• Der Agoranomos winkte ab.


    "Der Saft schmeckt vorzüglich und du bist keine furchtbare Gastgeberin. Ich weis gar nicht wie du darauf kommst. Außerdem solltest du dich nicht ständig mit Urgulania vergleichen. Ihr seid zwar aus dem selben Holz geschnitzt, aber die Götter haben nunmal jeden von euch anders geschnitzt. Sicher beneidet sie dich auch um ein paar deiner Fertigkeiten, nur sagt sie das sicher nicht offen. Ich beneide meinen Bruder um nichts, und er neidet mir auch nichts, da bin ich mir sicher."


    Anthi leerte seinen Becher. Es war wohl besser wenn er jetzt ging. Offenbar ging es Axilla nicht besonders gut, und er hatte es wohl in seinem anthizentrischen Weltbild nicht schnell genug gemerkt. Natürlich wollte er Axilla jetzt auch nicht noch vor den Kopf stoßen, also griff er zu einer klitzekleinen Notlüge.


    "Die Aufgaben der Ämter sind unterschiedlich...Moment...Aufgaben...Aufgaben...oh da fällt mir gerade ein, dass ich noch einen wichtigen Termin habe. bei den göttern, beinahe hätte ich ihn vergessen! Das hätte ich jetzt fast vergessen, weil ich mich so über die Eingangskontrollen an der porta geärgert habe. Drei Soldaten haben die mit mitgeschickt und mich vorher durchsucht wie einen Schwerverbrecher. Dabei kennen sie mich ja, aber anscheinend haben sie da so eine Gästeliste. Anscheinend versucht der Legionärspräfekt uns immer weiter provozieren zu wollen. Nun dann will ich mal zu meiner Eskorte gehen, und der Schilkane mit dem gebotenen Gleichmut begegnen."


    Anthi erhob sich. "Ich hoffe du entschuldigst mir meinen schnellen Aufbruch."

  • Nun, sie glaubte nicht so ganz, dass sie und Urgulania wirklich aus demselben Holz waren. Urgulania war mehr ein teures, edles Kirschholz und sie mehr sowas wie eine billige, plumpe Eiche oder Tanne. Eher eine Tanne, zwar schön grün nach außen, beim näherkommen aber pieksig. Und dass Urgulania Axilla um irgendwas beneidete, konnte sie sich auch nicht vorstellen. Der einzige Vorzug, den Axilla hatte, war, dass sie jung war, aber selbst das Alter machte Urgulania nur eher noch edler.
    Doch ehe sie irgendwas wirklich erwidern konnte, sagte Anthi auch schon, dass er ganz dringend weiter musste. Axilla schaute ein wenig enttäuscht auf, sie hätte sich gerne von ihrer Erdbeerseite gezeigt, vielleicht wäre sie ja noch etwas aufgetaut. Aber andererseits war es vielleicht wirklich besser, dieser tage nur kurze Besuche zu empfangen.
    “Oh, die werden nicht da sein, die werden wieder gegangen sein, als du ins Haus gekommen bist. Unser Majordomus hat das auch erst falsch verstanden gehabt, aber die bleiben nur, bis man in ein Haus gelassen wurde, oder begleiten einen andernfalls wieder raus. Aber das stimmt schon, Terentius Cyprianus ist… vorsichtig.“
    Es war nicht so, dass Axilla ihn nicht mochte, aber… sie mochte ihn nicht wirklich. Bei dem Essen mit Silanus, als er über sie wie über ein Reitpferd gesprochen hatte, war sie doch ein klein wenig verschnupft gewesen und hatte es ihm nicht vollständig verziehen.
    “Aber, ähm, also, wenn du mich öfter besuchen magst. Könnte ich dich ja auch als Gast eintragen? Also, ich meine, gibt ja keinen Grund, warum du öfter kommen solltest, ich meine, die Betriebserlaubnis und die Tunika hab ich ja jetzt. Aber dann dürftest du ohne Eskorte herkommen. Nur untersuchen werden sie dich glaub ich trotzdem, wobei ich das nicht so genau weiß. Ähm, also, war jetzt nur so eine Idee.“
    Eine recht vorlaute und unüberlegte Idee. Eine axillanische Idee, sozusagen. Verlegen holte Axilla einmal tief Luft, um Anthi nicht noch länger aufzuhalten, wenn er so dringend los musste.
    “Ähm, ja, dann begleite ich dich noch zur Tür, nicht, dass du dich noch mehr verspätest.“

  • "Das wäre wirklich sehr nett von dir. Ich bin ja auch nicht oft hier, aber es ist schon störend immer eine Eskorte dabei zu haben."


    Dass er Cyprianus Gehabe nicht vorsichtig sondern unverschämt hielt, behielt er dann doch lieber für sich. Als sie dann die Tür erreichten nickte er ihr noch einmal freundlich zu und zu seiner Überraschung war die Eskorte wirklich verschwunden. So machte er sich auf den Weg nach Hause, seinen wichtigen Termin...das Abendessen... wahrnehmen.

  • Nachdem Leucos ihr bescheid gesagt hatte, dass Rufus vor der Porta stand, hatte Axilla ihr Buch weggelegt, was sie bis dahin gelesen hatte und war recht hektisch geworden. Natürlich wollte sie ihn empfangen! Auch wenn sie noch immer ein ziemlich merkwürdiges Gefühl wegen dem Traum vor ein paar Tagen und auch dem Ausflug auf dem Pferd hatte. Aber nichts desto trotz war er ihr Freund – und so ziemlich der einzige.


