Die Arbeitsräume des Exegetes

  • "Schreibe: Chaire, Nikodeme!", begann Nikolaos. Im folgenden würde er seinen Anwärter etwas auf Attisch diktieren. Er machte keine spürbaren Anstalten, sein Sprechtempo dem Schreibtempo anzupassen, sodass dieser Brief dem Schreibenden sicher einige Anstrengung abverlangen würde.
    "Ich schreibe dir diesen Brief in Ermangelung von Zeit, dein Haus selbst aufzusuchen, da du, wie ich weiß, zur Zeit außerhalb der Stadt wohnst, wie es für deine Gesundheit am besten ist. Sei versichert, dass ich bei Zeiten dir selbst einen Besuch abstatten werde. Schließlich bin ich dir, in vielfacher Hinsicht, zu Dank verpflichtet.
    Nun zur Angelegenheit, die ich dir mitteilen will. Das Schiff, das ich bei Aristion bestellte, ist nun fertig und vor drei Tagen glücklich und unbeschadet vom Stapel gelaufen, der Isis und dem Poseidon sei es gedankt! Ich habe im Sinn, mit diesem Schiff den Grundstein zu legen für neue Geschäfte, nämlich, neben dem Vertrieb eigener Waren, auch die Beförderung fremder Ware und Reisender. Jedoch brauche ich dazu einen fähigen Triearchos. Bitte teile mir mit, wenn du einen vertrauenswürdigen und geeigneten Mann kennst. Falls du selbst die Dienste meiner Reederei benötigst, so stehen sie dir selbstverständlich unengeltlich zur Verfügung.
    Ich wünsche dir alles Gute und eine baldige Besserung deines Gesundheitszustandes.


    Es grüßt dich herzlich
    Dein Nikolaos Kerykes."
    Als er das Diktat beendet hatte, lehnte sich Nikolaos wieder zurück und wartete auf das Ergebnis.

  • Diktate hatten Herbal nie sonderlich Probleme bereitet. Er praktizierte Doppeldenk. Während seine Ohren den Speicher immer weiter füllten, schrieben seine Hände noch etwas mitunter erheblich früher gesagtes. So hatte er schon viele Geschichten seines Großvaters zu Papyrus gebracht und mitunter eine halbe Stunde länger geschrieben als sein Großvater erzählt hatte. Sein Vater hatte ihm diese Technik beigebracht um Gespräche mit Kunden nachträglich festzuhalten. Bei etwas so simplen wie einem kurzen Brief war es für Herbal absolut kein Problem wie schnell der Exegetes diktieren mochte. Solange er es verstand. Und das tat er, das glaubte er zumindest.


    Ein Nebeneffekt war allerdings dass er keine Ahnung hatte was genau er da gerade geschrieben hatte. Denn der Inhalt ging dabei verloren. Nur eine lange Buchstabenkette war in seinem Kopf vorhanden, die er, einmal geschrieben nicht wieder abrufen konnte. Kurz nach den Ende des Diktats blickte Herbal auf. Das war's? Ein Blick auf das Papyrus sagte ihm, dass es das war. mit mechanische Präzision hatte er sogar die Absätze gemacht, die die Schlussformel vom Text trennten, ohne das aber zu merken. Er stand auf und reichte dem Exegetes den Papyrusbogen. Was dort zu lesen war, war der Versuch das attische in Koiné-schreibweise zu pressen, denn die attische Schreibweise hatte Herbal nie erlernt und hatte die Worte die er sofort erkannt hatte in Koiné geschrieben und die nicht erkannten in Koiné gepresst.


    "Dein Brief, Exegetes"


    Chaire, Nikodeme!


