinem Panzer abgerutscht und hat ihn in der Achselhöhle getroffen. Zum Glück scheint Murcus nicht verletzt zu sein.“


    Was sollte ich sonst sagen? Die Schuld auf Murcus schieben und somit einen Kameraden anschwärzen. Nein, das war nicht meine Art. Und streng genommen, hatte ich auch nicht gelogen. Zwar war der Kampf durch Murcus Verhalten etwas aus dem Ruder gelaufen. Aber ich hätte auch nicht zustoßen müssen. Somit hatten wir beide unsere Mitschuld am Geschehenen gehabt.


    Ich sah den Centurio etwas verängstigt an. Er war einfach zu respekteinflößend. Doch in einem winzigen Moment dachte ich, warum man eigentlich bei der Musterung nach seiner Hörfähigkeit gefragt wurde, wenn man spätestens am Ende seiner Grundausbildung sowieso taub war. Jedenfalls wenn alle Centurionen so laut schreien konnten wie Reatinus. Vielleicht sollte ich mir das nächste Mal kleine Stofffetzen in die Ohren stecken, dachte ich. Ein interessanter Gedanke. Doch so schnell er da gewesen war, so schnell verschwand er auch wieder. Reiß dich zusammen, schalt ich mich selbst. Sonst reißt dir der Centurio noch sonst was auf oder ab. Ich hoffte nur, dass ich meine Gedanken nicht mit meinen Augen verraten und der Centurio den kleinen Schalk darin entdeckt hatte

  • Reatinus legte einen skeptischen Blick auf. Er dachte intensiv darüber nach, ob er die beiden Männer bestrafen wollte, wenn sie schon so ehrgeizig waren, etwas zu tun. Der Blick verschärfte sich immer mehr, bis man meinen konnte, der Centurio setzte schon wieder zu eine seiner berühmten, ohrenbetäubenden Anschisse an.
    Aber er beließ die Sache dabei, da zum Glück nichts passiert ist und da die beiden Probati in erster Linie noch nicht negativ auffielen. (Außerdem war er ja bekanntlich ein fairer Ausbilder)
    Obwohl Reatinus trotzdem hoffte, dass die beiden nicht so dumm wären zu denken, dass sie noch mehr Freikarten für Albernheiten hätten. Aber wenn dem so wäre, sollten sie ihr blaues Wunder eh noch erleben.
    Wie er fest stellte, bekam Probus schon weiche Knie. Reatinus hatte ein Gespür für verängstigte Rekruten und Legionäre. Er konnte ihnen die Angst meistens von den Augen ablesen. Und es war gut, dass Reatinus ihnen diese einflößen konnte, denn er bewahrte seine Autorität sehr sorgsam.


    "Probati...", sprach Reatinus und rückte gefährlich in ihre Nähe, "Da ihr mir noch nicht negativ aufgefallen seid, lasse ich das mal auf sich beruhen... doch merkt euch, dass Disziplin und Selbstbeherrschung des Schlüssel zum Überleben sind!".


    Nach der kleinen, militärisch beeinflussten Moralpredigt machte sich Reatinus wortlos davon und gab den Probati einen Grund, erleichtert durchzuatmen. Es sollte klar sein, dass Reatinus so etwas kein zweites Mal durchlassen würde. Aber das Problem sollte hoffentlich auch geklärt sein.



    Schnell merkte Reatinus, dass die Leistungen der restlichen Probati voran schritten. Da der Schreihals vermeiden wollte, dass sein Optio sich langweilte, gab er ihm eine neue Aufgabe. Das hatte er schon einmal gemacht.
    Er musste nicht lange suchen, bis er den Nachwuchsschreihals fand und ihm seine Befelhe übermittelte.


    "Optio, jetzt mit scharfen Gladii gegen Holzpfähle üben lassen!".



    Sim-Off:

    Der Post ist jetzt nicht herausragend... bin ein wenig müde. :)

  • Drusus, der Optio hatte gerade mehr oder weniger auf der anderen Seite des geräumigen Exerzierplatzes ein paar seiner Probati beim Kämpfen mit den Übungsschwertern beobachtet und notfalls auch ohne zu zögern auch mögliche ehler korrigiert. Daher hatte er von den Geschehnissen um Probus und Murcus auch so gut wie nichts mitbekommen. Nur die Entscheidung des Centurios, die beiden ausnahmsweise einfach so davonkommen zu lassen. Der Iulier zuckte nur kurz mit den Schultern. Wenn der Centurio so eine milde Entscheidung traf konnte es wirklich nichts besonderes gewesen sein... oder?


    Wenig später brüllte der Schreihals, Drusus solle den nächsten Teil der aktuellen Lektion befehligen. Gegen die Holzpfähle ging es nun also. Der Iulier warf einen kurzen Blick auf die ein wenig jämmerlich wirkenden Holzpfähle, auf die schon zigmal eingeschlagen worden war und das war auch noch deutlich zu sehen! Warscheinlich hatte man die Pfähle schon seit Jahren nicht mehr gewechselt. Drusus konnte sich gut vorstellen, dass er einst während seiner Grundausbildung auf jene Pfähle eingedroschen hatte, die jetzt noch auf dem Exerzierplatz zu finden waren.


    "Probati! Ihr werdet euch jetzt eure richtigen Schwerten holen und gegen diese Holzpfähle kämpfen!" Der Nahwuchsschreihals deutete auf die zahlreichen Holzpfähle die nicht weit entfernt aufgestellt worden waren "Doch seid nicht zu übermütig, geht vorsichtig mit euen Waffen um, ich will keinen von euch ins Lazarett einliefern müssen weil ihn einer dieser hinterhältigen Holzpfähle verletzt hat! Fangt an!"

  • Ich wurde starr vor Schreck, als ich sah, wie mich der Centurio mit seinem Blick duchbohrte. Also doch ein Anschiss, dachte ich resigniert. Ich widerstand dem Impuls, mir meine Ohren mit den Händen zu zuhalten, und zwang mich, nicht die Augen zuzukneifen. Was Murcus hinter meinem Rücken machte, konnte ich nicht sehen. Aber dem wird es jetzt bestimmt auch nicht besser gehen als mir, dachte ich.Ich hielt die Luft an und wartete auf die Standpauke des Centurios. Er beugte sich gefährlich nahe zu mir rüber.