    Also hatte sie sich hektisch hergerichtet, während Leucos zurück zur Porta geschlurft war, und sich dann schnell ins Tablinum begeben. Axilla fand den Raum zwar etwas groß und vielleicht auch etwas unpersönlich, aber das war eben nun mal der richtige Empfangsraum für Gäste. Sie hätte ja auch den Perystil genommen, allerdings wusste man bei dem Wetter grade nie, wann es losregnen wollte. Und das wäre ja auch nicht gut gewesen, wenn sie ihn im Garten empfing und es dann plötzlich wie aus Kübeln zu schütten anfing und sie wieder reingehen müssten. Dann lieber gleich im Tablinum anfangen.
    Als Rufus den Raum betrat, lächelte Axilla ihn freudestrahlend an. Allerdings unterdrückte sie den Impuls, auf ihn zuzulaufen oder gar anzufassen. Sie wollte doch eine richtig gute, römische Gastgeberin sein. Auch wenn das vermutlich wieder schief laufen würde, aber wenigstens sah sie im Moment wie eine aus. Ihr Haar war fein sauber hochgesteckt, wie es sich gehörte, und Spangen mit Schmetterlingen hielten die Frisur an Ort und Stelle. Auch trug sie ausnahmsweise – weil sie sich nach Leucos Ankündigung noch schnell umgezogen hatte – eine lange, blaue Seidentunika. Nur zur Palla konnte sie sich beim besten Willen nicht zwingen, das war einfach zu warm. Schicklichkeit hin oder her, man konnte es auch übertreiben. Aber so sah sie dennoch bestimmt mehr aus wie die Frauen der gehobenen Gesellschaft, unter denen Rufus sicher sonst immer weilte. Immerhin war er zu Gast in der Regia, da konnte Axilla sich nicht vorstellen, dass er nur ein einfacher Bursche aus der Provinz war.
    “Rufus! Schön, dass du da bist. Willst du etwas trinken?“
    Sie schalt sich kurz in Gedanken. Vielleicht sollte sie nicht zuviel auf einmal versuchen, sondern langsamer anfangen. Sonst hatte sie später gar nichts mehr, wo sie mit gutem Benehmen glänzen könnte.

  • Als er dann vor Axilla stand, fiel ihm ein, dass er ja extra noch zwei Gastgeschenke gekauft hatte. Zum einen hatte er sich eine zweite Ausgabe von Homers Odysee gekauft, welches ihm sehr gut gefallen hatte. Mit dem listigen Odysseus konnte sich der junge Duccier gut identifizieren und gerade die Zyklopen hatten ihm einen wohligen Schauer über den Rücken gejagt. Um eine schöne und passende Ausgabe in Latein zu finden, hatte er ganz schön lange suchen müssen, aber es hatte sich gelohnt. Außerdem hatte er noch ein wohltuende Salbe mitgebracht, welche er aus mogontiacum mitgebracht hatte. Sie war mit Minzöl, roch wunderbar frisch und angenehm und Ragin mochte sie sehr gerne. Deswegen war er sich auch sicher, dass es Axilla ebenso gehen würde.

    "Gerne würde ich was trinken. Vielleicht einen Saft, wenn du welchen hast. Aber zuerst möchte ich dir gerne das"
    er gab ihr das Buch "und das" er gab ihr den Tiegel mit der Salbe "als Gastgeschenk geben." Er lächelte ein wenig schüchtern, begann dann aber zu erzählen. "Das Buch heißt Odysee und handelt von einem Griechen namens Odysseus, der viele Abenteuer erlebt. Es ist ganz schön spannend und da dachte ich das gefällt dir sicher. Manche Sachen da sind ja schon ganz schön gruselig...also wenn man sich schnell fürchtet...also ich hab mich da natürlich nicht gefürchtet."


    Jetzt musste sie natürlich denken, dass er ein Angsthase war- bei den Göttern, warum dachte er nicht bevor er redete? So etwas passierte ihm immer nur bei mädchen, also jetzt bei Axilla genauso wie vorher bei Sontje.

    "Und die Salbe habe ich aus Mogontiacum mitgebracht. Sie ist aus unserer Produktion und riecht ganz herrlich nach Minze. Ich mag die sehr gerne, da dachte ich du freust dich vielleicht auch darüber."

  • Er hatte ihr Geschenke mitgebracht! Ganz ehrfürchtig nahm Axilla das Buch entgegen. Sie liebte Bücher! Auch wenn ihre meisten Bücher Gedichtbände waren, und sie davon auch nicht mehr so viele hatte wie damals in Tarraco. Aber sie hatte nicht alles mitnehmen können und vieles verkaufen müssen, als allererstes die Bücher, und hatte sie sich einfach auch nicht nachgekauft. Daher strich sie einmal fast liebevoll über den Einband zu dem Werk. Sie kannte die Odysee, sie hatte sie früher mal gelesen. Aber die gehörte zu den Büchern, die sie zurücklassen musste. Sie war einen Moment richtig gerührt und perplex, und sehr froh, dass Rufus noch ein zweites Geschenk hatte, das sie ablenkte. Ganz vorsichtig öffnete sie den Verschluss des Tiegelchens und roch neugierig an der Salbe. Die roch wirklich sehr intensiv nach Minze, etwas, dass es hier in Ägypten nicht gab. Die Pflanze mochte es doch lieber kalt. Selbst in Tarraco bekam man nicht oft Minze.
    “Das riecht wirklich toll“, meinte sie ein wenig verträumt und ließ ihre Nase noch ein wenig über dem Tiegel. Das roch richtig nach Kälte und Bergen und Wald. Vor lauter Schwelgereien in diesem Duft hätte sie beinahe den saft vergessen. Fast erschrocken nahm sie also den Buch und den Tiegel runter und drehte sich nach Leander um, der im Hintergrund fast unsichtbar wartete.
    “Leander, bringst du uns Saft aus der Küche, und zwei Becher, bitte?“ Verdammt, schon wieder ein „bitte“ zu einem Sklaven vor einem Gast. Kurz blickte Axilla prüfend zu Rufus, ob er es bemerkt hatte.
    Leander verneigte sich und ging auch sogleich los, wie ihm geheißen. Axilla verstaute unterdessen die Geschenke sicher auf einer der gepolsterten Bänke.
    “Willst du dich setzen? Also, ich meine, wir beide. Uns setzen, dann. Ist doch bequemer als stehen, oder?“
    Axilla wartete gar nicht sondern ging mit gutem Beispiel voran und setzte sich in einen der gut gepolsterten Korbstühle. Im ersten Moment zog sie gewohnheitsmäßig die Knie hoch und umschlang sie mit den Armen, aber merkte es sogleich und setzte sich wieder richtig und gerade hin. Hier bequem in einem Sessel zu lümmeln war nicht das, was von einer guten Gastgeberin erwartet wurde.
    Axilla wusste, dass sie sich für heute verabredet hatten, um über Alexander zu sprechen. Sie wollte ihm das ja alles erklären, aber so richtig wusste sie nicht, wie sie anfangen sollte. Immerhin platzte man nicht einfach so mit seinen Informationen heraus, als Gastgeberin pflegte man die Kunst der leichten Konversation. Jetzt müsste Axilla das nur noch lernen.

