Mons aventinus | Eine Hochzeit oder: Auf in den Hafen der Ehe



  • Langsam kroch die Sonne über den Rand der römischen Berge, die Rom schützend und behütend umschlossen und über die sich manche Viertel der ewigen Stadt hinweg zogen. Blau bis Perlmutt, rötlich bis orange verfärbte sich der Himmel an jenem Tag, in sanften Tönen, die von einem schönen und warmen Tag sprachen. Wie klare Perlen hingen die Morgentropfen noch an den Blättern der Bäume, glänzten auf den Dächern Roms, bis die ersten Strahlen diesen Glanz verflüchtigen ließen. Und schon in jenen Morgenstunden war in einem Garten auf dem mons aventinus eifrige Arbeitsaktivitäten ausgebrochen. Die Wege wurde gefegt, die Steine auf der Terrasse gewischt, Mobiliar und Tische wurden heran getragen und ein großes, purpur gefärbtes Sonnendach – aus dem Besitz von Horatius Pera, deßen Garten dieser hortus domesticus war – wurde über der großen Terrasse gespannt, die zwischen den zahlreichen Bäumen, Büschen – Malve, Jasmin, Rosen – lag und von Mythenstatuen gesäumt wurde. Auch jene Statuen - Sirenen, Nymphen, Heroen - wurden gesäubert, damit ihre Farben im Sonnenlicht erstrahlten. Die Tiere des Gartens – von Papageien bis Krokodile – wurden gefüttert, ihre Gehege noch mal gereinigt, damit sie den Gästen Wohlgefallen ins Auge brachten. Auf die mit Statuen gesäumte Terrasse wurde mit niedrigen Tischen und Klinen gestellt, um für das Wohl der Gäste nach der Zeremonie in dem Festmahl sorgen zu können.


    Nachdem die frühen Morgenstunden so fleißig von vielen Sklavenhändlern und unter der Aufsicht der Gartenverwalters genutzt wurden, war es dann endlich so weit, der Garten war bereit für eine Hochzeitsfeier, die an diesem Tag an jenem Orte zelebriert werden sollte. Und so bereiteten sich auch noch diejenigen vor, die – genauso wie die Umgebung – dem Wohl der Gäste dienen sollten. Die Sklaven wurden in rot und gold gekleidet, wie die Wappenfarben beider Familien, aus deren Reihen ein Brautpaar heute die Ehe eingehen sollten. Bevor dann die ersten Gäste eintreffen sollten, waren alle Bediensteten bereit, am Tor warteten Sklaven, um die Gäste zu begrüßen, ihnen den Weg zu zeigen und sie zu geleiten, vorbei an einem Becken mit Krokodilen, bunten Vögeln in den Zweigen der Bäume – die mit kaum sichtbaren Kettchen ihrer Freiheit beraubt sich dort tummelten -, an großen, blühenden Pflanzen und über einen Weg, dessen weißen Kieselsteine mit Jaspisstaub vermengt waren. Vorbei an kleinen Lauben mit Weinranken und blühendem Glycinienbewuchs und auf die große Terrasse zu, die am Berghang des Aventin einen Blick über die Dächer der Stadt ermöglichte, zudem schon zu dem ersten Begrüßungstrunk einlud.




    SimOff: Jeder der geladen ist oder sich geladen fühlt, möge hier dazu stoßen und darf sich gerne schon bis zur Terrasse schreiben.

  • Hatte sie noch vor dem ersten Morgen die Befürchtung gehabt, auszusehen wie eine alte Krähe, da sie die ganze Nacht nicht ein Auge zu getan hatte, so war Epicharis jetzt am Vormittag zufrieden mit dem, was Fiona geleistet hatte. Dezent war die zarte Haut um die Augen gerußt worden, die Lippen trugen ein sattes, nicht zu grelles Rot zur Schau, hier war ein perfekter Lidstrich gezogen worden und dort wirkte die Haut nicht wie Haut, sondern wie feinster ägyptischer Alabaster. Schon einige Stunden trug Epicharis nun die Tunica recta, doch erst kurz vor dem Aufbruch hierher hatte sich das Flammeum hinzugesellt, der orangerote Schleier, der die kunstvoll frisierten Haare verbarg, bis Aristides und sie tatsächlich und wahrhaftig vermählt waren.


    Die claudische Sänfte, die Epicharis in sich barg, war nicht das einzige Gefährt, das langsam den südlichsten der sieben Hügel hinaufkroch, wohl aber war sie die schönste des raupenähnlichen claudischen Hochzeitszuges. Epicharis' Sänfte war geschmückt mit Blumen und bunten Bändern, die sich im Wind drehten und verspielt mal hierhin, mal dorthin hüpften. Sechs Sklaven trugen sie, ein jeder gewandet in rot und gold, zwei Farben, welche die Hochzeitsgesellschaft an diesem Tage und auch am darauffolgenden überall wiederfinden würde. In der Acta hatte man geschrieben von diesem Ereignes, von einer romantischen Märchenhochzeit war dort die Rede gewesen, und genau so fühlte sich Epicharis derzeit: Als sei dies alles ein Traum und Aristides der Prinz, mit dem sie für immer und ewig glücklcih werden würde.


    Bald setzte die Sänfte sanft auf, Kies knirschte unter zahlreichen Füßen, und man reichte Epicharis die Hand, um ihr hinauszuhelfen. Gleichförmiges Knirschen verriet, dass ein Sklave bereits davongewetzt war, um den Bräutigam zu benachrichtigen. Zuerst einer, dann zwei sattrote Sandalen setzten auf die hellen Kiesel auf. Epicharis blickte sich um. Das schmiedeeiserne Tor mit den vielen, kunstfertig geformten Gesichtern stand weit und einladend offen. Ob bereits Gäste anwesend waren? Von fern konnte man den Ruf eines exotischen Vogels hören, die Geräusche der Wildkatzen erahnen, die hier für die Gäste die ein oder andere Attraktion darstellen mochten. Epicharis ging das Herz auf. Dies war der Tag ihrer Hochzeit! Ihre Hände zitterten für einen Moment so sehr, dass sie nach Fionas Hand greifen musste, um irgendeinen Halt zu haben. Der herrliche Blütenduft war auf dem Weg hierher immer intensiver geworden, und die üppigen Zweige des Blauregens, der über die Mauer hinweg wuchs, kündete von noch mehr Wohlgerüchen, wenn man nur erst einmal den Garten betrat.

  • Obgleich es kaum ein freudigeres Ereignis derzeit hätte geben können denn die Hochzeit seines Vetters Aristides und dessen Verlobter Claudia Epicharis, so war seit dem Aufbruch aus der Villa Flavia der Zweifel und Hader erneut in Gracchus gewachsen, denn es war ihm auf dem Wege bewusst geworden, dass Antonia nicht ständig an seiner Seite würde harren können. Gleich eines Schläfers, welcher zur Beruhigung Schäfchen zählte, hangelte Gracchus sich an den einzelnen Stufen des Ritus entlang als wären sie Perlen, aufgereiht an einer Schnur, nicht nur, um während des Wartens nicht andere Gedanken denken zu müssen, sondern gleichsam um noch einmal sich alles in Erinnerung zu rufen. Doch wäre es nicht Aristides' Hochzeit gewesen, allfällig hätte er die Sänfte umkehren und sich entschuldigen lassen, doch er wollte ungleich weniger noch die Vermählung jenes Vetters verpassen, welchen er tief im Herzen seit jeher als sein größtes Vorbild ansah, so dass er letztlich mit seiner Gemahlin vor jenem Tore stand, welches durch unzählige Fratzen wurde geziert - erschreckend und einladend zugleich. Ein Sklave führte das Paar durch den Garten zur Terrasse hin, wobei Gracchus stets ein halbes Auge auf Antonia hatte gerichtet, wie ein wildes Tier bereit zum Äußersten, um die Mutter seines Sohnes gegen jede Gefahren, Angreifer oder sonstige Widrigkeiten zu schützen, und jeden männlichen Konkurrenten, welcher ihr würde zu nahe kommen, mit einem drohenden Zähneblecken oder garstigen Fauchen zu vertreiben. Nichts hatte er - wie er glaubte - zur Geburt seines Sohnes beigetragen, und dennoch gab es nichts - keine einzige Stufe in seiner Karriere - auf das er je so stolz wäre gewesen wie auf seine Gemahlin und das von ihr zur Welt gebrachte Kind. Die Geburt des kleine Manius Gracchus lag bereits einige Tage zurück, außer Schlafen und Essen tat er denn auch nicht viel, doch der große Manius Gracchus hatte viel Zeit nur an seiner Seite verbracht, sich an dem Anblick des friedlich schlafenden Kindes erfreut und überdies jegliche Sorgen vergessen. Ungern nur hatte er den Jungen in der Obhut einer Amme zurück gelassen - stets musste er an seinen Zwilling denken und hatte darob ebenfalls mehrere Sklaven an die Seite des Sohnes beordert, um dessen Sicherheit zu gewährleisten. Dennoch schweiften seine Gedanken bei der Durchquerung des Gartens, vorbei an Pflanzen und Tieren, zu seinem Sohn, welchem er eines Tages all diese exotischen Exquisitäten würde erklären, so dass er kaum bemerkte, als Antonia und er an der geschmückten Terrasse angelangten.

