Mons aventinus | Eine Hochzeit oder: Auf in den Hafen der Ehe

  • Epicharis strahlte nicht minder zu Fiona zurück, war sogar ein wenig verlegen, denn das Kompliment der Sklavin war wirklich ernst gemeint, das konnte man sehen, hören und spüren. Der Sklave war zwar augenblicklich aufgebrochen, um Aristides zu benachrichtigen, doch war weit und breit nichts von ihm zu sehen. Das mochte daran liegen, dass seitdem nicht mehr als ein paar wenige Minuten verstrichen und der Garten doch recht weitläufig war, doch Epicharis schien es in diesem Moment eine Ewigkeit zu sein, die sie bereits wartete. So beschloss sie kurzerhand, ihm einfach schon entgegen zu gehen, nicht ahnend, dass der Sklave bisher nicht einmal bei ihrem Ehemann in spe angekommen war und sich dieser somit auch noch nicht auf dem Weg zu ihr befand. "Komm, wir gehen hinein", sagte sie zu Fiona und ging auch schon los.


    Rechts und links des Weges leuchteten die herrlichsten Farben. Ein geschäftiges Schwirren und Summen lag in der warmen, wohlriechenden Luft, und Epicharis dachte, dass es hier wie in Griechenland oder Ägypten sein musste. Dort gewesen war sie noch nie, und selbst die schönsten Ecken in Hispania reichte nicht an die üppige Vielfalt dieses Gartens heran, in dem für sie damals alles begonnen hatte. Die ntferntee Geräusche der Raubtiere harmornierten mehr alsdass sie das Gesamtbild störten, hier in diesem Garten fühlte man sich lebendig, fühlte sie sich lebendig, auch wenn sie bereits jetzt am Morgen etwas ängstlich an die folgende Nacht dachte.


    Immer weiter ging es den geschlängelten Weg entlang, niemand begegnete ihr, sah man von Sklaven ab, die kleine Fässer trugen oder rollten, die letzten Stühle schleppten, Tabletts mit buntem Allerlei trugen und sie fast ausnahmslos aus den Augenwinkeln heraus beobachteten. Dann war die Terrasse in Sicht, längst hatte Epicharis ob all dieser Schönheit vergessen, dass sie Aristides nur hatte entgegen gehen wollen. Es war ihr nicht bewusst, aber von einem beliebigen Platz unter dem großen Sonnensegel aus musste es wirken, als spazierte dort, wo sie ging, ein orangeroter, auf und ab hüpfender Farbtupfer durch das Grün und Bunt des Gartens.


    Die Braut nahte. Und sie war die Braut. Epicharis' Herz klopfte plötzlich bis in den Hals hinauf, als sie die Gestalt ihres Zukünftigen dort stehen sah, inmitten von - natürlich - seinen Soldatenfreunden. Auch eine Handvoll Gäste waren bereits anwesend, größtenteils Aristides' Familie, und auch der Auctor war dort. "Fiona? Tust du mir einen Gefallen, finde heraus, wer schon alles anwesend ist", trug sie der Sklavin an ihrer Seite auf. Von Aristides' Familie kannte sie zwar beinahe jeden, aber in der Nähe von Antonia beispielsweise hatte sie jemanden entdeckt, der ihr zwar irgendwie bekannt vorkam, den sie jedoch nicht näher einordnen konnte. Es musste ein Gast sein, den Aristides geladen hatte, auch wenn er nicht aussah wie ein Soldat. Von denen sie im Übrigen bisher niemanden kannte.


    Dann war es soweit, und Epicharis setzte einen Fuß vom Kies auf die Terrasse. Unschlüssig, wohin sie sich zuerst wenden sollte und was sie überhaupt zuerst tun sollte, Verharrte sie am Rande der Terrasse. Sie zog nicht gern die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich, und die meisten befanden sich gerade im Gespräch. So stand sie also erst einmal dort, der laue Wind spielte sachte mit dem Flammeum, und das claudische Gesicht, dass er gerade einmal hinreichend verschleierte - schließlich war der Stoff beinahe transparent - strahlte den Gästen vor Freude entgegen.

  • Was bisher geschah...


