[Grundausbildung] Probatus Tiberius Germanicus Probus

  • Immer wieder knallten die Steine in einem ohrenbetäubenden Lärm auf die Scuta der Probati. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis es aufhörte. Ich hielt den Schild noch oben, wie alle Probati. Denn man konnte nach dieser Überraschung nicht wissen, was der Centurio noch so alles in der Hinterhand hätte. Doch schließlich kam die Entwarnung der Probati aus der ersten Reihe, konnten sie doch im Gegensatz zu den anderen sehen, was vor der Formation passierte. Langsam setzte sich diese Erkenntnis durch die restlichen Reihen fort und man konnte ein Aufstöhnen der Erleichterung gedämpft aus der Testudo hören. Endlich gab der Centurio den Befehl, die Testudo aufzulösen. Mit einem Seufzen ließ ich mein Scutum sinken. Erst jetzt merkte ich, wie sich meine Muskeln durch die Anstrengung leicht verkrampft hatten. Aber es schien vielen Probati so wie mir zu gehen, sah ich doch etliche ihre Schultern oder ihre Arme massieren.


    Die Probati traten etwas langsam wieder an und wartete auf die nächsten Befehle. Ich war erstaunt darüber, wie effektiv die Testudo gegen die Steine standgehalten hatte, obwohl sie einen relativ simplen Aufbau hatte. Ein raunendes Grinsen ging durch die Linie der Probati, als sie den Befehl des Centurio hörten. Mit später, aber um so süßerer Genugtuung sahen sie zu, wie die Legionarii die Steine wieder einsammeln mussten, mit denen sie sie beworfen hatten. Während die Probati ihnen zusahen, warteten sie auf die nächsten Befehle vom Optio.

  • Nun war also wieder einmal Drusus dran. Wie immer ein wenig aufgeregt, eine Tatsache, welche sich wohl nie ändern würde legte sich der Nachwuchsschreihals kurz zu recht mit welchen Worten er die Probati davon überzeugen wollte die Reiterabwehr zu üben und tat selbige dann über sein mittlerweile ganz schön ausgereiftem Stimmorgan kund:


    "Probati, Venite!"


    Als das geschehen war wurde der Optio ein wenig leiser, doch Drusus' Stimme blieb immer noch so laut, dass alle Probati sie mehr als gut hören konnten.


    "Als nächstes widmen wir uns der Reiterabwehr! Eine sehr wichtige Sache! Denn wie ihr euch sicher denken könnt durchbrechen Reiter eine normale Formation sehr leicht. Also, für die Formation gegen die Reiter müsst ihr euch nebeneinander in zwei Reihen aufstellen. Die Probati in der ersten Reihe knien hinter ihren Schilden nieder, die in der zweiten legen ihre Schilder über die vorderen. Damit wir's den Gäulen der Angreifer noch ein wenig schmerzhafter machen, steckt ihr zwischen den Scuta eure Pila raus!


    Los! Schildwall!"

  • Na holla, dachte ich, als ich die Stimme des Optio hörte. Wenn man nach dem Stimmvolumen befördert werden würde, wäre er sicherlich der nächste Centurio. Denn seine Stimme stand der des Artoriers langsam kaum noch nach. Aufmerksam hörte ich seinen Anweisungen zu. Meine Ohren dankten es ihm sofort, dass er wieder etwas leiser sprach. Das, was er erzählte, hörte sich im Grunde nicht allzu kompliziert an. Aber schon mehr als einmal hatte ich mich darin getäuscht. Zuletzt gerade eben bei der Testudo. Doch wenn wir die geschafft hatten, dann würde das jetzt auch klappen. Zumal der Optio uns die ganze Sache ziemlich gut erklärte.