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  • Herausgeputzt wie die römische Matrone, die sie nun wirklich und wahrhaftig war, hatte Antonia ihren Gatten im flavischen Atrium eingesammelt, hatte still gelächelt und müde geblinzelt. Die Anstrengungen der Geburt waren noch nicht gänzlich aus ihren Knochen gewichen, doch wie alle claudischen Frauen hatte sie eine natürliche Zähigkeit an sich, die es ihr nicht erlaubte, vor den Augen anderer Schwächen einzugestehen. Nichtsdestotrotz war sie froh, sich in der Sänfte wieder setzen und einige Zeit ausruhen zu können, hatten doch die Ankleide-, Frisier- und Schminkprozedur geraume Zeit in Anspruch genommen. Nun, zumindest eine Aufhellung der Haut hatte sie sich sparen können, war sie doch noch immer blasser als blass, seit dem kürzlichen Blutverlust. Ein recht angenehmer Nebeneffekt, wie sie festgestellt hatte.
    Die Tage seit der Geburt hatte sie vornehmlich im Bett verbracht, hatte fast ebenso viel geschlafen wie das Kind, das jene Müdigkeit ausgelöst hatte. Nichtsdestotrotz war sie den Pflichten nachgekommen, die die Tätigkeit als Pronuba mit sich brachten, hatte ein Cubiculum bereitet, war noch einmal sorgfältig die Riten durchgegangen. Und doch war sie sich nicht zur Gänze sicher, hoffte und betete, es möge nichts schief gehen. Der Weg hierher war in aller Stille vonstatten gegangen, weder Gracchus noch Antonia hatten viel gesprochen. Doch war es keine unangenehme Stille gewesen, wie es noch vor nicht allzu langer Zeit der Fall gewesen wäre. Nein, kein peinliches Schweigen in der Gewissheit, der andere verachtete einen. Mehr eine zufriedene Lautlosigkeit. Und so ging auch die Claudia in Gedanken ein letztes Mal den Ablauf der Eheschließung durch.
    Viel zu schnell jedoch musste der Sitzplatz aufgegeben werden, mussten die eigenen Beine wieder die Arbeit übernehmen. Eine sonderbare Zufriedenheit und innere Ruhe ausstrahlend, hatte sie den Arm ihres Gatten ergriffen und war ihm den Weg entlang gefolgt.
    „Ein wirklich schöner Platz zum heiraten.“, sagte sie, den Blick unaufhörlich auf die malerische Umgebung gerichtet. Keine Frage, diese Hochzeit würde perfekt werden, ebenso wie Epicharis und Aristides das perfekte Paar waren. Sie würden perfekte kleine Nachkommen zeugen, niemals streiten und glücklich werden, bis an ihr Ende. Hätten solche Gedanken vor einiger Zeit noch blanken Neid in der Claudia hervorgerufen, wollte nun einfach nicht dieses glückliche Lächeln aus ihren Zügen verschwinden. Zugleich schweifte sie gedanklich ab, zurück zur Villa Flavia, wo sie ihren Sohn hatte zurücklassen müssen. Unglücklicherweise war er noch viel zu klein, um ihn zu einer solchen Feier mitzunehmen. Doch bei der nächsten Hochzeit, so hatte sie dem kleinen Manius noch am Morgen versprochen, zur nächsten Hochzeit würde man ihn mitnehmen.
    „Wir scheinen recht früh zu sein, es sind noch nicht allzu viele Gäste versammelt.“, wie sie nach kurzem Blick feststellte, als die beiden schließlich am Ort der Zeremonie eingetroffen waren.

  • Schattenhaft glitt eine raubtiergleiche Bewegung hinter Marcus' Rücken entlang, hin und her strebte der Schemen, der hinter Gitterstäben lauerte, hinter dunkelgrünen Blättern sich bewegte und nur darauf zu warten schien, endlich in die Freiheit entlaßen zu werden, um sich auf all die leckeren Menschen zu stürzen, die sich an jenem Tag in dem Garten tummeln würden; ähnlich erging es einem Teil in Marcus, der mit dem Raubtier im Käfig tief sympathisierte, gleichsam er kein Interesse hatte, die Menschen zu freßen, aber die Furcht, in einem Käfig zu landen, so golden er doch war, diese Bangnis rührte in ihm, rumorte, grummelte und brummte immer wieder, selbst wenn sein Schädel jenen Unmut eines Teils von ihm doch gut zu verdecken wußte. Sich die Schläfen reibend saß er nun neben dem Käfig mit jenem raubtierhaften Geschöpf, daß um die Sympathie mit jenem freiheitsliebenden Teil in Marcus buhlte. Schon im Morgengrauen hatten ihn die Sklaven aus den Federn geworfen, ihn aus den tiefen und traumlosen Gefilden von Morpheus' Reich geholt, in die er versunken war, nachdem er – irgendwann in der Nacht – von jenem Abstecher mit Cassim aus der Stadt zurück gekehrt war. Wären nicht die Sklaven gewesen, Marcus hätte wohl verschlafen, aber ohne sein Murren und Jammern zu beachten, hatten jene Sklaven ihn rasiert und in Schale geworfen und dafür gesorgt, daß Marcus – nach einem kleine Morgenmahl – auch rechtzeitig in dem Garten und vor den Gästen, samt der Braut ankam. Nun saß er bereits eine Stunde hier und litt ganz schrecklich, wartete darauf, daß der Sud half, den sein Sklave von einem medicus geholt hatte, aber gegen den Kater half kaum etwas wirklich - höchstens das Lampenfieber.


    Nervös hob Marcus immer wieder die Hand und fuhr sich über seinen Nacken, starrte zu dem strahlend blauen Himmel hinauf, irgendwie konnte er immer noch nicht ganz begreifen, daß er heute heiraten sollte, er, der doch so lange ungebunden und nach eigenem Gutdünken gelebt hatte. Leise stöhnend erhob sich Marcus und sah den Sklaven ärgerlich an, als der hastig aufsprang und die strahlend weiße toga zurecht drapierte. Marcus fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht und sein – wie ein Babypopo glatt rasiertes – Kinn, an seiner Hand prangte der flavische Familienring, den er schon von seinem Vater geerbt hatte, dieser von Marcus' Großvater und so fort, eigentlich hätte Felix ihn haben müßen, aber gewitzt wie Agrippina war, hatte sie dafür gesorgt, daß Marcus ihn erhielt.
    „Kommen sie schon?“
    „Wer, Herr?“
    „Na, die Gäste und...natürlich Epicharis!“
    „Nein, Herr, noch ist niemand eingetroffen!“


