Grundausbildung | Probatus Galeo Redivivus Tychicus

  • Genau den etwas reservierten Blick, den manche als etwas arrogant bei Marcus deuteten, trug Marcus in dem Augenblick als der probatus sprach, doch es war mehr Konzentration die Marcus bewegte, schließlich wollte er genau wißen, wozu die jungen Männer in der Lage waren. Konnten sie schon den Dienst als miles aufnehmen oder waren sie noch nicht bereit dafür? Marcus' Nasenflügel blähten sich auf als er schließlich tief ein atmete und schwieg, nachdem Tychicus fertig war. Er dachte nach; was er gehört hatte, klang gut und es schien ihm ehrlich zu sein. Einem zu bescheidenen Speichellecker würde ihn anwiedern, einen Prahlehans genauso, aber Tychicus hatte seine Worte gut gewählt, befand Marcus und er nickte einen Herzschlag lang zufrieden.
    „Das klingt gut!“
    Marcus sah auch einen Herzschlag lang zu seinem optio und war zufrieden, doch, der junge Decimer schien sich auch bei solchen Aufgaben zu machen, das sah man schließlich an den probati, die selber gewachsen schienen, aber wie weit sie gut genug für den Dienst waren, würde Marcus heute sehen. Er sah wieder zu Tychicus.
    „Dann wollen wir die Fähigkeiten mal prüfen. Wir fangen mit Dir und...“
    Marcus sah zu einem probatus neben Tychicus - Minidius Calvena.
    „...und Dir an. Ich möchte euch in dem Kampf mit gladius und scutum sehen. Nehmt euch die Übungswaffen und zeigt, was ihr gelernt habt. Age!“
    Den Stab unter den Arm geklemmt, trat Marcus einen Schritt zurück, um den jungen Männern etwas Platz zu schaffen.

  • Jetzt ging es also los... Und auch noch ausgerechnet gegen seinem Freund Calvena! Unter allen seinen Kameraden war der Minidier derjenige, vor dem Tychicus im Kampf am meisten Respekt hatte.
    Calvena war schon zu Anfang ihrer Ausbildung unheimlich flink und agil gewesen, sodass er Tychicus nicht selten in äußerst knifflige Lagen gebracht und nur allzu oft besiegt hatte. Jetzt war Calvena, durch das Training gestählt, nicht nur schnell, sondern auch zäh und äußerst ausdauernd.


    Während Tychicus sich ein scutum und ein gladius von den Übungswaffen schnappte, legte er sich bereits eine Taktik für den Kampf zurecht;
    Calvena war schnell und konnte einen Kampf lange durchhalten, deshalb beschloss Tychicus zu versuchen, ihn möglichst früh möglichst hart zu attackieren, um den Kampf schnell gewinnen zu können, bevor sein Nachteil gegenüber Calvena in Ausdauer zu sehr zum Tragen kam.


    Wenige Schritte voneinander entfernt gingen der Rediviver und der Minidier in Kampfstellung, das scutum vor dem Körper, den linken Fuß nach vorn, sodass das Knie den Schild von innen beinahe berührte, das rechte Bein weiter nach hinten, das gladius bereitgehalten.
    Beiden war klar, dass dies ihr Finaler Zweikampf werden würde. Der Wettbewerb, der während der Ausbildung zwischen ihnen entstanden war, würde mit diesem Kampf entschieden werden.


    Dann stürmten beide vor, und Holz krachte auf Holz, als Tychicus den ersten Schlag seines Freundes mit dem Übungsgladius abwehrte.
    Sie tänzelten umeinander herum, auf einen Fehler des anderen lauernd, auf eine Bresche in der Verteidigung des anderen.
    Tychicus fiel ein, dass er ja den Kampf schnell für sich entscheiden wollte und begann, Calvena hart zu bedrängen. Er versuchte, mit dem gladius durchzukommen, versuchte, den Minidier mit seinem scutum zu stoßen und ihn damit zu überraschen. Aber er brachte es nicht fertig, einen entscheidenden Schlag gegen seinen Gegner zu führen.
    Schließlich benutzte er einen Trick, den er beinahe noch nie in der Ausbildung angewandt hatte und den er von einem älteren Miles abgeschaut hatte:
    Er führte einen Stich mit den gladius gegen Calvena, den sein Freund natürlich parierte und Tychicus' Schwert zur Seite schlug. Der Rediviver ließ zu, dass Calvena seinen Schwertarm weit zur Seite schlagen konnte, und damit seine Deckung scheinbar weit offen stand. Als der Minidier diese Chance jedoch nutzen wollte und sein gladius blitzschnell vorstieß, um Tychicus' ungeschützte rechte Körperhälfte zu treffen, sprang Tychicus plötzlich zur Seite und riss sein scutum in die entgegengesetzte Richtung. Er traf Calvenas vorschnellenden Schwertarm in der Nähe des Handgelenks mit der vollen Wucht der Kante des schweren Holzschildes.
    Der Minidier keuchte vor Schmerz auf und das Schwert fiel aus seiner Hand. Er hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht sein Handgelenk, musterte Tychicus aber anerkennend, als dieser seine Schwertspitze triumphierend an die Kehle seines Freundes setzte und flüsterte:
    "Victoria!"


