• Ich wollte gerade etwas erwidern, als Marcus sich an Axilla wandte. Axillas hatte schon seit einer Weile den Anschein gemacht sich etwas zu langweilen. Daher nickte ich nur, als sie mich fragend ansah.

  • Ich sah kurz zu Urgulania, dann wieder zu Axilla und nickte ihr mit einem verständnisvollen Blick zu. Nachdem sie das Tablinum verlassen hatte, hatte Urgulania wieder meine ungeteilte Aufmerksamkeit.


    "Ich glaube, wir haben sie überfordert. Wobei ich auch zugestehen muss, dass ich schon sehr lange nicht mehr auf einem solchen Niveau philosophiert habe. Deine Bildung ist offensichtlich sehr gut und dein Verstand sehr scharf. Ähm... wo waren wir stehen geblieben?"

  • Ich schmunzelte ein kleines Bisschen, als Axilla ging.
    Ich denke in erster Linie haben wir sie gelangweilt.
    sagte ich, schliesslich wollte ich nicht, dass meine junge Verwandte als nicht ganz helle da stand.


    Ich entstamme einer guten und vor allem alten römischen Familie, daher denke ich schon dass ich eine Ausbildung genossen habe, die nicht unbedingt schlecht war. Ausserdem ist ein scharfer Verstand in meinem Geschäft von grossem Vorteil.
    entgegnete ich seinem, leicht versteckten, Kompliment.


    Wir waren dabei stehen geblieben, dass das leben eines einfachen Mannes näher an der perfekten Harmonie liegt, als das Leben, dass unsereins führt. Und du ergründetest gerade das uralte Mysterium ob der Natur des Menschen.

  • "Ja, genau, die Natur des Menschen. Also, wenn der Mensch nun von Natur aus gut ist, dann würden vor allem diejenigen instinktiv richtig handeln, die ein einfaches Leben führen. Ist der Mensch aber nicht von Natur aus gut, wäre erst durch eine philosophische Schulung der Mensch zu verbessern. Oder durch Zwang. Zwar kann man Harmonie nicht direkt erzwingen, Ordnung aber schon. Ordnung ist aber eine gue Annäherung an Harmonie. Natürlich kann es auch sein, dass zwar alle Menschen gut geboren werden, aber durch ihre Umgebung negativ beeinflusst werden. Dann wäre es wiederum nötig, sie erst philosophisch zu schulen, um ihnen ein Verständnis der Harmonie zu geben und zu besseren Menschen zu machen."


    Diese Wiederholung und Präzisierung meiner Gedanken sollte uns wieder in die Diskussion zurückführen.

  • Ich denke, dass der Mensch von Natur aus weder gut noch schlecht ist. Er wird erst zu einem von beidem durch die Gesellschaft in die er lebt und vor allem durch den Willen der Götter.
    erwiderte ich.


    Und ich finde es ist weder korrekt zu sagen, dass Ordnung und Harmonie nah beieinander stehen, noch denke ich dass man jemandem ein Verständnis für Harmonie lehren kann. Selbst im grössten Chaos kann man harmonische Strukturen erkennen.
    sagte ich und setzte dann zu einem Beispiel an.


    Wenn du zum Beispiel zwei Becher mit Farben umkippst und die Farbe ergiesst sich über einen Bogen Papyri, dann werden viele Menschen das als ein kleines Chaos ansehen. Aber wenn man genau hinsieht, dann wird man sehen, dass die Farben in der Form ihres Flusses und in der Art und Weise wie sie ineinander greifen und sich vermischen, durchaus als harmonisierend bezeichnet werden können.

  • Ich strich mit meiner rechten Hand durch meinen Bart. Das tat ich immer, wenn ich über etwas richtig nachdenken musste. Sie hatte da ein interessantes Beispiel. Mir fiel im Moment keine Erwiderung ein.


    "Da muss ich erstmal drüber nachdenken. Das ist ein völlig neuer Blickwinkel für mich. Bisher habe ich das entweder nicht gesehen oder ignoriert," sagte ich nachdenklich.

