[Grundausbildung] Faustus Duccius Brutus

  • Heute stand das Pilumwerfen auf dem Programm. Reatinus, immer pünktlich bei dienstlichen Aktivitäten, so auch bei der Grundausbildung, marschierte voll gerüstet mit Federbuschhelm, Vitis und sonstigen Sachen wie die Rüstung auf den Exerzierplatz. Auch war eines von Reatinus´ Pila dabei, mit welchem er den wichtigen römischen Wurfspeer veranschaulichen wollte, um den es heute ging. Es lag eine Morgenröte am Horizont, doch für einen Sommertag wehte ein frischer Wind, welcher jedoch für genügend Abkühlung sorgen dürfte. Klimatisch also gute Voraussetzungen, den Pilumwurf zu erlernen.


    Reatinus rief die Truppen mit lauter Stimme zusammen.


    "Probati, venite! State!"


    "Heute werden wir uns umfassend mit dem Pilum beschäftigen, vor allem in der Praxis! Doch zunächst ein wenig Wissenswertes!


    Das Pilum ist ein Wurfspeer, welchen wir über lange Distanzen schleudern können, um die Reihen der Feinde aufzuweichen! An der langen Holzstange, die zum Greifen und Werfen dient, befindet sich die auch etwas längere ´Klinge´! Die Spitze besteht aus gehärtetem Eisen, doch eine Besonderheit der Pilums ist, dass die Klinge aus Eisen am Schaft ungehärtet ist. Das bedeutet, dass die Spitze bei Aufprall verbiegt und bringt mehrere Vorteile auf unserer Seite mit sich! Zum einen wird das Opfer, welches so ein Ding abbekommt massive Probleme mit seinen Verletzungen haben, wenn es denn überlebt! Zum anderen soll das Pilum nicht mehr zurückgeschleudert werden können und soll den Gegner in aller Hinsicht behindern! Dazu bringt das Pilum noch den Vorteil, dass oftmals Schilde völlig unbrauchbar gemacht werden oder ihre Benutzung den Träger behindert! Dieser hat oft nur die Wahl, sein schützendes Schild auf dem Schlachtfeld liegen zu lassen!".


    Danach wollte Reatinus testen, ob man aufmerksam zugehört hatte und überraschte einen Probatus, indem er ihn aufrief.
    "Probatus Hortensius, fasse zusammen, was ich eben gesagt habe!".
    Der Rekrut war ebenso überrascht, wie Reatinus es nach seiner Antwort war.


    "Also... Centurio... das Pilum ist ein Wurfspeer... ähm... ja...".


    "Hast du etwa nicht zugehört?! Das hat sogar meine längst verstorbene Großmutter gehört!", fuhr Reatinus den Probaten an, nachdem er sich schockiert die Stirn rieb, "Zwei Runden um den Campus, im Gleichschritt!". Wortlos murrend machte sich der Unaufmerksame auf den Weg.


    "Probatus Duccius, DU wirst es wissen, das hoffe ich für dich!".

  • Brutus Augen rollten zwangsläufig nach oben, als der etwas einfältige Hortentier nur zum Stammeln in der Lage war. Er hatte selbstverständlich aufmerksam zugehört. Zumindest gab es keine Kollektivstrafe. Doch was hatte der Hortentier nun davon, wenn er die neuerlichen Ausführungen nicht mitbekommen würde? Der Centurio würde sich jedoch sicherlich was dabei gedacht haben. Wenn nicht so würde Brutus oder ein anderer den Unaufmerksamen nachher nochmals in die Materie einweihen müssen.. Dann wurde Brutus aufgefordert eine Zusammenfassung zu geben, was er auch tat:


    "Das Pilum ist ein Wurfspeer der dazu dient, den Gegner vor dem Nahkampf zu schwächen. Er besteht aus einem Holzschaft an dem er gehalten und geworfen wird. Seine lange Spitze besteht aus zweierlei Eisen. Die eigentliche Spitze ist gehärtet um maximale Aufprallwirkung zu erzielen. Der längere und dünnere Teil der Spitze ist nicht gehärtet und verbiegt sich beim Aufprall. Dies sorgt für vielfache Behinderung des Gegners. Das Pilum kann so nicht zurückgeworfen werden. Des weiteren macht es bei einem Treffer auf das Schild selbiges unbrauchbar. Sollte der Feind direkt getroffen werden und nicht sofort tot sein so besteht eine hohe Chance, dass er sich selbst an dem Pilum aufspießt, da das schwerere Ende sich nach unten neigt und in den Boden bohrt."


