Surprise, surprise... oder: Ein Aelier und eine Decima auf Abwegen

  • Seiana klammerte sich weiter an der Plattform fest und sah zu, wie Archias noch einmal an Tempo zulegte. „Nein, keine Sorge, mir geht’s gut. Pass du auf, du…“ Da passierte es schon. Er kam auf der Holzplatte auf, die ihr am nächsten war, und verlor das Gleichgewicht. Zuerst lachte Seiana noch, dann verstummte sie erschrocken, als er endgültig die Balance verlor und die Plattform sich mitsamt ihm drehte. Mit einem Ruck drehte sie sich ganz zu ihm um, kniete sich auf ihre Plattform hin, um einen sichereren Halt zu haben, und beugte sich besorgt in seine Richtung. „Archias?“ Dann tauchte er schon wieder auf, prustend und lachend, und Seiana stimmte in sein Lachen ein.


    „Das ist… so seicht ist das?“ Sie grinste vergnügt, während sie den triefenden Archias betrachtete. „Aber trotzdem bist du komplett nass geworden.“ Ihre rechte Hand tauchte ins Nass und spritzte ihm noch mehr Wasser entgegen. „Na wer weiß, vielleicht ist das nächste Wasserbecken ja tiefer“, neckte sie ihn. „Sonst lohnt es sich ja nicht, reinzufallen. Was ist, fühlst du dich denn noch in der Lage, die letzten paar Sprünge bis zum Ufer zu vollenden? Oder watest du lieber durch das Wasser, jetzt wo du eh schon nass bist?“ Ein weiterer Spritzer und ein freches Schmunzeln folgte diesen Worten.

  • »He!« protestierte er und hob abwehrend eine Hand, als Seiana ihn nass spritzte.
    »Lass das, ich werd ja ganz nass!« Was eine wahrhaftig sehr intelligente Feststellung war, denn Caius war bereits nass, und zwar triefend. Überdimensioniert, wie er in diesem Moment nun einmal dachte, schaufelte er mit beiden Armen zehnmal so viel Wasser wie Seiana und scheuchte selbiges ihr entgegen. Mit ausgreifenden, langsamen Schritten pflügte er durchs Wasser auf ihre Plattform zu. Wellen schwappten durch das Wasserbecken. Er grinste diabolisch.
    »Für dich lohnt es sich ja noch, das werden wir ja gleich s-« Er hielt inne und hatte plötzlich einen entsetzten Gesichtsausdruck. Langsam sah er an sich herunter und starrte dann dorthin, wo das Wasser träge an seinen Bauch schwappte. Plötzlich sprang er wie von sinnen im Becken herum, immer wieder irgendetwas rufend, das sich wie Ah! Uh! Ieh! anhörte, dann stand er irgendwo links neben Seianas Holzpodest wieder still und betrachtete aus großen Augen skeptisch das Wasser um sich herum.

  • „Das bist du schon“, lachte Seiana, nur um ihm nächsten Moment aufzukreischen, als eine Welle an Wasser auf sie zukam, aufgescheucht von Archias. Große Spritzer ergossen sich über sie, aber noch war sie lange nicht so durchnässt wie er. Was er scheinbar vorhatte zu ändern, seinem Gesichtsausdruck und der plötzlichen Entschlossenheit nach zu schließen, mit der er nun auf sie zukam. „Hey… Eh, also, mach bloß keinen Unsinn, ja?“ Etwas schwankend richtete sie sich auf ihrer Holzplattform auf, um zum Rückzug anzusetzen. Ob es ihr rechtzeitig gelungen wäre, den Sprung zur nächsten Plattform zu vollenden oder nicht, blieb dahin gestellt, denn in diesem Moment stoppte Archias und starrte in das Wasser. Gleich darauf sprang er wild durch die Gegend und stieß ein paar Schreie aus. Seiana allerdings hatte wenig Ruhe, um ihm dabei zuzusehen oder zu fragen, was los war. Die Springerei von Archias brachte das Wasser in Bewegung, und gemeinsam mit dem Wasser auch die Holzplattformen – eingeschlossen der, auf der Seiana gerade stand, mit einem nicht sehr sicheren Halt, war sie doch gerade im Begriff gewesen, sich abzustoßen. Im einen Augenblick sah sie noch verblüfft zu Archias, im nächsten fing sie selbst schon an zu quieken, als ihre Plattform immer mehr hin und her schwankte aufgrund der Wellen, die Archias verursachte. Schließlich war die Schräglage so groß, dass Seiana mit ihren inzwischen durchnässten Sandalen keinerlei Halt mehr fand auf der schmierigen Oberfläche, und mit einem Aufschrei verlor sie endgültig das Gleichgewicht und kippte rücklings ins Wasser.

  • »Da war ein Veich in meiner Tunika!« stammelte Caius noch, dann sah er Seiana bereits kippen. Statt aber hin zu eilen, verschränkte er nur die Arme vor der Brust und grinste hämisch. Als sie wieder auftauchte, lachte er keckernd, genügend abgelegt von der Seeschlange, die in seiner Tunike (und nahe bei etwas, das ihm sehr, sehr wichtig war) gewütet hatte.


