Noch stand die Sonne mehrere Handbreit über dem Himmel von Rom, noch neigte sie sich nicht den sieben Hügeln entgegen, um dort farbenprächtig unterzugehen, meist unbeachtet von den vielen Menschen, die wie Tausende Ameisen in einem Ameisenhaufen, namens Roma, umherwuselten. Für viele der Menschen, ob peregrini, Sklave oder Römer, war jener Tag wohl einer wie jeder Andere, für Marcus indes nicht. Schon am nächsten Tag sollte ein weiteres Band in seinem Leben geknüpft werden, was einschneidend und tief wohl seine Lebensgewohnheiten verändern würde. Er würde am nächsten Tag Epicharis heiraten, in den Gärten, in denen er – auf Betreiben seiner Mutter – der jungen Claudierin einen Antrag gemacht hatte. Doch noch lag ein Abend und eine ganze Nacht vor jenen Augenblick. Und Marcus hatte nicht vor, die letzten Stunden seines Junggesellendaseins in monotoner Ödnis zu verbringen. Einen Moment hatte er überlegt, seinen Vetter Manius oder Caius zu fragen, ob sie ihn in die Stadt begleiteten, es jedoch verworfen; warum? Vielleicht, weil Caius stets so beschäftigt zu sein schien mit seinem Amt und weil Manius kaum noch das Haus verließ, seiner Krankheit wegen, gleichwohl Marcus hin und wieder die wahrscheinlich zu dezenten Versuche unternahm, seinen Vetter wieder in das Leben mit zu entführen. Bis dato war es jedoch gescheitert, auch jene lockende Idee, die Gracchus noch so freudestrahlend und verschwörerisch in der taberna verkündet hatte, war noch nicht in die Tat umgesetzt worden.
In eine schlichte Tunika, in einem braunrot gehalten, hatte sich Marcus heute Abend gekleidet, dazu trug er die bequemen Stiefel, die bis zur Mitte seiner Waden gingen und immer wieder mit Lücken unterbrochen waren, damit es nicht an diesem Sommerabend zu heiß wurde mit dem Schuhwerk. Einen Mantel nahm er nicht mit, warum auch? Der Abend versprach genauso warm zu werden wie in den letzten Tagen. Gut gelaunt, es sich an diesem Abend mal wieder richtig gut gehen zu laßen, marschierte Marcus so durch die villa Flavia und hinaus, wo er den Sklaven erwartete, der ihn an dem Abend begleiten sollte – der Parther, der sich um seine Lieblingsbeschäftigung, der Jagd, kümmern sollte. Warum ausgerechnet jener Sklave? Vielleicht war es Neugier oder einfach ein spontane Eingebung von Marcus gewesen, zudem wollte er wißen, wie weit Cassim denn schon mit jenen Vogel, der angeblich wie ein Jagdhund Beute schlagen konnte, gekommen war. Marcus nickte dem Sklaven knapp zu.
„Cassim!“
Marcus klemmte den Beutel zwischen tunica und schwarzem Ledergürtel, in dem das Geld für den Abend eingepackt war.
„Wir gehen zuerst zu einem Tempel und dann auf die Tiberinsel. Kennst Du Dich mittlerweile in Rom etwas aus?“