    Letzteres hatte Brutus einmal selbst gesehen. Obwohl das Pilum ziemlich schwach geworfen worden war und nur knapp den Lederpanzer des Mannes durchdrungen hatte, war es dennoch tödlich gewesen. Das eine der wenigen blutigen Szenen gewesen, die sich in sein Gedächtnis eingebrannt hatten. Er schauderte noch heute, wenn er daran dachte, wie dem Mann von seinem eigenen Schwung mitgerissen, das Pilum unterhalb des linken Schlüsselbeines durch den Körper drang. Irgendeine wichtige Ader war dabei verletzt worden und mehr Blut hatte auch Brutus selten aus einer einzigen Wunde strömen sehen.

  • Reatinus konnte wenigstens erleichtert aufatmen, als der Duccier dazu imstande war, ihm eine ordentliche Zusammenfassung des Gesagten zu liefern. Bald kam auch der unaufmerksame Probatus Hortensius zurück, der seine wohlverdienten zwei Runden keuchend bewältigt hatte. Es war eine Strafmaßnahme, die sein musste, da im echten Kampf solche Fehler nicht auf Strafrunden, sondern meistens zum Tod oder zu ernsthaften Verletzungen hinaus liefen. Aufmerksamkeit war unerlässlich in diesem Beruf...


    "Probatus Hortensius, deine Aufgabe ist es, von einem Kameraden die Informationen wieder aufzuarbeiten, verstanden?! Du darfst Probatus Duccius dabei helfen, die Übungspila aus den Horrea zu bringen!", befahl Reatinus in strengem Tonfall, dass der Probatus nur ängstlich bejahte.


    "Jawohl, Centurio Artorius!".


    "So, machen wir weiter, die Theorie bringt euch ohne Praxis wenig! Während eure beiden Kameraden die Übungspila bringen, stell ihr euch schön in einer geraden Reihe vor unserer Wurffläche auf!", hagelten die Befehle auf die Rekruten nieder, während Reatinus mit der Hand gen Norden auf besagte Wurffläche zeigte.

  • Von dem Hortensier wusste Brutus kam mehr als den Gensnamen und das er nicht der Hellste war. Also fragte er ihn, kaum dass sie aus der direkten Hörweite des Schreihalses heraus waren:


    "Ich bin Brutus. Wie heißt du eigentlich"


    Mit einem schuldbewussten Lächeln kam nur ein knappes:


    "Simplex." zurück.


    Brutus empfand Mitleid mit dem Kerl, zu oft hatte dieser Fehler gemacht und damit Strafen für die Gruppe heraufbeschworen. Niemand gab sich mehr mit ihm ab. Wenn er auch in seinem Contubernium geschnitten wurde, dann machte es ihm hier sicher kaum Spass. Nicht zu vergessen das man sich mit der Ablehnung seiner Kameraden hier schwer tat, wenn man sich hier bewähren wollte. Ob Simplex so die Grundausbildung überstehen würde? Er sah reichlich mitgenommen aus. Brutus beschloss ihm so gut wie möglich zu helfen. Eh er sich versah hatten sie auch schon die Horrea erreicht. Die Erklärungen zu den Pila würden dann eben auf dem Rückweg erfolgen.


    Nicht lange danach standen die Übungspila auf dem Gelände bereit und die beiden Probati reiten sich wieder in die Gruppe ein.

  • Während die Gruppe geduldig wartete und eine Reihe bildete, kamen schon bald auch die beiden Probati mit den Übungspila zurück. Reatinus fackelte natürlich nicht lange und wollte die Grundausbildung fortsetzen. Der Pilumwurf war immerhin eine sehr wichtige Lektion für einen Soldaten, die man gut und intensiv lernen sollte.