  • Sie sagte gar nichts über das Buch, ob sie es nicht mochte? Aber eigentlich sah sie ganz glücklich aus...Auch Ragin setzte sich in den Korbsessel. Er liebte solche bequemen Möbel. Wobei er das Bärenfell bei sich im Zimmer in Mogontiacum am allerliebsten mochte. Er hatte es immer genossen darauf zu liegen und zu lesen.


    "Das sind ja tolle Sessel. Ich glaub hier bleib ich bis ihr mich rausschmeißt. So einen muss ich mir auch mal kaufen."


    Allerdings würde er den dann ja hier lassen müssen, wenn er wieder heimgehen würde. Warum sich Axilla auf einmal so unbequem hinsetzte verstand er nicht. Er saß wie so oft im Schneidersitz. Aber dann konnte er vor Neugierde kaum noch an sich halten. Er wollte jetzt doch endlich mehr über Alexander den Großen wissen.


    "So, du wolltest mir etwas über Alexander den Großen erzählen. Kennst du alle seine Heldentaten und Schlachten? Wie hat er es denn geschafft ein so großes Reich zu erobern?"

  • Rufus setzte sich ganz bequem in seinen Sessel. Axilla war sehr versucht, es ihm doch wieder gleich zu tun. Aber sie konnte sich beherrschen.
    “Ja, die Sessel sind wirklich klasse. Aber eigentlich mag ich lieber die Klinen. … Ähm, also, ich meine, auch wenn die eigentlich für die Männer eher was sind, aber die sind… naja, bequem eben.“
    Man sollte es kaum für möglich halten, dass Axilla zu den vernunftbegabten Wesen gehören sollte, wo die richtige Abfolge von Denken und Sprechen so ganz und gar nicht zu ihren Stärken gehörte. Soviel zum Thema gute Vorsätze bezüglich vorbildlichem Verhalten.
    Aber zum Glück war Rufus nicht so sehr auf die korrekte Form aus, denn er fragte gleich nach Alexander. Aber Axilla war weit entfernt davon, ihm deswegen böse zu sein, am liebsten hätte sie ihn umarmt dafür. Das, was in späteren Jahrtausenden mal als Smalltalk bekannt werden würde, war definitiv nicht ihre Stärke. Bei ihr war ein Gespräch mehr wie ein Reitereiangriff: Direkt zum Kern vorgeprescht, so schnell es geht.
    “Naja, alle kenne ich bestimmt nicht. Aber das meiste, doch, ja. Also auch die Schlachten und wo er überall war und das alles.“
    Leander kam wieder mit einem Tablett, darauf eine Kanne mit gelbem Saft und zwei Bechern. Er stellte alles vorsichtig auf den Tisch in der Nähe seiner Herrin, schenkte die Becher ein und überreichte sie jeweils erst dem Gast und dann seiner Herrin.
    “Danke, Leander.“
    Und schon wieder! Erst bitte, jetzt auch noch danke! Rufus musste sie wirklich für eine hohle Nuss mittlerweile halten. Total verweichlicht im Umgang mit den Sklaven. Nunja, jetzt war es sowieso zu spät, und Axilla versteckte ihre Scham darüber hinter einem großen Schluck Saft.


    “Ähm, ja, also… also das mit Alexander ist ein bisschen kompliziert. Da muss man mit seinem Vater eigentlich anfangen, mit Philipp. Also, der war König von Macedonia. Das liegt im Norden von Griechenland. Also… ähm…“
    Sie drehte sich wieder nach Leander um, der wieder stumm im Hintergrund stand. “Leander? Haben wir hier im Haus eine Karte?“
    “Eine Karte, Herrin?“
    “Ja, du weißt schon, so von Griechenland und Asia und Agyptus und so? Haben wir sowas?“
    “Ich glaube nicht, Herrin. Aber ich kann mal nachschauen“
    Axilla nickte eifrig, verkniff sich diesmal das „danke“ und sah Leander kurz hinterher, wie der aus dem Tablinum ging, um eine Karte zu suchen.
    “Ähm, ja, sonst müssen wir mal im Museion vielleicht schauen. Also, Macedonia liegt also im Norden. Und er hat Olympias geheiratet, das war eine Prinzessin aus Epirus und eine Anhängerin vom Kult des Dyonisos. Angeblich konnte die auch zaubern, aber das weiß ich nicht so genau.
    Also, und Philipp also war König und hat versucht, sein Reich ein wenig zu vergrößern. Damals war das in Griechenland noch so, dass das viele verschiedene Länder waren, und jede Stadt gegen die andere Krieg geführt hat. Und Philipp hatte eine schwache Position mit seinem Land, weil das ist ziemlich karg und arm, und hatte eigentlich nur eine gute Armee. Er hat also erst seine Position im Land gefestigt und die ganzen zerstrittenen Fürsten unter sich geeinigt. Dann hat er also angefangen, sein Land zu erweitern und Athen und Thessalien angegriffen. Und auch erobert.
    Also, mit Karte wär das jetzt leichter vorzustellen…“

