Aelius Quarto bei Valerianus

  • “Das mache ich.“, antwortete Quarto und nickte zufrieden.



    “Da ist noch eine andere Sache. Der Procurator a memoria Appius Tiberius Iuvenalis hat mich vor ein paar Tagen aufgesucht. Es ging um deinen Wunsch, der Senat möge über die Aufnahme von Kaeso Annaeus Modestus in das Collegium der Quindecimviri Sacris Faciundis entscheiden.
    Ich habe mich erkundigt. Annaeus Modestus wurde in Mantua zum Decurio erhoben. Es ist jedoch üblich, dass die Mitglieder des Collegiums zumindest Ritter sind. Zwar glaube ich, dass er sich in absehbarer Zeit sogar für eine Berufung in den Senat empfehlen wird, aber noch ist es nicht so weit.
    Er ist ein sehr umtriebiger Mann und ein Klient von Senator Purgitius Macer. Ich möchte dir deshalb vorschlagen, ihn zum Eques zu erheben, bevor ich die Frage seiner Berufung im Senat vorbringe.“

  • Für solche Kleinigkeiten konnte Valerianus wenig Interesse aufbringen, auch wenn er meinte, den Namen der Gens Annaea in letzter Zeit häufiger gehört zu haben.


    "Mache dies, wenn es notwendig ist."

  • “Sehr gut. Ich werde auch das veranlassen und sehe keinen Grund, weshalb der Senat dann eine Berufung ablehnen sollte.
    Mehr habe ich für heute nicht.“

    Quarto schaute Valerianus an, erkennbar mit der Frage, ob der noch ein Anliegen hatte.

  • “Consul Lucius Aelius Quarto. Ich möchte zum Imperator Caesar Augustus.“, sagte Lucius Aelius Quarto zu den beiden Posten, die vor der Tür zum Officium des Kaisers Wache hielten.
    Wie gewohnt ließen sie ihn ohne Anstalten gewähren und so betrat er die weiträumigen Gemächer.


    Dort war Valerianus.


    “Salve Bruder! Das Ende meiner Amtszeit wirft seine Schatten voraus. Ein Termin für die Wahlen zum Cursus Honorum muss festgelegt werden. Ich habe mich mit meinem Amtskollegen beraten. Wir haben uns auf die beiden Tage PRIDIE KAL DEC DCCCLVIII A.U.C. (30.11.2008/105 n.Chr.) und KAL DEC DCCCLVIII A.U.C. (1.12.2008/105 n.Chr.) geeinigt. Nach dem Gesetz ist deine Bestätigung erforderlich. Darum bitte ich dich, damit ich den Wahltermin öffentlich bekannt machen kann.“

  • Die Zeit schien tatsächlich zu rasen und Valerianus fragte sich, ob er sich in dieser Wahlperiode überhaupt einmal nennenswert bei öffentlichen Terminen gezeigt hatte, die über Sitzungen und Audienzen hinaus gingen. Aber er schob die Gedanken beiseite. Seine Ärzte hätte ihm sowieso abgeraten.


    "Ich bin einverstanden. Wirst du erneut kandidieren?"


    Er wusste nur selber genau genug, dass zwei aufeinander folgende Amtszeiten nicht möglich waren. Aber seinen eigenen Bruder als Consul an seiner Seite zu wissen, hatte ihm das Jahr ungemein erleichtert. Das nächste würde nicht so angenehm werden, fürchtete er.

  • Das war eine Feststellung, die Valerianus problemlos als Bitte verstehen konnte.


    "Wenn du einen haben möchtest, bekommst du ihn."


    Dies wiederum war eine Feststellung, die die Erteilung eines Dispenses quasi schon vorweg nahm.

  • “Mmmh...“, machte Aelius Quarto und griff sich unwillkürlich an den Bart. Das tat er oft, wenn er nachdachte.
    “Tatsächlich ist es so, dass ich zwar Vieles angestoßen habe, aber weitaus noch nicht alles beenden konnte. Vielleicht hatte ich mir zu viel vorgenommen. Aber einige Dinge brauchen auch einfach Zeit, und zwar mehr, als in eine einzige Amtszeit hinein passt.
    Eine weitere Amtszeit... ja, wenn es auch dein Wunsch ist, und die Wähler deinem Wunsch ebenso folgen, dann werde ich es tun. Ich hoffe nur, die Senatoren nehmen es mir nicht übel. Das ein Consul zweimal hintereinander amtiert, dass hat es lange nicht mehr gegeben.
    Am liebsten wäre es mir fast, ich könnte Aurelius Ursus dann erneut als Quaestor an meiner Seite wissen. Er hat sich in die Dinge bereits gut eingearbeitet und er ist ein wirklich verlässlicher und umsichtiger Mann.“

  • Eine kurze Antwort hätte Valerianus gereicht, aber er kannte seinen Bruder gut genug, um zu wissen, dass dieser eben eher etwas ausführlicher redete. Immerhin war damit gleich noch ein zweiter Name für einen Dispens dazu gekommen.


    "Dann habt ihr also schon konkrete Pläne. Für mich ein Grund mehr, diesen Dispens zu erteilen. Für euch beide. Muss ich das irgendwo veröffentlichen lassen?"


    Er erteilte zum ersten Mal eine solchen Dispens und er hatte keine Ahnung, ob sein Vater so etwas jemals getan hatte und falls ja, wie er dabei vorgegangen war. Aber irgendein Beamter würde es schon wissen, wenn Quarto es nicht selber wusste.