    Das Schlimmste erwartend hörte ich zu meinem Erstaunen, dass der Centurio die Sache auf sich beruhen ließ. Eine Gerölllawine schien sich in meinem Herzen zu lösen. Erleichtert atmete ich auf. Und noch mehr erstaunte mich, dass der Centurio meine Überlegungen hinsichtlich der Selbstbeherrschung zu teilen schien. Allerdings hatte ich an die Disziplin nicht gedacht. Wieder etwas gelernt, dachte ich.


    Zu meinem Erleichtern schien der Centurio sich damit zufrieden zu geben und ging wieder, um sich den anderen Probati zu zuwenden. Ich sah ihm kurz hinterher. Ich wusste nicht, welchen Göttern ich dafür danken sollte, dass der Centurio heute scheinbar freundlicher als sonst gestimmt war. Ich drehte mich zu Murcus um und stutzte. Murcus war kreidebleich im Gesicht. Mir fiel wieder der Treffer von vorhin ein. „Was ist mit dir los, Murcus? Sollen wir zusammen zum Valetudinarium gehen und deine Achselhöhle mal ansehen lassen? Vielleicht ist es ja doch schlimmer, als wir dachten.“ Murcus sah mich mit leerem Blick an. Erst langsam sah ich so etwas wie ein Erkennen in ihnen aufblitzen. Er schüttelte den Kopf. „Nein..., ist alles in Ordnung,..., siehst du?“ Er ließ seinen rechten Arm kreisen. „Nein es ist nicht das. Es ist wegen des Centurios. Ich habe mir fast in die Hosen gemacht, als er so laut geschrien hatte, weißt du? Ich sah uns schon Latrinen putzen oder was sonst noch schlimmeres!“Langsam kehrte die Farbe in sein Gesicht zurück. Ich musste grinsen. „Mir ging es fast genauso wie dir. Ich frage mich, wo die die Soldaten mit solch lauten Stimmen herbekommen? Ist das angeboren oder antrainiert?“ Murcus musste auch grinsen. „Die kommen bestimmt schon so laut aus dem Mutterleib!“ Fast hätte ich laut aufgelacht. Doch angesichts der Vorkommnisse von eben, wollte ich den Centurio nicht wieder aufmerksam auf uns machen. „Psst, sag das bloß nicht so laut! Sonst gehen deine Wünsche vielleicht doch noch in Erfüllung. Du weißt, Latrinen putzen und so.“ Ich sah Murcus verschwörerisch an. Er nickte mir zustimmend zu. „Gut!“, sagte ich. „Dann lass uns mal wieder von vorne anfangen. Und denke daran, was der Centurio gesagt hat.“ „In Ordnung.“ antwortete Murcus. Ich wartete bis Murcus sein Gladius aufgehoben hatte. Dann gingen wir beide in die Kampfgrundstellung und fingen an, abwechselnd einen Stich auf den gegnerischen Schild zu landen. Erleichtert sah ich, dass Murcus seinen rechten Arm wirklich ohne erkennbare Einschränkungen bewegen konnte.


    Murcus und ich hatten noch nicht lange wieder mit der Übung angefangen, als der Centurio das Kommando an den Optio übertrug. Auf Befehl des Optio stellten die Probati ihre Kämpfe ein. Jetzt sollte es also mit scharfen Schwerten gegen Holzpfähle gehen. Ich folgte mit meinem Blick der Geste des Optios und sah einige bemitleidenswerte Pfähle in einer Ecke des Campus stehen. Sie schienen einmal dick und rund gewesen zu sein. Doch scharfe Schwerter hatten sie arg in Mitleidenschaft gezogen. Sie waren von unzähligen Stößen so zerhackt worden zu sein, dass sie schon wieder fast etwas künstlerisches hatten. Bei manchen musste man fast Angst haben, dass der nächste kräftige Schlag den Pfahl in der Mitte trennen würde.


    Als der Optio befahl anzufangen, rannten die Probati los. Ich sah, wie Murcus seinen Übungsschild und sein Holzgladius auf der Stelle fallen ließ und los sprintete. „Murcus!“ rief ich ihm hinterher. Er schien mich nicht zu hören. „MURCUS!“versuchte ich es erneut. Doch schon war er zusammen mit einigen anderen Probati fast an der Porta Sinistra angelangt und rannte weiter. Ich zuckte mit den Schultern und ärgerte mich über ihn. So ein Dummkopf, dachte ich wütend. Lässt alles stehen und liegen und rennt einfach los. Wenn das der Centurio gesehen hat. Ich beschloss, erst meine Übungsgeräte und dann die von Murcus in die Kisten zu legen. Ich tat das, weil ich mich einerseits noch für den schweren Treffer und andererseits für die darauf folgende Aufmerksamkeit des Centurios verantwortlich fühlte. Als ich zu den Kisten mit meinen Übungswaffen kam, herrschte dort ein reges Gedränge. Denn nur wenige Probati waren Murcus Vorbild gefolgt. Nachdem ich endlich meine Sachen losgeworden war, ging ich zu Murcus Holzwaffen und brachte sie schnell zu den Kisten. Mittlerweile war ich der letzte Probatus auf dem Campus. Alle anderen waren schon unterwegs. Verdammt, dachte ich. Jetzt aber nichts wie los.


    Ich rannte, dass mir fast die Lungen platzten. Als ich durch die Porta Sinistra rannte, kamen mir die ersten Probati schon wieder entgegen. Murcus konnte ich aber nicht unter ihnen entdecken. Ich beschloss, nach der Übung mal ein ernstes Wörtchen mit ihm zu reden. Schließlich kam ich im Contubernium an, schnappte mir mein Gladius aus dem Vorraum und rannte wieder Richtung Campus. Kurze Zeit später kam ich wieder auf dem Campus an. Zwar fehlten noch einige Probati. Doch das Gro hatte bereits mit der Übung begonnen. Schnell suchte ich mir einen freien Holzpfahl. Doch bevor ich anfangen konnte, musste ich etwas warten, um wieder zu Atem zu kommen. So stand ich keuchend vor dem Pfahl. Mein Oberkörper war leicht nach vorne geneigt und ich stützte mich mit beiden Händen auf meinen Schenkeln ab. Der Schweiß schien mir aus jeder Pore in Sturzbächen gen Boden zu rinnen. Sollte mich doch der Centurio oder der Optio deswegen zusammenfalten, dachte ich trotzig.