  • "Dann war das bei den Griechen ja so, wie es heute bei den Germanen noch ist. Die Germanen gibt es nämlich eigentlich gar nicht, denn das sind auch alles einzelne Stämme. Da gibt es zum Beispiel die Amisvarier, die Ubier, die Mattiaker, die Chauken, die Friesen, die Sueben, die Battaver oder die Cherusker. Aber die Römer nennen sie einfach alle Germanen."


    Ob die Griechen auch heute noch kein richtiges Volk waren, sondern auch noch einzelne Stämme? Und ob es jemals ein Stammesführer schaffen würde, die ganzen Stämme unter sich zu vereinen? Das war eigentlich undenkbar...



    "Und seine Mutter hat zaubern können? Können das alle vom Dyionisos Kult?"


    Vielleicht waren das ja so eone Art griechische Godinen. Vor denen würde er sich dann lieber in Acht nehmen.

  • Das war ja interessant. Die Germanen gab es als solche eigentlich gar nicht? Aber warum hießen die dann so? Das musste sie sich auf jeden Fall merken und vielleicht später mal nachfragen, bevor sie sich wieder ablenken ließ und eigentlich was ganz anderes dann erzählte, als sie erzählen wollte.
    Aber Rufus kam auch gleich auf Olympias zurück, so dass Axilla sich nicht selbst wieder zurückablenken musste. Lachend schüttelte sie bei seiner Frage den Kopf.
    “Nein, die können glaub ich nicht alle zaubern. Ich find die nur ein bisschen verrückt, aber zaubern können die glaube ich nicht. Die feiern nur sehr gerne und tun ganz geheimnisvoll. Aber Olympias stammte von Achill ab. Wobei ich nicht weiß, wie das gehen sollte, weil seine Mutter ihm ja vorausgesagt hat, dass er ohne Nachkommen sterben würde, wenn er nach Troja geht. Aber irgendwie muss er ja dann doch Nachkommen gehabt haben, sonst könnte Olympias ja nicht von ihm abstammen.“


    Leander kam mit, hatte aber keine Karte sondern nur leeres Pergament und eine Schreibfeder dabei.
    “Wir haben keine Karte, Herrin. Aber ich dachte, vielleicht möchtest du einfach aufzeichnen…?“
    Manchmal liebte Axilla ihren Sklaven einfach! Natürlich, warum war sie da nicht drauf gekommen? Dabei war das ja viel einfacher, als jetzt ins Museion zu gehen. Nungut, dafür mussten sie sich auf Axillas zugegebenermaßen beschränkte Geographiekenntnisse verlassen, aber gerade den Alexanderfeldzug sollte sie hinbekommen.
    “Danke, Leander. Das ist perfekt!“
    Der Sklave verneigte sich leicht und lächelnd und legte das leere Pergament und das Tintenfässchen samt großer Gänsefeder auf den Tisch in Axillas und Rufus’ Nähe. Danach verneigte er sich noch einmal leicht und trat wieder zurück in den Hintergrund.
    Kurzerhand stand Axilla auf und zog ihren Sessel mit sich näher zu dem Tisch, um bequem für Rufus das alles aufzeichnen zu können.
    “Dann mal ich mal eben die Karte. Also das… hier… ist Griechenland. Da hier vorne ist dann Italia. Naja, das passt jetzt nicht ganz drauf, hab zu weit links angefangen mit zeichnen. Naja, egal. Hier geht es rechts weiter nach Thrakien, dann kommen die Dardanellen. Hier hinten ist dann das mare… dingens… egal…
    So, dann kommt hier Asia und hier dann Judaea und hier unten ist dann schon Aegyptus. Also, das hier in der Mitte ist jetzt Meer. Ich mal da mal Wellen hin. So.“

    Naja, nicht schön, dafür selten, schoss es Axilla durch den Kopf, während sie ihr Kunstwerk so betrachtete.
    “Gut, also hier so ungefähr ist Macedonia. Ich mach mal ein Emm rein. Dann ist hier Thessalien ungefähr, beim Teh… und hier irgendwo ist dann Athen. Also, so ungefähr nur, damit du es dir besser vorstellen kannst.“


    Hinterher sah das ganze dann ungefähr so aus:
    [Blockierte Grafik: http://img3.imageshack.us/img3/7527/alexanderfeldzug1.jpg]


    Nicht unbedingt schön und ganz richtig, aber dafür einzigartig. Axilla war ganz zufrieden mit sich und ihrer Tinte, sie hatte gar nicht gekleckert und ihre Finger waren nur ein ganz kleines bisschen jetzt schwarz verklebt.