    Ich schreibe dir diesen Brief in Erhangelung von Zeit, dein Haus selbst aufzusuhlen, da du, wie ich weiß, zur Zeit außerhalb der Stadt wohnst, wie es für deine Gesuchtheit am besten ist. Sei versichert, dass ich bei Zeiten dir selbst einen Besuch abschatten werde. Schließlich bin ich dir, in vielfacher Hinsicht, zu Dank verpflichtet.
    Nun zur Angelogenheit, die ich dir mitkeilen will. Das Schilf, das ich bei Aristion bestellte, ist nun fertig und vor drei Tagen gürklich und unbegattet vom Stapel gelaufen, der Isis und dem Poseidon sei es gedankt! Ich habe im Sinn, mit diesem Schiff den Grundkeim zu legen für neue Geschäfte, nämlich, neben dem Vertrieb eigener Waren, auch die Bevöllerei fremder Ware und Reisesser. Jedoch brauche ich dazu einen fähigen Triearchos. Bitte teile mir mit, wenn du einen vertrauensmüdigen und geeigneten Mann kennst. Falls du selbst die Dienste meiner Rennerei benötigst, so stehen sie dir selbstverständlich unendlich zur Verfügung.
    Ich wünsche dir alles Gute und eine baldige Besserung deines Gesuchtheitsheitszustandes.


    Es grüßt dich herzlich
    Dein Nikolaos Kerykes.

  • Nikolaos überflog das Schriftstück und musste grinsen. Doch schon im nächsten Moment wurde seine Miene ernst.
    "Offenbar scheinst du etwas schwerhörig zu sein. Oder aber hat es dein Lehrer nicht allzu genau genommen... ", entfuhr es ihm mit einem hämischen Unterton. Andererseits wollte er es sich natürlich mit diesem einzigen Bewerber nicht verderben. "Nun gut. Ich werde noch einmal sprechen, etwas langsamer, und du wirst genau zuhören und nun keine Fehler mehr machen.", meinte er, nun lag beinahe ein Anflug von Wohlwollen im Klang seiner Stimme. "Wobei: Hast du überhaupt das Attische gelernt?", warf er ein. "Falls nicht, so werde ich dies zur Kenntnis nehmen, dich aber eindringlich bitten, das schnell nachzuholen, was dein Lehrer versäumt hat." Natürlich war für Nikolaos das Attische die einzige reine, edle Sprache, die es verdiente, dass erhabene Geister sie benutzten, jedoch schien ihm für solche schnöden Dinge wie Geschäftskorrespondenz auch die Koiné gut genug, ja sogar die lateinische Sprache.
    "Also noch einmal von vorne." Und so diktierte Nikolaos noch einmal, wobei er das bereits Geschriebene vorlas und lediglich die fehlerhaften Wörter durch richtige ersetzte. Der Exegetes hatte offenbar kein so vortreffliches Gedächtnis wie sein zukünftiger Schreiber.
    Nachdem er am Ende angelangt war, händigte er den fehlerhaften Brief dem jungen Mann wieder aus. "Nimm beides, füge es zusammen, doch nimm von jedem nur das Wahre.", sagte er und kam sich dabei vor, als zitierte er einen großen Denker. Vielleicht tat er dies auch... . Falls nicht, so beschloss er, war diese Sentenz zumindest eines großen Denkers würdig.

  • Herbal wunderte sich. Die Technik hatte noch nie versagt. Doch bevor er etwas erwidern konnte, beispielsweise auch, dass er nie in Attisch unterrichtet worden war wurde ihm der Text nochmals, diesmal langsam diktiert. Auf einem neuen Bogen schrieb er nach der üblichen hören-ist-gleich-schreiben-Methode. Doch wenn das Attisch war, so war es dem Koiné doch soweit ähnlich, dass er keine Probleme hatte den Brief nieder zu schreiben.
    Als er beide Versionen wieder vor sich hatte, verglich er sie eilig und hätte beinah aufgelacht. Interessante Fehler hatte er da gemacht. Er würde sich das attische aneignen müssen um seinen Katalog der Doppeldenk-fähigen Sprachen zu erweitern. Die fehlerhafte Fassung legte er beiseite und korrigierte die neue nur an ein, zwei Stellen um sie dann dem Exegetes mit den Worten zu reichen:


    "Ich kann Attisch leider nur über Koiné, doch das werde ich schnell auch beherrschen. Das sollte nun korrekt sein."


