Silko hörte gespannt zu. Böse Geister konnten selbst dem erfahrendsten Krieger Angst einjagen.
"Das wird ein böser Dschin gewesen sein. In meiner Kultur nennt man diese bösen Geister Ifrit. Es kommt immer wieder vor, dass diese die Gestalt von Tieren annehmen. Aber immerhin wart ihr genug Leute auf der Jagd. Da wäre ich gerne dabei gewesen. Einen Ifrit zu töten ist zwar eine sehr gefährliche Tat, aber dadurch auch sehr ehrenvoll.
Passiert es Phelan öfter, dass er einfach umfällt? Das könnte sehr gefährlich werden, auf seinem Weg nach Rom."
Endlich mal raus.
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Phelan das Weichei? Der Gedanke ließ Witjon breit grinsen.
"Nein, so etwas ist ihm bis jetzt nur einmal passiert soweit ich weiß."
Sein Becher war plötzlich leer und so füllte er ihn mit neuem Bier.
"Kommen wir zu Dagny. Sie ist ein nettes Mädchen, allerdings auch ziemlich widerspenstig. Sie ist ein Dickkopf sondergleichen." zwinkerte er. Er witzelte weiter: "Der Duumvir hat es auf sie abgesehen. Armer Kerl." -
"Harlif ist Duumvir?"
Verwundert zog Silko eine Augenbraue nach oben."Ich kann ihn nicht leiden. Er macht mir einen unehrenhaften Eindruck. Du hast ja gesehen, wie er sich vor Dagny auf den Boden geschmissen hat. Sowas macht kein Mann der einen Funken Stolz im Leib hat. Zumindest nicht in der Anwesenheit anderer Männer. Außerdem ist er mir beim Walburg-Fest negativ aufgefallen."
Er überlegte kurz und nahm dabei einen Schluck Met.
"Du solltest nicht so negativ über Dagny reden: Sie ist jung und wird einen Mann eines Tages sicher sehr glücklich machen. Mich würde es nicht freuen, wenn sie Harlif heiraten würde, aber für die Gens wäre eine solche Heirat sicherlich wertvoll und daher äußerst sinnvoll."
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Etwas ernster entgegnete Witjon:
"Was Harlif angeht magst du Recht haben. Dagny ist ein gutes Mädchen. Ich werde auf sie aufpassen, soweit es mir möglich ist. Auch wenn Harlif vielleicht nicht immer ein angenehmer Zeitgenosse ist, ich wünsche mir lieber ihn, als einen dieser arroganten Römer, der sie wie eine arrogante Römerin behandelt - abgestellt in der Küche und ohne Liebe."
Langsam merkte Witjon, wie seine Zunge schwerer wurde und er sich bewusster auf seine Worte konzentrieren musste. Langsam sollte er aufhören, das Freibier zu genießen, sonst könnte es noch peinlich werden. Er wollte nicht von einem Angestellten - das Wort Sklave war Witjon zuwider - der Gens nach Hause getragen werden. -
"Es würde mich nicht wundern, wenn sich Dagny bei ihrem Gemahl gut durchsetzen wird. Umso wertvoller würde eine solche Hochzeit für die Familie sein. Ich habe schon öfter erlebt, wie Frauen ihre Männer geschickter führten, als das ein Centurio bei seinen Truppen vermag."
Silko musste schmunzeln.
"Das siehst du ja bei Marga. Ohne sie würde in der Casa wohl alles zusammenbrechen. Und wie sieht es bei Landos Schwester aus? Plant sie auch zu heiraten?"
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Witjon schaute unsicher auf seinen Bierkrug.
"Eila...ich weiß nicht. Ich habe sie in meiner ganzen Zeit bei der Familie nicht wirklich kennen gelernt. Sie ist oft krank oder außer Haus. Und über irgendwelche Männer in ihrem näheren Umfeld weiß ich auch nichts."
Ratlos blickte er Silko an. -
"Da hast du wohl recht. Mir läuft sie auch nur sehr selten über den Weg. Ich frage mich, wie ich auf sie aufpassen soll, wenn ich nichts von ihr weis, und vor allem nicht weis wo sie ist. Auf junge Frauen in dem Alter aufzupassen ist schwieriger als einen Sack Flöhe zu hüten. Also ich Dagny und Eila das erste mal seh, wusste ich gleich was mir hier blüht."