    Kurze Zeit später hatte sich mein Puls wieder etwas beruhigt und ich fing mit der Übung an. Bedächtig zog ich den Gladius aus der Scheide und sah die Schwertklinge mit glitzernden Augen an. Mein Gesicht spiegelte sich verzerrt auf der Klinge. Ich hatte vorher noch nie ein richtiges Schwert in der Hand gehabt. Geschweige denn damit gekämpft oder geübt. Es war verglichen mit dem Übungsgladius fast leicht. Erstaunt stellte ich fest, wie gut es in der Hand lag. Der Griff schien sich förmlich an die Handfläche anzuschmiegen. Ich warf die Scheide mit dem Riemen über meine linke Schulter, so dass die Scheide an meiner rechten Hüfte hing.


    Ich stellte mich in die Grundkampfstellung. Ich hörte, wie in meine Umgebung Holz splitterte. Schwerter drangen mit dumpfen Ton in Holz ein oder schabten an es. Leise Flüche und heftiges Atmen drangen an mein Ohr. Ächzen und Stöhnen, wenn ein Probati mit dem Schert zu stark zustieß. Über allem immer wieder die Stimmen des Centurios und des Optios.


    Ich wusste nicht genau, wie ich anfangen sollte. Vorhin hatte wir neben dem Gladius noch das Scutum gehabt. Hier aber nur das Schwert. Ich beschloss die Grundkampfstellung beizubehalten und begann, zaghaft mit dem Schwert Richung Holzpfahl zu stechen. Der erste Stich traf den Pfahl, aber die Schwertspitze drang kaum in das Holz ein. Den zweiten führte ich etwas kräftiger aus und stellte zufrieden fest, dass dabei das Holz mehr in Mitleidenschaft gezogen wurde. So übte ich immer weiter. Jeden folgenden Stich führte ich etwa kräftiger aus, als den vorherigen. Auf einem Mal merkte ich, wie meine Schulter anfing, mir weh zu tun. Unbemerkt hatten meine Stiche eine Intensität erreicht, dass der Aufprall der Klinge über den Arm ungebremst in die Schulter weitergeleitet wurde. Ich stieß mit dem Schwert etwas weniger kräftig zu. Das war besser, stellte ich zufrieden fest. Ich wiederholte den Stich ein um das andere Mal. Als ich merkte, dass das gut funktionierte, stellte ich mir vor, wie ich in der linken Hand ein Scutum halten würde. Den nächsten Stich führte ich um den Rand des imaginären Schildes. Der Stich ging daneben. Er war viel schwerer auszuführen, da er nicht direkt vom Körper weg in einer geraden Linie verlief. Man beschrieb einen kleinen Bogen mit der Schulter und stach somit in einer schrägen Linie auf Hüfthöhe zu. Die nächsten Stiche gingen ebenfalls daneben. Allerdings wesentlich knapper. Dann traf der erste Stich den Pfahl. Ich grinste zufrieden. Ab und zu wischte ich mir den Schweiß aus dem Gesicht. Meine Tuniken konnte man höchstwahrscheinlich auswringen, so nass waren sie vom Schweiß. Trotzdem übte ich mit voler Konzentration weiter. Ich merkte wie der rechte Arm, das rechte Handgelenk und die rechte Schulter immer verkrampfter von dieser ungewohnten Anstrengung wurden. Mir kam es vor, als würde ich die Bewegungen immer langsamer ausführen. Doch ich biss die Zähne zusammen. Mach weiter, trieb ich mich an. Du bist ein Germanicier. Mach deiner Gens keine Schande. Immer mühsamer wurden die Bewegungen. Mir war es, als hingen schwere Gewichte an meinem Arm.

  • Der Optio, fleißig und gehorsam wie er war, gab die ganzen Befehle sogleich weiter. Ohne großes Murren und drumherum machte er sich an seine Aufgaben. So mochte es der allseits respektierte und gefürchtete Schreihals, denn genau das erwartete er ja auch von einem Optio. In Bälde gingen die Probati los. Manche eilten wie von Furien gehetzt durch die Porta Principalis Sinistra, um ihre Gladii, die flink einsetzbaren römischen Kurzschwerter zu holen. Andere wiederum ließen sich Zeit und marschierten seelenruhig zu ihren Unterkünften, doch nicht weniger besinnend darauf, die richtigen Waffen endlich schwingen zu dürfen. Hoffentlich verletzten sich die Schnellen in ihren Übereifer nicht. Das geschah, ehe man von links nach rechts sehen konnte.


    Fröhlich trillernd gesellte sich der Centurio zu seinem Optio, während ein Großteil der Probati schon aus dem Sichtfeld verschwunden war. Irgendwie, dachte Reatinus, hatte er heute einen richtig guten Tag! "Na, Optio? Was machen deine Erfahrungen als Offizier? Ich sehe, du scheinst deinen Spaß dran zu haben...", fragte der Schreihals interessiert. Einfach nur, weil es ihn interessierte, was Drusus als noch Erfahrung sammelnder Optio so von seinem Posten hielt. Er konnte sich noch gut an den Anfang seiner Karriere als rechte Hand des Centurios erinnern. Was war er stolz und vergnügt damals, seine ersten Legionärsscheuchungen zu machen! Und damals flogen ja nichtmal halb so sehr die Fetzen, wie sie es heute taten, bei Reatinus´ antrainierter, erschütternder Stimme.


    Während auf die Antwort des Nachwuchsschreihalses wartete, merkte er erst, das noch ein Probatus verblieben war, um die Übungsausrüstung der Übereifrigen aufzusammeln. Kopfschüttelnd ließ er Probus sein Werk zu Ende bringen. Wenn es nach Reatinus ginge, hätte er ihn das nicht machen lassen. Denn der Centurio konnte Ungerechtigkeit auf den Tod nicht leiden, und in seiner Centuria wollte er darüber nicht hinweggesehen haben. Da musste er wohl später eine kollektive Standpauke zum Thema Kameradschaft halten, so viel war klar! Reatinus hatte den Ruf, hart zu sein, aber auch fair. Dem wollte er gerecht werden. Wenn nötig, auch seinen weiteren Ruf spielen zu lassen. Unwiedersprechbare Stimmgewalt!


    So langsam trollte sich auch der Germanicer mit hastigen Schritten und Reatinus ging in Gedanken den weiteren Übungsablauf durch. Er warf einen kurzen Blick auf die kahlen, hölzernen Pfähle mit den unzähligen Gebrauchsspuren. Wenn Reatinus sie so ansah, fragte er sich, ob er nicht schon selbst als Probatus an den Dingern trainiert hatte. Tja, was tat man nicht alles, um dem eigenen Sparwahn gerecht zu werden...