    "Jetzt schnappt ihr euch nacheinander die Übungspila und kehrt unverzüglich in die Reihe zurück! Tanzt mit nicht aus der Reihe, ich kenne da keine Gnade!". Die Probati ließen sich die Befehle nicht zwei Mal schreien, sodass bald wieder eine (mittlerweile gut geübte) Reihe stand, wobei jeder Probatus ein Übungspilum in der Hand hielt. Auch Reatinus nahm sich anschließend ein Pilum und trat vor die Reihe, um die Wurftechnik zu demonstrieren.


    "Die Wurftechnik ist mit ein wenig Übung nicht schwer zu beherrschen! Ihr haltet das Pilum ein wenig schräg mit der Spitze nach oben, so wie ich gerade...", Reatinus zeigte die Haltung. Das Pilum war etwa in einem 45°-Winkel nach oben gerichtet, er hielt es aus dem Oberarm heraus, von welchem aus Reatinus sein Pilum bislang immer erfolgreich warf.


    "Das Pilum immer in diesem Winkel halten! Ich hoffe, es versteht sich von selbst, dass die Innenseite des Arms dabei zu euch zeigt! Da die Klinge schwerer ist als die Holzstange davor, wird das Pilum immer mit der Spitze nach unten aufprallen und so den Gegner gefährlich treffen! Der Wurfspeer muss immer eine gute, gerade Flugbahn haben, um am Besten zum Einsatz zu kommen! Wenn er schon einen instabilen, wackeligen Flug hat, ist er nicht mehr so effektiv, wie ein gut geworfener Wurfspeer! Also achtet darauf, möglichst gerade Würfe hinzulegen! Das ist schwieriger, als es sich anhört!.
    Wieder einmal demonstrierte Reatinus, indem er einen schnellen Anlauf mit kleinen, aber vielen Schritten nahm und mit einem gekonnten Wurf das Übungspilum los wurde. Dieses legte einen weiten, geraden Flug hin und bohrte sich anschließend in den Sand des Exerzierplatzes. Der Artorier wandte sich anschließend an die Probati.
    "Und den Anlauf nicht vergessen! Da ihr mit der Linken meistens euer Scutum in der Hand haltet, wirft jeder mit der Rechten! Der linke Fuß sollte euer Letztes beim Anlaufen sein!"


    "Tollite Pila!" ( "Fertigmachen zum Pilumwurf!" )


    "Mittite!" ( "Feuer!" )

  • Aufmerksam lauschte Brutus den Anweisungen des Schreihalses und beobachtete dessen Technik. Denn in den letzten Übungen hatte er gelernt, dass gute Technik mangelnde Kraft ersetzen konnte und ein Übermaß an Kraft nur mit der richtigen Technik die optimale Wirkung entfaltete. Beim fertigmachen bemühte er sich die selbe Ausgangsposition einzunehmen wie der Centurio. Dann lief er mit allen anderen bis zur in den Sand gekratzten Linie, stemmte sein linkes Bein in den Boden, zog und schob das Pilum auf den Weg. Und es flog, bis es von einem der weniger gut geworfenen berührt wurde und unkontrolliert zu Boden fiel.

  • Reatinus schüttelte fassungslos den Kopf. Die schlechten Werfer hatten die Würfe der Besseren in der Truppe ruiniert. Ein Feind hätte sich auf der anderen Seite des Schlachtfeldes wohl schlapp gelacht. Wie auch immer, Reatinus ahnte schon, dass dies ein langer Tag sein würde. Wenigstens nicht so anstrengend für ihn, wie für die Probati! Bei einigen Würfen steckte die Spitze nicht einmal im Boden, nein, die Pila lagen gänzlich auf jenem.


    "Das müssen wir wohl noch mal üben! Da ich heute einen guten Tag habe, erspare ich euch VORERST Liegestützen oder Ausdauerläufe! Holt die Pila zurück, wenn ich bald keine besseren Ergebnisse sehe, werde ich sauer!", befahl Reatinus mit verschränkten Armen und wartete geduldig, bis alle Probati in der Reihe standen. Danach gab er die gleichen Befehle, die er vorher auch gab. Diesmal hoffte Reatinus, etwas Besseres zu Gesicht zu bekommen.


    "Tollite Pila!"


    "Mittite!"