    »Hahaha, hehehe... Siehst du wohl, das kommt davon!« Breit feixend stand er da, deutete schließlich auf das knappe drei Meter entfernt liegende Ufer. In weiser Voraussicht hatte Stufen angelegt, die aus dem Bassin führten. Dorthin pflügte Caius jetzt durchs Wasser. Er hatte keine Lust, auf eine wackelige Plattform zu kraxeln und dann noch zwei Sprünge zu machen. Kurz darauf stand er draußen, tropfend wie ein begossenes Nilpferd, und sah Seiana an, die allmählich nach kam.
    »Schlamm?« fragte er nur und grinste.

  • Prustend kam Seiana wieder hoch und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, sowohl um das Wasser aus den Augen zu bekommen als auch um die nassen Strähnen nach hinten zu verbannen. „Argh, was kommt von was? Reinfallen weil du durch die Gegend springst?“ Am liebsten hätte sie einen Sprung in seine Richtung gemacht und ihn unter Wasser gedrückt, aber sie war zu weit weg von ihm und musste zu sehr lachen, als dass sie sich schnell genug dafür hätte bewegen können. Mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem leicht kritischen Gesichtsausdruck zupfte sie mit spitzen Fingern etwas aus ihren Haaren, was vermutlich eine Alge war, bevor sie wieder zu Archias blickte, der sich schon auf den Weg zum Ufer gemacht hatte. „Was war da überhaupt im Wasser?“


    Langsam bewegte sie sich ebenfalls auf die Stufen zu, aber bevor sie sie erreichte, und bevor Archias auf ihre Frage antworten konnte, streifte auf einmal etwas ihr Bein – etwas längliches, glitschiges. Während in ihr ein Ahnung zu dämmern begann, warum Archias sich kurz zuvor so aufgeführt hatte, quiekte sie erneut auf und katapultierte sich nach vorn, zu der Treppe. „Was war DAS denn?!?“ Schnell nahm sie die wenigen Stufen zum Ufer empor und starrte in das Wasser. „Ja, eh. Schlamm. Gute Idee. Da gibt es wenigstens keine Viecher drin…“ Ein letzter misstrauischer Blick ins Wasser, dann grinste sie Archias an. „Und dir wird Braun sicher vorzüglich stehen.“

  • »Du wärst auch gesprungen, wenn so ein Viech dich in den Hintern gebissen hätte«, verteidigte Caius sich und deutete auf einen Parcour, der nicht weit entfernt lag. Neben aufgespannten Seilen, die zwischen rund zwei Meter hohen Plattformen aufgespannt waren (den Göttern sei Dank mit einem Seil zum Festhalten auf Brusthöhe), gab es dort auch wackelige Händebrücken, Seil-Lianen und eine Ecke mit Baumstämmen, über die man irgendwie drüber musste. Langsam setzten sie sich dorthin in Bewegung.


    »Keine Ahnung. Vielleicht züchten die Seeungeheuer in diesem Loch Nass.«, gab er zum besten und zuckte mit den Schultern.
    »Mir? Braun? Zu deinen Haaren passt das besser, und überhaupt bist du viel zu blass. Wenn du dich schon nicht in die Sonne haust, dann kannst du dich ja gleich mit Schlamm schminken....«

  • Als Archias in eine Richtung deutete, folgte Seianas Blick der Handbewegung und nahm den Parcours in Augenschein, den er vorschlug. Ihre Lippen verzogen sich kurz etwas nach links, während sie das Gebilde musterte, dass aus Seilen und Plattformen zu bestehen schien – in zwei Meter Höhe. Das konnte spaßig werden. „Seeungeheuer? Ja, die können sie dann weiter verkaufen, falls sie mit dem Spielplatz hier mal keinen Gewinn machen“, flachste sie, während sie nach dem Saum ihrer Tunika griff und sie etwas auswrang. Zum Glück war der Tag heiß und die Sonne schien, ihre Tuniken würden recht schnell wieder einigermaßen trocken sein.


    „Ach, wie, ich bin zu blass? Du bist schon zu lange hier, guck dir doch mal die ganzen Römerinnen an – da bin ich noch lange nicht blass genug, wenn man danach geht…“ Und würde es wohl auch nie sein, dafür sorgte das hispanische Blut in ihren Adern. Aber obwohl sie durchaus jemand war, der Wert auf ihr Erscheinungsbild legte, ging es bei ihr doch nicht so weit, dass sie sich darüber tatsächlich geärgert hätte, dass sie die vornehme Blässe mancher Römerinnen niemals würde erreichen können. Jetzt waren ihre Haare dran mit Auswringen, während sie weitergingen, und dass Archias erneut ein paar Spritzer abbekam, war durchaus gewollt von ihr. Anschließend grinste sie ihn wieder an. „Ich schmink dich mit Schlamm. Das ist besser. Vertrau mir einfach. Soll ja auch gut für die Haut sein, und so, jedenfalls behaupten sie das in den Thermen. Oder nehmen die da speziellen Schlamm, was meinst du?“ Inzwischen waren sie angelangt bei dem Konstrukt, das sie als nächstes angehen wollten, und etwas zweifelnd legte Seiana den Kopf in den Nacken. Ein schmales Seil, nur mit einem weiteren in Brusthöhe zum Festhalten, führte zur ersten Plattform hinauf. Dann zuckte sie die Achseln und begann langsam den Aufstieg, der sich noch als überraschend einfach erwies. Das Seil war straff gespannt, weswegen man gut Halt fand, aber sie konnte bereits von hier sehen, dass einige Seile recht lose hingen und hin und her schwanken würden, so bald man unvorsichtigerweise einen Fuß darauf setzte.