    Marcus nickte und drehte sich um, unbewußt der schleichenden Bewegung des dunklen Tieres an seiner Seite folgend. Die Nervosität breitete sich in seinem Magen aus, vertrieb die Übelkeit und rieselte ihm heiß und kalt über den Rücken, es war so weit, er würde heiraten, wieder eine Ehe eingehen, gleichwohl er Epicharis schon ins Herz geschloßen hatte, grauste es Marcus dennoch ein wenig davor. Sehnsüchtig sah er über die Dächer der Stadt hinweg und beneidete die davon fliegenden Tauben. Kopfschüttelnd wandte sich Marcus ab, grade als einer der Sklaven in roter tunica auf ihn zu eilten.
    „Herr, eure Verwandten sind eingetroffen!“
    Marcus nickte, etwas erleichtert, denn seine Familie würde ihm bestimmt ein Halt sein und ihm etwas von der Ruhe schenken können, die er für jenen Tag eigentlich bitter nötig hatte. Mit schwer um seine Beine rauschende toga schritt Marcus an einem harzig duftenden Pinie vorbei und auf die Terrasse, um auf Gracchus und dessen schöne Frau Antonia zu zu treten, welche er auch zuerst begrüßte.
    „Antonia, schönste Blume dieses Gartens, welch eine Freude Dich zu sehen. Ich hörte schon davon, welch freudiges Ereignis sich zugetragen hat und ich möchte Dir meine herzlichen Glückwunsche zu Deinem gesunden und munteren Sohn aussprechen.“
    Marcus hob eine Hand und legte sie Gracchus auf die Schulter.
    „Manius, schön, daß Du kommen konntest. Auch Dir meinen Glückwunsch, ihr müßt bestimmt beide sehr stolz sein.“

  • Ich hasste Hochzeiten. Allerdings hatte mir diese Abneigung niemals geholfen, den lästigen Familienfeiern in irgendeiner Weise zu entkommen, und wenn schon mein Vetter und Freund Aristides heiratete, dann musste ich mich auch überwinden, das Schaustück bis zum Ende mitzuspielen - immerhin war er es, der eingefangen worden war, und nicht ich. Den Gedanken, dass mir wohl bald dasselbe drohen würde, verschob ich irgendwo hin in die weite Ferne, und für den Moment hätte mir auch Priscas Anwesenheit nicht unbedingt Trost verschaffen können, so unwohl war mir bei dem Gedanken, diesen Tag heute mitfeiern zu müssen.


    Familienfeste an sich rangierten auf meiner inneren Beliebtheitsskala schon nicht sehr weit oben, und eine große Amphore Wein hätte nicht gereicht, meinen Unwillen zu ertränken, den ich mit dieser Art Fest stets verband, aber Hochzeiten waren die Steigerung aller unangenehmen Dinge, die einem eine Familie antun konnte. Alle grinsten an einem solchen Tag, als hätten sie mehrere Opiumkügelchen schon zum Frühstück verschluckt, alte Matronen gaben sich die größte Mühe, einem die längsten und uninteressantesten Geschichten zu erzählen, die man finden konnte, und überhaupt konnte man an einem solchen Anlass nur sein Heil auf dem Grund eines Weinbechers finden. Ich erinnerte mich nur zu gut an Gracchus' Hochzeit, und ein ähnlich jammervolles Gefühl wie an jenem Tag hatte auch heute Einzug in meine Brust gehalten. Unsere Jugendtage waren wohl unwiederbringlich vorüber, Besäufnisse würde es nicht mehr geben, und beide würden irgendwann als brave Familienväter enden, am Gängelband ihrer Gemahlinnen ...


    Während ich noch in den schlimmsten Farben vor meinem inneren Auge die unvermeidliche Zukunft auftauchen sah, hatten mich die Träger mit meiner Sänfte (inzwischen hatte ich mir eine eigene geleistet, sich immer die der Familie zu borgen war auf Dauer keine Option für einen aufstrebenden Jungpolitiker) zum Aventin gebracht, wo die Feier stattfinden sollte. Ich war im Großen und Ganzen blind für all das Gepränge, das andere Gäste sicherlich mit seinem prächtigen Anblick erfreut hätte, ich linste vielmehr gleich in die Richtung eines Sklaven, in der Hoffnung, einen zu finden, der mir Wein bringen würde. Aristides wusste, weit mehr als Gracchus, von meiner Abneigung gegen derartige Feste, und vielleicht hatte er auch einen Raum oder ein Eckchen vorbereiten lassen, in dem man sich ungestört vollaufen lassen konnte, bis alles vorbei war und die Eheleute fortan und glücklich miteinander leben würden bis in alle Ewigkeit.


    Langsam, als ließe sich das Unvermeidliche dadurch hinauszögern, schlüpfte ich aus der Sänfte, registrierte aus einem Augenwinkel, dass Gracchus und Antonia offensichtlich schon angekommen waren, da ihre Sänfte gerade beiseite gebracht wurde, und folgte schließlich dem Deuten eines der Sklaven in die Richtung meines Vetters, wo ich Gracchus und seine Gemahlin ebenso erspähen konnte. Ich ließ den dreien Zeit, sich zu begrüßen, und trat dann ebenso näher.
    "Salvete ... mir scheint, die Flavier sind an diesem Tage die Frühaufsteher," begrüßte ich meine Verwandtschaft in launigem Ton und zwang ein Lächeln in mein Gesicht.

  • Aristides schien die Ruhe in Person zu sein. Wenigstens in Antonias Augen, doch hatte sie bislang auch keine wirkliche Gelegenheit gehabt den Flavius zu erleben, wenn er tatsächlich ruhig und gelassen war. Unwillkürlich glitten ihre Gedanken hin zu ihrer jungen Verwandten. Aristides kannte all dies ja bereits, Epicharis betrat völliges Neuland. Wie aufgeregt und nervös sie nur sein musste. Andererseits war die Claudia der Überzeugung, dass ihre Cousine, vollkommen wie sie war, all das mit Leichtigkeit und stets einem Lächeln auf den Lippen hinter sich bringen würde.
    „Aristides, du schmeichelst mir.“, erwiderte sie zunächst auf die Willkommensworte des Bräutigams. „Wir wissen doch beide, dass die schönste Blume erst noch kommen wird.“
    Zumindest ging sie davon aus, dass Epicharis noch nicht angekommen war, hatte sie sie doch auch nach eingehender Musterung des Geländes noch nirgendwo entdecken können. Angesichts der auffälligen Farben, die das traditionelle Hochzeitsgewand hatte, hätte sie sich zur Tarnung schon in einen Busch werfen müssen.
    „Aber danke für deine Glückwünsche, wir sind in der Tat sehr stolz und erleichtert.“
    Da nahte auch schon ein weiterer Flavier. Aquilius, der wohl der nächste in der Reihe war, wenn es um Hochzeiten ging. Jenen Anblick, den er bot hatte sie jedoch eher beim Bräutigam erwartet, sah er doch ein wenig leidend und alles andere als hellwach aus. Zog für gewöhnlich nicht der Ehemann in Spe um die Häuser, um sich ein letztes Mal die Hörner abzustoßen? Andererseits, vielleicht hatte Aquilius seinen Verwandten ja begleitet. Ja, so musste es sein, eine andere Erklärung fand Antonia jedenfalls nicht für jenen gequälten Gesichtsausdruck, den er zur Schau trug. Er musste ja einen fürchterlichen Kater haben, der Ärmste. Aufmunternd lächelte sie ihn an, obgleich sich der Tatsache bewusst, dass es ihm nicht viel helfen würde.
    „Irgendjemand muss ja dem Bräutigam das Händchen halten, bis seine Braut das übernehmen kann.“, flaxte sie auf dessen Begrüßung hin.