  • Zuerst sah ragin da nichts, außer merkwürdigen Strichen, die keinen wirklichen Sinn für ihn ergaben. Aber Axilla Erklärungen hauchten dem ganzen Leben ein. Den Stiefel erkannte er sogar besonders gut, schließlich war er da schon entlanggefahren, auch wenn er etwas abgeschnitten war. Aber er war schon erstaunt, wie sie so eine Karte einfach aus dem Kopf zeichnete.


    "Und du kannst so einfach aus dem Kopf so eine Karte zeichnen? Hast du das irgendwo gelernt? Italia erkenne ich sogar, da bin ich ja mit dem Schiff langgefahren."


    Aber Macedonia und Thessalien hatte er schonmal gehört, auch wenn er sich darunter nicht wirklich was vorstellen konnte. Aber auf dieser karte sah der Weg über Judäa gar nicht so lang aus. Vielleicht würde er doch um die Schifffahrt herumkommen.

  • Bei der Frage nach der Karte wurde Axilla ein wenig verlegen und kratzte sich verlegen am Ohr. Dass sie noch Tinte an den Fingern dabei hatte und daher ihrem Ohr einen dekorativen schwarzen Anstrich am obersten Rand verpasste, merkte sie nicht einmal.
    “Ähm, nein, ich hab das nicht gelernt. Daheim… also in Tarraco hatten wir im Tablinum so eine Karte auf dem Boden als Mosaik. Vater hat Alexander sehr bewundert und mir das alles gezeigt und erklärt, also auch mit der Karte… ja…“
    Sie erinnerte sich kurz, wie sie dort oft stundenlang gestanden hatten, die Welt des Alexanders zu ihren Füßen, und wie ihr Vater mit ihr den Weg nachgegangen ist, die verschiedenen Stationen, die hundert Geschichten, und sie sie ihm gelauscht hatte, bis sie jemand gestört hatte, weil Vater wieder weiter musste. Sie starrte einen Moment gedankenverloren auf ihre Karte, die nur sehr oberflächlich Ähnlichkeit mit der großen Karte zuhause hatte, und sie war gewiss kein so guter Lehrmeister wie ihr Vater.
    Bevor sie sich zu sehr in diese Gedanken verstrickte und noch die Traurigkeit in ihr wirklich spüren konnte, räusperte sie sich schnell und tunkte ganz geschäftig die Feder wieder in das Tintenfässchen.
    “Ähm ja, also das hat Philipp dann alles erobert, bevor Alexander König wurde. Achja, das hab ich ja schon vergessen, also Philipp und Alexander hatten da einen Streit, als Alexander noch jünger war. Also so alt wie ich ungefähr, also so sechzehn oder so.
    Und zwar hat sein Vater noch mal geheiratet, die Nichte von seinem Feldherren Attalos. Und auf der Hochzeit hat dann Attalos gesagt, er trinkt „auf die rechtmäßigen Nachkommen von Philipp mit seiner Nichte“, und da war Alexander dann natürlich wütend und hat gefragt, ob er denn nur ein Bastard sei. Und die haben sich dann sehr gestritten, weil Philipp Attalos helfen wollte. Aber er war betrunken und fiel hin, und Alexander hat ihn dann verspottet, dass er noch nichtmal vom einen Bett ins nächste kommt, wie er dann mit dem Heer bis nach Asia kommen will.
    Naja, auf jeden Fall ist Alexander dann mit seiner Mutter nach Epirus gegangen, da war sie ja Prinzessin. Also, das liegt hier.“

    Und ein neuer Kringel auf der Karte erschien.


    [Blockierte Grafik: http://img5.imageshack.us/img5/1192/alexanderfeldzug2.jpg]

  • Ragin musste breit grinsen, als er sah, dass Axilla Tinte am Ohr hatte. Er selbst verschmierte sich immer die Finger beim Schreiben mit Tinte und war froh darüber, wenn er eine Wachstafel benutzen konnte. Aber so einfach konnte er ihr das ja nicht sagen, das wäre sicher unhöflich gewesen. Das Grinsen verschwand wieder von seinem Gesicht. Aber auf der anderen Seite, waren sie ja auch Freunde und denen sagte man sowas normal einfach. Also Witjon oder Phelan hätte er das jetzt sofort auf die Nase gebunden, aber die waren zum einen männlich und zum anderen verwandt. Das war aber auch schwierig...


    "Aha, ja das ist ja ganz schön interessant" irgendwie bannte ihn der Anblick des verschmierten Ohres, "da hat Alexander aber recht gehabt, mit seiner Mutter zu gehen. Aber von Epirus habe ich noch nie was gehört."


    Irgendwie verlor er zuhehends den Faden, zu sehr nagten die anderen gedanken an ihm.


    "Du, wir sind ja Freunde, also äääääh... ich meine da kann man sich doch Sachen dann sagen, die man normal nicht so einfach sagen würde, oder?"

  • Verunsichert schaute Axilla Rufus an. So unter Freunden etwas offen sagen, was man sonst nicht sagen würde? Verlegen kaute sie kurz auf ihrer Unterlippe. War es wegen dem Reiten? Bestimmt, was sollte es sonst sein! Immerhin wohnte er in der Regia, und da kam ja nicht jeder hin und zu dieser Ehre. Da waren ihre Reitkünste und die kurze Tunika an dem tag und das alles sicher furchtbar peinlich für ihn gewesen. Vielleicht hatte seine Cousine ja sogar was gesagt? Oder die Frau des Präfekten? Die mochte Axilla ja nicht.
    Hibbelig und unsicher schaute Axilla zu Rufus hinüber. “Ähm… ja…?“ Ihre Antwort klang selbst mehr wie eine Frage. Sie hatte ja keine Ahnung was er ihr sagen wollte und fürchtete das schlimmste.