  • Ich lächelte unsicher.


    "Ich... ich werde wohl ein paar Tage brauchen, bis ich alle Aspekte berücksichtigt habe."


    Vielleicht würde mein Weltbild ja nachhaltig verändert. Aber wohin? Würde ich dann eine weniger streng sein, vor allem zu mir selbst? War ich eigentlich zu ernst und zu streng zu mir selbst?


    "Ähm... darf ich dich um eine Einschätzung bitten?"

  • Natürlich. wenn du Wert legst auf die Einschätzung einer alten Römerin, so wird sich diese natürlich nicht dagegen wehren.
    sagte ich und wartete dann ab, was ich für ihn einschätzen sollte.

  • Ich musste lachen.
    Im Gegensatz zu vielen Menschen kenne ich mein wahres Alter, daher kann ich dir versichern, dass ich sicherlich von vielen Menschen als alt bezeichnet werden würde.
    sagte ich und hörte dann auf zu lachen, denn seine Frage war nicht einfach.


    Ich denke, du bist zu dir selbst etwas hart. Du sprichst nicht gerade gut über dich und deine Taten. Ich fühle mich bisher von dir nicht sonderlich hart behandelt, daher würde ich dich nicht grundsätzlich als hart oder streng bezeichnen.
    So konnte man es sagen, glaubte ich.
    Eine starke Fixierung auf Regeln ist, meiner Meinung nach, nichts schlimmes und ich denke nicht, dass man zu sehr auf sie fixiert sein kann. Regeln einzuhalten ist wichtig und sie zu umgehen oder zu brechen sollte etwas sein, das nur sehr selten und nur mit gutem Grund passieren sollte.
    Ich denke nicht, dass du zu sehr auf Regeln fixiert bist. Vielleicht ein kleines Bisschen zu eingeengt in deinem Blickfeld, mehr aber nicht.

  • "Naja, ich kann dich ja nur optisch einschätzen und ich kann dir zumindest sagen, dass du nicht alt aussiehst," sagte ich mit einem sanften Lächeln.


    Ihre Antwort auf meine Frage ließ mich erleichtert aufatmen. Sie war im wesentlichen besser, als ich erwartet hatte. Was natürlich bestätigte, dass ich wohl etwas zu hart zu mir selbst war.


    "Ich danke dir für deine ehrliche Antwort. Es fällt immer schwer, sich selbst vernünftig einzuschtzen. Da ist eine zweite Meinung oft hilfreich. Mein Sichtfeld war in den letzten Monaten, wenn nicht sogar Jahren, vor allem das eines neutralen Beobachters. Ich bin zwar durch viele Länder gekommen, aber ich hatte wenig mit Menschen zu tun. Es ist schon seltsam, dass man selbst mitten unter Menschen für sich allein sein kann. Vielleicht sollte ich etwas mehr Zeit unter Menschen verbringen und etwas weniger Zeit in der Bibliothek oder in Meditation."


    Mir kam auf einmal in den Sinn, wie ich war, bevor ich Athen verließ. Zwangsläufig musste ich lachen.


    "Es ist schon witzig, wie sich Menschen verändern können! In meiner Jugend, in Athen, war ich ein lebenslustiger Jugendlicher. Ich war zwar nie so freizügig wie meine Bekannten, aber ich war auch nicht allzu ernst. Vor allem verzieh ich mir selbst so ziemlich jeden Fehler. Und jetzt... die Zeit in Han hat mich am meisten verändert. Ich lege sehr harte Maßstäbe an mich selbst an. Ich bin unbestechlich, lüge nie und lebe auch sonst nach sehr hohen moralischen Maßstäben. Aber diese Maßstäbe gelten nur für mich. Wenn ich mich mit dem Mensch vergleiche, der ich vorher war, dann ist es fast, als wären es zwei Personen, die nur den gleichen Namen haben."


    Es war eigentlich mehr zu mir selbst gesagt als zu Urgulania.