Silko nahm sich noch ein Stück Brot mit reichlich Tunke.
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Witjon grinste. "Du Armer. Nicht, dass dich deine Aufgabe am Ende restlos überfordert." Er zwinkerte seinem Gegenüber zu und fuhr fort. "Wenn es völlig aus dem Ruder läuft schickst du einfach einen Boten zu mir, ich mobilisiere dann die Ala. Die wird dir zu helfen wissen." Jetzt grinste Witjon über beide Ohren.
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Silko lachte.
"Glaube mir, wenn du den beiden Schönheiten mit einer Legion beikommen willst, von denen jeder Legionär schon Monate nicht mehr bei einer anständigen Frau gelegen hat, wirst du wenig Chancen haben! Nichts untergräbt die Disziplin mehr als Weiber und Alkohol."Sprachs und nahm noch einen Schluck.
Der Nubier musste schmunzeln: Auf was für Ideen Witjon immer kam. Und dieser Quatschkopf war jetzt Magistratus. Hoffentlich würde er sich seinen Humor bewahren können.
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"Da hast du wohl Recht. Beten wir einfach zu den Göttern, dass die beiden Frauen sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und sie dir keinen Ärger machen." meinte Witjon lachend.
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"Bald halbieren sich die Probleme wohl sowieso. Aber das mit den Frauen ist schon komisch: So viele Schwierigkeiten sie auch machen, so wenig Spaß macht das Leben ohne sie. Wie sieht es denn bei Dir aus mit der Liebe?"
Jetzt wollte er dem Ganzen mal auf den Zahn fühlen.
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"Die Liebe? Da hat sich in letzter Zeit nichts ergeben. In Brogilus gab es einige Liebschaften, aber nichts so ernstes, dass es für eine Bindung gereicht hätte. Wenn ich Glück habe, finde ich ja bald eine schöne Frau, mit der ich mein Leben verbringen möchte." Er schmunzelte. "Sag mir, wie spielt sich eine Heirat in deinem Heimatland ab?" Wenn man schonmal jemanden aus den Südländern bei sich hatte, konnte man sich auch etwas über seine Kultur informieren. Man lernt ja bekanntlich immer dazu.
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"Nun, da sind natürlich die Unterschiede zwischen dem Adel und einer Hochzeit der Gemeinen. Wie das bei Gemeinen aussieht weis ich ehrlich gesagt gar nicht so. Im Adel werden die Hochzeiten meist danach arrangiert, wie sie den Familien politisch in den Kram passen. Eine Liebeshochzeit gibt es in den wenigsten Fällen. Natürlich wird an den Hochzeiten lange gefeiert, meist sogar mehrere Tage oder sogar Wochen lang. Vor welchem Gott das Paar vereinigt wird ist oftmals ein großer Verhandlungsmarathon zwischen den Familien, da man keinen der Götter erzürnen möchte, werden die Paare oftmals von mehreren Priestern gleichzeitig oder nacheinander getraut. Am häufigsten wird allerdings vor Amun, Dedwen, Dendun, Miket und Sebiumeker getraut.
Im Norden von Nubien, aus dem ich stamme, werden aber auch Ra, Anhor, Anubis, Bastet, Sachmet, Isis und Apedemak verehrt, was das Ganze zusätzlich verkompliziert."Dieses Problem hatten sie damals schon gelöst gehabt... Silko nahm nochmal einen großen schluck Met. Einerseits hatte ihm das reden die Kehle ausgetrocknet und andererseits musste er einen Klos im Hals herunterschlucken.
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Silkos Erzählungen machten Witjon neugierig. "Erzähl mir mehr von deiner Heimat. Es muss so anders sein, dort wo du her kommst." Interessiert beugte er sich vor.