  • Dann musste ragin doch wieder schelmisch grinsen. "Du hast dir von der Tinte was an dein Ohr geschmiert." Er tippte sich an sein eigenes Ohr um zu zeigen wo der fleck war. "Ich wusste nicht, ob ich sowas so einfach sagen kann, ich hatte ja noch nie einen weiblichen Freund, deswegen war ich da ein wenig verunsichert... also nun... ich verschmiere mir mit der Tinte immer die Finger. Und wenn man sich dann wo kratzt oder so, dann hat man die Tinte gleich überall kleben. Deswegen mag ich Wachstafeln viel lieber, denn da verschmiert man sich nicht so."


    Er grinste immernoch.



    "Aber wenn es jemand außer mir sieht, dann sag einfach es wäre etwas von dieser griechischen Schminke."

  • Sie hatte Tinte am Ohr? Axilla schaute erst auf ihre Hand, wo ein dekorativer, schwarzer Fleck an Daumen, Zeige- und Mittelfinger davon kündete, dass sie geschrieben hatte. Seit sie für Nikolaos arbeitete, hatte sie dort dauernd Flecken und musste ihre Hand schrubben. Daher bemerkte sie das schon fast gar nicht mehr. Aber jetzt, wo Rufus das so sagte, das war ja peinlich!
    Sie fasste sich mit ihrer linken Hand prüfend an das rechte Ohr und blickte danach auf die Finger. Verdammt, er hatte recht! Sie versuchte ein wenig davon noch wegzureiben, damit es nicht gar so schlimm sein würde. Solange es noch nass war, ging das ja. Allerdings war das Resultat nun, dass ihre beiden Hände mit Tinte leicht verschmiert waren. Und auch mit ihrer guten Tinte! Die kleckerte nicht nur nicht, nein, die war auch richtig schön kräftig. Mist verdammter aber auch!
    “Ähm, ich glaub nicht, dass mir das jemand glaubt. Am Ohr sich zu schminken wäre mal was neues. Wenn die Alexandriner damit anfangen, muss ich mir nie wieder Sorgen um meinen Farbmischer machen, dann verkauf ich viel Kosmetik. Obwohl die Griechen sich manchmal so viel Schminke ins Gesicht machen, verkauf ich davon nur ganz wenig. Bin vielleicht zu teuer, keine Ahnung.“
    Vor lauter Nervosität fing Axilla wie so oft an, einfach zu reden, ohne lange nachzudenken.
    “Normalerweise sollte ich ja froh sein, dass die Tinte so gut hält, ist ja gute Qualität. Aber ich glaub, ich werd nachher ewig im Balneum sein, um das wieder runterzukriegen.“
    Nach diesem Satz schaute sie etwas verlegen auf, das war wohl wieder etwas, was man nicht so genau ausführen sollte. Bevor es noch peinlicher wurde, redete Axilla also einfach weiter, als wäre nichts gewesen.
    “Naja, dann sollte ich jetzt besser aufpassen, dass ich mir nicht noch an der Nase kratze, sonst kann ich morgen nicht arbeiten gehen.“
    Eigentlich ein Wunder, dass sie sich die noch nie angemalt hatte.

  • "Na so wie Nikolaos angemalt ist, darf der ganz sicher nichts sagen, wenn du was auf der Nase hast. Sag ihm einfach, dass es die neueste römische Mode ist, dann macht er es vielleicht sogar noch nach. Wenn er deswegen was sagt, mach ich bei mir das gleiche und geh ihn besuchen, der schaut dann sicher ganz schön doof."


    Diese Vorstellung ließ ihn richtig losprusten. Zum Glück hatte im Moment nicht getrunken, sonst wäre Axillas Karte wohl nicht mehr zu gebrauchen gewesen. Einen Griechen mit so etwas zu foppen würde ihm nur zu gut gefallen, auch wenn er Nikolaos eigentlich mochte. Aber es wäre ja nur ein harmloser Streich, zumindest wenn dieser es ihnen dann nicht noch gleichtat.

  • Bei Rufus’ Vorschlag musste auch Axilla lachen. Erst versuchte sie es noch zu unterdrücken, aber das ging nicht mehr, als Rufus richtig lachte. Zum Glück hatte sie nichts in den Händen oder gar was zu trinken noch im Mund, sonst wäre wohl ein Malheur passiert. So aber gluckste sie auch nur lachend vor sich hin, bis sie sich wieder beruhigt hatte und lachend den Kopf schüttelte.
    “Ich glaube nicht, dass Nikolaos mir das glauben würde. Aber um sein Gesicht zu sehen, wenn du auch so kommst, wär es den Versuch fast schon wert.“
    Mehr als nur einen Moment war sie wirklich versucht, den Plan umzusetzen. Aber Urgulania wäre deswegen sicher fürchterlich böse, und nachdem sie sie schon so mit der Sache damals mit Marcus Achilleos vor Gästen so blamiert hatte, wollte sie sich wirklich zurücknehmen.
    “Aber ich glaub, das sollten wir lieber lassen, bevor wir richtig Ärger bekommen. „
    Axilla brauchte einen Moment, um den vorherigen Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Immerhin wollte sie Rufus ja was über Alexander erzählen und sich nicht überlegen, wie sie Nikolaos am besten ärgern konnte. Abgesehen davon, dass sie den wirklich, wirklich sehr gern hatte. Der hatte sie eingestellt, obwohl sie ein Mädchen war und nichtmal attisch konnte.
    “Ähm, wo war ich? Achja, Epirus. Genau. Ähm, also, Philipp hat dann noch weiter krieg geführt und halt gewonnen, und dann bei einer Feier hat er Alexander zur Versöhnung wieder eingeladen. Aber da wurde er dann von Pausanias umgebracht. Also, Philipp. Und dabei war Pausanias eigentlich einer seiner Leibwächter!
    Naja, der ist dann auch gleich getötet worden von den wütenden Macedonen. Und weil Alexander da dann da war und der einzige erwachsene Sohn von Philipp und auch schon selber Schlachten für seinen Vater gewonnen hatte und er ja trotz dem Streit der legitime Erbe von Philipp war, wurde er dann gleich zum König dort gewählt.“