    Wenige Momente später kreuzten die angehenden Legionäre wieder auf. Darunter auch die eifrigen Rekruten, die gerade eben unkontrolliert los flitzten. Mit kritischem Blick ließ Reatinus sie an den Pfählen trainieren.


    "Optio Iulius, jetzt kontrollieren!", befahl der Schreihals kurz und knackig, "Sollte es Verletzte geben, ins Valetidunarium mit ihnen!".


    Dieser Blick fiel jedoch nicht auf die Übungen, sondern auf die Probati selbst. Gerade die Ruhigen und Geduldigen erwießen sich hier in dieser Lektion als besser. Dies konnte Reatinus nun auch ein kleines Grinsen auf die Lippen zaubern, der kritikwütig umher streifte und Verbesserungsvorschläge gab. Jene waren zwar lautstark, aber deutlich. Schnell kamen die Probati auch ins Schwitzen, während sie übten. Ein scheinbarer Chor aus Keuchen und angstrengtem Stönen entstand. Da war sie, die Musik für Reatinus´ Ohren.


    "Wenn das Feinde wären, müsstet ihr ihre Rüstung durchbohren, sonst habt ihr keine Chance. Diese Rüstung kann schonmal aus Metall bestehen! Also weiter üben, nicht nachlassen!"

  • Ich übte weiter. Stich für Stich. Ich hörte, wie der Centurio anderen Probati lautstark Anweisungen gab, wie sie ihre Übungen besser ausführen konnten. Die Welt schien nur noch aus Stöhnen, Ächzen, Schreien und den dumpfen Treffern der Gladii auf dem Holz zu bestehen. Der Schweiß rann mir in Sturzbächen den Körper hinunter. Er brannte in meinen Augen und ich schmeckte das Salz auf meinen Lippen. Ab und zu wischte ich mir den Schweiß aus dem Gesicht. Doch das half nicht viel. Mein Atem ging keuchend und ich bewegte mich nur noch schwerfällig auf meinen Füßen. Mein rechter Arm fühlte sich schwer und verkrampft an. Nicht aufgeben, dachte ich. Mach weiter. Stich für Stich. Irgendwann musste die Übung einfach vorbei sein.


    Da hörte ich den Centurio, wie er uns anschrie. Weiter sollten wir üben und stärker zustoßen. Ich lächelte grimmig. Stärker zustoßen, dachte ich. Ich mach doch schon, so stark ich kann! Da nimm das, sagte ich stumm. Und das! Und das! Ich wurde wütend auf den Centurio. Stärker! Soll er sich doch mal hierhin stellen und stundenlang auf den Holzpfahl eindreschen. Ich stieß immer wieder auf den Pfahl ein. Immer kräftiger und immer wütender. Mein Arm und meine Schulter schmerzten immer mehr. Ich ignorierte es.


    Doch dann hielt ich inne, nach Atem ringend. Stop, sagte ich mir. Denke daran, was du vorhin gelernt hast. Selbstbeherrschung und Disziplin bringen den Sieg. Ich atmete mehrmals tief durch und versuchte meinen Kopf von der Wut zu befreien. Ich konzentrierte mich wieder auf die Übung und stach stark, aber kontrolliert auf den Pfahl ein. Meinen Arm und meine Schulter spürte ich schon nicht mehr. Wäre mein Arm abgefallen, hätte ich höchstwahrscheinlich nur verwundert auf ihn gesehen, während er auf dem Boden lag. Stich! Und Stich! Ich biss die Zähne zusammen. Der Groll auf den Centurio war nur noch eine kleine Wolke in meinem Kopf.


    Um mich zum Durchhalten anzustacheln, stellte ich mir vor, dass der Holzpfahl ein böser Barbare war, der es auf römische Frauen und Kinder abgesehen hatte. Nimm den! Und den! Die Welt um mich herum schien in immer weitere Ferne zu wandern. Ich sah nur noch meinen Holzbarbaren, den ich mit jedem Stich von seinem frevelhaften Vorhaben abhalten wollte. Stirb, dachte ich mit einem raubtierhaften Grinsen bei jedem Stich, der sich tief in das Holz bohrte.

  • Zufrieden beobachtete der Nachwuchsschreihals wie schon die ersten Probati in Richtung Porta Sinistra eilten um ihre richtigen Waffen zu holen und damit gleich den Holzpfählen zuzusetzen. Im Allgemeinen machte sich diese Welle von Probati recht gut, wie der Optio fand. Doch wie es alte Offizierstradition war, dachte der Iulier nicht im Geringsten daran, dass den Auszubildenden auch zu sagen. Schließlich sollten sie nicht zu viel Selbstvertrauen bekommen.... Andereseits gefiel Drusus das Verhalten mancher Probati überhaupt nicht. Einfach so wegzurennen und seine Waffen, wenn es auch nur Übungswaffen waren zurücklassen geziemte sich wirklich nicht für einen römischen Legionär. Er mochte sich gar nicht vorstellen, wie sich solche Probati wohl in der Schlacht verhalten würden...


    Während die Probati so nach und nach davoneilten gesselte sich der Centurio zu Drusus, seinem Optio und wandte sich, was zugegebenermaßen sehr selten war in schon fast freundlichem Tonfall an den Nachwuchsschreihals. Beinahe genauso gut gelaunt wie der Artorier antwortete der Optio: "Oh, ja es wird immer spaßiger." Drusus grinste seinen Vorgesetzten breit an.


    Dann ging es auch schon weiter im Takt mit dem Schwertkämpfen. "Zu Befehl, Centurio!", bestätigte der Iulier zackig und verschwand auch schon um den Befehl auch sofort auszuführen und die Probati zu kontrollieren und wenn nötig zu verbessern.


    Aufmerksam musterte der Nachwuchsschreihals die Probati während sie eifrig die mitgenommen Holzpfähle malträtierten. Die Leistungen seiner Schützlinge hätten unterschiedlich nicht sein können. Einige trafen gerade noch so den Holzpfahl, andere schlugen auf den Gegner ein anstatt zu stechen und wieder andere waren jetzt schon vollkommen aus der Puste. Andere hingegen machten sich gerade zu herrvoragend und der Iulier war überzeugt, dass selbst so mancher Legionär der ersten Centurie der ersten Kohorte das nicht so gut hinbekamen...