  • Aristides machte einen etwas zerknitterten Eindruck, was Gracchus nicht konnte nachvollziehen, da er bisherig geglaubt hatte, sein Vetter würde durchaus sich auf die Ehe freuen, zumindest ihr nicht gar so abgeneigt sein, wie Gracchus dies seinerzeit zu Beginn seiner eigenen Ehe gewesen war. Dennoch gab er ein durchaus ansehnliches Bild in seiner weißen Toga ab - nicht nur, weil sie seinen leichten Bauchansatz gut verbarg - und Gracchus fragte sich, wann Aristides sich mit einer similär aussehenden Kandidatentoga würde auf die Rostra schwingen. Als sein Vetter sie begrüßte, strahlte Gracchus erneut, wie in den letzten Tagen so häufig, über sein ganzes Gesicht, denn mit der Erwähnung seines Sohnes war auch der neuerliche Hader bezüglich der Zeremonie gänzlich verflogen.
    "I'h kann mir ... do'h ... un..m'gli'h ent..geh'n lass'n,... wenn m''n ... groß'r Vette' ... si'h bin..det."
    Größer als Gracchus war Aristides zwar schon lange nicht mehr, doch stets der Ältere, Erfahrenere und nie um eine Erklärung - mochte sie noch so simpel sein - Verlegene geblieben.
    "Wir sin' ... stolz 'nd ... üb'raus glü..ckli'h"
    , bekräftigte auch er gleich seiner Gemahlin Aristides' Vermutung, als ihr Vetter Aquilius nahte. Gracchus hatte diesen, seinen geliebten Vetter, während dessen Amtszeit kaum mehr noch gesehen, oftmals hatte er gar für mehrere Tage in Ostia geweilt und selbst wenn er in Rom seinen Dienst hatte getan, so war er früh aus dem Hause und spät erst zurück gekommen, Zeiten, welche durchaus früher Gracchus' eigener Arbeitszeit hätten entsprochen, dies derzeitig jedoch nicht im geringsten taten. Obgleich er niemals an Caius' Fähigkeiten hatte gezweifelt, so hatte es Gracchus dennoch ein wenig erstaunt, dass Aquilius tatsächlich so scheinbar mühelos sich der Pflichten hatte ergeben können. Der Antwort seiner Gemahlin indes fügte Gracchus nichts weiter hinzu, schenkte nur seinem Vetter ein versonnenes Lächeln, denn obgleich es ihn drängte, jenen mit Worten zu überschütten, schwieg er, da es zu viel war zu sagen.

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  • Zitat

    Original von Claudia Epicharis
    ...
    Bald setzte die Sänfte sanft auf, Kies knirschte unter zahlreichen Füßen, und man reichte Epicharis die Hand, um ihr hinauszuhelfen. Gleichförmiges Knirschen verriet, dass ein Sklave bereits davongewetzt war, um den Bräutigam zu benachrichtigen. Zuerst einer, dann zwei sattrote Sandalen setzten auf die hellen Kiesel auf. Epicharis blickte sich um. Das schmiedeeiserne Tor mit den vielen, kunstfertig geformten Gesichtern stand weit und einladend offen. Ob bereits Gäste anwesend waren? Von fern konnte man den Ruf eines exotischen Vogels hören, die Geräusche der Wildkatzen erahnen, die hier für die Gäste die ein oder andere Attraktion darstellen mochten. Epicharis ging das Herz auf. Dies war der Tag ihrer Hochzeit! Ihre Hände zitterten für einen Moment so sehr, dass sie nach Fionas Hand greifen musste, um irgendeinen Halt zu haben. Der herrliche Blütenduft war auf dem Weg hierher immer intensiver geworden, und die üppigen Zweige des Blauregens, der über die Mauer hinweg wuchs, kündete von noch mehr Wohlgerüchen, wenn man nur erst einmal den Garten betrat.


    In der letzen Nacht war Fiona kaum zum Schlafen gekommen. Sie und Minna hatten am Vorabend dafür gesorgt, dass aus dem Mädchen Epicharis eine hinreißend schöne junge Braut geworden war. Am frühen Morgen hatten sie ihr Werk vervollkommnet.
    Nun rückte das große Ereignis immer näher. Epicharis Aufregung war längst auch auf Fiona übergesprungen. Natürlich hatte sie auch dafür gesorgt, daß sie ihr Äußeres ansprechend aussah. Sie trug die Tunika, die eigens für die Hochzeit angefertigt worden war und war dezent geschminkt.


    Dann setzte sich die Sänfte, mit Epicharis im Innern, in Bewegung und bahnte sich ihren Weg durch die Stadt, bis sie schließlich ihr Ziel erreichte. Fiona und noch einige andere Sklaven folgten ihr.
    Die Trägersklaven stellten die Sänfte ab. Fiona eilte zur Sänfte, um Epicharis beim aussteigen behilflich zu sein. Freudestrahlend sah sie die Braut an. "Du siehst wunderschön aus, Herrin!"
    Dann erst hatte sie einen Blick für die Umgebung, in der sie sich befand.

  • Der heute Morgen hatte schon so chaotisch begonnen, mir graute es bereits jetzt schon vor dem Rest des Tages. Doch einen Lichtblick gab es in meiner Ödnis! Er würde auch unter den Gästen sein! Endlich sollten sich unsere Wege wieder queren. Die letzten Tage ohne ihn waren kaum auszuhalten. Selbst Saba, die ich über alles liebte, weil sie sein Geschenk an mich war, konnte mir heute kaum die Zeit versüßen.
    Aus diesem Grund gab es für mich an diesem Tag nichts wichtigeres, als einfach hinreißend auszusehen. Speziell für dieses großartige Ereignis, hatte ich mit eine seidene Tunika anfertigen lassen. Jene parthische Sklavin, Eigentum eines gewissen Fronto, deren Kunstfertigkeit ich vor geraumer Zeit gemeinsam mit Callistus in diesem unsäglichen Schneiderladen bewundern konnte, hatte eigens für die Hochzeit von Aristides und Epicharis, diese Tunika kreiert und geschneidert. Ein gewisser Hauch von Exotik ging von ihr aus.
    Ylva hatte sich am Morgen Hilfe besorgen müssen, damit alles perfekt saß und nichts zwickte. Vidalus, meinen Friseur aus Lutetia, hatte ich kommen lassen, damit er sich um meine Haarpracht kümmerte. Zuletzt wurde ich schließlich noch geschminkt. Je länger diese ganze Prozedur dauerte, desto aufgeregter wurde ich. Meine Gedanken schweiften ab und ich musste an die Braut denken, die ich ja leider noch gar nicht kennengelernt hatte. Wie aufgeregt musste sie erst sein! Ich musste immerzu an meine eigene Hochzeit denken, vor vielen Jahren. Nein lieber nicht! Diese Gedanken verdrängte ich doch besser! Viel interessanter war hingegen die Frage, wie meine eigene Hochzeit wurde.


    Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, war ich bereit um mich zu den Feierlichkeiten zu begeben. Eine Sänfte, umringt von Sklaven, trug mich zu dem Ort des Geschehens, einem sehr wohlgestalteten Garten.
    Die Sänfte wurde abgestellt und einer der Sklaven war mir beim Verlassen derselben behilflich. Wie ich sehen konnte, waren bereits einige meiner Verwandten schon anwesend. Sogleich wollte ich mich zu ihnen gesellen. War die Braut bereits auch schon anwesend? Ich konnte sie noch nicht erspähen. Da war auch Antonia! Sie wirkte noch etwas blaß doch schien sie die Geburt ihres Kindes gut überstanden zu haben. Sie mußte wirklich sehr stolz sein!
    „Salvete allerseits! Oh, wie wunderschön es hier ist! Ein besonderer Ort für einen besonderen Tag!“

  • Licinus näherte sich mit dem Rest der "Delegation" aus Mantua dem Ort, an welchem die Hochzeit stattfinden sollte.
    Schon von weitem hatte man den Prunk, der hier zur Schau gestellt wurde erahnen können, und dennoch, als sie den Garten betraten fühlte sich Licinus ein wenig erschlagen von all der Pracht.
    Gleichzeitig ließ in das Gefühl jedoch nicht los, dass dies das letzte mal für heute sein würde.
    Langsam zogen sie vorbei, an der Masse der übrigen Gratulanten, wunderschön anzusehenden, aber dennoch schwatzhaften Damen und änner in erhaben wirkender Toga.
    Licinus selbst betrachtete dagegen seine Kleidung und die seiner Kameraden und fühlte sich "leicht" underdressed, trugen sie doch nur eine, wenn auch absolut neue, toga militaris und darüber das cingulum, dessen Metallteile sie auf das schimmernste poliert hatten. Selbstverständlich hatten sie ihre Waffen zurückgelassen, schließlich waren sie in Rom, wo das Waffentragen ja bekanntermaßen verboten war.


    Nun näherten sie sich langsam aber stetig dem Brautpaar...

  • Die Sänfte war bereits fortgebracht worden. Rotgold gewandete Sklaven dirigierten Siv und mich durch das Tor in den bunten, wohlduftenden Garten hinein. Siv war zur Feier des Tages eine neue tunica in tiefdunklem Blau verpasst worden. Sie brachte ihre Augen zur Geltung. "Ich weiß zwar nicht, warum von der üblichen Tradition abgewichen wird, aber die Idee mit der Gartenfeier gefällt mir", sagte ich zu Siv, die nach all der Zeit sicherlich wusste, dass man normalerweise im Hause der Braut feierte und mit dem Brautzug dann in deren neues Heim an der Seite des Mannes zog.