  • Erneut traten die Probati an und der zweite Versuch gelang schon besser. Zumindest wurde Brutus' Pila diesmal nicht abgelenkt und fand sich bei einer ordentlichen Weite ordnungsgemäß im Sand steckend wieder. Gerade als er zufrieden mit sich auf den Befehl zum Pilum holen wartete vernahm er neben sich die Stimme seines alten Konkurrenten:


    "Hey, Kamerad. Du musst eine Kräfte mit mehr Bedacht einsetzten. Mein Pilum ist weiter geflogen als deines. Kann es sein, dass du nachlässig wirst?"


    "Ach Narcissus, war das Leben für dich schon immer ein Wettkampf oder blühst du hier nur auf? A propos wie schaffst du es blos hier zuzunehmen?"


    Narcissus blickte an sich herab und Brutus der neben ihm stand grinste ihn nur breit an. Natürlich hatte keiner der Probati hier zugenommen. Es sah eher so aus als müsste der eine oder andere sich bald eine engere Lorica besorgen.

  • Diesmal gelangen die Würfe schon besser, wie Reatinus erfreut festzustellen hatte. Da dies klappte, konnten sie ja nun einen Schritt weiter gehen und das Werfen in Formation üben. Nachdem Reatinus noch einmal einen Blick auf die Pila warf und sah, dass beinahe jedes im Sand steckte, gab er weitere Befehle aus. Ein Feind hätte jetzt wirklich nicht mehr zu lachen gehabt!


    "Probati, Pila holen! Wir werden danach einen Schritt weiter gehen!", erschallte das Stimmorgan des Schreihalses. Auf dem Rückweg der Probati gab Reatinus schon einmal seine Wünsche, oder viel besser, Befehle offen. Um sich die Beine zu vertreten, lief Reatinus vor den Probati hin und her, die ganz klassisch auf eine Stelle hinter Reatinus blickten. Für sie war das lediglich ein Lauf, der die Autorität und Strenge des Offiziers verstärkte. Naja, Wirkung zeigte es zumindest.


    "In duos ordines!" ( "In zwei Gliedern!" )


    "In der Formation sieht das so aus, dass nur die ersten beiden Reihen ihre tödlichen Salven auf den Gegner loswerden. Die Erste läutet den Beschuss wie geübt ein, danach macht sich die zweite Reihe unverzüglich bereit, die nächste Salve zu werfen! Dabei muss die erste Reihe immer schön Platz für den Anlauf da lassen und die Kameraden nicht behindern! Da jeder Legionarius zwei Pila besitzt, entstehen vier Salven, aber es lässt sich nicht leugnen, dass ein kreativer Offizier die hinteren Reihen aufrücken lassen würde, um noch einige Würfe zu machen, wenn die Zeit bis zum Nahkampf noch reicht! Zu Übungszwecken haben wir hier nur zwei einfache Reihen gebildet, mit denen ihr das Werfen in Formation üben werdet! Bereitmachen!"


    "Tollite Pila!"


    "Mittite!"

  • Dann kam der Befehl auf den Brutus und die anderen warteten auch promt. Sie eilten zu den Pila und zogen sie aus dem Sand. Wie der Centurio ihnen schon auf dem Rückweg befohlen hatte, statteten sich die Probati mit zweiten Pila aus und traten dieses mal in zwei etwas lockeren Reihen an. Auf den Befehl lief die erste Reihe, in der sich auch Brutus wiederfand, und war ihr erstes Pilum. Ohne darauf zu achten wohin sie flogen wichen sie alle nach rechts aus und trabten zurück zum Ausgangspunkt. Sie kamen gut an der zweiten Reihe vorbei, die dann ihre Pila warf und nun ebenso verfuhren. So ging es weiter bis jeder seine zwei Pila geworfen hatte. Ab und an hatte es ein Paar Rempler gegeben, aber es war nichts passiert, das den Ablauf gestört hatte. So standen nun die Probati wieder in Doppelreihe bereit, allerdings ohne Pila.

  • Erstaunlich, dass es dieses Mal beim ersten Anlauf klappte, wunderte sich Reatinus über das Schauspiel, welches sich vor ihm bot. Verbesserungswürdig war wohl nichts, da alles reibungslos seinen Lauf nahm, so wie Reatinus es am liebsten hatte. Doch erstaunlicher war zweifellos, dass sich das heutige Trainigsprogramm mit dieser Übung beendet hatte und Reatinus eine weitere Lektion ad acta legen konnte. Die Probati waren fleißig am Werk, was Reatinus zu einem kurzen und knappen Lob hinreißen ließ. Aber es war ein Lob, wofür Reatinus gegenüber Probati sehr selten zu haben war!