    Schließlich kam der Optio aus dem Geschlecht der Iulier an einem Probatus vorbei, welchen er schon von vorherigen Lektionen kannte und dessen Namen er sogar wusste. Germanicus Probus hieß er. Der Iulier beobachtete sein Treiben mit strenger Miener. Er machte sich nicht schlecht, der Germanicer. Besser würde es allerdings immernoch gehen. Außerdem schien er schon jetzt ein wenig abgekämpft zu sein. Seine Ausdauer schien also ebenso noch verbesserungswürdig zu sein. Aber er befand sich ja mehr oder weniger erst am Beginn seiner Asubildung...

  • Ich stach zu. Immer und immer wieder. Es schien nichts anderes mehr auf der Welt zu geben. Plötzlich sah ich einen Schatten in meinem Blickfeld auf dem Boden. Seit wann war der denn da, fragte ich mich. Ein kurzer Blick über meine rechte Schulter und ich erkannte den Optio. Aus seinem Gesichtsausdruck schloss ich, dass er nicht so ganz mit meiner Leistung zufrieden war. Ich drehte mich um und spürte, wie ich ärgerlich wurde. Ich tat doch schon mein Bestes! Den rechten Arm und die rechte Schulter spürte ich nicht mehr. Seit wann das so war, wusste ich nicht. Die Zeit schien sich während der Übung verlangsamt zu haben und zog nun scheinbar endlos dahin.


    Irgendwann versagte mein Arm und ich hätte fast den Gladius fallen lassen. Verzweifelt hielt ich inne und überlegte, was ich nun tun sollte. Da fiel mein Blick auf den Schatten, den der Holzpfahl warf. Bei den Göttern, es musste schon mehr als eine Tagesstunde vergangen sein. Denn der Schatten hatte sich ein weites Stück weiter bewegt und fiel lang und schräg auf den Boden. Kein Wunder, dass ich nicht mehr kann, dachte ich. Allein in dieser einen Stunde musste ich an die eintausend Stiche ausgeführt haben. Ich staunte, dass uns die Offiziere solange diese Übung machen ließen. Denn ich hatte von alten Legionären erfahren, dass sich die Reihen in einer Schlacht regelmäßig abwechselten, wenn es die taktische Situation zuließ. Kein Wunder also, dass mein Arm erlahmt war. Doch das würde den Optio und den Centurio erst recht nicht interessieren. Was sollte ich also tun? Aufgeben? Niemals. Also weitermachen. Dann hatte ich nur eine Chance. Ich musste die Übung mit links ausführen. Ich nahm den Gladius also in die linke Hand und begann mit der Übung von vorne.


    Da ich Rechtshänder war, gelangen mir die Stiche wesentlich schlechter. Der erste Stich schrammte gerade so am Pfahl vorbei. Doch nach und nach bekam ich ein Gefühl dafür. Allerdings führte ich nur den geraden Stich aus. Erstens waren meine Bewegungen noch zu unkoordiniert. Und zweitens, wenn ich jemals mit links kämpfen müssen sollte, dann wäre mein rechter Arm sicher so verletzt, dass ich keinen Schild rechts tragen könnte. Nach einiger Zeit klappten die Stiche ganz passabel. Ich beschloss, die Übung abwechselnd, mal mit links und mal mit rechts, auszuführen. Vielleicht war das auch das Ziel unserer Ausbilder. Ich hoffte nur, dass die Übung bald ein Ende haben würde.

  • Die vermessene Hoffnung von Probus sollte nicht vergebens gewesen sein. Er sah schon bald die Anstrengung in den Augen der Probati, doch trotzdem ließ er sie noch ein klein wenig weiter machen. Bald schon waren die Kräfte und das Lernpotenzial ausgeschöpft. Diese wichtige Fähigkeit, der Schwertkampf, schien den Probati schnell auf Fleisch und Blut übergelaufen zu sein. Reatinus rechnete damit, dass die meisten aus dieser Welle ihre 20 Jahre Dienstzeit überstehen würden. Sie bewiesen schließlich ihr Talent.


    Langsam wandelte sich das helle, blendende Wetter in Nachtmittagswetter. Die Sonne, die noch vor weniger Zeit den ganzen Exerzierplatz aufleuchtete, schien langsam zu versinken. Oder die Welt drehte sich an der Sonne vorbei, wie man damals annahm.
    Langsam war es an der Zeit, die Übungen zu beenden. Zu diesem Zweck ließ der Schreihals sammeln, um die erschöpften Probati in ihre wohlverdiente Ruhepause zu entlassen. Unauffällig stellte er sich hinter die angehenden Legionäre, welche noch in ihren Übungen und der tiefen Hoffnung auf ihre baldige Beendigung versunken waren. Reatinus war auch ein großer Fan von Überraschungen!


    "Probati, venite!", ließ er letztendlich sammeln. Er wollte noch einige Worte zum Thema Kameradschaft los werden, denn sie war das, was römische Soldaten zusammen gegen einen Feind bestehen ließ. So wie man in der Formation immer seinen Nebenmann deckte...


    Vernichtend kritisch schlug Reatinus zu, um die Worte, die er jetzt sprach schneller ins Bewusstsein der Probati sickern zu lassen:
    "Wenn ihr eure Köpfchen mal anstrengt, werdet ihr sicher merken, warum ich euch jetzt einige Worte zum Thema Kameradschaft einflößen werde! Dieser Probatus hier...", er zeigte auf Germanicus Probus, "... hat euch vor meiner Strafe bewahrt, indem er eure Ausrüstung aufgesammelt hat, die ihr rücksichtslos liegen gelassen habt. Bedankt euch bei ihm und nehmt euch ein Vorbild von ihm. Denn er war noch kameradschaftlich, als ihr das auf ihn abgewälzt habt!"


    "IM ÜBRIGEN!", setzte Reatinus einen kleinen lauten Schockmoment bei, eher er wieder gewohnt laut sprach, "Will ich so etwas nie wieder sehen! Denkt mit euren Kopf, nicht mit euren Beinen! Übungsausrüstung gehört wieder weg geschafft, wenn sie nicht mehr benötigt wird! Erspart euren Kameraden die Arbeit, das weg zu schaffen! Ihr seid Kameraden und Waffenbrüder, auf dem Exerzierplatz bis auf dem Schlachtfeld, und so geht ihr auch miteinander um! Ich will nie wieder sehen, dass jemand Bestimmter euch hinterhereiern muss, das gehört sich unter Kameraden nicht!.


