Die Einwände, die Avitus vorbrachte, die bestachen Marcus durchaus, denn er hatte ja durchaus Recht damit, immerhin hatte Augustus viele Grundlagen geschaffen, ein Gefüge des Imperiums, was bis heute noch überdauerte, selbst wenn Marcus nicht mal im Ansatz ahnte, wie und wo Augustus mit seinen Plänen und seinen Reformen das Imperium geprägt hatte; Marcus hatte sich nur in den Examina um das Militär gekümmert; grübelnd zog Marcus die Augenbrauen zusammen, dachte nach, was er erwidern konnte, doch schon schaltete sich der nächste Teilnehmer ein, auch das klang sehr plausibel; Marcus nickte bei den Worten von Cyprianus und wußte immer noch nicht, was er sagen sollte; schließlich lauschte er auch Florus, dachte über dessen Worte nach, selbst wenn ihm die Aussage nicht ganz aufging, aber daran war Marcus auch gewöhnt und wandte die Aufmerksamkeit dann Corvinus und Cyprianus zu, wobei er verblüfft blinzelte, dann zogen sich seine Augenbrauen zusammen und er spürte ein Funken von Ärger in sich aufsteigen. Domitian sollte einfach nur Glück gehabt haben? Pah, von wegen, der war eben ein Flavier. Marcus wollte schon den Mund öffnen, um eine zornige Erwiderung zu geben, die nicht sonderlich fundiert war – da war Marcus immer im Nachteil, disputationes regten ihn einfach zu schnell auf! -, aber schon warf Macer einen anderen Fleischbrocken in die Arena der Diskussionslöwen und -tiger. Marcus sah das imaginäre Fleischbrocken an und da er – mit Freude – sich mehr mit seinen flavischen Verwandten beschäftigt hatte, fiel ihm dann doch endlich mal wieder etwas ein, er biß also an.
„Doch, das hat er...also falsch gemacht, denn genau das war gerade ein Nachteil, der sich für den Kaiser als fatal erwiesen hat...“
War fatal das richtige Wort? Marcus stockte eine Moment und befand, daß es doch paßte.
„Vitellius hat seelenruhig in Rom abgewartet, während er seine Truppen in den Krieg geschickt hat. Er soll sogar noch im Palast Scherze getrieben haben, während seine Männer einer schlagkräftigen Truppe entgegen gezogen sind....denn...“
Und schon lenkte Marcus auf sein Lieblingsthema, die flavischen Kaiser, vergeßend, daß er eigentlich Claudius verteidigen sollte.
„...denn Vespasianus hat es mit seinem militärischen Geschick geschafft, ein enges Verhältnis zu den Soldaten aufzubauen. Er marschierte den Soldaten als Heerführer voran, er selber lief mit den Soldaten und benutzte kein Fortbewegungsmittel, er legte selbst Hand mit an und unterschied sich im Autreten kaum von einem miles gregarius. Gerade seine Bescheidenheit, sein Nahverhältnis zum Legionär hat zu seiner Erhebung zum Kaiser geführt. Außerdem sind doch...“
Marcus geriet langsam in Fahrt und wurde richtig begeistert, als er über den Kaiser sprach.
„...außerdem sind doch die Soldaten einem solchen Heerführer viel tiefer verbunden, sie sind in Sorge um das Wohl jenes Mannes, des Heerführer und princeps, solch einem Mann würden sie ihr Leben opfern, sich im Schlachtgetümmel vor ihn werfen, wenn ein Speer geflogen kommt und bis zum Letzten kämpfen, ohne jemals auf die Natter des Verrates oder der Fahnenflucht zu hören...“
Energisch nickte Marcus.
„Uns wäre es auch nicht anders ergangen in dem Partherkrieg!“
, meinte Marcus und sah fragend zu Cyprianus und Avitus. Zudem fügte Marcus noch an:
„Und einen verräterischen Heerführer hat sich Vitellius zudem geholt - für die Unternehmung!“