    Fein herausgeputzt, hatte Avitus im Atrium gestanden und auf seine Gattin gewartet. Seine Miene spiegelte Freude vor, aber er wusste, dass er Calvia nichts würde vormachen können. Das war aber auch nicht seine Absicht, denn sie war es, die ihn ermahnte, ihr das ja nicht zu ruinieren. Wobei Avitus beim besten Willen nicht verstand, was er ihr ruinieren sollte und konnte, wenn er behaupten würde, er hätte einfach keine Lust oder er hätte wichtigeres zu tun. Aber aus irgendeinem Grund war es furchtbar wichtig für Calvia, hinzugehen. Frauen. Vermutlich ging es ihr um dieses alberne, überflüssige sehen und gesehen werden. All die Mühen, die Avitus aufbrachte, ihr klar zu machen, dass er weder Flavius besonders gut kennen oder mögen würde, noch sich in der Anwesenheit so vieler Vertreter des patrizischen Standes wohl fühlen konnte, fruchteten nicht und so hatte sich der Artorier letztlich in sein Schicksal ergeben. Wenigstens konnte Avitus eine gewisse Schadenfreude empfinden, da sich der Flavier nun selbst Fesseln anlegen ließ und hoffentlich einmal in einer ähnlichen Lage sein würde und sich von seiner Gattin diktieren lassen würde, ob und wohin sie 'ausgingen'.


    Sie hatten sich durch die Stadt gequält. Calvia ließ sich in einer Sänfte tragen und als sie behauptete, auch Avitus soll in so ein... Ding einsteigen, da drohte er, seine Toga auf der Stelle abzuwerfen und überhaupt nicht hinzugehen. Vor dem Haus hatte eine kleine Schar von Klienten gewartet, die abzuwimmeln Avius nicht konnte oder wollteund so setzte sich eine kleine Prozession in Richtung Aventin in Gang, von Archias angeführt, der wie immer voranging und dafür sorgte, dass ein Durchkommen möglich war. Auf die Eskorte durch seine Leibwache hatte Avitus verzichtet.



    Jetzt...


    Genau das, was er erwartet hatte. Avitus wusste, dass sein Vetter dabei sein würde, doch dass einige bekannte Gesichter aus der Prima anwesend waren, überraschte ihn. Auch einige in Rom wohlbeknnte Gesichter waren da, gewesene Magistrate aus dem flavischen Haus. Offenbar nahm seine Sippe es ihm nicht übel, dass Aristides nah wie vor weit unter seinem Stand, als einfacher Centurio in der Kohorten diente. Doch nun würden bestimmt - so sie Druck ausgeübt haben sollten - nicht nur die Flavier, sondern auch die Claudier darauf bedacht sein, was aus Aristides wurde. Avitus beneidete den Mann nicht um sein Schicksal.


    "Siehst du dort, meine Liebe"
    er wandte sich an Calvia, während sie sich Aristides und Imperiosus näherten.
    "Das ist der bedauernswerte Narr, der aus den Fehlern abertausender Männer vor ihm nicht das Geringste gelernt hat und sein Schiff freiwillig in den Hafen der Ehe steuert, wo es vor Anker liegen wird, angekettet und mit einem zweiten Kapität, einem Kapität aber, der von nun an den Ton angeben wird"
    Das sagte er natürlich so laut genug, so dass Aristides ihn hören konnte. Den Stoß mit dem Ellenbogen in die Rippen, den Calvia ihm versetzte, als er Aristides als Narr bezeichnete, war der Grund, warum er nicht unerwähnt ließ, dass Aristides das Ruder aus der Hand gab. Dass das leichte Grinsen von Avitus nun tatsächlich pure Schadenfreude war, war natürlich übertrieben. Denn ein bißchen freute er sich sogar für den Flavier und war gespannt auf das Erscheinen der Braut.


    Lange mussten er und die anwesenden Gäste dann auch nicht warten und als es so weit war, richtete sich Avitus' Blick auf die Braut, Epicharis, die dort an der Terrasse erschien und verharrte.