    "Gut gemacht, Probati! Ihr wart heute fleißig!", ließ Reatinus´ Stimme die Ohren der Probati klingeln. Er war hörbar stolz, heute einen weiteren Schritt mit diesen angehenden Legionären gegangen zu sein.


    "Für heute habe ich genug gesehen! Vergesst das Ganze nicht, ich will, dass euch der Pilumwurf wie alle anderen Soldatenfähigkeiten in Fleisch und Blut übergeht! Kein Grund, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen... noch nicht! Morgen steht eine sehr interessante Übung an! Ich will euch morgen auf jeden Fall mit Rüstungen Scuta und topfit hier stehen haben!".


    Da fiel Reatinus ein, dass da noch die Übungspila lagen und versorgt werden mussten. Probatus Duccius und Hortensius wurden mit einem ernsten Blick bedacht, ehe sich Reatinus entschloss, doch ein wenig gnädig zu sein. Sie hatten die Pila ja schon angestrengt herschleppen müssen... so rief Reatinus zwei andere Probati auf, welche sich dieses Mal das Vergnügen des Aufräumens und Abschleppens teilen durften!


    "Probati Atrius und Maecius! Pila aufräumen, in die Kisten und diese zurück ins Magazin schaffen! Kein Murren, keine Fragen, keine Probleme! Verstanden?!".


    "Ach, Scheisse...", dachte Probatus Atrius, eher er nickte.


    "Jawohl, Centurio!", bestätigten anschließend beide Probati und machten sich an die unbeliebte Aufräumarbeit.


    "Probati, abite! Geht euch ausruhen!".


    Nachdem der Schreihals seine abschließenden Worte an die Rekruten gerichtet hatte, trat er selbst mit stolzen Schritten vom Exerzierplatz. Auch er würde morgen geduld und vor allem Nerven brauchen...

  • Erstaunlich wie früh sie heute das Ausbildungstraining beendeten. Fast ebenso erstaunlich wie fast reibungslos das Pilumwerfen funktioniert hatte. Brutus beschloss daher seine Rüstung mal wieder gründlich zu reinigen und in Schuss zu halten, denn er hatte gehört, dass die Lorica Segmentata zu Rostbefall neigte. Außerdem war er mal wieder mit Kochen dran. Also marschierte er, auch froh nicht schon wieder die Pila schleppen zu müssen von dannen, um sich den geplanten Aufgaben zu widmen. Ob sich heute im Lageralltag etwas ändern würde? Wohl kaum, doch er hatte da so eine Ahnung..

  • Letzte Nacht hatte Reatinus relativ schlecht geschlafen, was sich heute unweigerlich auf seine Laune auswirkte und damit auf die Geduld, die er den Probati entgegenbringen würde. Immer wieder erwachte er gestresst auf seiner Pritsche, einmal jedoch auch mit Nackenschmerzen am Boden liegend. Man konnte zum Glück sagen, dass Reatinus nicht übertrieben müde und geschlaucht war, da er wenigstens ab und zu ein Auge zudrücken konnte. Ein wenn auch nur kleiner Trost... die Probati sollten sich heute dennoch keine Fehltritte leisten, wenn sie klug waren. Die Folgen wären wohl "bemerkbarer" als an einem für Reatinus normalen Tag.


    Aber wie es eben so war, musste es trotzdem weiter gehen, weshalb Reatinus an einem recht warmen Morgen mit gemäßigten Windverhältnissen auf dem Exerzierplatz antrat. Auch die Probati hatten sich ordnungsgemäß auf dem Campus eingefunden, was Reatinus zumindest Hoffnungen gab, seine Nerven schonen zu können. Das Bogenschießen konnte somit beginnen!


    "Probati, venite! State!", ließ Reatinus sammeln und wartete einen Moment lang ab, bis jeder Einzelne sich vor ihm befand.