    Auf Befehl des Iuliers begannen die Probati diesen Schildwall aufzubauen. Ich hatte mir zur Abwechselung mal einen Platz in der ersten Reihe ausgesuchte. So kniete ich mich wie beschrieben hin. Die Probati neben mir taten es mir nach und wir schlossen soweit wie möglich die Schildmauer. Nur unsere Pila steckten wir mit ihren Eisenschäften durch den schmalen Spalt. Danach kam die zweite Reihe dran. Sie stellte ihr Schilder auf die der ersten Reihe und hielt sie leicht schräg. Auch sie bildeten mit ihren Pila einen Abwehrstachel. Die restlichen Reihen schoben sich enger zusammen und drängten sich von hinten gegen die Probati der ersten beiden Reihen, um ihnen zusätzlichen Halt zu geben. Ich wusste nicht, ob diese Formation einem Reiterangriff standhalten würde. Aber ihre kleinen Wurfspeere würden auf diese Weise sicher wirkungsvoll abgewehrt werden. Ich fühlte mich in der Formation einigermaßen sicher. Nur das Gedränge war mit der Zeit etwas lästig. Und hoffentlich hatte sich auch nicht noch der Optio einen nette Überraschung ausgedacht.

  • Mit einem Ausdruck der Zufriedenheit auf seinem Gesicht beobachtete Drusus wie seine Schützlinge seine Befehle ausführten. Sie schlugen sich nicht schlecht und eigentlich hätten sie ein paar Wote des Lobes ja durchaus verdient, doch Drusus entschied sich anders. Die neuen, als solche betrachtete der Nachwuchsschreihals die Gruppe um Prbus irgendwie noch immer brauchten ja nicht alles zu wissen. Außerdem würden ihnen ein paar Zurechtweisungen sicherlich nicht schaden.


    "Verdammt noch mal!", brüllte der Iulier leicht spöttisch über den Platz. "Geht das nicht schneller? Aber wenigstens habt ihr's überhaupt geschafft..."


    In einer Hinsicht jedoch hatten sich die Probati auf alle Fälle zu Früh gefreut. Zwar hatte es der Iulier nicht geplant, aber wenn die Kiste mit den Steinen schon so schön da stand, wollte er sie doch nicht verkommen lassen. "Probati! Um die Sandfestigkeit eurer Formation zu testen, werde ich sie jetzt unter Beschuss setzen!", sprach er und nahm den ersten Stein in die Hand. "Centurio, wenn du auch magst, bedien dich nur!", wandte er sich grinsend an seinen Vorgesetzten. Er war eigentlich fest davon überzeugt, dass Reatinus sich schon selber Seine nehmen würde...


    Wenig später holte Drusus auch schon weit aus und schleuderte den ersten Stein auf die Formation der Rekruten.

  • Ich hörte den Optio brüllen. Scheinbar war er mit unserer Leistung doch nicht so zufrieden, wie ich es gehofft hatte. Und natürlich hätten wir schneller die Formation aufbauen können. Wir alle wussten, dass Schnelligkeit im Gefecht eine wichtige Sache war. Aber für das erste Mal? Waren die Probati wirklich so schlecht gewesen?


    Zu meinem Erstaunen hatte der Optio auch eine Überraschung für uns vorbereitet. Dann hörte ich einen Aufprall auf ein Scutum. Die Intensität des Beschusses hielt sich im Vergleich zu vorher in einem fast angenehmen Rahmen. Aber nur für mich und die Kameraden in den ersten Reihen. Die hinteren Probati liefen Gefahr von den einzelnen Geschossen getroffen zu werden. Deswegen drängten sie sich weiter nach vorne, wodurch das Gedränge noch größer wurde.


    Ich hatte das Gefühl von Enge. Überall spürte ich andere Körper neben mir. Es schien fast, als wäre ich in einem Wald aus lauter Beinen gelandet. Dadurch das die hinteren Probati sich noch weiter nach vorne schoben, bekam die Formation die nötige Festigkeit, um vielleicht auch einem direkten Kavallerieangriff standhalten zu können. Jedenfalls dauerte der Beschuss an. Einmal hörte ich ein lautes metallisches Doing und einen kleinen Schreckensschrei. Scheinbar hatte ein Probati einen Stein auf seinen Helm bekommen. Aber die Formation hielt.