    Damit waren die mehr als nur deutlichen Worte gesprochen, doch wie es sehr selten vorkam, lobte der Centurio die Rekruten hinsichtlich auf ihre Leistung.


    "Eure Leistungen heute waren gut und haben mich zufrieden gestellt. So lobe ich es mir! Wie man kleinen Kindern das Laufen beibringt, habe ich euch den Schwertkampf beigebracht. Und richtig, das braucht ihr wie das Kind das Laufen euer Legionärsleben lang! Verlernt ihr es, seid ihr aufgeschmissen, also sorgt dafür, dass ihr euch fit haltet! Ihr seid für heute entlassen, abite!".




    Sim-Off:

    Ich weiß nicht, ob ich schon gefragt habe... aber wie wäre es dir lieber? Soll ich nach den Abtret-Postings sofort einen neuen Tag eröffnen oder magst du lieber das Abtreten und etwas Abschließendes simmen? Ich richte mich da, wie es dir lieber ist! :)

  • Ich war immer noch in meiner Übung vertieft und setzte ein Stich nach dem anderen in den Holzpfahl. Plötzlich erscholl die Stimme des Centurios hinter meinem Rücken. Und wie immer war sie unüberhörbar laut. Ich schrak leicht zusammen und hörte mit der Übung auf. Das wurde aber auch langsam Zeit, dachte ich. Das war einer meiner längsten Tage in meinem bisherigen Leben gewesen. Ich atmete tief durch und wischte mir den Schweiß aus den Augen. Ich sah, dass die anderen Probati auch ihre Übungen eingestellt hatten. Den meisten stand die vergangene Anstrengung förmlich in ihre roten oder blassen Gesichter geschrieben. Manche machten auf mich den Eindruck, als würden sie gleich zusammenbrechen, so glasig und stumpf war ihr Blick.


    Wie befohlen trat die Gruppe der Probati vor dem Centurio an. Einige von ihnen schwankten dabei vor Erschöpfung. Ich selbst stand, noch schwer atmend, in der Linie und hörte der Rede von Reatinus zu. Als er auf einem Mal auf mich zeigte und meinte, ich hätte die anderen vor einer Bestrafung bewahrt, schaute ich verlegen zu Boden. Ich merkte, wie mein Kopf rot wurde und ärgerte mich darüber. Ich hatte nichts besonderes in meinem Verhalten gesehen und war jetzt um so erstaunter über das Gehörte. Schnell sah ich wieder hoch und war auch ein bisschen stolz darauf, dass das was ich getan hatte, richtig gewesen war.


    Nachdem uns der Centurio in den „Feierabend“ entlassen hatte, merkte ich, wie mich einige der Probati ansahen. Einige schienen mich interessiert und dankbar anzuschauen. Andere wiederum eher zornig, hatte doch die Standpauke des Centurios sie an ihr Fehlverhalten erinnert und somit in Verlegenheit gebracht. Scheinbar machten sie mich jetzt für den Anschiss verantwortlich. Keiner der Probati, die ihre Übungsgeräte auf dem Platz hatten liegen lassen, kam zu mir und bedankte sich bei mir. Aber das ist ihre Sache, dachte ich. Ich wollte nur noch schnell in die Thermen, um meine verkrampften Glieder zu entspannen. Und das Kochen stand auch noch auf dem Programm. So ging ich Richtung Contubernium.



    Sim-Off:

    ich wusste nicht, ob du dieses Mal noch auf einen Post von mir wartest. :)

  • Wie immer brach ein neuer Tag an, der sich aus Reatinus´ Perspektive ganz so anfühlte, wie jeder andere auch: Mit großer Vorfreude auf die Grundausbildung der Probati! Schwer bewaffnet rückte er auf den Exerzierplatz, um die Probati zum Sammeln zu rufen. Genau genommen war er mit dem bedrohlichen und allseits beliebten Vitis bewaffnet. Mittlerweile war auch der Schreihals geübt im Umgang mit dem Rebstock. Doch der wichtigste Ausrüstungsgegenstand, der heute übrigens das Thema war, war in Reatinus´ Händen. Das Pilum. Zu diesem Zweck steckte Reatinus das Vitis ausnahmsweise in den Gürtel, dem Cingulum Militare.


    Als er eine kurze Strecke durch den staubigen Boden des Exerzierplatzes zurücklegte, blickte er kurz zum Optio Iulius und stellte sich in seine Nähe. Er hatte schon ziemlich gut Erfahrung gesammelt. Der Centurio dachte schon ernsthaft daran, dem Mann eine ganze Übungslektion anzuvertrauen.


    "Probati, venite!", schallte es, als würde ein Löwe brüllen. Danach führte Reatinus in die nächste Lektion ein. Mit ein wenig Theorie, die zwar zum Gähnen langweilig, aber durchaus sinnvoll war.


    "Heute wenden wir unsere Aufmerksamkeit einer wichtigen taktischen Waffe, dem Pilum, zu! Das Pilum - nicht zu verwechseln mit den Pilum Murale - ist ein Wurfspeer, mit dem wir die feindlichen Linien ausdünnen, bevor sie ihnen im Nahkampf den letzten Rest geben! Die lange Eisenspitze, `Klinge´ genannt, besteht am Schaft aus einem Stück weichen Eisen, welches die Spitze des Pilums verbiegen lassen! Der Feind wird nicht in der Lage sein, den Wurfspeer zurück zu schleudern, wenn er den Angriff noch überlebt hat! Doch dies hat auch den Zweck, Schilde untauglich zu machen und eine große Belastung für das arme Schwein zu sein, welches es erwischt hat! In der Formation wirft normalerweise zuerst die erste Reihe, danach rückt die zweite Reihe nach und lädt ihre tödliche Ladung auf den Fein ab!"


    Während Reatinus erklärte, zeigte er direkt und sorgsam die Beschaffenheiten des Pilums auf.



    [Blockierte Grafik: http://www.imperiumromanum.com/militaer/heer/ausruestung_wurfspeer_01.jpg]
    Bildquelle: imperiumromanum.com


    Damit war das Theoretische getan, und Reatinus konnte sich endlich der Praxis zuwenden. Letztlich war sie doch das Wichtigste. Reatinus gab also weitere Befehle, damit ihm die Rekruten ja nicht einschliefen.


    "Und jetzt!", weckte Reatinus auf, "Holt eure Pila und danach: In aciem venite!".