"Erzähl mir von den Einwohnern deiner Heimat, von eurer Kultur und von der Lebensweise der Nubier." Witjons Wissbegierde war so stark wie lange nicht mehr. -
"Zuerst einmal ist es in Nubien viel viel wärmer als hier in Germanien. Das liegt daran, dass Ra dem Land viel näher ist als eurem. Daher ist man dort meist Morgends und Abends aktiv, weil es tagsüber zu heiß ist um schwer zu arbeiten. Nachts hingegen kann es sehr seehr kalt werden, so dass selbst Wasser zu Eis werden kann. Die meisten Menschen dort haben eine Hautfarbe wie ich, oder noch dunkler. Unsere Frauen haben meist lange schwarze Haare und deren Haut die Farbe von Ebenholz. Wir können uns glücklich schätzen, denn unsere Frauen haben die Farben von Ebenholz und eure Frauen die farben von Elfenbein: Beides ist äußerst edel."
Silko überlegte kurz:
"Wie bei den Ägyptern haben auch wir als Grabstätten Pyramiden in denen Verstorbene bestattet werden. Je wichtiger der Verstorbene, desto größer die Pyramide. So hat der verstorbene König von Meroe momentan die wohl größte Pyramide. Im Norden und im Westen grenzt Nubien an Ägypten und im Süden an ein Hochland, dass sich Eritrea nennt. Die Bewohner dort sind herumwandernde Barbaren und wir müssen unsere Grenzen dort gut bewachen. Schon manch guter Soldat ist dort gefallen. Neben den Pferden, werden auch Kamele als Reittiere genutzt. Das sind Tiere die zweimal so groß wie ein Pferd sind und ein oder zwei Berge auf dem Rücken haben. Es sind häßliche, aber sehr ausdauernde Tiere."
Silko lachte.
"Ich bevorzuge aber Pferde, denn sie sind die edleren Tiere. Nicht umsonst heißt es: Dumm wie ein Kamel. Außerdem sind wir Nubier bekannt für unsere Bogenkünste. Es heißt ein guter Nubier kann von einem Streitwagen seinem Feind ins Auge schießen."
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Witjon Augenbrauen hoben und senkten sich, während Silko erzählte und gelegentlich konnte man ein Stirnrunzeln erkennen.
"Die Wetterverhältnisse in deinem Land erscheinen mir äußerst merkwürdig. Hier liegt entweder Schnee oder es ist warm, aber beides an einem Tag und einer Nacht hört sich für mich nicht richtig an. Bei den Hautfarben muss ich dir allerdings Recht geben. Beides ist offensichtlich durch die Hand der Götter geschaffen worden, seien es nun deine oder meine Götter."
Dann sprach Silko von 'Pyramiden'. Dieses Wort hatte er bis jetzt nur einmal auf der öffentlichen Schule aufgeschnappt. Viel wusste er nicht darüber, nur dass sie offenbar gewaltige Bauten waren, die irgendwo in der Wüste errichtet wurden.
"Erzähl mir doch mehr über diese Pyramiden. Ich kann mir nicht im geringsten vorstellen, wie diese Bauten aussehen sollen."
Dann ging er auf die Nachbarländer Nubiens ein.
"Über Ägypten habe ich schon einiges in der Bibliothek lesen können. Es scheint ein sehr schönes, aber auch gefährliches Land zu sein. Und es ist die Kornkammer des Imperiums, soweit ich weiß.
Und dieses Eritrea ist mir gänzlich unbekannt. Habt ihr dort auch so etwas wie den Limes zur Sicherung der Grenze?"
Dann jedoch sprach Silko von einer noch merkwürdigeren Begebenheit seines Landes.
"Moment. Was fürn Ding? Kamel? Ein Tier, das Berge auf dem Rücken trägt?" Vor seinem inneren Auge stellte er sich ein Pferd vor, das einen steinernen Rücken hatte...und extrem dumm aus der Wäsche schaute! Den wirren Gedanken schüttelte er aber schnell ab, als Silko weitersprach.