  • Reatinus grinste hämisch, als der Optio ihm Steine zum Werfen anbot. "Nichts lieber als das!". Die Idee mit den Steinen schien dem Iulier zu gefallen, denn er übernahm sie schnell und führte sie ebenfalls aus. Zwar waren die Legionäre schon unter Murren weggetreten, aber nun hatten die beiden Offiziere mehr Steine zur Verfügung. Der Schreihals nahm sich einen der Steine aus der Kiste und holte mit viel Schwung zu einem Wurf aus. Das Ergebnis war ein kräftiger, gerader Wurf, der einen ordentlichen Aufprall auf das nächstbeste Scutum verursachen sollte. Dem war auch so, als der Stein am Ende seiner Flugbahn anlangte. Reatinus nahm sich den nächsten Stein, dieser war ja fast schon ein Felsbrocken im Vergleich zu den anderen... und den nächsten... und den nächsten... bis alle Steine aufgebraucht waren. Jetzt war Reatinus mindestens genauso enttäuscht wie die Legionarii von vorhin. Aber die Formation hielt stand, weshalb die Enttäuschung schnell verpuffte.


    "Gut gemacht, Optio!", lobte Reatinus den Nachwuchsschreihals, welcher sich langsam aber sicher eine kräftige Stimme aneignete. Dann übernahm der Centurio wieder selbst das Kommando.


    "Formation auflösen!", gellte es auf dem Platz. Nun war für heute nur noch eine unbeliebte und seltene Formation auf dem Plan. Die Keilformation.


    "Probati, kommen wir zu einer außergewöhnlichen, seltenen, aber für die vorderen Reihen auch gefährlichen Formation! Obwohl sie eher von Reitern eingesetzt wird, ist die Keilformation auch in der Infanterie nicht ganz unbekannt und wird selten dazu benutzt, einen Keil in die Reihen des Gegners zu treiben - daher auch der Name!". Reatinus zeigte mit der Hand ein Dreieck. "Stellt euch die Formation wie eine Pfeilspitze vor! So muss das aussehen! Wenn ihr die Formation aufbaut, hilft es ungemein, euch an der Schulter eurer Vordermänner zu orientieren! Stellt euch nie direkt hinter den Rücken eines Kameraden, sonst macht ihr etwas falsch! Und jetzt wollen wir das mal ausprobieren! Keilformation bilden!".


    Reatinus mochte sich nicht vorstellen, wie sich im Ernstfall der vorderste Mann fühlte. Der Mann in der Spitze der Formation. Er selbst war nie Zeuge, eine solche Formation mit seinen Kameraden bauen zu müssen. Und er musste sie nie befehlen... naja, es gab für Alles ein erstes Mal. Zumindest war Reatinus selbst sicher, ganz hinten in der Formation.

  • Jetzt machte auch noch der Centurio mit. Und der Steinhagel nahm etwas an Intensität zu. Aber er blieb im Vergleich zu dem Beschuss der Testudo in ertragbaren Rahmen, auch wenn die Steine nicht weniger laut gegen die Scuta krachten. Als ich vorsichtig durch einen Spalt zwischen den Schilden lukte, konnte ich sehen, mit welchem Spaß die beiden uns mit den Steinen bewarfen. Doch irgendwann war die Kiste leer oder sie hatten keine Lust mehr. Jedenfalls hörte das Donnern auf und gespenstische Stille kehrte dafür ein, um gleich darauf vom lauten Befehl des Centurios durchschnitten zu werden.