    Dann drehten die beiden Rekruten sich zu ihrem Centurio um, schweißüberströmt und schwer atmend, trotz des kalten Windes, der immer noch über den Campus fegte.

  • Kalt war der Regen in dem Gesicht von Marcus, die eisigen Tropfen, die die grauen Wolken über ihren Köpfen auf sie hinab fallen ließen und die vom Wind in sein Gesicht gepeitscht wurden. Der Schlamm würde es den jungen Männern nicht einfach machen, aber im Krieg oder auf den Straßen von Rom hatte man es nun mal nicht leicht und mußte dennoch mit allen Widrigkeiten – ob Mensch oder Wetter – kämpfen können. Schweigend und mit unbewegter Miene beobachtete Marcus, wie die Beiden Aufstellung nahmen, die Grundstellung einnahmen und schließlich aufeinander los gingen. Seine Augen verfolgten genau die Bewegungen der jungen Männer, die viel davon verrieten, wie gut oder schlecht sie ausgebildet waren, aber auch, ob sie die notwendigen Fertigkeiten für das Leben eines Soldaten besaß. Und das, was Marcus sah, sagte ihm durchaus zu. Doch davon ließ Marcus sich nichts anmerken, er wartete ruhig, griff nicht ein und gab auch keinen Kommentar von sich. Er ließ auch keine Regung in seinem Gesicht erscheinen als der Rediviver seinen Kontrahenten besiegte. Der Regen war jedoch mittlerweile versiegt, selbst wenn der Wind immer noch genug für die Kälte sorgte. Marcus schwieg einen Augenblick länger und dann deutete er ein zufriedenes Nicken an.
    „Gut, ihr könnt euch einreihen.“


    Die Beiden waren an jenem Tag nicht die Einzigen, die Marcus prüfte, auch den anderen probati wurde auf den Zahn gefühlt, mal mit dem hastakampf, dann pilawerfen und anderen soldatischen Fähigkeiten. Die Zeit zog sich dahin und jeder einzelne der probati wurde dabei gefordert. Schließlich schien die Tortur vorbei zu sein und Marcus ließ die Männer wieder in einer Linie antreten. Grau und grimmig hingen die Wolken am Himmel und verdunkelten mit ihrem Schatten den campus. Der Wind spielte zornig in den Zweigen eines nahe liegenden Baumes.
    Probati, seit vielen Wochen bereitet ihr euch auf den heutigen Tag vor. Ihr wurdet ausgebildet, um als Soldaten Roms zu dienen, dem Kaiser Ehre zu erweisen und die Bürger der Stadt zu schützen. Das sind Pflichten, die ihr niemals leichtfertig abtun solltet. Eine Ehre, für die ihr immer hart arbeiten müsst. Und eine Berufung, die eines Römers würdig ist. Doch aus dem Grund müßt ihr nicht nur gut und pflichtbewußt sein, ihr müßt weit mehr leisten können. Für manch einen von euch ist es heute schon so weit, während andere noch an sich arbeiten müßen.“
    Langsam ging Marcus vor der Reihe von Soldaten entlang und betrachtete ernst die Gesichter der jungen Männer. Dann blieb er stehen.
    „Minidius Calvena, vortreten.“
    Marcus wartete und sprach weiter:
    „Du wirst in den Rang eines miles erhoben werden. Zurück treten! Redivivus Tychicus, vortreten!“
    Auch diesem ließ Marcus die Zeit dazu.
    „Auch Du wirst zum miles befördert. Zurück treten.“
    Dann nannte Marcus noch einige Namen, aber es wurden bei weitem nicht alle ernannt, manch einer würde noch eine weitere Zeit den campus als probatus nutzen müßen.
    „Meinen Glückwunsch, Soldaten.“
    , sprach Marcus zu guter Letzt und wandte sich an Serapio.
    „Du hast wieder das Kommando, optio. Vale!“
    Marcus drehte sich um und stützte sich auf seinen centuriostab, als er den campus verließ durch all den Schlamm.

  • Eine Welle der Freude überkam Tychicus, als der Centurio ihm seine Beförderung mitteilte, und er konnte ein breites Grinsen beinahe nicht verkneifen, als er sich danach wieder einreihte.
    Minidius Calvena und der Rediviver klopften sich gegenseitig auf die Schultern und tauschten einige geflüsterte Glückwünsche und Freudesbezeugungen aus, als der Flavier sich von ihnen entfernte.