    Kies knirschte unter unseren Füßen, goldenes Sonnenlicht funkelte auf dem ebenso goldenen Senatorenring an meinem Finger. Gestern erst war ich in den Senat berufen worden, vermutlich wusste bisher niemand davon außer den anwesenden Senatoren. Ich trug die Abzeichen eines Senators mit Stolz, sie standen für mich dafür, dass es endlich wieder bergauf ging mit der Familie.


    Das weißrote Tuch der Braut konnte ich bisher nirgendwo entdecken, wohl aber fanden sich allerorts rote und goldene Farbtupfer, und inmitten der festlich geschmuckten Terrasse unter einem riesigen Sonnensegel stand bereits ein kleines Grüppchen. Ein flavisches, wie ich im Näherkommen bemerkte. Und Celerina befand sich bereits unter ihnen. Ich trat hinzu und grüßte die Anwesenden. "Salvete." Zu Aristides gewandt, der schließlich sozusagen der Gastgeber war, fuhr ich fort. "Ein herrlicher Tag und ein sehr angemessenes Ambiente für euer Vorhaben. Die Götter mussten mit Wohlwollen auf Epicharis und den Flavier hinabschauen, da sie ihnen ein solch herrliches Wetter präsentierten. Der Reihe nach begrüßte ich nun die anderen Anwesenden. "Celerina, du strahlst mit der Sonne um die Wette. Es ist schön, dich wiederzusehen. Und dich, Caius. Hast du die Amtszeit gut überstanden? Ah, und Claudia, wie ich sehe, ist es doch kein Gerücht. Meinen herzlichsten Glückwunsch, dir natürlich auch, Gracchus."



    [SIZE=4]edit: Fehlerteufel[/SIZE]

  • "Nun, das Händchenhalten überlasse ich lieber Dir, werte Antonia, ich denke, auch Marcus wird darüber glücklicher sein, als wenn ich dies übernehme," gab ich scherzend auf Antonias Worte hin zurück und zwinkerte ihr mit einem Anflug eines gewissen Amüsements zu. Die Schwangerschaft hatte ihr nicht viel anhaben können, sie wirkte vielmehr lebendiger und frischer als je zuvor - aber ich konnte mir diese Wirkung auch als Folge einer gewissen Erleichterung vorstellen, immerhin war für beide ein Kind sehr wichtig gewesen, und nun war es gar ein Sohn geworden. Was wollte sich eine in den römischen Tugenden erzogene Frau mehr wünschen, als ihrem Gemahl das wichtigste aller Geschenke zu machen?
    Meinem Manius galt ein Lächeln, ein offener Blick, wenngleich ich ihm jetzt auch nicht sagen konnte, was mich bewegte. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, und wenn ich mit mir selbst verglich, woran ich gedacht hatte, als mein erster Sohn zur Welt kam, dann hatte Manius im Augenblick sicherlich andere Gedanken als die Liebe im Allgemeinen und mich im Speziellen. Wie es alles weitergehen würde, war wieder einmal offen, und auch deswegen fühlte ich mich etwas elend.


    "Salve, Celerina - man könnte meinen, Du wolltest heute der Braut Konkurrenz machen," grüßte ich meine Nichte mit einem leichten Kopfnicken und einem Lächeln - sie strahlte nicht minder als Antonia, wenngleich es sicherlich andere Ursachen hatte. War sie verliebt? Und wenn ja, in wen? Aber im Grunde konnte ich es mir fast denken. Neue Gäste in militärisch anmutender Kleidung kamen heran, die ich nicht kannte, und doch gebot die Höflichkeit, auch ihnen zuzunicken, während Aristides die ausführliche Begrüßung derselben zukam, immerhin waren es seine Gäste, sein Fest, sein besonderer Tag.
    Corvinus' Erscheinen überraschte mich etwas - immerhin hatte ich bisher nicht gedacht, er wäre mit Aristides befreundet gewesen - aber letztendlich war der Kreis der Patrizierfamilien in Rom ein nicht allzu großer, und irgendwie kannte ohnehin jeder jeden, sodass wir wahrscheinlich heute eine relativ überschaubare Gesellschaft sein würden - aber mich freute es auch, meinen Freund wiederzusehen, mit dem ich seit einiger Zeit kaum mehr zu tun gehabt hatte, und mein Lächeln war aufrichtig erfreut.


    "Salve, Corvinus - wie ich sehe, bist Du in die Fußstapfen Deiner ehrwürdigen Ahnen getreten, ich gratuliere Dir zur Aufnahme in den Senat. Was die Amtszeit betrifft, ich glaube, ich habe inzwischen mehr Meilen gelaufen als ein Postbote des cursus publicus in seinem ganzen Leben zurücklegen kann, aber so war es zumindest nie langweilig."
    Unter den Aureliern hatte es zwar nur einen einzigen Senator bisher gegeben, aber man musste diesen Umstand schließlich nicht breittreten, Corvinus würde sich sicherlich gut auf den Senatsbänken machen, und eines seiner Ziele für die Familie war damit endlich erfüllt. Wie seltsam sich doch alles entwickelt hatte in den letzten Jahren, fast schien es mir, als wäre unser Kennenlernen erst einen Monat alt, und doch, wir hatten uns alle verändert.

  • Sie war nervös. Corvinus hatte sie noch nie zu einer solchen Feier mitgenommen, und auch wenn sie ihn vor einigen Monaten durchaus häufiger begleitet hatte zu wichtigen Besuchen und Anlässen, war der letzte nun schon eine Zeit her. Und Siv hatte da schon lange gebraucht, bis sie sich daran gewöhnt hatte, an alles – daran ihn zu begleiten, als Sklavin, im Hintergrund zu bleiben, sich keinen Fehler zu erlauben, nichts zu tun außer darauf zu achten, ob er etwas brauchte… und letztlich eines seiner Statussymbole darzustellen für die anderen. Sie wusste das wohl, auch wenn ihr klar war, dass zumindest Corvinus sie nicht so sah. Nicht ganz, jedenfalls. Aber er hätte nicht sie mitnehmen müssen. Siv konnte in Gedanken ein halbes Dutzend Sklavinnen aufzählen, die in ihren Augen besser geeignet waren als sie, ihn hierhin zu begleiten, aber er hatte sie mitgenommen, und sie wusste auch, was das in ihrem Fall hieß. Es war nichts anderes als ein Vertrauensbeweis – ein Vertrauen, das noch so frisch und neu war, dass sie Angst hatte, sie könnte es – und sei es durch ein so dämliches Missgeschick wie mit dem Leibwächter der Braut – sofort wieder zerstören. Überhaupt schien ihr ihr Verhältnis, ihr Annähern, noch vorsichtig zu sein. Sie jedenfalls war vorsichtig. Es kam ihr wie der empfindliche Trieb einer zarten Pflanze vor, der durch eine winzige Unachtsamkeit schon eingehen konnte. Am liebsten wäre sie in der Villa geblieben, um dieser Pflanze in Ruhe beim Wachsen zuzusehen, anstatt sie, im übertragenen Sinn, irgendwohin zu schleppen, wo sie irgendwelchen Strapazen ausgesetzt wurde. Aber sie hatte sich fest vorgenommen sich zusammenzureißen, ihr Temperament zu zügeln, nichts zu tun, was ihn blamieren könnte. Was vor allem zu einem führte: Sie war nervös.