    Die Probati versuchten, der Anweisung des Artoriers so schnell wie möglich nachzukommen. Alllerdings war das nicht so einfach. Denn sie hatten sich alle dicht an den Schildwall gedrängt, um nicht von irgendeinem Stein getroffen zu werden. So musste ich warten, bis die Kameraden hinter mir sich bequemt hatten, ihren Platz zu verlassen. Erst dann konnte ich aufstehen. Hätte ich es vorher getan, wäre ich wohl mit einigen zusammengestoßen. Doch nach einiger Zeit standen alle Probati wieder ordentlich in Reih und Glied. Die nächste Formation sollte eine so genannte Keilformation sein. Als ich die Beschreibung des Centurios hörte, war ich froh, dass diese nur selten vorkam. Denn insbesondere der erste Mann hatte wohl einen Überlebenschance von gleich Null. Aber es würde auf die Geschwindigkeit und auf die Bewaffnung des Gegners ankommen, wie erfolgreich diese Formation wäre.


    Auf Befehl des Artoriers wuselten die Probati durcheinander, um die Keilformation zu bilden. Da nicht klar war, wer wo in dieser Formation zu stehen hätte, dauerte es eine Weile. Ich stand in der dritten Reihe links außen. Die Einnahme der eigentlichen Position war nicht weiter schwierig. Wie laut der Beschreibung des Centurios brauchte man sich nur in die Lücke stellen, die zwei Kameraden vor einem bildeten. Die außen stehenden Probati, so wie ich, orientierten sich dann an den Kameraden der weiter innen stand und an dem Probati vor einem. Vom Prinzip her war es einfach. Aber nur wenn klar war, wer wo zu stehen hätte, konnte diese Formation schnell gebildet werden. Da dies bei den Probati nicht der Fall war, kam es zu einigem Durcheinander. Man schubste, drängelte und diskutierte. Daher dauerte es etwas, bis eine dafür doch recht ordentliche Keilformation von den Probati gebildet worden war.

  • Wie von Drusus erwartet zögerte der Centurio keine Sekunde, sich selbst einen der Steine zu nehmen und gemeinsam mit seinem Optio das Feuer auf die Probati zu erföffnen, beziehungsweise zu verschärfen. Auch der Iulier nahm sich noch einmal ein paar Steine und schleuderte sie mti voller Kraft auf die überraschend sichere Formation zur Abwehr der feindlichen Kavallerie! Wenig später brach der ausgewachsene Schreihals diei Formationsübung ab und befahl die derzeitige Formation aufzulösen, aber immerhin nicht ohne Drusus für seine Arbeit zu loben. Was Drusus natürlich durchaus mit stolz erfüllte.


    Anschließend übernahm wieder Reatinus das Ruder. Es ging sofort mit der nächsten Formation weiter, der Keilformation! Drusus' Meinung nach eine, für die Infanterie zumindest ziemlich unsinnige Formation. Bei den Reitern, ja, da machte es Sinn, denn die bekamen immerhin eine schöne Geschwindigkeit mit der sie dann in der Keilformation in eine Infanterieformation hineinbrechen konnten, mit anderen Worten einen Keil in die Gegner hineintreiben konnten. Bei den Fußtruppen erschien diese Formation dem Iulier allerdings eher kontraproduktiv zu sein. Aber in seinen ganzen Jahren bei der Legio hatte er nie eine Keilformation befohlen bekommen und er war sich auch sich, sie selbst nie, so er denn überhaupt einmal Centurio, oder gar mehr werden würde zu befehlen!


    Umso kritischer betrachtete der Nachwuchsschreihals daher wie die Probati begannen diese Formation zu bilden. Das zu Beginn bezeichnende Drucheinander an jenem Platz, an welchem sich eigentlich eine ordentliche römische Keilformation gebildet haben sollte ließ den (Unter)Offizier kurz spöttisch auflachen, doch nach und nach kristallisierte sich tatsächlich noch die gewünschte Formation heraus. Auch wenn das in der Schlacht viel schneller gehen müsste...

  • Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis die Probati die Formation ordentlich hinbekommen hatten. Doch das Warten hat sich für den Centurio gelohnt, ließ sich das Ergebnis doch sehen. Kritisch sah er sich die Formation an, welche nach einer kurzen Phase der Verwirrung unter den Probati entstanden ist. Sie schienen schon eingeübt zu sein. Das war eine ordentlich aufgebaute Keilformation. "Sehr gut!", rief der Centurio laut, "Formation auflösen! Venite!".


    Heute hatten sie das Bilden einer Testudo gelernt, die Kavallerieabwehr und die Keilformation. Wichtige Schritte auf dem Weg zum disziplinierten Legionär, aber mindestens genauso wichtig für das Überleben der Truppe im Ernstfall. Und der Ernstfall konnte immer eintreten, zumal sie doch so nah am Limes waren...


    "Probati, ich bin heute zufrieden mit euch! Ihr habt euch wacker geschlagen! Nun könnt ihr guten Gewissens abtreten! Abite! Morgen seid ihr wieder in voller Montur hier!".


    Reatinus wandte sich an seinen allzeit kompetenten Optio...


    "Optio Iulius, möchtest du morgen erklären, wie die Scorpiones funktionieren? Du hast wieder die Möglichkeit, das Kommando für eine ganze Lektion zu übernehmen.".

  • Wieder war ein Ausbildugstag zu Ende. Erfreulich für die Probati, aber auch für den Optio! Eben jener freute sich schon sehr auf den Besuch in den Thermen, welchen er für heute geplant hatte und wollte schon gehen, als er plötzlich sein Nomen Genitile und seinen Rang vernahm. Wie er, als er sich in die Richtung umdrehte feststellte aus dem Munde seines Centurios! Dieser wollte von dme Optio wissen, ob er die Lektion, am nächsten Tag durchführen wolle! Eine Ehre, die man allerdings auch nur schwerlich ablehnen konnte. Doch diese Option kam Drusus gar nicht in den Sinn. Sofort nickte er. "Ich übernehme die Lektion gerne, Centurio!"

  • "Sehr gut, Optio!", raunte der Centurio erfreut und klopfte dem Optio auf die Schulter. Er sah es immer wieder gerne, mit wie viel Eifer der Optio seine Aufgaben erfüllte. Ein würdiger Nachfolger quasi, würde der Centurio seinen Posten eines Tages nicht mehr ausüben.


    "Morgen gehört der Exerzierplatz dir! Ich werde anwesend sein und zusehen, wie du dich so schlägst! Abite!", sprach der Artorier und suchte seinerseits die Centurionenunterkünfte auf.

  • Drusus nickte, gut gelaunt und ein wenig stolz über das Vertrauen des Centurios zugleich. "Vale, Centurio!", verabschiedete der Iulier sich, nachdem der Artorier den Befehl zum Abtreten gegeben hatte und machte sich daran schnurstracks die Thermen aufzusuchen.

  • Am nächsten Tag, es würde einer der letzten in der Grundausbildung des Probatus Germanicus Probus zu sein, denn der Stoff neigte sich immer mehr dem Ende zu war der Iulier extra früh auf dem Exerzierplatz erschienen, immerhin hatte er diese Lektion zu leiten. Drusus selbst konnte sich noch gut an seinen letzten Ausbildungstag erinnern. Damals war das Üben mit den Belagerungsgeräten, das heißt eigentlich nur mit den Scorpionen dran gewesen. Aber der letzte Tag war das hier noch nicht. Soviel war sicher! Reatinus schien Crispus' Programm ein wenig umgestellt zu haben, aber das war ja mehr oder weniger egal. Wenige Augenblicke nachdme Drusus den Exerzierplatz betreten hatte, in Gedanken hatte er zuvor kurz das Programm für heute noch einmal durchgespielt brüllte er auch schon zum Antreten über den Platz.