    Chaire, Nikodeme!
    Ich schreibe dir diesen Brief in Ermangelung von Zeit, dein Haus selbst aufzusuchen, da du, wie ich weiß, zur Zeit außerhalb der Stadt wohnst, wie es für deine Gesundheit am besten ist. Sei versichert, dass ich bei Zeiten dir selbst einen Besuch abstatten werde. Schließlich bin ich dir, in vielfacher Hinsicht, zu Dank verpflichtet.
    Nun zur Angelegenheit, die ich dir mitteilen will. Das Schiff, das ich bei Aristion bestellte, ist nun fertig und vor drei Tagen glücklich und unbeschadet vom Stapel gelaufen, der Isis und dem Poseidon sei es gedankt! Ich habe im Sinn, mit diesem Schiff den Grundstein zu legen für neue Geschäfte, nämlich, neben dem Vertrieb eigener Waren, auch die Beförderung fremder Ware und Reisender. Jedoch brauche ich dazu einen fähigen Triearchos. Bitte teile mir mit, wenn du einen vertrauenswürdigen und geeigneten Mann kennst. Falls du selbst die Dienste meiner Reederei benötigst, so stehen sie dir selbstverständlich unentgeltlich zur Verfügung.
    Ich wünsche dir alles Gute und eine baldige Besserung deines Gesundheitszustandes.


    Es grüßt dich herzlich
    Dein Nikolaos Kerykes.

  • Nikolaos nahm den Brief an sich. Dieses Mal las er ihn viel genauer als das erste Mal. Der junge Mann hatte offenbar rasch gelernt, er schien eine ausgeprägte Auffassungsgabe zu besitzen. "Ich kann keinen Fehler finden.", sagte Nikolaos und nickte anerkennend. "Jedoch ist deine Handschrift etwas - flüchtig.", neutralisierte er sein verhaltenes Lob wieder. Das stimmte zwar nicht, denn die Schrift des Herbals war für Nikolaos Augen sehr sauber, jedoch hatte der Athener gelernt, den Preis einer Ware durch solche Äußerungen zu schmälern, und sei, wie in diesem Fall, die Ware die Arbeitskraft eines Schreibers.
    "Ich werde dir nun etwas in der Sprache der Rhomäer vorsprechen, und du wirst es aufschreiben und anschließend in die Koiné übersetzen, denn der Mann, dem ich dies schreibe, kann kein Latein." Nikolaos ließ Herbal sich vorbereiten, dann begann er. Der Brief war wesentlich knapper als der erste und die Sprache hatte bei weitem nicht dieselbe Höhe, dies entweder, weil Nikolaos den Empfänger das Verständnis einer komplexen Sprache nicht zutraute, oder aber da Nikolaos die lateinische Sprache etwas verlernt hatte, schließlich verkehrte er in Alexandria nur hin und wieder mit solchen Rhomäern, bei denen es angebracht war, sich anzupassen, diese bestanden meist im Eparchos und in seinen Untergebenen.


    "Lyre! Hanc epistulam cum viro dismissi, quorum hospes sum, ergo te rogo, ut ei non modo ciborem et cubilem sed etiam vestimenta et pecuniam pro lavatione et pro lavataria des. Pretium nota et de vectigale trahe.
    Te Nikolaos dominus tui salutat."


    Sim-Off:

    Etwa: "Lyros! Diesen Brief habe ich mit einem Mann weggeschickt, dessen Gastgeber ich bin, also bitte ich dich, dass du diesem nicht nur Speise und ein Bett sondern auch Kleider und Geld für das Waschen/ Baden und für die Wäscherei gibst. Merke dir den Preis und ziehe ihn von der Pacht ab.
    Dich grüßt Nikolaos, dein Herr."


    Für sprachliche Höhe und Richtigkeit des lateinischen Textes garantiere ich nicht, ich habe ihn mir gerade ohne Hilfsmittel aus den Fingern gesogen ;).


    Lass dir für die Übersetzung andere und elegantere Formulierungen einfallen, als die meiner Hilfs-Übersetzung.


    edit: Einen Grammatikfehler (im Lateinischen) berichtigt, hoffentlich dieses Mal wirklich richtig ;) .