    Das war der entgültige und offizielle Beweis: Tychicus war es würdig, der Stadt Rom in den Cohortes Urbanae zu dienen.
    Monate der Ausbildung waren nicht umsonst gewesen.


    Sein Vater wäre bestimmt stolz auf ihn gewesen, dachte der junge Mann bei sich und stellte sich fest vor, dass er jetzt irgendwie, irgendwo in der Nähe war und stolz auf ihn herablächelte, wie er es früher manchmal getan hatte.


    Tychicus Gedanken drohten abzuschweifen, das merkte er, also verschaffte er sich wieder einen klaren Kopf und nahm Haltung an, obwohl er vor Freude und Erleichterung nur schwer stillstehen konnte.

  • Angespannt stand ich daneben, während der Centurio die Rekruten prüfte. Schliesslich prüfte er damit auch meine Leistung. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, betrachtete ich die Kämpfe und Prüfungen, lauschte der kleinen Ansprache, und war dann ganz erleichtert, immerhin hatte er die meisten für würdig befunden. Wenn auch nicht alle. Verdammt! Da würde ich diesen Nachmittag ja schon wieder auf dem Campus verbringen müssen, mit Extratraining für die, die durchgefallen waren. Bei dem Scheisswetter... Diese Faulpelze, Strafexerzieren hatten die verdient, oder schlimmeres.
    Aber auf die anderen war ich selbstverständlich stolz. Und sie konnten auch stolz auf sich sein. Es freute mich zu sehen wie die Männer strahlten, als der Centurio das Ergebnis verkündete. Auch meine Miene war dann eher gelöst.
    "Glückwunsch, Milites. Ihr habt den Rest des Tages frei, um das gebührend zu feiern." Damit sie nicht gar zu sehr über die Stränge schlugen drohte ich im selben Atemzug: "Aber morgen früh beginnt der reguläre Dienst, und wer da nicht einsatzbereit ist wird es bitter bereuen. Abite Milites. - Die Probati, mit Gladii und Scuta, rüber zu den Übungspfählen."


    Als die Männer sich schon zum Gehen wandten, nahm ich noch kurz Redivivus beiseite. "Das war eine schöne Finte vorhin, Miles." lobte ich, und befahl: "Melde Dich morgen früh, gleich nach dem Morgenapell, in meinem Officium."
    (Hm, 'Officium' war vielleicht etwas hochtrabend, aber 'in meiner Abstellkammer' wollte ich dann auch wieder nicht sagen.) Ich erklärte nichts weiter, nickte Redivivus bloss noch knapp zu und begab mich dann zu den bedauernswerten Noch-immer-Probati, um sie für den Rest des Tages zu hartem Training auf dem Schlammplatz zu verdonnern.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Nachdem der Princeps Prior sie endlich entlassen hatte, löste sich auch die Stimmung unter den frisch gebackenen Milites.
    Man lachte erleichtert, klopfte sich auf die Schultern und wandte sich, mit einem mitleidigen Blick auf die Durchgefallenen, zum Gehen.
    Tychicus und Calvena schlossen sich Regillus Und Pitio an, ihren beiden Bettnachbarn in den Unterkünften.


    "Das muss gefeiert werden!", rief Calvena überschwänglich.
    Regillus nickte zustimmend. "Aber natürlich - darauf eine Runde Wein auf mich! Ich kenne da eine tolle Taverne in der Stadt drüben..."
    Plötzlich bemerkte Tychicus, dass der Decimer ihn heranwinkte.
    Der junge Mann lächelte stolz auf das Lob, dass sein Vorgesetzter ihm zusprach.
    "Vielen Dank!"
    Und er sollte sich im Officum melden. 'Welches Officum?', fragte der Rediviver sich kurz, aber dann fiel ihm ein, dass der Princeps Prior sich ja letztens in einem der leerstehenden Räume bei den Unterkunftsbaracken eingerichtet hatte. Es gingen bereits die wildesten Gerüchte unter den Soldaten und Probati um, was den Decimer dazu veranlasst hatte, dies zu tun.


    "Jawohl, ich werde da sein, Princeps Prior Decimus.", versicherte Tychicus und überlegte, während er zu seinen Kameraden zurückkehrte fieberhaft, warum ausgerechnet ER sich morgen bei seinem Vorgesetzten melden sollte und was ihm da wohl bevorstand...
    Dann verließen die vier jungen Männer fröhlich plaudernd die Castra und Tychicus beschloss, sich an diesem Festtag nicht mehr zu sehr mit Gedanken an den morgigen Tag zu belasten.

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