  • Caius - ein Mann - wrang weder Tunika noch Haare aus, sondern tröpfelte lieber vor sich hin. Allerdings ließ er es sich nicht nehmen, seine Haare zu schütteln, als Seiana ihn absichtlich nass spritzte - ganz so, wie ein Hund sich das Fell schüttelte, wenn er nass geworden war.
    »Ich guck aber keine anderen Römerinnen an«, gab Caius zurück, ehe ihm auffiel, was er da eben gesagt hatte.
    »Also, ich meine... Du hast schon recht, die sind noch blasser als du«, fuhr er hastig fort und hoffte, das Fettnäpfchen wenigstens ein wenig umschifft zu haben.


    »Wie, mich? Pass mal auf, diesmal gehst du zuerst, und dann wollen wir ja sehen, wer sich hier zuerst mit Schlamm schminkt...« Ein Ellbogenknuff folgte hierauf, und wieder lachte Caius keckernd, bis er schließlich verstummte und über die Frage nachdachte.
    »Also, der in der Therme stinkt nicht. Soweit ich das mitbekommen habe. Hier um Alexandrien herum gibt es allerdings ein paar Wasserlöcher, da stinkt es ganz extrem... Also werden die zumindest darauf achten, dass sie ihr Zeug irgendwo her holen, wo es nicht stinkt, als hätte eine Horde Nilpferde reingepullert. Äh, ja.«


    Caius stoppte und machte eine einladende Geste zum Seil hin.
    »Holden Damen lasse ich doch gerne den Vortritt!« 8)

  • Seiana kicherte, als Archias sich schüttelte und sie ein paar Tropfen abbekam. Dann breitete sich eine leichte Röte auf ihren Wangen aus. „Keine?“ Ein verlegenes Grinsen spielte um ihre Lippen, während Archias seine Worte etwas revidierte. Dass er seinen ersten Kommentar für ein Fettnäpfchen hielt, fiel ihr gar nicht auf, im Gegenteil – sie freute sich über das, was er gesagt hatte. Dass er keine anderen Römerinnen ansah, hieß doch, dass sie ihm gefiel. Sie räusperte sich leise und stimmte dann in sein Lachen mit ein. „Das ist ein Wort. Ich geh zuerst… und dann sehen wir weiter.“


    „Mh, also, ich hoffe mal dass sie hier eine ähnliche Auswahl wie in den Thermen treffen. Also zumindest was den Geruch betrifft. Sonst dürften sie hier eigentlich keinen Eintritt verlangen.“ Sie neigte grinsend und gespielt huldvoll den Kopf, als Archias ihr bei dem Seil den Vortritt ließ, und stieg hinauf, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, während sie sich gleichzeitig an dem anderen Seil festhielt. Oben angekommen hielt sie kurz inne und sah zu Archias zurück, der ihr gefolgt war. „Mal sehen, der Rest wird sicher nicht so einfach…“ Vorsichtig schob sie einen Fuß vor auf das erste Seil, das immer noch vergleichsweise straff gespannt war, dann folgte auch der zweite, und während sie sich mit beiden Händen an dem Halteseil entlang hangelte, tasteten sich ihre Füße immer weiter vorwärts, bis sie schließlich ungefähr in der Mitte angekommen war und den Fehler beging, nach unten zu sehen. Es war faszinierend, wie viel mehr zwei Meter sein konnten, wenn man sich auf einem Seil in eben dieser Höhe befand. „Äh. Äääh. Ich weiß grad nicht…“ Das Seil fing an zu schwanken. Oder besser: Seiana fing an zu schwanken, und mit ihr das Seil. Ihr Griff um das Halteseil verstärkte sich. „Ich bin mir grad nicht mehr so sicher, ob ich schwindelfrei bin…“ Natürlich war das irgendwie lächerlich, immerhin war das Seil nicht wirklich hoch gespannt, und unter ihr war jede Menge Schlamm, sicherlich genug, um schlimmere Verletzungen zu vermeiden. Trotzdem klang ihr Tonfall nicht nur danach, dass sie einen Spaß machte, sondern es schwang auch ein winziger Hauch von, nun, nicht wirklich Angst, aber doch so etwas wie Besorgnis mit.