"Nubien scheint sehr gute Krieger hervorzubringen. Sie können sich bestimmt mit den besten der unseren messen." -
"Also eine Pyramide besteht aus vielen großen rechteckigen Steinen. Der Grundriss ist meist quadratisch. Nach oben verjüngen sie sich und laufen dann in einer Spitze zussammen, wie vier riesige Steintreppen, die sich an der Spitze treffen. Bei manchen sind die Stufen groß und bei manchen nur sehr klein, so dass es wie eine schräge Wand aussieht. Meist sind sie einige dutzend Schritt hoch, fast wie von menschenhand erschaffene Berge. Es dauert viele Jahre und sehr viele Sklavenleben eine solche Pyramide zu bauen, denn die Arbeit ist hart und die Sonne brennt den Sklaven nerbittlich auf den Kopf."
Er überlegte kurz, was Witjon noch gefragt hatte.
"Einen Limes haben wir nicht. Meist haben wir es dort nur mit einigen Normadenstämmen zu tun. Da diese Region nicht so bewaldet sind, kann man sie mit einigen Wachtürmen sehr gut überwachen. Wir haben leider viel zu wenige gute Krieger. Wir können zwar in der Spitze sicher mit den Römern mithalten, doch ist unsere Zahl zu klein. Sicherlich hilft uns da das Wetter, dass viele Feinde Nubiens abwehrt. Unsere Armee mag kleiner sein, aber sie kommt viel besser mit den Temperaturen klar, Tagsüber und Nachts. Ra hat sein wachendes Auge über Nubien."
Dann kam er zu den Kamelen.
"Es gibt Kamele und Dromedare. Kamele haben zwei Höcker und Dromedare nur einen. Damit du das nicht missverstehst: Die Berge sind nicht aus Stein, sondern aus Fell, Haut, Fett und Fleisch. Zwischen den Höckern lässt es sich bequem sitzen, auch wenn vielen beim ersten Mal reiten schlecht wird, weil es so schaukelt. Kamele müssen nicht oft trinken, aber wenn sie trinken, dann aber riesige Mengen. Wenn du aus Confluentes zurück kommst, zeige ich dir eines."
Silko grinste. -
Witjon staunte nicht schlecht, als Silko so von seinem völlig fremden Heimatland erzählte. "Die Baumeister deines Landes müssen große Männer sein. Bis jetzt habe ich die römische Baukunst als die ausgefeilteste akzeptiert, doch was du da erzählst, verschlägt mir fast den Atem. Diese Pyrmi..Pyrad..Pyramiden...müssen ja gigantisch sein. Die größten Gräber, die mein Volk errichtet, sind Hügelgräber. Die sind aber keinesfalls größer als ein Langhaus. Diese Pyramiden reichen doch bestimmt weit in den Himmel. Kann man von der Spitze aus auch mit deinen Göttern sprechen?"
Seine Neugierde steigerte sich noch und sein Herz machte Freudensprünge, während Silko fortfuhr.
"Das Wetter, ja es hat seine Vorteile. Die Römer haben in Magna auch Probleme. Die weitläufigen Wälder, kalte Winter, verregnete Herbstwochen, in denen die Wege zu Schlammflüssen werden und Sümpfe, die ganze Cohorten verschwinden lassen können. Das Wetter des Nordens birgt seine Tücken, genau wie das des Südens. Gibt es westlich deines Landes noch andere Länder? Oder ist dort nur noch Sandwüste?"Was Silko nun über diese seltsamen Tiere erzählte, brachte Witjon erst recht zum Stauen.
"Das...also. Ich weiß nicht. Das hört sich für mich nicht gerade nach einem nützlichen Tier an. Obwohl sie in der Wüste wohl einige Vorteile gegenüber Pferden bieten, wenn sie so wenig Wasser brauchen."
Dann machte er eine kurze Pause, trank einen Schluck seines Freibiers und fragte verwundert:
"Was meinst du damit? 'Wenn du aus Confluentes zurückkommst, zeige ich dir eines'? Du kannst doch unmöglich solch ein Tier hierherbringen. Wie auch?" -
Als sie ihr Gespräch fortführten, fiel ihnen plötzlich auf, wie spät es bereits war. Witjon trank sein Bier aus, bezahlte das Essen und die Getränke, die noch nicht kostenfrei waren und sie machten sich zusammen auf zur Casa. Dieser Abend war definitiv wiederholungswert.
Sim-Off: Aufgrund von überstürzter Abreise des werten nubischen Herrn bis auf weiteres beendet. Q_Q'
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