    Während sich die Rekruten schon verdünnisierten, um ihre Pila zu holen, wandte sich Reatinus an den Optio, den er schließlich auch etwas zu tun geben wollte.


    "Optio, du wirst ihnen das Werfen beibrigen!".




    Sim-Off:

    Tut mir leid, habe ich verplant. Passiert nicht mehr. :)
    Fragt mich bitte nicht, warum mein Posting nach unten so lang ist... komische Sache! -.^

  • Als ich am nächsten Morgen in der Stube erwachte und mich langsam aus der Pritsche quälte, dachte ich, ich würde nie wieder in meinem Leben meine rechte Schulter bewegen können. Sie tat höllisch weh. Und ebenso mein rechter Arm. Der Besuch der Thermen am gestrigen Abend hatte nicht soviel gebracht, wie ich es mit erhofft hatte. Ich überlegte, ob ich am Abend das Valetudinarim aufsuchen sollte, um mir eine Salbe geben zu lassen. Ich aß, wie jeden Morgen, einige Brocken Brot, die ich, wie jeden Morgen, mit einigen Schlucken Wasser hinunterspülte. Die Scherze meiner Stubenkameraden über meine Fortschritte in der Grundausbildung wiederholten sich auch schon langsam.


    Etwas missmutig zog ich mir die Lorica über, nahm meinen Mantel und trat vor die Stube. Der Himmel war grau und versprach Regen. Eine leichte, kalte Brise zog durch das Lager. Der Geruch des nahenden Frühlings ließ meine Laune wieder etwas ansteigen. Auf dem Weg zum Campus hörte ich, wie das Lager langsam zum Leben erwachte. Dort angekommen merkte ich, wie mich einige der Probati immer wieder ansahen und gemeinsam tuschelten. Ich konnte mir denken, dass es dabei um den gestrigen Tag ging. Sollen sie doch tuscheln, dachte ich mir. Ich hatte mir nichts vorzuwerfen. Ich war am gestrigen Tag nur froh darüber gewesen, dass die Übung ein Ende gefunden hatte. Und den kleinen Wink des Centurio in Bezug auf die Ausdauer, hatte ich verstanden. In der Tat müsste ich eigentlich jeden Tag daran trainieren. Aber ich hatte momentan keine Zeit dafür. Denn ich war von früh bis spät mit anderen wichtigen Dingen beschäftigt. Ich beschloss, dass ich, sobald ich die Grundausbildung hinter mich gebracht hatte, jeden Tag ein oder zwei Stunden trainieren würde.


    Kaum war der Centurio bei den Probati angekommen, donnerte seine Stimme über den Campus. Die Probati beeilten sich wie immer, so schnell wie möglich anzutreten und den Ausführungen des Artoriers zu zuhören. Als ich hörte, dass heute der Wurf des Pilums auf den Plan stand, stöhnte ich innerlich auf. Ich dachte an die Schmerzen in meiner Schulter. Gerade heute musste das Werfen dran kommen, dachte ich. Wie soll ich mit diesen Schmerzen weit werfen können? Und am Abend werde ich sie wohl kaum noch bewegen können. Also doch zum Valetudinarium. Als der Centurio den Befehl gab, dass wir unsere Pila holen sollten, stockte ich kurz. Unsere richtigen Pila, fragte ich mich. Gibt es dafür keine Übungspila? Was soll´s, dachte ich. Wird schon seine Richtigkeit haben. Aber wenn das stimmte, was der Centurio gerade den Probati erzählt hatte, woran es keine geringsten Zweifel gab, dann würde die Fabrica heute abend mit Probati überfüllt sein, die ihre verkrümmten Pila gerade hämmerten. Ich drehte mich um und lief Richtung Contubernium. Dabei bemerkte ich an den Mienen der anderen, dass ich scheinbar nicht der einzige war, der sich hinsichtlich seiner heutigen Leistungen Sorgen machte.


    Im Contubernium angekommen, schnappte ich mir meine zwei Pila und rannte zurück. Allerdings nicht so schnell wie auf dem Hinweg, denn die Pila behinderten einen schon etwas beim Laufen. In jeder Hand eine Pila in der Mitte des Schaftes tragend kam ich auf dem Campus an. Da noch nicht alle Probati wieder zurück waren, legte ich meine Pila vor mir auf den Boden und machte ein paar Aufwärm- und Lockerungsübungen für die Schulter. Es tat zwar sehr weh, aber ich wusste, dass dadurch meine Schulter auf die nun folgenden Belastungen bestens vorbereitet war. Währenddessen sah ich, dass einige Probati sich ähnlich aufwärmten. Nachdem ich meine Übungen beendet hatte, trat ich mit meinen Pila wie befohlen in der Reihe der Probati an. Zwei der Probati fehlten noch. Doch kurze Zeit standen sie schnaufend in der Linie. Erleichtert stellte ich fest, dass es nicht wenige Probati gab, die erheblich größere Schwierigkeiten im Bereich ihrer Ausdauer hatten als ich. Die Meute wartete darauf, was nun folgen würde.


    Sim-Off:

    macht nichts. kann jedem passieren ;)

  • Wie jeden Tag in den letzten Wochen seit Drusus' Beförderung zum Optio nahm er auch an diesem Morgen seinen gwohnten Platz neben dem Schreihals ein und verfolgte das Treiben der Probati aufmerksam. Natürlich wusste der Iulier worum es an jenem Tag in der Grundausbildung gehen würde, aber dennoch lauschte er den Ausführungen seines Centurios gespannt um nichts zu verpassen. Nachdem die, für den Optio logischerweise eher langweiligen Ausführungen des Artoriers die Theorie betreffend zu Ende waren, bekam er kurz und bündig mitgeteilt, dass es nun an ihm lag die Probati zum ersten Mal werfen zu lassen. Das Theoretische hatte Reatinus ja schon erklärt, also brauchte er nur noch die beiden nötigen Befehle geben.


    Drusus trat ein, zwei Schritte vor und brüllte mit seiner mittlerweilse schon ganz ausgereiften Stimme über die Köpfe der Rekruten hinweg:


    "Probati!



    Tollite Pila!


    Mittite!"

  • Nun schrie der Optio uns an. Er machte sich schon gut als Ausbilder. Insbesondere seine Stimme machte von Tag zu Tag Fortschritte. Es war klar, dass er sich den Centurio als Vorbild nahm. Die Probati versuchte so schnell wie möglich seinen Befehlen Folge zu leisten.