  • Caius grinste nur breit, als Seiana noch frohgemut loslegte und einen Fuß neben den anderen auf das Seil setzte. Jetzt, im hellen Licht der Sonne (und nass, wie die Tunika an ihrem Körper klebte 8) ) sah sie mindestens genauso gut aus wie perfekt gewandet und geschminkt. Er wusste eh nicht so recht, was so viele Leute an den langweiligen Schminktopfen fanden, die man meist in Rom direkt antraf. Besonders die Patrizier legten ja nicht nur Wert auf einen angemessenen familiären Hintergrund (was bedeutete, dass mindestens ein Verwandter ein hohes Tier sein musste), sondern auch auf angemessene Bildung (Caius war es schnurzpiepegal, ob Seiana Ovid rezitieren konnte), modische Kleidung (Caius sah Seiana an und grinste) und gepflegte Unterhaltung (Caius war es viel lieber, wenn er mit Seiana lachen konnte, statt sich mit hohlen Worten und billigen Floskeln zu langweilen).


    Ein wenig überrumpelt blinzelte er, dann hob er eine Hand und griff nach dem Seil, tat aber sonst nichts. Irgendwo in der Mitte blieb Seiana dann stehen und sah runter. Caius blinzelte gegen die Sonne und legte den Kopf schief.
    »Wie, das war schon alles? Ouh. Wie wirst du da nur jemals ans Ziel kommen....« spottete er und setzte seinerseits die Füße auf das Seil, um zu Seiana zu hangeln. Auf der Hälfte der Hälte blieb er dann stehen und begann, ein wenig auf und ab zu wippen, was das ganze Seil wackeln ließ (und Seiana mit ihm). Caius grinste hintergründig.
    »Och, ist doch gar nicht so schlimm...« witzelte er...

  • Zum Glück konnte Seiana keine Gedanken lesen – würde sie es können, würde sie in diesem Moment vermutlich rot werden und loslachen müssen gleichzeitig. Aber sie konnte es nicht, und sie machte sich auch keine Gedanken darüber, wie sie aussah in der nassen Tunika. Archias hatte etwas an sich, das sie in seiner Gegenwart vergessen ließ, wie eine Römerin ihres Standes sich eigentlich zu benehmen hatte – es war eine Art von Lebensgefühl, das sie seit ihrer Kindheit immer seltener gehabt hatte, je älter sie geworden war, und das sie spätestens seit Faustus’ Verschwinden damals nicht mehr gehabt hatte. Mit Archias hatte sie das wieder entdeckt, und mit ihm konnte sie einfach sie selbst sein.


    „Nein, das war noch nicht alles, nur… hast du mal nach unten geguckt?“ Sie klang belustigt, aber die Art, wie sie erneut nach unten äugte, und die Tatsache, dass sie sich immer noch nicht vorwärts bewegte, schien dann doch zu sagen, dass es zumindest vorerst alles war. Etwas verlegen grinste sie, als Archias zu ihr aufschloss, nur um im nächsten Moment einen erschrockenen Ruf ertönen zu lassen, als er zu wippen begann. „Nein, hey, lass das, du-“ Sie klammerte sich noch fester an das Seil, aber das bot lediglich eine vage Stütze und keinen wirklichen Halt, vor allem dann nicht, wenn das gesamte Seilkonstrukt sich im Wackeln befand. Seiana versuchte, so etwas wie Balance zu finden, aber auf einem schwankenden Seil, mit nassen Sandalen und einem ohnehin schon etwas mulmigen Gefühl im Magen fand sie das nicht sonderlich einfach. Sie wackelte immer mehr und klammerte sich schließlich ganz an das Halteseil, als einer ihrer Füße kurzzeitig abrutschte und erst nach ein paar Versuchen wieder so etwas wie Halt fand. „Oooh, hör auf damit, das ist gemein, lass das…“ Das Jammern in ihrer Stimme war nur halb gespielt, und sie vermied es nach unten zu sehen.

  • Aber Caius dachte gar nicht daran, aufzuhören. Sein Grinsen wurde nur noch breiter und er wippte und wackelte munter weiter. Dabei brachte er es irgendwie fertig, langsam näher zu Seiana zu hangeln, was das Seil sich noch ein wenig weiter nach unten dehnen ließ. Als er neben ihr angekommen war, grinste er immer noch.


    »Na?« fragte er neckend.
    »Bist du etwa nicht schwindelfrei?«
    Hintergründig wippte er ein weiteres Mal auf und ab, hatte allerdings nicht berücksichtigt, dass Seiana gerade nach Halt suchte und daher nicht mit dem ganzen Gewicht auf dem Seil stand. Seine Nähe zu ihr (und damit der Schwerpunkt auf dem Seil) tat dabei dann ihr übriges, sodass auch Caius mit einem Fuß vom Seil rutschte und erschrocken zu wippen aufhören wollte. Das Seil allerdings nicht. Das zappelte weiterhin auf und ab, vor und zurück, weil ja nun auch beide ihre Balance wiederfinden wollten, und ohne nachzudenken griff sich Caius das nächstbeste, um sich festzuhalten.


    Bedauerlicherweise war das Seianas Arm.
    Und das wiederum führte dazu, dass sie nun beide auf einer Höhe von schätzungsweise anderthalb Metern unfreiwillig tanzten wie die Puppen eines Puppenspielers. Caius grinste nun natürlich nicht mehr, sondern versuchte verbissen, sich festzuhalten. Dummerweise rutschte seine freie Hand immer weiter ab. Und plötzlich war da kein Seil mehr und er stand nur noch mit einem Fuß auf dem glitschigen Hanf. Seiana zappelte und er verlor endgültig den Halt (vom Seil, denn Seiana hielt er nach wie vor fest).