    "Probati, Venite!", donnerte seine Stimme über den Platz. Un dnachdem alle Probati angetreten waren, setzte er seine Morgenansprache fort.


    "Probati, heute werden wir die Belagerungswaffen durchnehmen! Doch dazu brauchen wir auch welche, also folgt mir zum Horreum! Pergite!"


    Kurz darauf marschierte Drusus auch schon in Richtung Horreum Tertium los.

  • Wie immer erschienen die Probati früh auf dem Campus. Mittlerweile hatten sie sich gut kennengelernt, so dass es am Morgen immer eine Menge zu erzählen gab. Ich unterhielt mich gerade mit einigen von ihnen darüber, was jeder von uns als erstes machen würde, wenn die Grundausbildung endlich zu Ende wäre, als der Befehl des Optio über den Platz schallte. Scheinbar hatte der Centurio ihm für heute die Ausbildung überlassen. Aber egal ob Optio oder Centurio, wie immer beeilten sich die Probati dem Befehl Folge zu leisten und traten schnell an.


    Belagerungswaffen, dachte ich. Das hörte sich interessant an. Allerdings waren die nächsten Worte des Optio ernüchternd. Wir sollten sie erst auf den Campus schleppen. Zwar kannte ich keine Belagerungsgeräte. Aber das Wort hörte sich irgendwie schwer an. Doch wie befohlen folgten die Probati dem Optio in Marschformation.

  • Meine Fresse, waren die Dinger schwer. Der Weg bis zum Campus schien mir fast endlos zu sein. Schweißgebadet und nach Luft schnappend kamen wir endlich an. Das hatte sich der Optio doch mit Absicht einfallen lassen. Der wollte uns mal bestimmt zeigen, was für Waschlappen wir wären. Aber wir hatten es geschafft. Wenn auch zähneknirschend und vor uns hinfluchend. Ich hoffte jedenfalls, dass ich nie in meinem Leben zu einer Besatzung eines Belagerungsgerätes versetzt werden würde. Natürlich waren die anderen Sachen in der Legio auf ihre Weise nicht weniger anstrengend. Aber da kam man wenigstens schneller vom Fleck oder man hatte es gemütlicher.


    Nachdem wir auf dem Campus angekommen waren, blieben die Probati an den Maschinen in ihren Gruppen stehen und warteten auf die weiteren Befehle des Optio. Hoffentlich hatte sich die ganze Schinderei gelohnt. Nicht, dass jeder mal ein Schuss abgeben sollte und das war es dann.

  • Nach und nach erreichten die Probati mit ihren Skorpionen den Exerzierplatz, unter der strengen Aufsicht ihres Optios. Drusus schüttelte spöttisch den Kopf, wenn sogar die Herbeischaffung der Belagerungsgeräte sie so anstrengte... "Probati!", brüllte der Iulier mit seiner Exerzierplatzstimme. über selbigen, nachdem endlich alle auf ihren Plätzen standen. "Also. Im Prinzip ist das alles ganz einfach. Ihr legt das Geschoss in die Schiene, dreht an dem Rad da an der Seite und zieht dann, um das Projektil abzufeuern an dem Griff. Un d jetzt schießt!" Sicherheitshalber machte der Nachwuchsschreihals ein paar Schritte zur Seite um nicht von den Pfeilen seiner Rekruten getroffen zu werden.

  • Nachdem sich Reatinus einige Zeit nahm, um Schreibkram zu erledigen, erschien er selbst auf dem Exerzierplatz. Er hatte jedoch nicht vor, selbst einzugreifen. Stattdessen machte er sich eine kleine Notiz davon, wie der Nachwuchsschreihals vorging. Ohne groß aufzufallen hielt er sich weit im Hintergrund und hörte der Exerzierplatzstimme des Iuliers zu. Sie entwickelte sich so langsam.
    Ach ja, die Scorpiones. Abgesehen von dem Schleppen war das eigentlich eine relativ einfache Übung, die keine allzu große körperliche Anstrengung verlangte.
    Geduldig beobachtete der Artorier das Geschehen.

