Die Arbeitsräume des Exegetes

  • Der Exegetes hatte eifrig mitgeschrieben. Er reichte dem Römer die Wachstafel.


    Lucius Iunius Silanus
    Iv.Alba
    Iv. Attica
    Iv. Axilla
    Iv.Varilia
    Man. Iv. Laevinus
    Marc. Iv. Varus


    "Ist das in Ordnung so oder habe ich jemanden vergessen?", fragte der Exegetes.


    Sim-Off:

    Verzeihung, ich habe deine Antwort vorher übersehen.

  • Silanus nahm die Tafel an sich und ließ seinen Blick über die darauf notierten Namen schweifen. Mit einem Nicken gab er sie dem städtischen Magistraten zurück. Er war froh, dass diese Angelegenheit so rasch und problemlos ablief. Daran konnte sich so manch ein Beamter in Rom ein Beispiel nehmen.


    "Nein du hast niemand vergessen. Es stimmt alles so."

  • Während das Wachs noch schmolz ergänzte Herbal den Brief. Was war nur los?* Wahrscheinlich würde er den Tod seiner Familie noch ordentlich verarbeiten müssen, und das schnell. Sonst stand es schlecht um seine Konzentration.


    "An den ehrenwerten Gymnasiarchen.
    Der Knabe, der dies mit sich führt, dessen Name Herbal Gisco ist, entstammt zwar keiner berühmten Familie, dennoch möchte ich dich bitten, ihn in die Jungenschaft des Gymnasions aufzunehmen. Herbal untersteht bis zu seiner Aufnahme unter die Bürger meinem Schutz. Ich gebe dir die Versicherung, dass er gehorsam und eifrig das tun wird, was du und deine Gehilfen ihm auftragen, und dass sein Betragen vorbildlich sein wird. Sollte er meinem Glauben an seine vortrefflichen Eigenschaften zuwider handeln, setze mich bitte davon unverzüglich in Kenntnis, damit ich ihn dafür strafen kann und zum Besseren erziehen, auf dass er nie wieder dein Missfallen erregt. Sollte er aus der Strafe nicht gelernt haben, so setze mich wieder davon in Kenntnis und wirf ihn getrost hinaus, denn in einem solchen Fall erlischt der Schutz und die gewissermaßen väterliche Sorge, die ich Herbal angedeihen lasse.
    Scheue dich nicht, ihn maßvoll zu züchtigen, doch lasse mich über seine Entwicklung nie im Ungewissen.


    Hochachtungsvoll Nikolaos Kerykes."


    Dann war auch schon das Siegelwachs heiß und Herbal goss es sorgfältig neben die Grußformel.



    Sim-Off:

    *Werde in Zukunft achtsamer kopieren, so geht's ja nicht...

  • Nikolaos sah dem Schreiber bei seiner Arbeit über die Schulter. Etwas nervös wirkte Herbal noch. Doch dies war Nikolaos für den Anfang sogar sehr gelegen. Nervöse Schreiber waren ihm sehr viel lieber als Vorlaute, solange die Zahl ihrer Fehler aufgrund von Nervosität rasch abnähme.
    Als das Wachs auf dem Papyrus lag, drückte er seinen Siegelring hinein. Dann wartete er, bis das Siegel erstarrt war und gab Herbal den Brief zurück. Seinen Siegelring reinigte er mit einer feinen Nadel aus Elfenbein.

  • Herbal nahm den Brief und überlegte wie es nun weiter gehen sollte. Da der Tag schon gut fortgeschritten war fragte er:


    "Exegetes? Wenn du es erlaubst würde ich mich nun den von dir übertragenen Aufträgen widmen. Ich werde mich dann beim ersten Morgengrauen des morgigen Tages hier einfinden."

  • "Sehr schön.", antwortete Nikolaos. Er selbst hatte keine sonderlich große Lust, den verbliebenen Rest des Tages in seinem Arbeitsraum zu verbringen. "Wir werden uns im Laufe des Tages sehen." Natürlich würde Nikolaos seine Arbeitsräume nicht exakt im ersten Morgengrauen aufsuchen. Er hatte anderes zu tun, die nächsten Wahlen standen an. Diese bedurften einiger Vorbereitung.
    "Wenn du den Strategos siehst, sage ihm bitte, dass ich dringend mit ihm sprechen muss.", fügte Nikolaos noch hinzu. "Und lasse niemanden in meinen Arbeitsraum, wenn ich nicht hier bin."
    Zur Zeit lagen dort nämlich einige sensible Unterlagen herum. In Schränken verstaut zwar, doch Nikolaos konnte nicht wissen, auf welche Gedanken wartende Besucher kämen... .
    "Wir sehen uns morgen. Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag."
    Mit diesen Worten verließ Nikolaos das Vorzimmer seines Arbeitsraumes. Er hatte noch einen weiten Weg vor sich, er hoffte, er würde gegen Abend sein Landhaus erreicht haben. Es wurde höchste Zeit, dass er sich ein anständiges Haus innerhalb der Stadt kaufte.