    »Wah!« rief er aus, ließ aber Seiana nicht los, sondern zog sie mit sich...in die Tiefe. Da Caius schwerer als Seiana war und zuerst gefallen war, klatschte er auch zuerst mit einem feuchten Schmatzen bäuchlings in den braunen Morast. Nur Sekunden später stemmte er sich auf den Unterarmen hoch und sah zu Seiana, die ziemlich dicht neben ihm (dafür aber weitaus damenhafter mit dem Hintern zuerst) gelandet war. Caius' Gesicht war dunkelbraun, sah man von den Augen und den Zähnen ab, mit denen er sie nun listig angrinste, seine Haare braun gesprenkelt und die Tunika...erkannte man schon nicht mehr als solche.
    »Ups...« brachte er heraus.

  • Seiana hätte Archias nun nur zu gern böse angefunkelt, als der gar nicht daran dachte, aufzuhören. Im Gegenteil. Er wippte weiter, während er sich – sie fragte sich, wie bei Pluto er das anstellte – sogar noch näher an sie heran schob. Aber für einen bösen Blick hatte sie gerade keinen Nerv, sie war zu beschäftigt damit, sich festzuhalten und mal leise, mal weniger leise Angstlaute auszustoßen. „Nein… ich… waaah… ich weiß nicht, ich…“ Sie wusste tatsächlich nicht mehr, ob sie schwindelfrei war. In diesem Augenblick war sie es wohl eher weniger, befürchtete sie. Ihr Fuß rutschte erneut etwas ab, und in diesem Moment erreichte Archias sie – und brachte das Seil noch mehr zum Wippen. Und Seiana, die ohnehin keinen allzu sicheren Stand hatte, verlor immer mehr den Halt. Archias gönnte sie in diesem Augenblick keinen Blick, aber sie spürte seine Hand an ihrem Arm, und gleich darauf klammerte sie sich auch an ihn, weil er ihr stabiler erschein als dieses dünne, klägliche Seil. Was aber ein Fehler war. Archias hatte nämlich selbst nicht mehr den sichersten Stand auf dem Seil, ganz im Gegenteil, und es vergingen nur wenige Herzschläge, in denen sie noch mit dem Seil hin und her schaukelten. Dann segelten sie gemeinsam gen Boden, genauer in den Schlamm.


    Sie konnte gar nicht sagen, wer zuerst den Halt verloren hatte, aber sie hatte das vage Gefühl, dass es Archias gewesen war. Dafür sprach, dass er zuerst im Schlamm landete. Mit dem Bauch voran. Einen Augenblick später verkündete ein Platschen, dass auch Seiana aufgekommen war. Schlammbedeckt richtete Archias sich auf und grinste sie nun an, und sie grinste zurück – bauchabwärts ebenso schlammbedeckt wie er, bauchaufwärts nur gesprenkelt mit braunen Flecken und Spritzern, war sie doch günstiger gelandet als er. „Ups. Ups? Das ist alles, was du zu sagen hast?“ Sie machte ein erbostes Gesicht, auf dem sich das Grinsen aber nicht mehr lange zurückhalten ließ. Mit einem Funkeln in den Augen schaufelte sie eine Handvoll Schlamm hoch und schmierte es ihm genüsslich in die Haare. „Ups“, machte sie dann, breitgrinsend.

  • Caius grinste nur, klappte den Mund aber zu, als Seiana nach dem Schlamm griff. Der war angenehm kühl, und auf einmal erschloss sich Caius, warum sich viele Tiere in warmen Gebieten mit Schlamm einrieben. Dann schmierte sie ihm Schlamm in die Haare, und Caius glotzte nur.
    »Äh!« protestierte er halbherzig, ehe er selbst einen kleine Baggerschaufel voll Schlamm ausgrub. Dabei ging ihm auf, dass sie im Schlamm saßen. Und er hielt inne und schielte ein wenig auf Seianas Tunika, die aber blöderweise gar keinen Schlamm abbekommen hatte, sondern nur nass von dem Teich zuvor war. Ein wenig enttäuscht machte er einen Schmollmund, bekam dabei ein wenig Erde in den Mund und prustete mehrmals aus.


    »Uch, uach, brr, bah.« Caius hob eine Hand und wollte die Erde fortwischen, aber seine Hände waren ebenso schmierig feucht wie beinahe alles andere an ihm. Allmählich tropfte der Schlamm aus seinen Haaren hinunter, und als Caius erneut Seiana ansah, die so glücklich grinste, fiel ihm etwas ein. Der Zettel! Den musste er doch noch irgendwo haben!