    Aber ihr gefiel die Tunika, die sie bekommen hatte für diesen Anlass, vor allem die Farbe, auch wenn sowohl Schnitt als auch Stoff ungewohnt waren für sie, weil es schlicht besser war als das, was sie normalerweise trug, selbst wenn sie keine Arbeitstunika trug, sondern eine von denen, die eher zum Vorzeigen gedacht waren. Das Blau ihrer Augen wurde noch unterstrichen, während der Gegensatz des dunklen Stoffs ihre Haare, die nur durch zwei Spangen an den Seiten etwas zurückgehalten wurden, beinahe leuchten ließ. Sie wusste, dass auch das letztlich dazu diente, seiner Stellung gerecht zu werden – als seine Sklavin musste sie nach irgendwas aussehen, sonst hätte er sie nicht mitgenommen. Aber das änderte nichts an der Tatsache, dass es ihr gefiel, für ihre Verhältnisse so herausgeputzt zu sein, so ungewohnt es auch sein mochte – und auch wenn es nichts im Vergleich war zu Kleidern und Schmuck der Römerinnen. Sie folgte ihm durch den Garten hindurch, beeindruckt von der Pflanzenpracht, die sie umgab, und nickte. Sie wusste, wie römische Hochzeiten gefeiert wurden, aber sie fand das hier wesentlich besser. "Ja, hier feiern ist schön." Allerdings dürfte es für Corvinus nicht wirklich eine Überraschung sein, dass sie einem Garten, und dann noch einem solchen, den Vorzug gab. Sie gingen weiter, näherten sich einer Terrasse, und Sivs Hand, die unwillkürlich zuerst nach seiner greifen wollte, änderte im letzten Moment die Richtung und legte sich an ihren Hals, wo das silberne Pferd an einem Lederband hing. Im nächsten Moment sank ihre Hand wieder hinab. Ihr Blick glitt über die Römer, bevor sie sich daran erinnerte, dass sie als Sklavin ihren Blick besser senkte – aber es reichte noch, um Flavia Celerina zu erkennen. Ihr Magen schien auf einmal aus Eis zu bestehen, aber sie bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. Sie folgte Corvinus und blieb schließlich stehen, ein paar Schritte von ihm entfernt, aber doch nah genug, dass sie sofort sehen würde, wenn er ihr signalisierte dass er etwas wollte.

  • Tacitus konnte keinen klaren Gedanken fassen. Rom... Immer wieder jagte dieser Gedanke durch seinen Kopf und scheuchte alte, längst begrabene Errinerungen in ihm herauf. Dass er an der Hochzeit des Centurios der Cohortes Urbanae teilnehmen durfte war eine Ehre, wie sie für ihn kaum größer hätte seien können. Er konnte sich noch wage an den Centurio errinern, hatte er doch im Lager der Legionis I gedient. Aber er kannte ihn nur vom sehen her und war gespannt, diesen Mann, an dessem Fest er teil haben durfte näher kennen zu lernen (obwohl er bezweifelte das er an diesem Tag überhaupt ein Gespräch führen würde). Alle Menschen um ihn herum waren aufs feinste herausgeputst und trugen Kleidung, bei der Die von Tacitus und seinen Kameraden, eher schäbig wirkte.


    Unbewusst drückte Tacitus seinen Rücken durch, und wirkte eher als würde er an einer Parade teilnehmen, nicht an einer Hochzeit. Eine Angwohnheit, die er sich während seines, noch nicht allzu langen Legionärslebens zueigen gemacht hatte, immer wenn er sich unwohl fühlte, oder Nervös war. Zwar hatte sich sein Selbstvertrauen während der Zeit in der Legio um einiges gesteigert, doch immer, wenn er sich in hoher Gesellschaft, oder irgendwelchen formellen und wichtigen Verantstaltungen befand, wollte er am liebsten im Erdboden versinken. Es war einfach nicht seine Welt. Er hielt sich lieber im engen Freundeskreis auf, wo es nicht die Gefahr gab einen Fehler zu machen, oder sich bloß zu stellen. Denn genau davor fürchtete sich Tacitus, besonders Heute. Er würde einfach versuchen so wenig wie möglich aufzufallen. Trotz all dieser Bedenken lag ein Lächeln auf seinem Gesicht. Es lag einfach an der generell fröhlichen Athmosphäre, die diese Gesamte Pracht und die Bedeutung dieses Tages ausstrahlte.


    Er betrachtete den Bräutigam, über die Schulter seines eigenen Centurios hinweg. Die Hochzeit musste einen gewaltigen Schritt ihn darstellen, doch die Götter schienen einen Wohlwollenden Blick auf den heutigen Tag geworfen zu haben. Tacitus selbst hatte auch einmal heiraten wollen, aber es hatte einfach nicht seien sollen. Doch Heute würde es bestimmt ein Fest geben, dass Tacitus und seinen Kameraden wohl noch lange in Errinerung bleiben wird.

  • Imperiosus hatte, bevor er zu dieser hatte Feier gehen können, einen kleinen Umweg machen müssen, schließlich musste er seine Frau vorher noch abholen.
    Von weitem konnte man den Prunk sehen, der hier zur Schau gestellt wurde. Kurz erinnerte sich Tiberius an seiner Hochzeit, doch dieser Gedanke verloh schnell wieder.
    Viele der Gratulanten, die hier waren, kannte Imperiosus nicht. Der Artorier hatte heute seine weiße Toga angezogen, da er nicht seine Militärtoga tragen wollte, schließlich war dies hier eine Hochzeit und man musste sich auch dementsprechend anziehen. Natürlich hatte er seine Cingulum angehabt, denn dies würde er niemals ausziehen, was er ja auch nicht durfte.


    Langsam näherte sie sich dem Brautpaar und Imperiosus schaute dabei kurz zu Casca....

  • Dass jemand seine Hochzeit in einem Garten feierte, fand ich unheimlich aufregend. Fast exzentrisch, wollte ich meinen, doch vermutlich war es in Rom Gang und Gäbe. So etwas gab es eben nur in Rom! Ich liebte Rom mit jedem Tag mehr. Zuhause in Ravenna würde ich meinen Freunden davon erzählen und ganz sicher würde es nicht lange dauern, bis die ersten Paare in den Gärten der Stadt heiraten würden. Schon als ich die Sänfte verließ, wusste ich, dass wir richtig waren. Es roch nicht nur nach Garten - Hyazinthen, Malve, Lilien, Jasmin, Zinnien, Dahlien, Rosen, Lupinien - es klang auch nach einer Feier, wenn auch noch etwas verhalten.


    Die Braut war meine Nichte zweiten Grades, Epicharis, die Tochter von Menecrates. Sie heiratete einen Flavier. Tuktuk hatte sich bei den Sklaven in der Villa Claudia umgehört. Das einzige, was er jedoch herausbekommen hatte war, dass der Bräutigam in der Legio I gewesen war. Vermutlich hatte er Menecrates dort kennen gelernt und die Hochzeit war beschlossen worden, damit einer von beiden im Leben voran kam. Da der Flavier nicht im Senat saß, versuchte er sich vermutlich Menecrates' Senatorenstimme zu sichern. Blut war in Rom noch immer das Bindemittel der Politik, vor allem unter Patriziern. Allerdings interessierte mich herzlich wenig, warum heute geheiratet wurde. Die Hauptsache war, dass geheiratet wurde. Das Paar hatte meistens sowieso nicht viel Einfluss darauf, schon gar nicht die künftige Ehefrau, so dass wenigstens die Gäste das Beste aus diesem Tag machen mussten. Ich war fest entschlossen, das Beste aus diesem Tag zu machen.


    Ich hatte natürlich keine Einladung erhalten. Allerdings wusste ich nicht, dass Epicharis und ihr Zukünftiger die Anzahl der Gäste gering gehalten hatten. Doch bei fast allen claudischen Hochzeiten war es üblich, dass die Familie nur den Termin genannt bekam, und es wurde erwartet, dass jeder Claudier antanzte. Von mir war es zwar nie erwartet worden und ich hatte mich nur seltenst auf den Weg aus Ravenna hinaus gemacht, denn Reisen und fremde Umgebungen waren immer anstregend. Heute jedoch, wo ich in Rom war und eben diese Hochzeit in Rom stattfand, würde mich niemand davon abhalten können, zu erscheinen - außer die Braut persönlich vielleicht.


