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Die Sonne war bereits vor ein paar Horae hinter den Horizont gefallen, hatte sich in einem flammenden Schein jenseits der irdischen Oberfläche begeben, um der Nacht den Einzug über das Land zu gewähren, schwarz und dunkel war sie nun gekommen und legte ihren schützenden, finsteren Umhang über die Stadt, nur um Selene einen schwachen Einblick auf die ewige Hauptstadt zu gewähren, denn nur als schmale Sichel stand sie am Himmel, um noch in den nächsten beiden Tagen ganz zu schwinden und nur noch den Sternen das ätherische Leuchten am Himmel zu überlassen. In vielen Straßenzügen Roms war es auch genauso dunkel wie in den Wäldern und den Sümpfen rings um die Stadt. Kein Licht erhellte den Weg dort und keine Fackel zeigte dem nächtlichen Wanderer den Weg. Doch was sollte der brave Handwerksmann schon zu dieser Stunde in der Stadt? Schlief nicht der ehrbare Bäckermeister, der in wenigen Stunden bereits aufstehen musste, um den Teig zu walken und die Brotleiber in den Ofen zu stecken, damit die frühen Aufsteher, die schon im Morgengrauen zu ihrer Arbeit eilten, noch schnell das warme Brot zu sich nehmen konnten, ein karges Frühstück, ehe sie hart arbeiten würden? Trieben sich nicht nur zwielichtige Gesellen und Menschen, mit arglistiger Intention, jetzt noch durch das nächtliche Rom? Gingen zu dieser späten Stunde nicht nur Prostibulae, Meretrices oder Pueri cauponii ihrer nächtlichen Beschäftigungen nach, darauf wartend, dass doch einige 'ruchlose' Römer zu ihnen kamen, um sich den nächtlichen Lastern hinzugeben? Womöglich war dem so, doch auch noch andere Menschen trieben sich nachts in der Stadt herum, Menschengrüppchen aus den unteren Schichten, die sich in manch einer Popina die Zeit vertrieben, fehlte ihnen doch, im Gegensatz zu der reichen Oberschicht, auch die Räumlichkeiten für private Feiern. Aber auch Männer der Oberschicht waren in der Stadt anzutreffen. Ältere, die immer noch den Kitzel in der Nacht suchten, oder Jüngere, die die Stadt erforschen wollten getreu dem Motto 'Nippe, Jüngling, den Kuss von den blühenden Lippen des Mädchens; gönn' es den Greisen, die Stirn mürrisch in Falten zu ziehen!'
Doch auch jemand ganz anderen zog es heute in die Nacht hinaus, es war Hannibal, der sich aus der Villa Flavia geschlichen hatte, um sich dem nächtlichen Treiben anzuschließen und einer Verabredung nachzukommen. Ohne Fackel und ohne Laterne war er durch die Straßen von Rom gegangen, sich bewusst, dass ihm eine Fackel mehr Ärger eingebracht hätte als Nutzen. Still und ruhig lag das Forum Romanum nun vor ihm. An seinem Rücken spürte er die Reliefs des großen und mächtigen Titusbogen, der den Eingang des Forums markierte und an den gelehnt Hannibal nun wartete. Schwarze lange Schatten zogen die Gebäude vor seinen Augen. Und über dem Forum schienen die wichtigsten Hügel der Stadt zu thronen und das einstig politische Zentrum der Stadt erdrücken zu wollen, die kleien Curia, eingekeilt zwischen Palatin und Kaisersforen. Selbst wenn Hannibal von da, wo er stand, die Hallen des Senates nicht sah, umspielte seine Lippen ein hauchdünnes Lächeln als er über die Symbolkraft der Architektur nachdachte. Seine Augen schweiften über die Paläste am Palatin entlang zum Capitolium und der Arx. Ganz ruhig war es auf dem Forum nicht, immer mal wieder hörte Hannibal die Stimmen anderer Männer oder mal Schritte in der Ferne. Er sah das Leuchten von einem Fackelzug, wohl reiche Herrschaft, die von einem Gelage nun nach Hause kehrten und sich von ihren Sklaven den Weg leuchten ließ. Hannibal hatte die Arme vor der Brust verschränkt, er spürte den Stoff seiner dunkelroten Tunika, die mit einem braunen Gürtel gehalten wurde, unter seiner Hand, darüber lag sein schlichter Überwurf, den er immer des Nachts trug und der seinen Dolch am Gürtel zu verbergen wußte. So harrte Hannibal, der wohl etwas zu früh gekommen war, an den Titusbogen gelehnt dem entgegen, den er in dieser Nacht zu erwarten gedachte und der ihm eine kleine Nachricht am Nachmittag hatte zukommen laßen.