  • "Das freut mich.", antwortete Nikolaos. "Zwei Fragen noch: Die hier genannten wohnen alle in deinem Haus? Und der Präfekt ist über ihre Anwesenheit in der Stadt unterrichtet?" Zwar waren diese Nachforschungen mühselig, doch Nikolaos trug schließlich eine gewisse Verantwortung dem Eparchos und der Polis gegenüber.

  • Der erste Teil der Frage war leicht zu beantworten. Der Zweite jedoch machte Silanus etwas nachdenklich.


    "Ja, alle wohnen in meinem Haus in Basileia. Es ist mir jedoch neu, dass der Praefectus über jeden einzelnen Bewohner bescheid wissen muss, der unter meinem Dach lebt. Davor höre ich heute zum ersten Mal."


    Der junge Mann sah den Exegetes verwundert an. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Statthalter über jeden in Alexandria wohnenden Bürger bescheid wissen wollte geschweige denn es tatsächlich tat. Vielleicht hatte er die Frage des Magistraten missverstanden.

  • "Nun ja, wie du wahrscheinlich weißt, ist der göttliche Imperator in Bezug auf Rhomäern in seiner unserer Stadt benachbarten Provinz empfindlich." Nikolaos hatte wie selbstverständlich betont, dass Provinz und Polis zwei völlig unterschiedliche Dinge waren, was formal natürlich zutraf, hinter den Kulissen allerdings nicht immer. "Doch ich vermute, dass keiner deiner Hausgenossen Mitglied in der römischen boulé ist." Das Wort, das die Römer dafür benutzten, war ihm entfallen, er hoffte, Lucius Iunius Silanus würde ihn auch so verstehen.

  • Silanus brauchte eine weile bis er verstanden hatte, was der Exegetes gemeint hatte. Er lächelte den Beamten freundlich und etwas erheitert an.


    "Ah! Du meinst ob einer meiner Verwandten ein Senator ist? Nein, ich kann dich beruhigen. Das ist nicht der Fall. Es steht jedem meiner Verwandten frei sich hier in Alexandria aufzuhalten – ohne Einschränkungen."

  • Nikolaos nickte höflich. "Dann steht einer Einbürgerung nichts mehr im Wege. Ich werde gleich heute noch einen Schreiber anweisen, die Namen in den Bürgerlisten unter Ehrenbürgern einzutragen. Hast du noch Fragen hierzu oder ein weiteres Anliegen?"

  • Silanus überlegte kurz.


    "Ich habe tatsächlich noch eine Frage. Sollte ein Familienmitglied Alexandria langfristig verlassen, muss dies hier bei dir gemeldet werden und wird ihm damit auch die Proxenie wieder entzogen oder wie sieht es dann aus?"

  • "Die Proxenie nach den Freundschaftsverträgen mit dem göttlichen Imperator gilt nur für in Alexandria ansässige römische Bürger. Sollte also ein Proxenios nach dieser Regelung die Stadt dauerhaft verlassen, kann ihm die Ehrenbürgerschaft aberkannt werden. Bei erneutem Umzug zurück in die Polis kann er selbstverständlich um eine erneute Anerkennung als Proxenios bitten. Eine aufenthaltsunabhängige Proxenie wird lediglich in Einzelfällen an Fremde verliehen, die sich besonders um die Polis verdient gemacht haben. Natürlich steht dieser Weg dir und deinen Verwandten auch offen." Er legte eine kurze Pause ein und beobachtete, ob der Römer seiner Rede gefolgt war. "Aus diesen Gründen bitte ich dich um eine Meldung, wenn einer deiner Verwandten die Stadt verlassen hat oder verstorben ist." "Wir haben ohnehin unsere Schwierigkeiten, die Bürgerlisten auf dem neuesten Stand zu halten.", bemerkte er mit einem Lächeln.

  • "Gut! Ich werde das beherzigen und ich denke es sollte kein Problem darstellen dir in genannten Fällen eine Information zukommen zu lassen. Ich danke dir für die Zeit und die Mühen Exegetes."