    Genau genommen war es allerdings schon zu spät, denn eine Hand auf Tuktuks Schulter, die andere um meinen Stock, trat ich über die Schwelle zum Garten. Tuktuk nannte meinen Namen und erwähnte die verwandtschaftliche Beziehung zur Braut und anscheinend war das genug für die wachhabenden Torsklaven, die unerwünschte Gäste an diesem Tag aus dem Garten hielten. Ein Sklave wies mich an, ihm zu folgen, und unter meiner Hand hob sich Tuktuks Schulter, was mir anzeigte, dass es weiter ging. Unter unseren Füßen knirschten die Kiesel und weitere Düfte zogen an meiner Nase vorbei, ebenso wie die Geräusche der Natur an meinen Ohren. Zwischendurch roch irgendetwas merkwürdig säuerlich, ein Tier vermutlich, doch war der Geruch zu schnell wieder verflogen, als dass ich Tuktuk danach fragen konnte. Dieser Garten war sicher auch ohne Hochzeit einen Besuch wert.


    Kurze Zeit später stoppten wir, das Geräusch leiser Gespräche vermischte sich mit dem Zirpen der Vögel und einem kurzen Auffauchen irgendwo tief aus dem Garten heraus. Der Torsklave verließ uns, dafür wurde mir ein Getränk angeboten, welches Tuktuk in Empfang nahm und mir in die von seiner Schulter genommene und nach vorne gestreckte Hand drückte.


    "Die Braut trägt einen roten Schleier, Tuktuk, schau, ob du sie irgendwo findest. Und sag mir Bescheid, falls du sonst jemanden siehst, den ich kenne."


    Das bezog sich natürlich vorwiegend auf die Verwandtschaft, denn sonst würde ich kaum irgendjemanden kennen. Ich kannte noch nicht einmal den Bräutigam, glaubte ich zumindest, so dass ihn auch mein Sklave nicht erkennen würde. Da es vermutlich dauern würde, bis Tuktuk die Lage sondiert hatte, nippte ich schon einmal an dem Becher und stellte fest, dass der Wein ziemlich wässrig war. Natürlich wunderte mich das zu dieser Stunde nicht wirklich, trotzdem war es bedauerlich. Mit der anderen Hand drückte ich die Spitze meines Stocks zwischen die Steine am Boden und horchte gleichzeitig in die Gegend.

  • Antonia indes, obgleich ehrlich erfreut über die vielen Glückwünsche, war bereits wieder ein wenig peinlich berührt. Denn war dies doch immerhin die Hochzeit ihrer Großcousine, ihr großer Tag, nicht der Antonias. Kurz fühlte sie Schuldgefühle in sich aufwallen, welche Sekunden später jedoch wieder hinuntergespült wurden. Nein, nein, sie machte sich zu viele Gedanken, gewiss. Dies war und blieb der Tag des Brautpaares. So strahlte sie weiterhin mit der Sonne um die Wette, ein jedes Mal aufs Neue, wenn ihr kleiner Sohn erwähnt wurde.
    Celerinas Ankunft machte diesem Strahlen jedoch unweigerlich Konkurrenz, sah diese doch aus wie das blühende Leben selbst. Und die Claudia glaubte auch zu wissen, warum. Versonnen stahl sich ein wissendes Grinsen in ihre Züge, als sie der Flavia zunickte. „Salve, Celerina. Ja, in der Tat. Ein wahres Paradies.“
    Kaum ausgesprochen, erreichte bereits der Grund für Antonias verschwörerisches Lächeln die kleine Gruppe. Auch der Aurelier wurde fröhlich begrüßt. „Salve Aurelius. Ich danke dir.“
    Aufgrund des immer größer werdenden Kreises erhielt Aquilius als Antwort nur ein ebenso humoriges Augenzwinkern, wollte sie den armen Aristides doch nicht noch nervöser machen, indem sie ihn weiter aufzog. Langsam den Flüssigkeitsmangel spürend – aufgrund der vielen Vorbereitungen heute morgen hatte sie kaum etwas getrunken – blickte sie noch einmal mit freundlicher Miene in die patrizische Versammlung.
    „Ich hoffe, ihr entschuldigt mich einen Moment.“
    Eine weitere Erklärung hierfür folgte nicht und musste auch nicht folgen. Dass sie nach wie vor Kreislaufprobleme hatte gehörte nicht hierher und sollte auch die Stimmung nicht trüben. Allen noch einmal zunickend wandte sie sich um, ließ den großen Manius bei seiner Herde zurück und winkte ihren Leibsklaven heran, der ihr bei der Suche nach einer Sitzplatz, sowie etwas Flüssigem behilflich sein sollte.
    Der Platz war in Form einer Bank schnell gefunden. Mit erleichtertem Seufzer ließ die Claudia sich nieder, war das Schwindelgefühl doch nun nicht mehr zu ignorieren gewesen.
    „Wein, Herrin?“, fragte ihr Sklave Pallas sie, sich des Auftrags erinnernd, dass sie nach etwas Trinkbarem verlangt hatte.
    „Wasser, Pallas.“
    So intelligent ihr Sklave auch war, so viele Dinge er sich merken konnte, bei manchen Dingen stellte er sich tatsächlich an wie der erste Mensch. Er nickte, offenbar ein wenig verlegen ob seines Fehlers und wollte schon davoneilen, als seine Herrin ihn zurückpfiff.
    „Der Mann da.. wer ist das?“, hörte er sie fragen, dezent zu ihrem Vetter, von dem sie im Moment noch nicht wusste, dass er ihr Vetter war, nickend.
    „Ich weiß es nicht, Herrin.“, antwortete er wahrheitsgemäß.
    „Dann steh hier nicht rum. Geh und finde es heraus.“
    „Ja, Herrin.“
    „Und vergiss das Wasser nicht.“
    „Nein, Herrin.“
    Sprachs und flitzte davon, um wenig später mit einem Becher und einer Information zurückzukehren.
    „Nero Claudius Tucca.“, war der Name, der Antonia nicht hatte einfallen wollen.
    „Natürlich.. “, murmelte sie halblaut, sich langsam wieder des Verwandten entsinnend, dem sie zeitlebens nur sehr selten begegnet war. Blind war er, so glaubte sie sich zu erinnern. Mit einer natürlichen Neugier gesegnet gab sie dem Sklaven den nächsten Auftrag.
    Er wurde erneut fortgeschickt, trabte diesmal zielstrebig auf eben jenen Claudius und seinen Sklaven zu. Mit einer leichten Verbeugung richtete Pallas das Wort an ihn.
    „Salve, Herr. Meine Herrin, Claudia Antonia lässt fragen, ob du ihr ein wenig Gesellschaft leisten möchtest.“

  • Einen Augenblick des Durchschnaufens verblieb ihm noch, einige Herzschläge, in dem der Wortwechsel mit seiner Verwandtschaft wenigstens einen Funken von Ruhe in ihm entfachte, selbst wenn jenes Feuer der Gelassenheit nicht in ihm hoch brennen wollte, nein, dafür waren die Windböen, die dieses Ereignis überzogen, viel zu stark und die Wolken einer ungewißen Zukunft zu mächtig in seinem Inneren. Ein gutmütiges Lächeln zog über Marcus' Gesichtszüge auf die Erwiderung der frisch gebackenen Mutter und schönen Claudiern, Antonia.
    „Nein, die schönste Blume bist Du, Antonia, Epicharis wird mein Licht an diesem Tag sein.“
    , erwiderte er, keineswegs geniert bei den schmeichelnden und vielleicht zu dick aufgetragenen Worte, denn wenn man Marcus auch manchmal Frauen gegenüber eine etwas zu blumige Sprache unterstellen konnte, so waren sie doch niemals unehrlich oder von Hinterlist geprägt, dafür dachte Marcus einfach zu gradlinig- meistens jedenfalls. Etwas schwächer wurde das Lächeln als er Gracchus vernahm, und sich dabei gehörig anstrengen mußte, um seinen so klugen Vetter zu verstehen; welch Tragödie, ausgerechnet Gracchus, dem Genie der Familie, dem Eloquentesten von ihnen allen, dem Mann, der mit Worten wohl den zornigsten Gott noch besänftigen konnte, ausgerechnet ihn traf es, mit einem derartigen Fluch belastet zu sein. Ein warmer Ausdruck – mit Mitgefühl gepaart – trat in Marcus' dunkelbraune Augen – wie immer, wenn er in letzter Zeit Gracchus sah, was er selber natürlich nicht wirklich bemerkte.