    »Moment«, warnte er Seiana vor, damit sie nicht noch schnell aufstand und fort ging. Mit klammen, schlammigen Fingern suchte er in den Taschen seiner nassen, morastigen Tunika. Eine Weile fingerte er angestrengt herum, dann leuchteten seine Augen und er kramte einen kleinen, aufgeweichten Fetzen Papyrus hervor. Irgendwie bekam er ihn auseinander und bekam einen Blick auf das, was noch zu lesen war (und das war wirklich nicht viel). Caius verlagerte sein Gewicht so, dass er in einer angemessen aufrechten Position angelangt war (und das war gar nicht so leicht im rutschigen Schlamm!). Jetzt oder nie! Sein Herz schlug irgendwo in seinem Hals.
    »Seiana?« Er räusperte sich, sah erst auf sie, dann auf den Papyrus, und begann zu lesen.


    »Ich hatte...äh...weit..nein halt, Zeit, ein F...Fl...Fluuu... ah nein, Buch...zu....hm, schreiben? Ich hatte Zeit, ein Buch zu schreiben. Genau. Äh.... Über die...Art...wie du...äh... nein...hm.. Verdammt!« Caius wirkte plötzlich zutiefst betrübt, ließ den unleserlichen Papyrus sinken (in den Morast) und sah zu Seiana, die ihn beobachtete.
    »Du möchtest nicht zufällig...mich heiraten?«

  • Seiana duckte sich schon vorbeugend etwas weg, und tatsächlich, wie sie geahnt hatte schaufelte auch Archias Schlamm hoch. Dann ließ er die Hand aber wieder sinken, was sie etwas verwunderte, hatte sie doch fest damit gerechnet, nun ebenfalls eine Ladung abzukriegen. Gerade als sie fragen wollte, was denn nun mit seiner Schmink-Drohung war, da versuchte er sich des Schlamms zu entledigen und begann, nach irgendetwas in seinen Taschen zu suchen, während er sie aufforderte zu warten. Ihr Grinsen wurde etwas schwächer, während sie ihn neugierig und verblüfft zugleich musterte. Die Kuhle, die sich gebildet hatte zwischen ihnen, als Archias regelrecht nach Schlamm gebaggert hatte, fühlte sich langsam und ganz leise glucksend mit Wasser, das gelegentlich winzige Bläschen bildete. Von irgendwo wehte etwas Gekreisch her, gefolgt von einem lauten Platschen, und weitere Geräusche zeigten, das überall auf dem Gelände Menschen unterwegs waren und Spaß hatten. Seiana allerdings hörte gar nicht hin. Sie registrierte nur dieses Wasserglucksen am Rande, der Rest ihrer Aufmerksamkeit war auf Archias gerichtet, der nun erneut das Wort ergriff, mit einer Stimme, die irgendwie… seltsam klang. In jedem Fall anders als noch kurz zuvor. Ernster, irgendwie.


    Ihr Blick wanderte kurz zu dem Papyrus, den er zutage gefördert hatte, und der völlig schlammdurchweicht war, konnte nichts erkennen, nicht aus ihrer Position heraus, aber vermutlich hätte sie ohnehin nicht viel lesen können, so wie es aussah. Archias hatte sich inzwischen etwas aufrechter hingesetzt, und er las von dem Papyrus – allerdings schien er nicht mehr wirklich viel lesen zu können, seinem Stottern nach zu schließen. Noch verwirrter sah Seiana ihn an. Ein… Buch hatte er geschrieben? Über… Das mulmige Gefühl, das sie oben auf dem Seil gehabt hatte, war auf einmal wieder da, nur irgendwie anders, und irgendwie… stärker. Sie zog ihre Unterlippe ein und kaute kurz darauf herum, während sie wartete und ihn ansah. Und dann, plötzlich, ließ er den Papyrus mit einem Fluch sinken und erwiderte ihren Blick. Und stellte die Frage. DIE Frage. Seianas Mund öffnete sich etwas. Aber noch kam kein Ton heraus. Sie war sprachlos. Sie hatte gehofft, dass er sie endlich fragen würde, und es war ja irgendwie klar gewesen, er wäre nicht bei Meridius gewesen, sie wäre nicht immer noch hier in Alexandria… Trotzdem verschlug es ihr nun beinahe den Atem. Was gut so war, denn sonst hätte sie zunächst herumgestottert, anstatt nur geschwiegen. Sie wusste nicht, womit sie gerechnet hätte. Aber sicher nicht hiermit.


    Und genau das war es, was der Situation, in ihren Augen, etwas Besonderes, etwas Einzigartiges verlieh. Es war so typisch für ihn und seine Art, hier, im Schlamm, damit herauszuplatzen. Es war so typisch für das, was sie so sehr an ihm mochte. Langsam breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, während ihr Magen plötzlich Überschläge zu machen schien und ihr Herz zu rasen begann. Langsam hob sie eine zitternde Hand und strich ihm den Schlamm aus dem Gesicht, oder besser, sie versuchte es, war ihre Hand doch genauso schlammbedeckt wie alles an ihm. „Ja.“

  • Geräusche von sich amüsierenden Leuten drangen heran und machten das Warten auf die Antwort fast unerträglich. Gut, dass er auf keinem Stuhl saß, sonst wäre er wohl nun darauf herum gerutscht. So aber hatte der Schlamm ihn festgesaugt, und er war dazu verdonnert, auszuharren, bis sie seine zauderhafte Anfrage abgeschmettert und ihn ausgelacht hatte. Unterdessen hatte er die Luft angehalten und es gar nicht mal gemerkt, weswegen er froh war, als er endlich (lautstark) nach Luft schnappte und wieder atmen konnte. Sie hatte ja gesagt. Das hatte sie.