    Silanus verneigte sich leicht vor dem alexandrinischen Magistraten und wartete darauf, dass ihn dieser Verabschieden würde.

  • "Die Mühen waren keineswegs unerträgliche und gehören im übrigen selbstverständlich zu meinen Pflichten den Bürgern und natürlich auch Ehrenbürgern gegenüber.", entgegnete Nikolaos höflich. "Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag. Sicher wird dies nicht unsere letzte Begnung sein, sind wir doch im - weitesten Sinne - Nachbarn." Mit diesen Worten erhob sich Nikolaos zur Verabschiedung.

  • "So ist es! Ich wünsche dir ebenfalls noch einen angenehmen Tag. Ich denke man sieht sich."


    Mit diesen Worten verabschiedete sich der junge Tribun und verließ das Officium des alexandrinischen Stadtbeamten, froh darüber, dass er dies so rasch und unkompliziert erledigen konnte.

  • Sim-Off:

    Bitte um Schließung des Threads. Nikolaos ist nicht mehr der Exegetes. Und natürlich will er allen zukünftigen Inhabern dieses Amtes einen aufgeräumten Schreibtisch hinterlassen ;).


  • Arche des Exegetes



    Unter einer Stoa links des Isis-Tempels befinden sich die Arbeitsräume des Exegetes der Stadt. Hier wird nicht nur gearbeitet, sondern auch die entsprechende Arbeit archiviert und verwaltet.


    Betritt man die Arche von der Agora aus, kommt man in ein Empfangszimmer, in dem ein Grammateus sich jegliche Anliegen anhört und gegebenenfalls an den Eutheniarchos weiterleitet. Der Raum ist mit einem relativ einfachen Tisch ausgestattet, hinter dem der Beamte sitzt. Der Raum ist ohne weiteren Schmuck, hat jedoch ein Regal mit zahlreichen Armaria und Schriftrollen.


    Wird man zum Exegetes vorgelassen, betritt man eine größere Stege luxuriöserer Ausstattung. So befindet sich neben der Tür eine kleine Sitzecke für persönliche Gespräche, im Zentrum ein grosser Schreibtisch mit einem weich gepolsterten Stuhl aus östlichen Hölzern. Davor findet sich außerdem eine Sitzgelegenheit für Besucher. Hinter dem Tisch befindet sich ein kleines Fenster auf den Meson Pedion hinaus, durch das man das Gymnasion sehen kann. Hier findet sich eine aufwändige Wandmalerei, die einige Szenen aus dem politischen Leben zeigt, sowie ein Regal mit Schriftrollen.

  • Anders als das Amt des Eutheniarchen ist das des Exegetes nicht zwangsweise damit verbunden, dass der Würdenträger den ganzen Tag durch die Stadt läuft um irgendwelche Getreidesäcke zu inspizieren. Im Gegenteil war das Amt des Exegetes vor allem dadurch geprägt, dass der Amtsträger zumeist auf die Agora beschränkt war.
    Zwischen Sitzungen des Koinons, dem Bekanntmachen von dessen Beschlüssen auf der Agora und den endlosen Diskussionen unter den Stoen des Platzes boten die Amtsräume eine gewisse Ruhe. So sass ich, zwischen zwei Sitzungen des Koinons, in meinem Arbeitsraum und brütete wie so oft über den Notizen der Schreiber, die die letzte Sitzung protokolliert hatten.
    Ich seufzte leise und griff in eine Schale mit Kirschen um mir eine von diesen in den Mund zu stecken und langsam zu essen.

  • Der Besuch beim Praefekten hatte Anthi sehr aufgewühlt. Die Dinge die er da erfahren hatte, hatten ihm ganz und gar nicht gefallen. Warum hatte er nur so wenig gewusst? Er war sich vorgekommen wie ein Kind, das seinen Eltern beim Streiten zugesehen hatte ohne genau zu kapieren worum es ging.


    Aber es gab nun einige Sachen über die wohl zu reden war und deswegen besuchte er Iunia Urgulania an diesem Mittag in ihrer Arché.


    Der Grammateus brachte ihn schnell zur Exegete, die gleichzeitig auch die Archiprytane war.


    "Chaire Urgulania, ich hoffe ich störe dich nicht. Aber ich würde gerne etwas mit dir besprechen, sofern es deine Zeit zulässt."


    Wie immer lächelte er sie freundlich an, denn er hatte die rothaarige Rhomäerin schon immer gut leiden können und bewunderte sie auch für das was sie als Frau für die Polis leistete.

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