  • Als der Optio laut über den Platz schrie, hielten die Probati in ihrem Tun inne und hörten dem Iulier zu. Nachdem er mit seinen Anweisungen geendet hatte, sahen die Probati ihn kurz unentschlossen an. Worauf sollten sie schießen, war die Frage, die über ihren Köpfen schwebte. Doch einige von ihnen entdeckten die Zielscheiben, so dass sich die angehenden Legionarii an ihr Werk machten. Nachdem sich jedem Ziel eines der Belagerungsgeräte gegenüber befand, fingen die Probati an.


    In meiner Gruppe war ich am Rad zum Spannen der Sehne. Ich wusste nicht, wie weit ich drehen sollte. Also dachte ich mir, dass ich das Ding bis zum Anschlag spannen sollte. Gesagt getan. Ein anderer legte den großen Bolzen ein. Nachdem er fertig war und einige Schritte zurückgetreten war, zog ein anderer Probati an dem Griff. Mit einem mechanischen Geräusch löste sich die Sehne aus ihrer Verankerung und spie den Bolzen unter lautem Surren mit einer mörderischen Geschwindigkeit dem Ziel entgegen. Als die Sehne die Auffangrinne traf gab es ein Geräusch, als ob man mit einer Axt gegen einen dicken Baumstamm geschlagen hatte. Gespannt starrte ich nach vorne. Zu meine Enttäuschung trafen wir nicht die Zielscheibe. Der Bolzen flog etwas zu hoch. Wie zielte man eigentlich mit dem Ding? Wir wechselten die Postionen. Nun war ich am Griff für das Auslösen des Bolzens. Ich schaute über die Führrinne auf das Ziel und korrigierte den Anstellwinkel. Danach folgte der selbe Spannprozess wie beim ersten Mal. Ich zog an dem Griff und versuchte mit dem Blick dem Bolzen zu folgen. Mit einem lauten Krachen schlug er in das obere Drittel des Zieles ein. Mit weit offenem Mund stand ich da. Nicht, weil ich das Ziel getroffen hatte. Sondern weil mich die Wucht des Aufpralles überraschte. Vor solchen Geschossen würde mich wohl kein Scutum der Welt beschützen können. Dann wechselten wir wieder die Positionen, bis wir keine Bolzen mehr hatten. Ein Glück kam keiner auf die Idee nach vorne zu rennen. Die Lektion beim Bogenschießen hatte allen gereicht. So wartete ich mit meinen Kameraden bis alle anderen Gruppen ihre Bolzen verschossen hatten.

  • Aufmerksam beobachte Drusus wie sich die Probati bei ihrem ersten Zusammentreffen mit den Scorpiones schlugen. Sehr besonders waren die Leistungen ja nicht, allerdings würden sie wohl nie wieder an diese Belagerungsgeräte geraten, daher war diese Lektion auch nicht so wichtig, auch wenn sie ihren festen Platz im Programm für die Grundausbildung der neuen Probati hatte und deshalb hatte Reatinus wohl auch seinem Optio diese Lektion überlassen, an die wirklich wichtigen würde man den Iulier wohl erst sehr viel später ranlassen.


    Als endlich alle Probati ihr gesamtes Magazin an Bolzen verschossen hatten brüllte der Optio erneut über den Platz:


    "Das war ja noch gar nichts! Bolzen einsammeln und nochmal, aber diesmal muss das besser geh'n!"