  • Flüchtig sollte seine Handschrift sein? Herbal zog die Augenbrauen hoch. Sein Lehrer hatte einst seine saubere Handschrift gelobt. Was bezweckte sein Gegenüber mit dieser Behauptung? Doch ehe er näher darüber nachdenken konnte hatte er bereits eine neue Aufgabe vor sich. Auch etwas was im normalerweise keine Schwierigkeiten bereitete. Allerdings änderte er den Arbeitsauftrag indem er sofort in Koiné schrieb, was er in Latein hörte. Das war eine Variante des Doppeldenk, die jedoch nur bei kurzen in normalen Tempo gesprochenen Texten funktionierte. Wäre der Text länger gewesen, so hätte er doch erst in Latein niederschreiben müssen, was er hörte und für diesen Fall hatte er sich extra ein Blatt parat gelegt. Kurz nachdem das Diktat fertig war reichte Herbal dem Exegetes folgende Mitteilung:


    Lyros! Der Überbringer dieses Briefes ist mein Gast. Also wünsche ich dich bitten, ihm Speis und Trank, sowie Kleidung und Geld für die Termen und zum Waschen seiner Kleidung zu geben. Die Kosten für dies alles ziehe von der Pacht ab.
    Es lässt dich der Herr, Nikolaos grüßen.

  • "Wie ich sehe, scheinst du es nicht für nötig zu halten, dass zu tun, was man dir sagt... .", säuselte Nikolaos, nachdem er den Brief gelesen hatte. "Und bei all deinem Eifer ist dir ein Fehler unterlaufen, du findest ihn am Ende der ersten Zeile und am Anfang der zweiten. Bitte kratze ihn aus und berichtige ihn."


    Nun endlich setzte Nikolaos eine wohlwollende Miene auf. Seine Entscheidung war gefallen. Auf eine Überprüfung der Kenntnisse des Demotischen würde er verzichten, da er selbst dieser Sprache nicht mächtig war, lediglich in Büchern dieser Sprache hatte er geblättert, und die Zeichen waren ihm fremd und verwirrend vorgekommen. Jedoch hatte er sich vorgenommen, sie zu erlernen.
    "Falls du eine Unterkunft hast, so teile mir mit, wo diese ist; falls dem nicht so ist, gehe zum Gasthaus des Lyros beim Kroneion und gib ihm diesen Brief." Der Tonfall des Exegetes war jetzt sogar freundlich geworden. "Den Brief an Nikodemos bringe zu dessen Haus, das an der Straße zwischen Alexandria und Nikopolis zu deiner Rechten liegt, wenn du von Alexandria kommst. Ich bitte dich, von nun an jeden Tag im ersten Morgengrauen hier zu sein." Nikolaos zog aus einem Fach unter der Tischplatte einen Schlüssel und reichte sie dem neuen Schreiber.
    "Aus deinem Benehmen schließe ich, dass du auch Besuchern angemessen begegnest. Du wirst sie von nun an empfangen. Wenn ich hier bin, melde sie mir und warte auf meine Antwort, wenn ich nicht hier bin, frage sie nach ihrem Anliegen, biete ihnen an, eine Nachricht für mich zu hinterlassen; falls das Anliegen lediglich in einer Formalie besteht, kannst du entsprechende Schriftstücke vorbereiten, auf dass ich sie bloß noch siegeln muss. Wenn ich nur kurz abwesend bin, vertröste den Besucher, mache ihm das Warten angenehm. Doch das ist nicht schwer, da du kein alter Griesgram bist wie dein Vorgänger, so hoffe ich doch." Er lächelte nicht ohne Wohlwollen.
    "Biete Besuchern auch an, mir die Nachricht direkt zu überbringen, wenn du weißt, wo ich mich gerade aufhalte und wenn das Anliegen dringend ist. Bei allem: Halte deinen Schreibtisch sauber, schließe die Tür ab, wenn du allein warst und nun fortgehst."
    Nikolaos musste Atem holen. Offensichtlich hatte er keine besondere Freude daran, diesen Wust an Anweisungen über seinem neuen Schreiber auszugießen, hielt es jedoch für nötig.
    "Sobald du eine Frage hast, scheue dich nicht, sie mir zu stellen. Wenn ich nicht hier bin, bin ich meist im Museion, in meinem Lagerhaus am Hafen, beim Tempel der Tyche oder auf meinem Landgut, das dreizehn Stadien hinter dem Stadttor an der Straße nach Nikopolis auf der Meerseite liegt." Er blickte Herbal an, um einschätzen zu können, ob dieser seinem Redefluss folgen konnte.
    Nun kam er zum Punkt, der vielleicht den neuen Schreiber am dringendsten interessierte.
    "Ich werde dir am Anfang jeder Woche zehn Drachmen geben. Wenn die Ausgaben, die Lyros mir in Rechnung stellt, natürlich nur wenn du mein Angebot annimmst, außergewöhnlich hoch sind, ziehe ich dir möglicherweise an einigen Zahltagen einen Anteil daran ab. Wenn Aufgaben anfallen, die eine größere Verantwortung mit sich bringen und sobald ich dich für fähig halte, sie zu tragen, werde ich dir deutlich mehr Geld bezahlen. Wenn du dich mit einfachen Aufgaben, wie die, die ich dir nannte, bewährst, werde ich dich rasch mit weitergehenden Vollmachten ausstatten." Er sah Herbal prüfend an.
    "Wenn du gerade nichts anderes zu tun hast, wäre es nett, wenn du die Bürgerlisten-" Er deutete auf den Stapel, der auf dem Schreibtisch lag. "-auf den neuesten Stand bringen könntest. Bitte unterscheide dabei in bereits als Ehrenbürger eingetragene Rhomäer, sonstige Rhomäer sowie in übrige Vollbürger ohne besondere Ehrenbürgerschaft. Wenn du etwas über Besitz an Grund, Betrieben oder Sklaven herausfinden kannst, so trage es unter dem entsprechenden Bürger ein, ebenso Ehen und Kinder." Er nahm den Stapel und reichte ihn Herbal. "Doch dies hat Zeit.", fügte er noch freundlich hinzu. Nur noch eine Frage für heute: Verstehst du etwas von Schiffen?"