  • “Eine gesonderte Veröffentlichung, oder gar eine amtliche Urkunde, ist denke, dass ist nicht nötig. Grundsätzlich ist nur wichtig, dass den Wahlleitern ein Dispens für einen Kandidaten bekannt ist, damit sie ihn zur Wahl zulassen. Nun bin ich als Consul selbst einer der Wahlleiter. Ich werde dafür Sorge tragen, dass der Senat bei der Vorstellung der Kandidaten über deine Entscheidung in Kenntnis gesetzt wird. Das sollte genügen.“


    Obwohl Aelius Quarto durchaus eine bürokratische Ader hatte, fand er, dass nicht alles was der Kaiser entschied unbedingt einer gesiegelten, unterzeichneten und öffentlich verkündeten Urkunde bedurfte. Manchmal reichte es auch aus, wenn es einfach öffentlich gesagt, und damit übermittelt wurde. Wer würde es schon wagen, an seinem, Quartos, Wort zu zweifeln und von ihm ein unterzeichnetes Schriftstück verlangen? Schließlich waren sie Römer und keine Phoeniker.

  • “Übrigens habe ich einen neuen Klienten.“, sagte Aelius Quarto scheinbar wie nebenbei.
    “Sein Name wird dir kaum geläufig sein, er nennt sich Marcus Decimus Flavus. Aber du kennst bestimmt seinen Vater, Marcus Decimus Livianus. Der war in Parthia Legat der I. Legion und verschwand dort. Man vermutet, dass er ein Gefangener des Partherkönigs ist.
    Der Sohn möchte bei der kommenden Wahl zum Cursus Honorum als Vigintivir kandidieren.“

    Er machte eine kurze Pause.
    “Er könnte Unterstützung gebrauchen.“

  • Auch die beiläufige und dennoch recht deutliche Aussage konnte Valerianus nicht dazu bewegen, sein allgemeines Desinteresse an bestimmten Dingen des Senates auch nur für kurze Zeit zugunsten einer Zusage aufzugeben. Diese Dinge überließ er gerne seinem Bruder.


    "Dann unterstütze ihn, wenn du es für richtig hältst. Bezüglich seines Vater erhielt ich kürzlich Nachricht aus Aegyptus, dass man dort Informationen über seinen Verbleib hätte. Ich ließ es an Decimus Meridius weiterleiten."

  • Decimus Meridius? Der Triumphator? Ach ja, der sollte ja im offiziellen Auftrag nach seinem Verwandten suchen. Aber leider war er noch immer nicht aufgebrochen, und weil inzwischen schon November war, schied der Seeweg für die nächsten Monate wohl aus. Im Winter konnte man sich schließlich nicht auf das offene Meer wagen. Ob er auf das Frühjahr warten wollte?


    Das alles schoss Aelius Quarto durch den Kopf und lenkte ihn kurz davon ab, dass sein Bruder ihn etwas missverstanden hatte... ja, ihn wohl auch missverstehen wollte.
    Ob es klug war, Valerianus zu drängen? Wohl eher nicht, entschied Quarto, der Valerianus Desinteresse für die Details der alltäglichen Politik ebenso gut kannte, wie seinen Dickkopf.
    Also sagte er nur:
    “Oh ja, natürlich unterstütze ich ihn. Ich bin schließlich sein Patron und ich würde diese Wertschätzung nicht verdienen, wenn ich es nicht täte.“

  • Wie so oft ein wenig zerstreut wirkend kam der Consul und Kaiserbruder Aelius Quarto an jene Tür, die zu den Amtsräumen des mächtigsten Mannes der Welt führte.
    Er sah auf, reckte die Schultern nach hinten, und sagte, während er sich eine Falte seiner Toga richtete:
    “Aelius Quarto, ihr kennt mich. Ich möchte zum Imperator Caesar Augustus.“

  • Heute herrschte wieder einmal unglaubliche Stille in den Gängen dieses Teils des Palastes. Da der Kaiser kaum jemanden empfing, war der Wachdienst an seinen Amtsräumen mehr als langeweilig. Doch nun kam doch endlich mal wieder jemand. Natürlich kannten sie ihn. Und wußten auch von dem Befehl des Kaisers, daß sein Bruder jederzeit Zutritt zu ihm hatte. Zerstreut oder nicht. "Selbstverständlich, Consul Aelius. Tritt bitte ein."







  • Das tat Aelius Quarto, nachdem er sich bei dem Wachposten höflich, wie es gewöhnlich seine Art war, bedankt hatte.


    Trotz der Weitläufigkeit der Zimmerfluchten fand er ohne lange Suche seinen Bruder.


    “Salve Gaius, ich wünsche dir einen guten Tag.“, sagte er zur Begrüßung.
    “Hoffentlich störe ich dich nicht.“

  • Mit einer Handbewegung schickte Valerianus den Hofbeamten weg, der mit ihm im Raum war.


    "Nein, du störst nicht. Ich ließ mich nur gerade über meine Villa in Misenum informieren."

  • “Misenum in Campania. Wahrlich, dass ist ein von den Göttern gesegnetes Land. Nur mit dem Wasser waren sie nicht im Überfluss großzügig. Ich habe dort auch einen Gutshof mit Olivenhainen und obwohl Olivenbäume bestimmt nicht die durstigsten Pflanzen auf Erden sind, müssen sie im misenischen Umland mit großem Aufwand bewässert werden. Dafür wird man mit reichen Ernten belohnt und mit den fleischigsten und vorzüglichsten Oliven der Welt.


    Ähm…


    Aber ich will dich nicht mit Landbau langweilen.
    Ich bin gekommen, weil ich mich für einige Männer verwenden will. Bei allen wurde ich gebeten, doch tue ich es auch mit der Gewissheit, meine Fürsprache nicht für die Falschen zu verschwenden.“

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