    "Probati, heute werden wir uns dem Bogenschießen widmen! Ich habe euch gestern nicht umsonst in Rüstung und Scuta hergerufen, denn bevor wir mit dem Bogenschießen anfangen, dürft ihr ein wenig in voller Ausrüstung um den Exerzierplatz laufen! Drei Runden will ich zunächst sehen, wer stehen bleibt, verkackt! Und reizt mich nicht, ich hab´ heute einen schlechten Tag!", läutete Reatinus ein, was es heute zu tun gab. Danach pickte er sich wahllos zwei Legionäre aus, welche die Glücklichen waren und anstatt dem Lauf die Bögen holen durften.


    "Probatus Lusius und Minucius! Ich will euch die Bögen herschaffen sehen! Je länger ihr braucht, desto länger werden eure Kameraden rennen müssen! Also lasst euch ja keine Zeit!". Reatinus war ein Liebhaber von Druckmitteln. :D
    Während die beiden neidisch von ihren Kameraden beäugt wurden, ließ sich Reatinus nicht lange Zeit und gab den Startschuss.


    "Movemini!" ( "Rührt euch!" )

  • Oje. Der Centurio hatte einen schlechten Tag?! Das konnte ja was werden. Während die anderen neidisch auf Lusius und Minucius waren, beneidete Brutus sie keineswegs. Entweder würden sie sich eiligst an der Ausrüstung abschleppen, oder den Zorn der Kameraden zu spüren bekommen, sollten sie zu langsam sein. Doch egal welche Einstellung die Probati nun hatten, sie mussten laufen. Dauerlauf in voller Montur war nicht gerade das was man sich als Probatus wünschte, doch sie bissen die Zähne zusammen und setzten sich in Bewegung. Mittlerweile waren sie gut genug trainiert um durchzuhalten, doch Spaß hatte nichtmal Narcissus dabei. Die beiden Probati waren mit der Ausrüstung rechtzeitig zurück um ihre Kameraden vor weiteren Runden zu bewahren also konnte der Centurio fortfahren.

  • Nach der ausgiebigen Keuchparade, welche von den Probati dargeboten wurde, erwartete Reatinus jeden Einzelnen zurück. Sie keuchten und schwitzten nach dem Lauf, aber sie brachten eine akzeptable Leistung, wenn man betrachtete, dass sie in den schweren Loricae gelaufen waren. Die beiden Männer, welche die Bögen holen gegangen waren, kamen recht schnell mit den Kisten an, welche das für Legionäre etwas ungewöhnlichere Übungsmaterial beeinhalteten. Daraus schloss Reatinus zumindest, dass sein Druckmittel wenigstens ein bischen Wirkung zeigte. Aber bevor ihm die Probati und er selbst zu ungeduldig wurden, setzte er die Grundausbildung fort...


    "Probati, venite! In aciem venite!".


    "Jetzt werden wir mal wirklich mit den Bögen anfangen! Schnappt euch NACHEINANDER einen Übungsbogen und strapaziert dabei meine Nerven nicht! Danach stellt ihr euch an den Zielen auf, welche für das Bogenschießen vorgesehen sind!". Reatinus zeigte nördlich des Exerzierplatzes, wo Scheiben mit kreisförmigen Markierungen für das Bogenschießen standen. In seiner Stimme spiegelte sich die Laune wieder, welche er an jenem Tag hatte.

  • Und die Laune des Centurios sollte noch viel schlechter werden, denn einige Probati hatten heute wohl ihren Denkapparat zu Hause gelassen und stellten sich nicht wie die anderen gegenüber der Zielscheiben auf, wo eine Markierung im Sand war, sonder stellten sich wortwörtlich an den Zielen auf. Brutus schüttelte leicht den Kopf und Narcissus fragte ihn leise:


    "Sin die bescheuert? Sollen wir sie als bewegliche Ziele nehmen oder wollen die, dass wir noch mehr laufen müssen?"


    Wie schockiert sie alle von diesem krassen Ausmaß an Unverstand waren, lies sich am besten an Narcissus Sprache erkennen, der es unterließ sich der sonst bei ihm üblichen Floskeln, Metaphern und "schönen" Formulierungen zu befleißigen.