    Sim-Off:

    nähere erläuterung per pn.

  • Herbal wusste sofort welchen Fehler er meinte. Er hatte da "Also möchte ich..." stehen gehabt. Und noch im schreiben "wünsche" anstelle dessen eingefügt, nur ohne ein Stück weiter hinten zu korrigieren. Das kam davon wenn man direkt auf's Papier übersetze.* Schnell war der Fehler jedoch ausgebügelt.


    Lyros! Der Überbringer dieses Briefes ist mein Gast. Also wünsche ich, dass du ihm Speis und Trank, sowie Kleidung und Geld für die Termen und zum Waschen seiner Kleidung zu gibst. Die Kosten für dies alles ziehe von der Pacht ab.


    Dann war Herbal erstmal mit nicken beschäftigt. Trotz seiner Freude eingestellt worden zu sein nahm er doch jede Anweisung gewissenhaft auf. Er unterbrach den Exegetes auch nicht als dieser sagte: "Falls du eine Unterkunft hast, so teile mir mit, wo diese ist." Denn er hatte diesbezüglich ja nichts mitzuteilen.
    Nur 10 Drachmen? Doch mehr konnte er nicht erwarten und in dieser Stellung schienen sich sogar Aufstiegsmöglichkeiten zu ergeben. Den Abrechnungen des Lyros würde er genau auf die Finger blicken. Das nahm er sich vor. Als der Exegetes fertig war antwortete Herbal ihm:


    "Von Schiffen verstehe ich warum sie schwimmen und wie sie sich auf dem Wasser fortbewegen, mehr nicht. Eine frage hätte ich da direkt. Ich würde gerne die Prüfungen für mein Bürgerrecht ablegen. Wohin muss ich mich da wenden?"


    Sim-Off:

    * oder wenn man nachträglich zu oberflächlich editiert. kommt nicht wieder vor.

