Straton hatte während des Nachmittags meine kleine Botschaft überbracht und ich konnte mir nur ausmalen, wie es wohl sein würde, wenn mein Vetter von seinem Tagwerk zurückkehren würde - was auch immer er derzeit tagsüber tat, er bereitete sich zweifelsohne auf sein Amt vor, das ihm der Senat mit großer Mehrheit bestätigt hatte. So war mir auch danach gewesen, diesen Umstand ein klein wenig zu feiern, was sich gut traf, denn ich hatte während meiner Amtszeit sehr viel Zeit gehabt, mich auch an weniger offensichtlichen Orten der Stadt umzusehen. Dort hatte ich eine interessante Entdeckung gemacht, die ihm sicher gefallen würde - und heute hatte ich, anlässlich seiner Wahl, beschlossen, sie mit Manius zu teilen.
Ich stellte mir sein Arbeitszimmer vor, den stets penibel aufgeräumten Schreibtisch, an dem, ungleich dem meinem, jedes Ding seinen Platz und alles seine Ordnung hatte, die karge Einrichtung, die wenig über den Besitzer verriet denn einen Sinn für die Stille und die Kontemplation, dass er sich nicht mit Luxus schmücken musste, um hochfahrenden Gedanken und phantastischen Ideen zu folgen. Dort würde das kleine Briefchen liegen, das ich ihm zugedacht hatte, in jenem Körchen, in dem die Post für ihn von seinem Leibsklaven Sciurus gesammelt wurde - und dann würde er den Brief erblicken, ihn vielleicht für ein Bittschreiben halten und nachlässig öffnen, eine unangenehme Nachricht wie die Bettelei eines Verwandten oder Klienten um Geld erwarten - und schließlich das Entscheidende lesen:
C' FLAVIVS AQVILIVS S. M' FLAVIO GRACCHO SVO
Heute war mir im Licht der Parzen
zu Fuß auf Bodem, schwarzem
vergönnt zu sehn, was Dich erfreut
so eil' geschwind noch zu mir heut'
zu teilen will ich diesen Blick
auf dass er werde Dir zum Glück.
Nun säume nicht, such mich nun auf
beginnen soll der Freudenlauf!
Es war zwar ein recht einfaches, aber doch amüsantes Gedicht und würde ihn hoffentlich angemessen neugierig machen. Ich musste nur darauf lauschen, wann er sein Arbeitszimmer betreten würde und wie lange es dann dauern würde, bis er bei mir war - ich hatte die ersten Wetten mit mir selbst bereits abgeschlossen und verbrachte den heutigen Tag, an dem mich keine Amtsgeschäfte, sondern nur Aktenarbeit plagten, in stiller Vorfreude (und mit der Aufarbeitung einiger aufgelaufener Rechnungen).