  • Oh ja, die Laune des Centurios sollte sich wohl noch massiv verschlechtern, als er einige Probati erblickte, die den Befehl "an den Zielscheiben aufstellen" wohl doch viel zu wörtlich nahmen. Im Gegensatz zu Narcissus bemächtigte sich Reatinus einer rüden Militärsprache, die wohl mehr als nur deutlich genug war. Eine Ader an Reatinus Schläfe fing an, kräftig zu pochen, ehe er nun nun endlich das tat, was wohl alle Anwesenden erwarteten.


    "Habt ihr eigentlich nur Scheisse im Hirn!!? Mit ´an den Zielscheiben´ war gemeint, ihr sollt euch gegenüber dessen aufstellen, damit ihr schießen könnt! Bei Juppiter, schwingt eure lahmen, verdammten Ärsche hier rüber, damit ich sie aufreißen kann!!", brüllte Reatinus und machte seinem Spitznamen alle Ehre. Hoffentlich hatten die Equites keine Probleme mit ihren Pferden bekommen... und einige Ausbildungstruppen hörten sich neugierig umblickend mit ihren Übungen auf, wurden ihrerseits jedoch von den anderen Centuriones angeschissen.
    Unter den Schreien des Centurio erschracken die Probati unmittelbar neben ihm fürchterlich und zuckten schockiert zusammen. Doch noch mehr Angst hatten jene, die mit dem Brüllen gemeint waren, was sie natürlich sofort wieder zurück zu ihren Kameraden flitzen ließ, welche verstanden, was Reatinus meinte.


    "Ich habe euch gesagt, dass ich einen schlechten Tag habe und ihr habt es provoziert! 75 Liegestützen, auf der Stelle, ALLE! Ihr werdet Blut schwitzen, das garantiere ich euch!".

  • Brutus, der dies mehr als erwartet hatte zuckte zwar nicht zusammen als der Schreihals zu Brüllen anfing doch er musste mühsam den Impuls unterdrücken sich die Ohren zuzuhalten. Noch nie war er in seiner Grundausbildung so sauer gewesen. Alle anderen Strafen waren Drill gewesen. Aufgaben, die nicht zu leisten waren und strafen nach sich zogen waren nunmal Standard. Oder kleine Fehler, die drakonische Strafen nach sich zogen. Das war auch normal. Aber sich dermaßen dämlich anzustellen, das war einfach unnötig. Aber Brutus hatte wie alle anderen erstmal genug Zeit um abzukühlen. Fünfundsiebzig. Das war ne Menge und um die Bögen zu benutzen würden sie hinterher auch noch Kraft brauchen.
    Brutus begab sich wie alle anderen in die Horizontale und begann zu drücken. Allerdings tat er das nicht ohne die Zurückkehrenden mit einem vernichtenden Blick zu strafen. Welcher war blos der Leithammel gewesen, dem einige Deppen gefolgt waren? dieser hatte eine Abreibung am meisten verdient.. Es würde sich nach dem Drill in Erfahrung bringen lassen, und dann..
    Doch für derlei war später Zeit. Erstmal mussten die Liegestützen vollbracht werden.
    Nach etwa dem ersten Drittel fragte sich Brutus ob er nach Vollendung wieder etwas hören würde. Und wenn es nur die Befehle des Centurios waren.
    Nach einem weiteren Drittel wurde er richtig sauer auf seine idiotischen Mitstreiter. Allmählich begann er sich zu überlegen wie sie bestraft werden sollten und es kam ihm einiges in den Sinn, das die Legion für immer einer Rekruten berauben würde. Grimmig machte er weiter.
    Als er endlich fertig war stand er auf und rieb sich seine Oberarme. Verdammt anstrengend. Er blickte sich um und sah, dass die meisten noch immer beschäftigt waren. Das aber höchst vorschriftsmäßig. Keiner wagte es sich hängen zu lassen oder sich sonstwie die Aufgabe zu erleichtern. Zu laut klangen ihnen noch die Worte des Schreihalses in den Ohren.
    Dann waren auch die letzten fertig un harrten ihrem Schicksal.

  • Nach dem respekteinflößenden Brüllen und einigen dahergemurmelten Flüchen von Reatinus fand sich jeder Probatus schnurstracks auf dem staubigen Exerzierplatzboden wieder, wo sie ihre anstrengende Zusatzaufgabe bewältigten. Niemanden kam es auch nur in den Sinn, Reatinus´ Tag noch weiter zu verschlechtern. Es war eine kluge Entscheidung, die leider zu spät kam! Viel zu spät!
    Mit einer Stimme, so kräftig wie das Brüllen eines Löwen zählte Reatinus die Liegestützen an und zog sie damit antrengend in die Länge.