  • Zitat

    Original von Nikolaos Kerykes
    Grammateos:


    Der Grammateos nickte kurz. Er schien an diesem Tag sehr wortkarg. So verwunderte es kaum, dass er die beinahe überflüssige Frage, ob er zum Exegetes wolle, in einem ausgesprochen gelangweilten und kurz angebundenen Tonfall an den Besucher richtete. Augenblicklich, ohne die Antwort abzuwarten, wandte sich der Schreiber wieder seiner Arbeit zu. Er schrieb gerade einen ganzen Stapel Briefe, die Mahnungen an Bürger enthielten, die gewisse Steuern noch nicht entrichtet hatten oder ihr Haus nicht vorschriftsmäßig in Stand hielten oder die andere Verpflichtungen vernachlässigten, die üblichen Geschäfte einer ordentlichen Amtststube, was aber der Besucher nicht sehen konnte, denn der Schreiber hielt die Papyri, die er beschrieb, misstrauisch mit der anderen Hand vor ihm verborgen.


    Dem jungen Tribun schien die nicht besonders freundliche und zuvorkommende Art seines Gegenübers kaum zu stören. Ganz im Gegenteil ließ er sich davon nicht beirren und kam gleich zur Sache.


    "Mein Name ist Lucius Iunius Silanus, Tribun der Legio XXII. Ich bin hier um für mich und für die mit mir hier in Alexandria lebenden Verwandten die Proxenie zu beantragen."

  • Der Grammateos (d.h. Herbals Vorgänger):


    "Das freut mich sehr.", entgegnete der Grammateos nicht ohne eine gewisse Bissigkeit in der Stimme. "Bitte gehe doch zum Exegetes durch, er ist gerade hier." Ohne auf die Reaktion des Besuchers zu warten, vertiefte er sich wieder scheinbar in seine Akten, in Wirklichkeit tat er nur so, als würde er sie angestrengt durchlesen.

  • Silanus nickte dem Grammateos dankend zu und tat wie ihm geheißen. Einige Schritte und einen Raum weiter stand er schließlich vor einem weiteren Mann. Diesmal musste es sich um den Exegetes persönlich handeln. Der junge Iunier grüßte gleich beim eintreten in die Amtsstube.


    "Salve!"

  • Nikolaos gab sich mit der letzten Version des Briefes an Lyros zufrieden. Die Antwort des neuen Schreibers bezüglich seiner Kenntnisse über die Seefahrt nahm er schweigend zur Kenntnis.
    "Du willst also Ephebe werden?"
    Schade, dass das Nikolaos nicht zuvor erfahren hatte. So hätte er die Aufnahme des Herbals in eine bezahlte Arbeit bis zum Ende von dessen Ephebenzeit, die Herbal sicher nur zu gerne beim Exegetes ableisten würde, hinauszögern können.
    "Nun, da solltest du zum Gymnasion gehen und dort vorsprechen. Du wirst dort alles lernen, was du benötigst, um der Stadt ein guter Bürger zu werden. Wenn dein Untericht dort vorbei ist, und du dich gut verhalten und angestellt hast und natürlich fleißig gelernt, kannst du bei einem Beamten darum bitten, ihn als Ephebe begleiten zu dürfen. Da du ohnehin mein Schreiber bist, würde sich natürlich eine Lehrzeit bei mir anbieten... ."
    (Die Nikolaos natürlich ohne Skrupel der bezahlten Arbeitszeit hinzufügen würde.)
    "Dein Vater ist doch ein Bürger der Stadt?", fragte Nikolaos und sah Herbal durchdringend an. Sein Name und die Tatsache, dass er behauptet hatte, aus Rhakotis zu stammen, war Nikolaos' Aufmerksamkeit nicht entgangen.
    "Oder ein Sympolites*? Oder zumindest ein Isoteles*² mit ausgezeichnetem Leumund?"
    Sein Blick wurde lauernd. Er hatte natürlich Interesse daran, seinen offenbar doch noch jugendlichen Schreiber zum Bürger werden zu lassen, aber er wollte dies zumindest zu einem Gefallen machen, den ihm Herbal schuldig wäre.


    Sim-Off:

    *Sympolitie = soetwas wie doppelte "Staatsbürgerschaft" (in Gänsefüßchen, da sehr neuzeitlich), Sympolites = derjenige, der diese inne hat
    *² Isoteles: in Bezug auf Abgaben dem Polites gleichgestellter Fremder (also Nichtbürger), der gegenüber gewöhnlichen Fremden (Metoikoi) gewisse Schutzrechte und Privilegien besaß.


    edit: Grammatikfehler verbessert, diesmal im Deutschen...