    „Dein Sohn wird bestimmt ein ganz ehrenvoller und mutiger Römer werden, bei solchen Eltern, bei so einer schönen und klugen Mutter und einem...“


    Weiter kam Marcus nicht in seiner Lobeshymne für das junge Elternpaar, denn dann kam schon der Verwandte heran, den er in letzter Zeit so gut wie gar nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, zudem hatt er auch nicht wirklich damit gerechnet, daß Aquilius kam, schließlich wußte Marcus allzu gut um dessen Abneigung vor Hochzeiten – was Marcus nicht verstand, er liebte jede Art von Festivität, insbesondere dem leckeren Essen wegen. Ein schiefes Grinsen schlich sich nun in Marcus' Gesicht.
    „Ah, Caius, aus welchen Grüften bis denn Du heraus gekrochen, Vetter. Schön, daß Du kommen konntest!“
    Marcus musterte ihn und fand, daß Aquilius selber so aussah als ob er gleich heiraten müßte, doch sich weiter auch darüber Gedanken zu machen, da kam Marcus nicht dazu, einer nach dem Anderen folgte in den Wogen der einströmenden Gäste, die wie die Flut in den Garten kamen, nachdem lange Zeit Ebbe hier geherrscht hatte.
    „Flavia Celerina, die schöne Celerina, salve!“
    Marcus lächelte sie freundlich, warm und so an, wie ein älterer Verwandter das bei einer Jüngeren tat, selbst wenn er Celerina noch nicht ganz in sein Flavierweltbild einordnen konnte.
    „Du beehrst sicherlich viele Männerherzen heute mit Deiner Anwesenheit und mich erfreust du ebenso...ähm...also“
    Himmel! Marcus hatte es gar nicht so gemeint.
    „..als Verwandter natürlich...“
    , fügte er darum schnell und etwas verlegen an. Über sich selber den Kopf schüttelnd, denn heute schien er wieder auf den Mund gefallen zu sein, wandte er sich schon dem nächsten Ankommenden zu und nickte ihm freundlich entgegen.


    Salve, Aurelius!“
    Wo hatte er ihn noch mal getroffen? Irgendwas mit der Akademie, aber Marcus' Gedächtnis war wie ein Sieb.
    „Hab' Dank, Aurelius!“
    , erwiderte Marcus, ja, die Götter hatten wohl wenigestens damit ein Einsehen, hoffentlich auch mit dem Opfer und der restlichen Zeremonie. Marcus verfolgte kurz die Worte zwischen seinen Verwandten und den Aureliern, anscheinend waren sie alle schon bekannt – kleines Rom eben – und somit war der neue Gast auch versorgt – ob Epicharis ihn eingeladen hatte? Ob sie ihn näher kannte? Eine Falte des eifersüchtigen Mißtrauens erschien zwischen seinen Augenbrauen, aber schon wurde er von einem herrlichen Anblick abgelenkt. Leuchtende Militärgürtel vermengt mit dem Geräusch der Metallplättchen, die gegeneinander schlugen. Der kurzzeitige düstere Ausdruck wich einem Grinsen und Marcus meinte nur kurz: „Wenn ihr mich entschuldigt...!“ und eilte dann auf die Soldaten zu.


    Unter seinen Füßen knirschte es und die toga umwehte seine Beine, die Soldaten gehörten heute mit zu den Gästen, auf die sich Marcus am Meisten freute, denn sie waren mehr gestrickt, wie er es eben war – Männer der Tat und nicht der großen Worte! Selbst wenn unter ihnen lauter schlaue Offiziere waren, die ihm – Marcus – ihn mancher Hinsicht durchaus überlegen waren, so fühlte er sich bei ihnen selten in seiner mangelnden Bildung entblößt.
    Salve, Licinus!“
    Kameradschaftlich streckte er die Hand aus, um den Unterarm von Licinus zu ergreifen.
    „Ach, wie es mich freut, daß Du es einrichten konntest, nach Rom zu kommen. Großartig! Wie geht es Dir? Was macht der Dienst in der Legion? Geht es der Prima gut?“
    Erst da sah Marcus auch Tacitus, den er zwar nicht kannte, aber – da Tacitus ein Kamerad und Mitsoldat war – ebenso freundlich begrüßte.
    Salve, Soldat! Ich bin Flavius Aristides, derjenige, der heute hier heiraten wird!“
    , fügte er mit einem Augenzwinkern an.


    Marcus sah auf als er noch ein bekanntes Gesicht ausmachte, Imperiosus, an der Seite einer äußerst schönen Frau vom eher dunkleren Typus, die Art, die Marcus mehr gefiel. Das ist bestimmt seine Frau, dachte sich Marcus, und beglückwünschte Imperiosus schon still für seinen guten Geschmack. Oder war es vielleicht umgekehrt? Hatte die Dame den Fisch namens Imperiosus geangelt?
    Centurio Artorius, wie schön, daß auch Du kommen konntest. Dann sind wir ja schon fast komplett von der alten Truppe.“
    Freundlich sah Marcus zu der Dame an Imperiosus' Seite.
    Salve, werte Dame, schön, daß ihr meine Hochzeitsfeier mit eurer reizenden Anwesenheit und Schönheit beehrt.“



    [SIZE=7]/edit: Wer noch mehr Rechtschreibfehler, Sinnfehler und sonstige Faux pas findet, darf sich daran erfreuen und behalten. ^^[/SIZE]

  • Kaum hatte ich alle begrüßt, drang auch schon eine, mir wohlbekannte Stimme an mein Ohr. Voller Freude wandte ich mich um, damit ich mich davon überzeugen konnte, daß meine Sinne mich nicht getrügt hatten.
    Nein, getrügt hatten sie mich nicht! Er war es, den ich bereits schon sehnsüchtig erwartet hatte. Ich strahlte ihn an und wäre am liebsten zu ihm geeilt, um ihn dann in meine Arme schließen zu können. Aber nein, das verboten mir die Konventionen. Welches Aufsehen würde ich dadurch erregen! Nein, dies kam einem gesellschaftlichen Selbstmord gleich. So bleließ ich es bei einem freundlichen Zunicken und einer freundlichen Begrüßung, wie es sich geziemte. "Salve Corvinus! Wie schön, dich wieder zu sehen!" Mittlerweile war es so ungewohnt für mich, ihn Corvinus zu nennen, doch in der Öffentlichkeit war dies doch angebrachter.


    Nichts hätte an diesem Tag meine Stimmung trüben können, gar nichts. Im Gegenteil, ich genoß es, in der Gesellschaft der Familie und der geladenen Gäste zu sein. Aquilius´ Kompliment ließ mich leicht verlegen werden. Es lag mir fern, die Braut in den Schatten zu stellen. "Findest du? Nun ja, man kann ja schon etwas üben," antwortete ich scherzhaft. Wo war eigentlich die Braut? Ich schaute mich um und erstarrte! Nicht etwa, weil ich die Braut entdeckt hatte, nein, diese Sklavin war es, die aus dem Hintergrund getreten war und nun auf´s Neue meinen Unmut erregte. Was hatte sie hier zu suchen? Selbst Marcus´ Lächeln konnte mich in diesem Augenblick nicht erweichen. Antonias Begrüßung war es schließlich, die mich aus der Starre riß. Ich ließ mir nichts anmerken und tat nonchalant. "Antonia! Ja, dieses Plätzchen sollte man sich merken! Wie geht es dir, meine Liebe und vor allen Dingen, wie geht es dem Kleinen?" In den nächsten Tagen mußte ich sie unbedingt einmal besuchen kommen. Ich beneidete sie. Sie hatte das, was ich mir so sehnlichst wünschte.
    Letztendlich begrüßte mich auch noch der Bräutigam und ich mußte schon sagen, ich war zuerst auf eine gewisse Art sprachlos und errötete, bei dem, was er sagte. Ich beehrte sein Herz? Wie meinte er das nur? Aber nein, es war nur ein Kompliment, weiter nichts! Glücklicherweise fand ich recht bald meine Sprache wieder und auch meine Haut fand zu ihrer rechten Teintfarbe zurück. "Oh salve Aristides! Du schmeichelst mir. Ich freue mich auch, an diesem großartigen Tag hier zu sein! Du mußt heute sehr stolz sein! Meine Glückwünsche mögen dich und deine zukünftige Frau begleiten!“ Wo war sie denn nun, die Braut? Ich konnte sie immer noch nicht entdecken!

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