    Axilla blickte auf die Karte und versuchte, das nächste alles richtig zusammenzukriegen.
    “Also, die Thessalier und Athener und alle dachten sich, sie nutzen die Chance zur Rebellion, weil Alexander war ja auch erst zwanzig, und sie dachten, er ist unerfahren und schwach. Aber der hat dann gleich sein Heer in Bewegung gesetzt und ganz Griechenland unter seine Kontrolle gebracht. Die nannten das dann den korinthischen Bund. Das war dann alles hier, bis auf Sparta und Kreta. Also, das hier und die Insel da.“
    Axilla malte wieder ein wenig auf ihrer Karte herum und schraffierte schön das spartanische gebiet und die Insel, die zwischen den vielen Wellen etwas unterzugehen schien.
    “Und dann machte er sich auf in Richtung Persien. Also, damals gehörte denen so ziemlich der ganze Osten, sogar Asia hier. Und die Perser haben immer versucht, die Griechen zu übernehmen, es aber nie geschafft. Und jetzt hatte sich Alexander dazu entschlossen, die Perser zu übernehmen. Aber nicht nur aus Rache!“
    Das war Axilla wichtig, dass da nun nicht der falsche Eindruck von Alexander entstand. Der war immerhin kein Schlächter, sondern ein Heroe. Und ihr Vater hatte ihn sehr verehrt, da konnte dieser Mann kein rachsüchtiger Schlächter sein.
    “Also, Alexander hatte einen Traum. Wenn es nur ein großes Reich geben würde, dann würde es ja auch keine Kriege mehr geben, richtig? Stell dir mal vor, wie das wäre, wenn alle miteinander frei Handel treiben könnten, ohne die ganzen Grenzen und so. Dann gäb es auch weniger Hunger. Ist ja jetzt im römischen Reich auch so, hier in Ägypten wächst der Weizen, den die Leute in Italia essen. Und wenn das nun auf der ganzen Welt ginge, dann wär das doch was tolles?“
    Vielleicht zeichnete Axilla das Bild von Alexander etwas zu rosarot, allerdings konnte sie nichts, was ihr Vater für gut befunden hatte, schlecht sehen.
    “Aber kein Herrscher gibt ja sein Land freiwillig ab. Also hat Alexander angefangen, das Perserreich zu erobern. Dazu ist er erst einmal nach Thrakien. Das ist hier über den Dardanellen. Ich mach da auch mal ein Teh. Moment, haben wir ja schon. Dann noch ein Hah, dazu.“


    [Blockierte Grafik: http://img26.imageshack.us/img26/7766/alexanderfeldzug3.jpg]

  • Es war erleichternd mit ihr zu lachen und zu blödeln. Das hatte er wirklich vermisst. In Mogontiacum hatte er niemanden in seinem Alter gehabt und dann war auch noch Ratbald fortgegangen und ab da hatte er nur noch wenig gelacht. nur auf dem Julfest und mit Sontje war er richtig fröhlich gewesen und erst jetzt wusste er wie sehr ihm das befreiende Lachen und Rumalbern gefehlt hatte.


    Dann lauschte er aber wieder gebannt ihren Erzählungen. Das klang fast alles gut, aber eine Welt ohne Krieg? Dann würden die Männer ja alle an Alter sterben und Wotan würde keine neuen Recken für seine Einherjer bekommen und dann beim Ragnaröck vielleicht doch verlieren. Kein Wunder, dass die Nornen diesem Alexander keinen endgültigen Sieg hatten schenken können. Das wäre einfach zu gefählich gewesen. Ragin mochte den Krieg auch nicht, aber trotzdem war er etwas Notwendiges, das wusste er doch ganz genau.


    "Aber es gibt ja trotzdem noch Krieg im römischen Reich. Und das wird sich nie ändern, kann es ja auch gar nicht. Aber wo hat er denn die ganzen Krieger also die Soldaten hergenommen um so viele Länder zu erobern? Und ich habe mir schon gedacht, dass sich die Spartaner nicht angeschlossen haben. Die sollen ja wirklich große Krieger gewesen sein. Das hab ich bei Herodot gelesen. Wie die sich bei der Schlacht an den Thermopylen den Persern gegenübergestellt haben. Das waren wirkliche Helden! Die sind sicher nach...also... ich meine...die waren sicher nicht so einfach zu besiegen."


    Eigentlich wollte er sagen, dass solche Krieger sicher zu Wotan gekommen wären, aber das konnte er ja nicht so einfach sagen, schließlich wollte er Axilla noch als Freundin behalten.

  • “Ja, ich weiß, dass es immer Aufstände geben wird und immer Kriege, weil immer jemand sich benachteiligt sehen wird oder etwas anderes wollen wird als er bekommt. Aber wär doch ein schöner Gedanke, wenn man keine Angst mehr haben müsste, ob jemand wieder heimkommt…“
    Axilla merkte, dass das Thema sie sehr schwermütig machte, Sie konnte das Lachen nicht zurückrufen, auch wenn sie es durch ein Schmunzeln noch einmal versuchte. Aber es wollte einfach nicht so recht gelingen.
    Sie wusste ja, dass der Krieg immer da sein würde. Mars war kein Gott, der dieses Eifern in den Menschen einfach erlöschen lassen würde. Zu kämpfen war ja auch ehrenvoll. Und es gab keinen anwährenden Frieden, der nur auf die Vernunft begründet war. Friede war immer begründet auf ein Schwert. Ein gewisser Flavius Vegetius Renatus würde das ganze in zweihundert Jahren einmal so ausdrücken, dass wer den Frieden will, sich auf Krieg vorbereiten müsse.