  • Den Eintretenden hatte Nikolaos beim Theaterfest kennengelernt. Er war irgendein hoher rhomäischer Offizier, wobei Nikolaos nicht wusste, welchen Titel er trug, da er im rhomäischen Stratos wenig bewandert war und es ihn auch wenig interessierte.
    "Salve Iunie Silane!", erwiderte er den Gruss. Er würde Latein sprechen mit diesem Besucher, bei hochrangigen Rhomäern hatte sich das oft als vorteilhaft erwiesen entgegen dem starköpfigen Beharren auf die eigene Sprache.
    "Was kann ich für dich tun?" Nikolaos war ausgesprochen freundlich an diesem Tag.

  • "Ja, das wünsche ich. Wie es auch mein Vater sich für mich wünschte."


    Über eine Lehrzeit in der Zukunft zu sprechen schien Herbal nicht sinnvoll. Alles musste zu seiner Zeit entschieden werden. Das zumindest hatte sein Großvater oft gesagt. Also schwieg Herbal zu diesem Punkt. Außerdem wollte er erst seinen Arbeitgeber besser einschätzen können. Sonst war ihm das zu viel Überrumpelung. Und das wollte er, wie er es gelernt hatte, vermeiden.


    "Ja, mein Vater war Bürger der Stadt. Obwohl meine Familie noch immer den Punischen Traditionen folgte, war das Bürgerrecht eine wichtige Sache in unserer Familie. Schließlich lebte sie seit DCII in Alexandria. Auch wenn mein Vater Mago nur noch ein kleiner Händler in Rhakotis war, so war er doch Bürger und nahm seine Rechte und Pflichten gewissenhaft war."


    Bei der römischen Jahreszahl war er sich nicht ganz sicher. Schließlich konnte in so viel Zeit viel passieren. Doch dass seine Familie vor dem dritten großen Krieg gegen die Römer Karthago verlassen hatte schien offensichtlich und hatten sein Vater und Großvater beide behauptet.

  • Silanus freute sich sichtlich darüber, dass sich der Exegetes noch an ihn erinnern konnte, auch wenn das erste und bisher einzige Aufeinandertreffen bereits einige Zeit her war. Da der städtische Beamte auch gleich zum Punkt kam, hielt sich der junge Römer ebenfalls nicht lange mit Förmlichkeiten auf und sprach an weswegen er gekommen war.


    "Ich bin hier um für mich und für die mit mir hier in Alexandria lebenden Verwandten die Proxenie zu beantragen. Ich habe gehofft dies gleich für alle machen zu können, dass nicht jeder einzelne hier bei dir Erscheinen und deine Zeit in Anspruch nehmen muss."

  • "Das kommt mir durchaus gelegen.", pflichtete Nikolaos ihm bei. "Bitte nenne mir alle Verwandten, die in deinem Haus leben, damit ich entsprechende Schriftstücke für dich und für sie ausstellen kann, und natürlich für die Bürgerlisten der Stadt."
    Er zückte einen Griffel und eine schon recht abgenutzte Wachstafel. Natürlich hätte er auch auf Papyrus schreiben können, doch das Anrühren der Tinte war ihm in diesem Moment zu aufwendig.

  • "Nun, Iunia Urgulania ist die einzige, die bisher bereits selbst bei dir war und ihre Proxenie erhalten hat. Da wären also noch Iunia Alba, Iunia Attica, Iunia Axilla, Iunia Varilia, Manius Iunius Laevinus, Marcus Iunius Varus und ich selbst. Das wären dann alle."


    Silanus hoffte, das er die Namen seiner hier in Alexandria wohnenden Verwandten nicht zu schnell aufgezählt hatte und der Exegetes ihm folgen konnte.