    Das zweite Pilum legten die meisten hinter sich auf den Boden. Nur einige wenige behielten es in ihrer linken Hand, während sie in der Linie zu einem Glied standen, in der sich alle Probati aufgestellt hatten.


    Auf Kommando holten sie mit ihren Pila in der rechten Hand aus. Der linke Fuß vorne, der rechte hinten streckten sie ihren rechten Arm waagerecht zum Boden nach hinten aus. Das Pilum hielten sie dicht neben ihren Köpfen. Ich wusste nicht, wo ich das Pilum am besten anfassen sollte. Ich entschied mich, es dort in die Hand zu nehmen, wo der Balancepunkt war.


    Auf Befehl des Optio warfen die Rekruten ihre Pila aus dem Stand nach vorne. Aufmerksam achtete ich darauf, nicht meinen Nebenmännern dabei in die Quere zu kommen. Ich war erstaunt, wie stark meine Pila bei der Vorwärtsbewegung an meiner Schulter zog. Durch die vorherigen Aufwärmübungen schmerzte sie dabei jedoch kaum. Doch meine Erleichterung darüber sank, als ich sah, wie weit die Pila geflogen waren. Vier gradi hatte keiner der Probati geschafft. Das Gro war bei ungefähren sechzig pedes gelandet. Enttäuscht darüber nahm ich mein zweites Pilum auf. Am Murren der anderen merkte ich, dass auch sie mit ihren Wurfleistungen unzufrieden waren. Man müsste ein paar Schritte Anlauf nehmen, dachte ich und wartete auf den nächsten Befehl des Optio.

  • Mit geschulten Augen beurteilte Reatinus die Würfe der Probati, nachdem der allzeit bereite Optio den Befehl zum Wurf gab. "Naja...", dachte er, "Für Anfänger schon mal nicht schlecht!". Aber Übungsbedarf war nichts desto trotz vorhanden. Vorallem weiter und genauer werfen mussten sie lernen. Für den Schreihals jedoch nichts, was man nicht ausbauen konnte! (Schließlich trieb er bis heute wirklich jede Rekrutenwelle an ihre Grenzen!)


    Jetzt übernahm Reatinus wieder das Kommando auf dem Exerzierplatz, um die Übung schnell voran zu treiben. So befahl er die zweite und letzte Salve, gefolgt von dem Befehl, die Pila zurück zu holen. Wären da jetzt Feinde gestanden... kaum auszudenken. Reatinus befand das Pilum schon immer als wichtige Waffe gegen die Feinde Roms. Man bekam es bei richtigem Einsatz immer mit Gegnern in schlechterer Verfassung zu tun.


    "Tollite Pila!" ( "Fertig machen zum Pilumwurf!" )


    "Mittite!" ( "Feuer!" )


    "Und jetzt die Pila zurück, wir brauchen sie noch! Sollten sie verbogen sein, was weniger der Fall sein müsste, biegt ihr sie provisorisch mit den Händen gerade!"


    Danach wartete der stolze Centurio mit verschränkten Armen, bis die Probati ihre im Ernstfall todbringende Salve los geworden sind und sich ihre Pila wieder zurück holten. In dieser Stellung sahen Offiziere immer autoritär aus, ohne extravagant rüber zu kommen, fand Reatinus. Grund genug, sie auch manchmal zu üben, wenn man unbeobachtet war.
    Dann setzte er nahtlos fort, ohne lange zu zögern.


    "Wie schon erklärt wirft in einer Formation immer die erste Reihe, um die zweite Reihe nach vorne rücken zu lassen. Diese wirft danach auch! Normalerweise nimmt man einen genügenden Anlauf, bevor man wirft! Das wollen wir jetzt üben, zu Übungszwecken lasse ich euch in Zweierreihe aufstellen!"


    "In Duos Ordines!" ( "In zwei Gliedern!" )


    "Tollite Pila!"


    "Mittite!"


    Reatinus nickte zum Optio, der bei der Kontrolle und bei Verbesserungen mithelfen sollte.

  • Nun hatte der Centurio den Befehl wieder übernommen. Die Probati warfen wie zuvor ihre Pila. Doch viel weiter als beim ersten Mal flogen sie nicht. Zwar stellte ich zufrieden fest, dass mein Pilum im vorderen Bereich gelandet war. Aber da war sicherlich noch mehr zu machen. Der Platz vor den Probati war nun gespickt mit Speeren. Ein imaginärer Feind hätte bestimmt schwere Treffer hinnehmen müssen.


    Auf Befehl des Centurio rannten die Probati nach vorne und holte ihre Pila zurück. Ich wusste nicht mehr genau, welches der Pila vom ersten Wurf meines war und nahm mir irgendeines. Keines der beiden war verbogen. Auch bei den anderen Probati schien es kaum irgendwelche groß verformten Pila zu geben. Ich war erstaunt, hätte ich doch aufgrund der Ausführung des Centurios erwartet, dass sich mindestens die Hälfte der Pila durch den Aufprall verbogen hätten. Aber umso besser, dachte ich. Das erspart uns das Geradebiegen der Wurfspeere in der Fabricia.


    Wie befohlen nahmen die Probati nun Aufstellung in Linie zu zwei Gliedern. Ich stellte mich in die vordere Linie. Erleichtert hörte ich, dass wir doch Anlauf nehmen durften. Jetzt würde ich bestimmt weiter werfen. Gespannt wartete ich auf den Befehl des Centurios. Kaum nahm ich das Pilum in der rechten Hand nach hinten und lief drei Schritte nach vorne. Am Schluss des dritten Schrittes warf ich den Speer. Ich merkte in der Schulter, dass der Speer nun vielmehr Schwung als beim ersten Mal besaß. Kaum hatte ich geworfen, da rauschten auch schon die Probati der zweiten Linie an mir vorbei und warfen ihre Pila. Auch diese flogen weiter als beim ersten Mal. Der Platz war in einer Entfernung von mindestens 80 pedes gespickt mit Pila. Einige waren sogar fast 4 gradi weit geflogen. Höchstwahrscheinlich die der zweiten Reihe, dachte ich. Ob es eines von meinen gewesen war, konnte ich nicht sagen. Ich ging zurück in die Linie und nahm mein zweites Pilum auf, bereit für den nächsten Wurf. Diesmal würde ich genau schauen, wie weit es fliegen würde. Die anderen Probati waren auch soweit und warteten an ihren Plätzen auf das nächste Kommando.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!