  • Scheinbar war das Ganze nicht zur Zufriedenheit des Optio verlaufen. Denn er brüllte die Probati zusammen, dass sie es wiederholten sollten. Mir sollte es recht sein. Denn es bedeutete, dass wir diese mörderischen Maschinen nochmals abfeuern durften. Während ich mich zusammen mit den anderen Probati an das Einsammeln der Bolzen machte, wusste ich, was der Optio meinte. Erstaunlich wenige der Geschosse hatten die Ziele getroffen. Viele waren entweder zu kurz oder zu weit geflogen. Das hatte allerdings den Vorteil, dass die Probati relativ schnell mit dem Einsammeln der Bolzen fertig waren. Denn die Geschosse, die in den Zielen gelandet waren, saßen so fest, dass zwei Probati an ihnen zerren mussten, um sie herauszuziehen. Wieder musste ich daran denken, welch fürchterliche Wucht diese Waffe besaß. Nachdem auch diese eingesammelt worden waren, liefen die Probati zurück an die Scorpiones und fingen wieder mit der Übung an.


    Ich überlegte kurz, wie sich die Gruppe vielleicht besser aufteilen könnte. „Also Kameraden. Ich habe mir folgendes überlegt. Wir sollten uns aufteilen und jeder von uns nimmt eine Funktion war. Einer spannt das Teil, einer legt den Bolzen ein, einer richtet den Scorpion auf das Ziel aus und einer löst das ganze Ding schließlich aus. Was haltet ihr davon?“, fragte ich in die Runde. Auch wenn mich ein parr mit skeptischen Augen anblickten, waren alle damit einverstanden. Ich war zuerst am Auslöser. Als alle soweit fertig waren, gab ich den Schuss ab. Er traf das Ziel am Rand, aber immerhin. Dann wechselten wir wie besprochen die Positionen. Diesmal war ich mit dem Einlegen des Bolzens dran. Das war bei dessen Größe garnicht so einfach. Aber schließlich war alles fertig für den nächsten Schuss. Dieser saß auf dem Ziel genau auf der anderen Seite des vorherigen Treffers. Verdammt, dass musste doch irgendwie besser gehen. Dann ging ich an das Rad zum Spannen. Ich drehte diesmal nicht ganz soweit wie vorhin, da der Bolzen sonst zu weit fliegen würde. Wieder war alles fertig zum Schuss. Gespannt sah ich auf das Ziel. Der Bolzen traf ziemlich gut schräg oben, nur wenig von der Mitte der Scheibe entfernt. Erstaunt fragte ich den Probatus, wie er das gemacht hätte. Der zuckte nur mit den Schultern und sagte, dass er es auch nicht wüsste. Nun war ich mit dem Ausrichten des Scorpions dran. Ich hielt nicht genau auf die Mitte der Scheibe, sondern etwas darüber. Mein Kamerad gab auf mein Zeichen den Schuss ab. Leider musste ich feststellen, dass der Bolzen das Ziel am unteren traf. Verflucht! Das war alles schwerer, als es von außen aussah. Die richtige Spannung, die Windverhältnisse, der Bolzen, die Abnutzung der Sehnen, der Winkel. Alles spielte irgendwie eine Rolle. Wir machten wieder die Runde durch. Als ich dran war, zielte ich noch höher. Und tatsächlich traf ich jetzt das Ziel besser. Zwar immer noch zu tief und diesmal zu weit rechts. Aber eine Verbesserung. Jeder aus meiner Gruppe wurde von Schuss zu Schuss besser. Leider traf keiner die Mitte des Zieles. Aber wenigsten trafen alle Bolzen die Zielscheibe. Und einige waren relativ nahe am inneren Kreis eingeschlagen. Nachdem alle Probati ihre Bolzen verschossen hatten, warteten sie wieder an den Scorpiones auf weitere Befehle des Optio. Ich schaute kurz auf die Zielscheiben. Fast alle sahen so aus wie unsere. Einige waren schlechter und bei einer waren die Bolzen fast alle nahe an der Mitte des Zieles. War da etwa wieder der Meisterbogenschütze am Werk gewesen?

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