    "I... II... III... IV... V...!"


    Während Reatinus mit prüfenden Blicken umher lief und unentwegt weiter zählte, dachte er über seine eigene Legionärszeit nach. Er sah sich selbst Liegestützen auf dem Campus machen und sich verausgabt fragen, wie lange die Arme das Spiel noch mithalten würden. Er vergaß das Keuchen der Probati und tat so, als hätte er die vorsichtig geflüsterten Verwünschungen über jene überhört, welchen man die Strafübung zu verdanken hatte.


    "... LXXIII... LXXIV... LXXV. So, und jetzt auf die Beine, los!", befahl Reatinus streng und setzte dann das geplante Programm fort. Da er nun schlechter gelaunt war, als er ohnehin schon war, konnte ihn selbst nichts mehr auf dem Exerzierplatz halten. Grund genug, jetzt keine Ruhepausen einzuleiten und nahtlos weiterzumachen...


    "Nehmt die Bögen wieder zur Hand, rüstet euch aus der Kiste mit jeweils fünf Pfeilen aus und stellt euch dieses Mal RICHTIG gegenüber der Zielscheiben auf!". Während die Probati an ihre Positionen eilten, rüstete sich Reatinus zu Demonstrationszwecken selbst mit einem Bogen und einem Pfeil aus. Da jeder nun schlagartig so viel Respekt vor dem Schreihals hatte, dauerte es nicht sehr lange, bis alle ordnungsgemäß in Position waren. Stumm stellte sich Reatinus vor den Probati auf, bis er mit etwas beruhigter Stimme zu erklären anfing:


    "Im Prinzip ist das Bogenschießen nicht so schwer! Den Pfeil an die Sehne anlegen, dass die Spitze in die Schussrichtung zeigt! Mit Zeige- und Mittelfinger wird die Sehne dann angespannt! Wenn ihr anschließend gezielt habt, lasst ihr los und seht zu, wie der Pfeil fliegt! Das Schießen ist leicht, das Treffen ist schwieriger! Beachtet beim Zielen Windrichtung, Windstärke, Flugbahn und Schussstärke! Versucht euer Glück!".


    Letztendlich gab Reatinus einen Schuss ab, der relativ mittig, aber nicht ins Schwarze traf.

  • Noch immer war Brutus etwas taub von dem Geschrei des Artoriers. Doch das Gehör brauchte er ja wohl kaum zum Bogenschießen. Oh wie diese Betätigung hasste. Er war absolut kein Freund von diesen Stecken, die mit einem Faden gespannt wurden. Die Fernkampfwaffe seiner Wahl war die Schleuder, die er nach wie vor passabel zu benutzen verstand. Mit einem Bogen hingegen stand er schon immer auf Kriegsfuß. Seufzend stellte er sich in Position, nachdem er sich wie befohlen mit fünf Pfeilen ausgerüstet hatte. Neben ihm stand zur Rechten Narcissus, der gekonnt mit dem gespannten Stück Holz agierte und zur Linken war Simplex zugange.
    Nachdem er gemäß den Empfehlungen versucht hatte den Wind einzuschätzen, der allerdings nur mäßig wehte, gab Brutus einen Probeschuss ab, doch er hatte die Ausrüstung der Legion unterschätzt. Zischend flog der Pfeil über die Scheibe hinweg. Ein Blick auf die Scheiben seiner Nachbarn lies Brutus fast verzweifeln. Narcissus hatte doch tatsächlich schon zwei Pfeile ziemlich nah am Zentrum platziert und Simplex gar drei, wovon einer zu allem Überfluss sogar ins Schwarze getroffen hatte. Das stachelte Brutus Ehrgeiz an. Wenn selbst dieser Scutumbohrer so präzise mit dem Bogen umgehen konnte, dann musste er doch wenigstens die Scheibe treffen.Und das tat er. wenn auch nicht sehr erfolgreich, so hatte er doch wenigstens vier Pfeile in die Scheibe versenkt.

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