  • Ich schüttelte leicht den Kopf. Ich wusste aus eigener Erfahrung nur zu gut, wie ein Mensch sich verändern konnte, aber das war schon eine sehr starke Veränderung.
    Vielleicht solltest du dir mal etwas gönnen. Geh und feiere ein wenig. Immerhin bist du hier in Alexandria und diese Stadt ist voller Möglichkeiten sich zu vergnügen.

  • "Feiern... meine letzte Feier war... war... meine Hochzeit. Vor sieben Jahren... wie doch die Zeit vergeht."


    Ich lächelte leicht verzückt ob meiner Erinnerungen. Als ich dann bemerkte, dass ich wieder in der Vergangenheit schwelgte, änderte sich mein Gesicht wieder zu dem höflichen, leicht lächelnden Ausdruck, den ich so oft hatte.


    "Wie dem auch sei... vielleicht solle ich ein wenig feiern. Sobald ich ein paar Sesterzen übrig habe. Die Rückreise aus Han hat mein gesamtes Vermögen aufgezehrt."


    Ich zuckte mit den Schultern.


    "Ich werde, wie es aussieht, erstmal für die Stadtwache arbeiten. Als Offizier natürlich. Da sollte ich eine Kleinigkeit sparen können."

  • Ich denke ich könnte da etwas aushelfen und dir eine kleine Feier ermöglichen, ohne dass du dafür Sesterzen benötigst. Es gibt da ein kleines Haus im Brucheion, gehe dort hin und sage, dass ich dich schicke. Man wird dir dort jeden Wunsch erfüllen.
    sagte ich und erklärte ihm grob den Weg zu den sieben Freundinnen.


    Als Offizier bei der Stadtwache. Sicherlich eine rentable Arbeit.

  • Es überraschte mich, als sie mir eine kostenlose Feier ermöglichen wollte.


    "Ich danke dir für dein Angebot. Wenn ich die Zeit dazu finde, werde ich vorbei schauen."


    Würde ich vermutlich nicht, weil ich Geschenke normalerweise nur annahm, wenn ich der Person zuvor irgendwie geholfen hatte. Das hatte ich hier nicht, so dass ich Urgulania dann etwas schulden würde - jedenfalls nach meinem Ehrenkodex. Da wollte ich ihr lieber etwas für einen Gefallen schulden, der mir wesentlich wichtiger war.


    "Mag sein, dass es eine rentable Arbeit ist. Vor allem ist es aber ein alltägliches Kommando in einer nicht ganz alltäglichen Situation. Das heißt, dass ich womöglich ein höheres Risiko für mein Leben eingehe als andere Stadtwächter. Darüber mache ich mir zwar keine Sorgen, weil ich bisher alle meine Schlachten gewonnen habe, aber ich gehe auch immer gerne auf Nummer sicher. Darf ich dich deshalb um einen Gefallen bitten?"

  • Ich lächelte dankbar.


    "Sollte mir etwas zustoßen - was ich zwar nicht erwarte, aber man kann ja nie wissen - und ich das nicht überlebe, würdest dann bitte..."


    Ich griff an die feine Goldkette, die unter meinem Kragen versteckt war und zog daran ein Amulett hervor, in das auf der einen Seite das Gesicht eines bärtigen Mannes eingraviert war und auf der anderen Seite das Familienwappen der Gens Octavia. Um das Porträt war der Name "Marcus Octavius Nauticus" eingraviert.


    "...das hier nach Rom schicken, zu den Octaviern?"

  • Ich nickte. Ich ging zwar davon aus, dass ihm hier nichts zustossen würde, aber natürlich würde ich ihm diesen Gefallen trotzdem tun.
    Natürlich werde ich das tun. Auch wenn ich nicht denke, dass dir irgendwas passieren wird.

  • "Denke ich auch nicht, aber sicher ist sicher."


    Ich gab ihr das Amulett.


    "Sag mal, wie kommt es eigentlich, dass du in Alexandria lebst?"


    Ein Themenwechsel schien mir gerade ganz angemessen zu sein.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!