Die Arbeitsräume des Exegetes

  • Ich lächelte ebenfalls, als Ánthimos eintrat, denn eine gute römische Frau lächelt nun einmal, wenn sie sich im öffentlichen Leben bewegte. Aber hier lächelte ich nicht nur aus Pflichtschuldigkeit, sondern auch weil dieser Besuch, anders als so viele andere, mir einen äusserst sympathischen und auch recht hübschen Mann in mein Arbeitszimmer brachte.
    Chaire Ánthimos, du störst mitnichten. Und natürlich habe ich Zeit. Bitte nimm doch Platz.
    Ich deutete auf die Sitzecke neben der Tür und stand selbst auf, um hinter meinem Tisch hervorzukommen und mich ebenfalls in die Sitzecke zu begeben.
    Was hast du auf dem Herzen?

  • Anthi setzte sich hin, allerdings wurde seine Miene nun ernster.


    "Ich muss sagen, ich bin schockiert, als ich von den Spitzelvorwürfen des Praefekten gehört habe. der vorwurf unsere Stadtwache würde Spione zur Legion schicken, ist beinahe unglaublich und ungeheuerlich. Aber ebenso kann ich mir nicht vorstellen, dass der Praefekt sich das ausgedacht hat. Nun habe ich einige Tage mit mir gerungen und mir überlegt was ich zu tun habe. Und ich denke wir können das nicht unter den Tisch fallen lassen und müssen diese Vorfälle genauer untersuchen. Deswegen möchte ich den Antrag stellen so schnell wie möglich eine Sitzung der Prytanen einzuberufen, damit wir die zuständigen Personen dazu befragen können. Ich denke es ist unser Recht und unsere Pflicht diesen Fall genau zu prüfen. Deswegen komme ich zu dir, denn um Sitzungen einzuberufen ist der Archiprytane zuständig. Wir müssen diesen Fall klären und dann die notwendigen Schritte einleiten, damit wir uns nicht noch weiter von den Rhomäern entfernen. Ich hoffe natürlich, dass sich das alles als eine List des Legionspraefekten herausstellt, aber zuerst müssen wir vor unserer Türe kehren und ausschließen, dass der Spitzelauftrag von einem Prytanen kam."


    Der Agoranomos hoffte nur, dass wenn ein Strategos den Befehl dazu gegeben hatte, es noch Cleonymus gewesen war und Timos nichts zu befürchten hatte. Aber vielleicht hatte der Ägypter ja das gemeint, als er zu Beginn von Timos Amtszeit meinte, er müsse noch ein paar Sachen zuende führen. Am Liebsten allerdings wäre ihm gewesen, wenn gar kein Prytane darin verwickelt wäre, denn auch der Kosmetes wurde von ihm sehr geschätzt.

  • Ich hörte dem Griechen aufmerksam zu und als dieser am Ende angelangt war, seufzte ich ganz leise und schüttelte leicht den Kopf.
    Ich kann verstehen, dass du das aufgeklärt wissen willst und du kannst mir glauben, dass es mir nicht anders geht. Aber ich muss zugeben, dass ich das Ergebnis einer solchen Untersuchung ein Wenig fürchte.

  • Ànthimos nichte bedächtig. Da war Urgulania bestimmt nicht alleine, aber sie mussten es einfach tun. Das waren sie der Polis einfach schuldig.


    "Ich muss gestehen, dass es mir ebenso geht. Zumal mein Bruder ja der amtierende Strategos ist. Aber das müssen wir aufklären. Alles andere würde uns nur verdächtig machen. So haben wir wenigstens die Chance zu zeigen, dass dieser Spitzelangriff nicht von den Prytanen kam und wenn doch, dann können wir ihn mit einer Strafe bereinigen und somit der Prytanie wieder ihre Glaubwürdigkeit zurückgeben. Da können wir keine Rücksicht auf Personen nehmen. Nicht in der gegenwärtigen Lage. Es ist unsere Pflicht das aufzuklären, alles andere wäre ein Schuldeingeständnis und somit ein Misstrauensvotum gegen die Rhomäer."

  • Und wenn sich herausstellt, dass es auf Anordnung deines Bruders geschah?
    fragte ich, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass es nicht so war.
    Wärst du dazu bereit deinen Bruder der römischen Gerichtsbarkeit zu übergeben? Auch mit der Konsequenz, dass er des Hochverrates beschuldigt würde?

  • Da war er wieder der Krampf in seiner Magengegend. Diese Frage war richtig und logisch, aber das machte sie nicht weniger unangenehm. Obwohl er sich sicher war, dass Timos daran nicht beteiligt sein konnte. Nicht beteiligt sein DURFTE!


    "Mein Bruder würde so etwas nicht machen, da bin ich mir ganz sicher. Aber selbst wenn: Wir haben als Prytanen die Pflicht das zu klären und da dürfen wir nicht darauf achten, wen eine solche Untersuchung treffen könnte. Wenn er sein Amt ausübt ist der der Strategos und nicht mein Bruder. Jeder Prytane muss sich seinem Handeln bewusst sein, denn er repräsentiert die gesamte Polis. Von daher: Ja."


    In seinem Amt als Prytane musste er das einfach tun. Aber sollte sich wirklich herausstellen, dass sein Bruder so etwas getan hatte, würde er ihn natürlich nicht ausliefern, sondern ihm zur Flucht verhelfen. Aber die Frage stellte sich nicht, denn Timos war sicher nicht daran beteiligt. Sowas hätte er ihm sicher gesagt.

  • Ich nickte.
    Nun, dann soll diese Angelegenheit unser vordringlichstes Thema bei der nächsten Sitzung des Koinons sein. Ich hoffe nur, dass wir das ganze zu einem guten Ende führen können.
    sagte ich.
    Ich gehe übrigens auch nicht davon aus, das dein Bruder etwas damit zu tun hat.
    fügte ich hinzu. Es war zwar eigentlich unnötig, aber ich wollte es einfach festhalten.

  • Anthi nickte zustimmend.

    "Es bedeutet mir viel, dass du meinen Bruder auch so positiv siehst. ich bin mir sicher, dass er damit nichts zu tun hatte."


    Dann erhob sich Anthi.

    "Danke, dass du dir meine Probleme angehört hast. Ich hoffe das alles wird an uns vorbeigehen ohne größeren Schaden anzurichten."


    Er versuchte ihr noch aufmunternd zuzulächeln, aber so ganz unbeschwert wie sonst wollte ihm das nicht gelingen.

  • Auch ich lächelte, auch wenn es bei mir sicherlich etwas unbeschwerter wirkte, denn ich hatte ihm viele Jahre der Übung voraus.
    Das hoffe ich auch. Und ich werde zu den Göttern dazu beten.

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