    Es brauchte eine Weile, bis sich das in Caius' Gedächtnis kristallisiert hatte, dann jedoch begann er zu grinsen, so dass jedes Honigkuchenpferd wohl blass geworden wäre vor Neid. Die Hand an seiner Wange war ihm jetzt nicht mehr genug, er rappelte sich auf die Knie und wollte zu Seiana hinkriechen, die letzten paar Zentimeter überwinden und sie umarmen....hatte aber den Schlamm vergessen. Daher fiel er nach dem versuchten Kriechen vornüber und riss Seiana gleich mit um, was darin resultierte, dass er schräg auf ihr lag und sie peinlich berührt und mit hochroten (schlammverklebten) Ohren angrinste.


    »Jetzt...echt?«

  • Seiana konnte nicht anders, sie musste lachen, als sie ihn nach Luft schnappen hörte. Es klang, als ob er die ganze Zeit den Atem angehalten hätte, was sie absolut nachvollziehen konnte, war es ihr doch kurz zuvor auch zumindest schwer gefallen, Luft zu holen. Für Augenblicke saß er einfach nur da und starrte sie an, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus, dass dem ihren in nichts nachstand. Ihr Lächeln wurde noch einmal strahlender, während ihre Unterlippe erneut zwischen die Zähne gezogen wurde. Sie konnte gar nicht genau sagen, was alles in ihr los war. Sie war aufgeregt, sie war ein bisschen nervös, sie war sich nicht sicher, ob das gerade wirklich passierte… Und sie freute sich. Oh, sie freute sich so sehr. Die ganze Unsicherheit der letzten Wochen fiel auf einmal von ihr ab, die Fragen, die Grübeleien darüber, ob er es sich nicht doch anders überlegt hatte, ob er das Interesse verloren hatte, ob er sie zu wenig angemessen fand…


    Sie lachte, als er sich auf die Knie stemmte und zu ihr hinüber krabbelte, nur um sofort wieder das Gleichgewicht zu verlieren, weil der Schlamm ihn nicht freigeben wollte. Er kippte vornüber, in ihre Richtung, was sie ebenfalls zum Wanken brachte und sie gleichzeitig mit ihm im Schlamm landen ließ, halb unter ihm. Sie sah sein Grinsen, sah seine glühenden Ohren, die sich an den freien Stellen rot von all dem Schlamm drum herum abhoben, und grinste selbst so breit, dass sie das Gefühl hatte, ihre Mundwinkel versuchten sich an ihren Ohrläppchen aufzuhängen. Erneut fuhr sie über sein Gesicht, diesmal nur mit den Fingerspitzen, zeichnete Muster in den Schlamm hinein. „Ja“, lachte sie. „Echt. Caius.“ Danach hob sie ihren Kopf an und küsste ihn schnell auf die Lippen, ganz leicht nur, ganz vorsichtig, bevor sie – nun selbst hochrot im Gesicht und etwas peinlich berührt – den Kopf wieder sinken ließ.

  • »Höhö.«


    Das war vorerst alles, was Caius von sich gab. Er grinste in sich hinein, aus sich heraus und für alle mit, denen gerade nicht zum Grinsen war. Ein wenig kitschig kam ihm die ganze Sache dann auch vor. Kitschig und irgendwie chaotisch. So hatte er sich das nicht gedacht. Eigentlich hatte er doch... Woah. Caius blinzelte. Sie hatte ihn geküsst. Naja, war eigentlich nur mehr ein Knutscher gewesen. Aber immerhin! Caius schob sich ein wenig von Seiana runter (und bemerkte nebenbei, dass sie beide allmählich versanken) und blinzelte sie dann glücklich an. An's Zurückküssen dachte er gerade gar nicht.


    »Weißt du, da hab ich mir alles so haarklein überlegt, und Ophelia hat dauernd die Krise gekriegt, also, als sie noch da war. Und mit Iunia Axilla hab ich auch lang und breit drüber geredet und die hat mir sogar geholfen, weil ich dachte, dass ich das allein nie so hinkriege, dass du ja sagst. Und dann...dann ist das sowas von Unspektakulär und...peinlich, weil ich nicht mal das Gedicht ablesen konnte weil ich's nicht mir merken kann!« Caius holte Luft.
    »Naja. Jedenfalls wirst du dich ne ganze Weile sicher dran erinnern, wie dir so ein durchgeknallter Aelier einen Antrag in einem Schlammloch von Alexandria gemacht hat, für das man auch noch geld bezahlen muss.«


    Jetzt war es an Caius, Seiana zu küssen. Und er machte das richtig, immerhin stand da seine Ehre auf dem Spiel. Dass sie danach einen braunen Ring um die Lippen hatte, fand er witzig, aber im Grunde war es egal. Zumindest solange, bis ein bulliger Kerl am Rand des Parcours etwas zu ihnen rüber rief.
    »He! Belästigt dich dieser Kerl?«

  • Seiana grinste weiter, obwohl sie von sich selbst und dem zaghaften Kuss überrascht war, und es war ihr völlig egal, wie bescheuert sie dabei wohl aussehen mochte. Sie schien gar nicht aufhören zu können mit dem Grinsen. Sie strampelte etwas, um ein bisschen aus dem Schlamm herauszukommen, als Archias ein Stück zur Seite rückte, aber waren höchstens ein paar Fingerbreit, die sie herauskam, und mindestens die Hälfte davon war wieder dahin, als sie zurücksank. Es war ihr egal. Sie strahlte einfach nur. Gedanken wirbelten durch ihren Kopf, und gleichzeitig konnte sie keinen davon fassen. Es war auch nicht wichtig. Es war egal.