    Zum Glück lenkte Rufus sie ein wenig gleich ab, indem er auf Leonidas an den Thermopylen zu sprechen kam. Eifrig nickte sie ihm zustimmend zu.
    “Ja, das war schon sehr mutig. Die müssen gewusst haben, das sie sterben werden, und haben dennoch gekämpft mit allem, was sie hatten. Nicht für sich selbst kämpfend, sondern für die, die folgen…“
    Kurz blieb Axilla die Stimme weg. Auch diese Geschichte hatte sie oft von ihrem Vater gehört. Und auf diese Weise war er auch gefallen. Bei seinen Männern bleibend, obwohl die Feinde wohl in der Überzahl waren, um zu verhindern, dass die nachfolgenden auch in den Hinterhalt liefen. Ihr Blick war einen Moment ganz glasig und es dauerte diesmal noch länger, bis sie sich wieder gefangen hatte. Zwischen Verwirrung und Verzweiflung gefangen nahm Axilla erst einmal einen großen Schluck Saft, um Zeit zu gewinnen. Sie wollte nicht, dass Rufus irgendwas bemerkte.
    Komm schon, einmal lächeln. Du kannst das, versuchte sie sich selbst einzureden, während sie langsam trank. Als sie den Becher absetzte, schaffte sie zumindest ein halbes Lächeln. Aber ihr neuer Freund kannte sie dafür sicher nicht genug, um zu merken, wie wenig echt es war im Vergleich zu den anderen unechten Lächeln sonst, wenn sie sich hinter ihrer Maske vor sich selbst verbarg.
    “Ähm, genau, die Truppen. Also, Alexander war sehr brillant. Zunächst einmal hat er ja alle Griechen auf sich eingeschworen, mit ihm gegen Persien zu ziehen, um die ionischen Städte zu befreien. Die sind hier an der Küste von Asia. Da, das da ist zum Beispiel Milet, wo mein Lehrer Iason auch herkam. Das gehörte ja nach dem trojanischen Krieg auch alles zu Griechenland, bis die Perser es erobert haben.
    Also naja, fast alle. Weil die haben ja zuerst, als Alexander an die Macht kam, revoltiert. Deshalb hat Alexander mit seinem Heer, nachdem er Thrakien und Illyrien wieder befriedet hatte, Theben geschliffen und alle Gebäude außer die Tempel und das Haus eines berühmten Dichters abbrennen lassen. Von der Bevölkerung sind viele gestorben und noch viel mehr versklavt worden. Danach haben sich die anderen Städte freiwillig ergeben. Also hatte er dann alle Griechen hinter sich, als Zentrum seine Macedonen, auf die er sich verlassen konnte.
    Und immer, wenn er ein neues Gebiet erobert hat, hat er dort die Truppen in seine Armee mit aufgenommen als Hilfstruppen. Da bekamen sie gute Bezahlung, gute Verpflegung, und ihre Kinder bekamen das Bürgerrecht und durften lesen und schreiben lernen. Daher hat er immer nur ein paar Griechen zur Sicherung zurückgelassen und aus den neuen Truppen dann auch schöpfen können, mit seinen Macedonen als zuverlässigen Kern. Er hat auch ganz oft die Städte einfach so übernommen, mit der ganzen Verwaltung und allem, ohne groß etwas zu ändern. Dann hatte natürlich auch keiner Grund, sauer auf ihn zu sein. Und wenn sich eine Stadt ihm ergeben hat, war er immer sehr großzügig. Nur bei denen, die er einnehmen musste, da war er dann grausam.


    Aber soweit bin ich ja eigentlich noch gar nicht mit erzählen. Als erstes kommt die Schlacht hier, am Granikos.“
    Axilla zeichnete wieder ein X auf die Karte, nahe des Bosporus.
    “Da ist er das erste Mal auf die Perser dann auch getroffen und hat sie geschlagen, so dass sie sich zurückziehen mussten. Die waren aber auch überheblich und dumm. Haben ihre Reiterei nach vorne gestellt und die Fußtruppen dahinter, anstatt die Reiterei zurückzuhalten und auf die richtige Gelegenheit zu warten. Dann war ihre Schlachtordnung viel zu verteilt, weil die Pferde ja viel schneller sind, und Alexander konnte mit seiner Reiterei, die er auf den Flanken positioniert hatte, mühelos in ihr Zentrum vordringen, hinter ihrer Reiterei. Das war ein ganz klarer Fehler vom gegnerischen Feldherren. Der hat sich viel zu sehr auf die Stärke der Perser verlassen und die Griechen unterschätzt.“
    Axilla schüttelte den Kopf. Wie der nur so dumm hatte sein können? Sie war der festen Überzeugung, dass ihr das nicht passiert wäre, wenn sie selbst Feldherr gewesen wäre. Da hatte ihr Vater ihr doch zuviel beigebracht.
    “Danach war für Alexander der Weg nach Ionien frei und er konnte die Städte hier an der Küste alle einnehmen und Statthalter einsetzen.“
    Ein paar Pfeile sollten den Weg klarmachen, den er genommen hatte.


    [Blockierte Grafik: http://img21.imageshack.us/img21/4315/alexanderfeldzug4.jpg]

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