  • "Sehr gut, dann dürfte es im Gymnasion keine Probleme geben. Trotzdem möchte ich dir gerne ein Empfehlungsschreiben mitgeben. Schreibe:" Nikolaos wartete einen Moment, um seinem Grammateos Zeit zu geben, Papyrus zu glätten und eine Feder vorzubereiten. Dann begann er mit dem Text.
    "An den ehrenwerten Gymnasiarchen. Der Knabe, der dies mit sich führt, dessen Name Herbal Gisko ist, entstammt zwar keiner berühmten Familie, dennoch möchte ich dich bitten, ihn in die Jungenschaft des Gymnasions aufzunehmen. Herbal untersteht bis zu seiner Aufnahme unter die Bürger meinem Schutz. Ich gebe dir die Versicherung, dass er gehorsam und eifrig das tun wird, was du und deine Gehilfen ihm auftragen, und dass sein Betragen vorbildlich sein wird. Sollte er meinem Glauben an seine vortrefflichen Eigenschaften zuwider handeln, setze mich bitte davon unverzüglich in Kenntnis, damit ich ihn dafür strafen kann und zum Besseren erziehen, auf dass er nie wieder dein Missfallen erregt. Sollte er aus der Strafe nicht gelernt haben, so setze mich wieder davon in Kenntnis und wirf ihn getrost hinaus, denn in einem solchen Fall erlischt der Schutz und die gewissermaßen väterliche Sorge, die ich Herbal angedeihen lasse.
    Scheue dich nicht, ihn maßvoll zu züchtigen, doch lasse mich über seine Entwicklung nie im Ungewissen. Nikolaos Kerykes." Er ließ Herbal zu Ende schreiben. "Wenn du fertig bist, bereite Siegelwachs vor."

  • Diesmal ging alles ohne die Geringsten Sprachschwierigkeiten vonstatten. Herbal schrieb fast ebenso schnell, wie sein neuer Arbeitgeber diktierte. und so stand alsbald in deutlicher Schrift der diktierte Text auf einem Papyrus.


    An den ehrenwerten Gymnasiarchen.
    Der Knabe, der dies mit sich führt und dessen Name Herbal Gisco ist, entstammt zwar keiner berühmten Familie, dennoch möchte ich dich bitten, ihn in die Jungenschaft des Gymnasions aufzunehmen. Herbal untersteht bis zu seiner Aufnahme unter die Bürger meinem Schutz. Ich gebe dir die Versicherung, dass er gehorsam und eifrig das tun wird, was du und deine Gehilfen ihm auftragen, und dass sein Betragen vorbildlich sein wird. Sollte er meinem Glauben an seine vortrefflichen Eigenschaften zuwider handeln, setze mich bitte davon unverzüglich in Kenntnis, damit ich ihn dafür strafen kann und zum Besseren erziehen, auf dass er nie wieder dein Missfallen erregt. Sollte er aus der Strafe nicht gelernt haben, so setze mich wieder davon in Kenntnis und wirf ihn getrost hinaus, denn in einem solchen Fall erlischt der Schutz und die gewissermaßen väterliche Sorge, die ich Herbal angedeihen lasse.


    Nachdem er damit fertig war tat Herbal wie ihm geheißen und legte einen Brocken Wachs in einen kleinen Bronzetiegel auf einen dafür vorgesehen Ständer unter dem er eine kleine Öllampe platzierte. Nur noch einen Augenblick und das Wachs wäre bereit.

  • Der Exegetes betrachtete den Brief.
    "Du hast einen Satz und den Schlussgruß vergessen. Nun weiß ich selbst aber nicht mehr, was genau ich gesagt habe. Ich glaube, es war soetwas wie: Scheue dich nicht, ihn maßvoll zu züchtigen, doch lasse mich über seine Entwicklung nie im Ungewissen. Hochachtungsvoll Nikolaos Kerykes.
    Bitte füge das noch hinzu, am unteren Rand des Papyrus ist noch reichlich Platz." Er sah in den Tiegel mit dem schmelzenden Wachs. Dann rückte er den Siegelring an seinem rechten Mittelfinger zurecht. Diesen würde er, sobald Herbal das Siegelwachs aufgelegt hätte, in dieses hineindrücken. Es handelte sich dabei um sein persönliches Siegel, sein Amtssiegel trug er an der anderen Hand.

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