    Etwas überrascht war sie dann doch, als Archias ihr gestand, wie lange er sich schon Gedanken machte, wie sehr ihn das beschäftigt hatte, und mit wem er alles gesprochen hatte – bei dem Namen Iunia Axilla klingelte irgendwas bei ihr, aber im Moment verschwendete sie keinen weiteren Gedanken daran. Wichtig war nur, was er sagte. Haarklein hatte er es sich überlegt. Sie strahlte noch mehr, wenn das überhaupt möglich war. Da hatte sie sich die ganzen letzten Wochen immer häufiger gefragt, was in ihm vorgehen mochte, und er hatte darüber gewälzt, wie er sie fragen könnte… „Du hast ein Gedicht vorbereitet?“ Sie fand das süß, und sie fühlte sich eindeutig geschmeichelt. „Das ist nicht peinlich“, kicherte sie. „Und alles andere als unspektakulär, ich bitte dich. Ich find’s toll. Das hier ist einzigartig. Das hätte nicht besser sein können. Und das können wir noch unseren Enkelkindern erzählen, irgendwann mal.“


    Weiter kam sie nicht, denn in dem Moment beugte Archias – Caius – sich nach vorne und küsste nun sie. Es war ein Kuss. Wie der ihre. Technisch gesehen. Praktisch war es etwas völlig anderes als das, was sie kurz zuvor gemacht hatte. Seiana blieb die Luft weg, hatte sie doch herzlich wenig Erfahrung damit – aber sie stellte fest, dass es ihr gefiel, und sie hatte das Gefühl, sie könnte das schnell lernen. „Ähm. Hrm.“ Sie holte Atem, räusperte sich und tastete unwillkürlich mit ihren Fingern über ihre Lippen, als er sich wieder zurücklehnte. Wie von fern hörte sie, wie irgendwer irgendetwas rief, und sie brauchte etwas bis sie realisierte, dass sie gemeint war, mit der Belästigung. Ohne zu dem Kerl zu schauen, winkte sie nur ab. „Wir sind verlobt“, rief sie hinauf, dann grinste sie Caius an. „Verlobt. Das klingt gut. Das ist…“ Seiana kicherte erneut, eindeutig albern diesmal. „…toll“, vollendete sie schließlich, und dann küsste sie ihn erneut, nicht ganz so wie er, aber ganz eindeutig auch nicht mehr so zaghaft wie noch zuvor.

  • »Ich...äh«, begann er, kam jedoch nicht dazu, den Satz zu vollenden, da erst Seiana weitersprach und er kurz darauf verständnislos blinzeln musste. Sie fand es toll, dass er matschig und tölpelhaft einen Antrag machte? Nein, das ging gar nicht in seinen Kopf hinein. Aber gut, sicher sagte sie das auch nur so, weil sie ihn nicht vor den Kopf stoßen wollte...


    »Ja also, das Gedicht ist nicht von mir...« gestand er letztendlich doch.
    »Also, war. Ich hab's ja versucht, aber das ist einfach nicht meine Welt. Ich bin eben nicht so ein redegewandter Patrizierschnösel wie dein Patron. Der hat dir übrigens geschrieben, fällt mir ein, ich hab den Brief heute früh Ilias mitgegeben, zusammen mit einem Brief von deinem Bruder.«


    Der Mann am Rand des Schlammbeckens machte nur große Augen, winkte dann ab, rollte mit den Augen und ging kopfschüttelnd davon. Das sah Caius aus den Augenwinkeln, denn Seiana vereinnahmte ihn schon wieder. Irgendwie war das anders zwischen ihnen als bei vielen anderen. Caius fand das nicht schlimm, aber die Blicke, die Umherstehende ihnen zuwarfen, machten doch deutlich, was sie von einem Pärchen hielten, das im Schlamm saß und offenkundig Spaß daran hatte, sich zu knutschen. Caius gab allerdings rein gar nichts auf Gaffer und ihre Meinung. Er küsste Seiana fertig und stand dann unbeholfen und mit einem schmatzenden Geräusch auf, um Seiana die Hand zu reichen und ihr auf zu helfen.


    »Decima Seiana, meine Verlobte, wenn du dich bitte erheben möchtest?« witzelte Caius.
    »Schreiben wir heute Abend einen Brief ans Eheregister?« fragte er, während sich sich durch den Schlamm zum Rand kämpften, um danach wieder neu anzufangen. Es dürfte dann auch eine ganze Menge mehr zu bereden geben, überlegte er sich.

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