  • Zitat

    Original von Claudia Epicharis


    Ein wundervoller, weitläufiger Garten breitete sich vor ihnen aus. Wunderschöne Blumen, deren Namen Fiona nicht kannte, blühten und verführten mit ihrem Duft. Ein wirklich schöner Platz, um eine Hochzeit zu feiern. Fiona schob den Anflug eines Gedankens an ihre eigene Hochzeit, die nie stattgefunden hatte, beiseite. Nein, dafür war heute kein Platz!
    Sie folgte Epicharis, als diese sie aufgefordert hatte. Der Kies unter ihren Sandalen knirschte bei jedem ihrer Schritte. Von weitem konnte man schon die Hochzeitsgesellschaft beobachten. Einige der Gäste und die Familienmitglieder der Claudier und Flavier waren bereits anwesend. Viele davon sah sie heute zum ersten Mal. Einige Flavier hatte sie flüchtig auf der Saturnalienfeier gesehen.
    Noch ein Stück von den Terrassen entfernt, blieb Epicharis plötzlich stehen. Fiona sah besorgt nach ihrer Herrin. Natürlich konnte sie sich lebhaft vorstellen, was in ihr vorging. Ihr Lampenfieber hatte nach dem letzten Abend nicht abgenommen. Ganz im Gegenteil, es mußte sich noch verstärkt haben. Dann sprach sie sie an.
    "Ja, Herrin? Einen Gefallen?" Nochmals sah sie zu den Gästen hinüber. Sie fragte sich zwar, wie sie die Namen der Gäste in Erfahrung bringen konnte, doch sie nickte lächelnd Epicharis zu. "Ja Herrin! Willst du hier warten?"
    Fiona begab sich nun alleine zu den Terrassen und mischte sich unter die Gäste. Sie sprach niemanden an, doch sie lauschte den Unterhaltungen und versuchte so etwas über die Gäste in Erfahrung zu bringen.
    Nach einer Weile kehrte sie zurück und konnte Epicharis einige Namen der Gäste nennen.
    "Herrin, es sind sehr viele Flavier unter den Anwesenden. Flavius Gracchus und Flavius Aquilius habe ich gesehen und deinen Bräutigam natürlich. Claudia Antonia ist ebenfalls anwesend und eine gewisse Flavia Celerina. Ach ja und diesen Aurelier habe ich auch gesehen, der früher oft in der Villa Claudia zu Gast war. Dann sind noch einige Gäste in Uniform anwesend, deren Namen ich leider nicht in Erfahrung bringen konnte. Es tut mir leid."
    An die Gäste in Uniform hatte sich Fiona nur ungern herangewagt. Sie mochte keine Soldaten. Soldaten machten ihr einfach nur Angst.

  • Zitat

    Original von Claudia Antonia
    „Salve, Herr. Meine Herrin, Claudia Antonia lässt fragen, ob du ihr ein wenig Gesellschaft leisten möchtest.“


    Die Verwandtschaft fand mich schneller als ich sie fand. Oder besser gesagt, als Tuktuk sie fand. Und ich ließ mich nicht lange bitten. Antonia war eine meiner Cousinen und sie war diejenige, die schon mit einem Flavius verheiratet war, mit einem Senator um genau zu sein. Von all meinen Cousinen hatte sie es, soweit ich wusste, damit am weitesten gebracht. Und wollte man ehrlich sein, dann hatte sie es damit neben Senator Menecrates in meiner gesamten Generation am weitesten gebracht. So ehrlich wollte man als Claudier natürlich selten sein, aber ich konnte mir es erlauben.


    Genau konnte ich mich nicht mehr erinnern, wo ich Antonia das letzte Mal begegnet war. Es war auf jeden Fall schon eine ganze Weile her, vielleicht bei irgend einem Fest in Mantua, oder sogar noch länger her, bei irgend einem Fest in Rom. Viele Worte hatte ich auch selten mit ihr gewechselt, das meiste wusste ich über sie aus den Erzählungen ihrer Brüder Verus und Sabinus. Bei der Gelegenheit fragte ich mich, ob Verus und Sabinus wohl auch kommen würden. Weder den einen, noch den anderen hatte ich in den letzten Tagen gesehen. Aber das hieß in der Villa Claudia nichts, das Haus verschluckte jedes Leben.


    "Natürlich, es wäre mir eine Freude", entgegnete ich dem Sklaven und sah mich in einem kleinen Dilemma. In der einen Hand hielt ich den Stock, in der anderen den Becher, so dass keine für Tuktuks Schulter frei blieb. Natürlich hätte ich meinem Sklaven den Wein reichen können, aber ich wusste genau, dass er ihn so leicht nicht wieder heraus rücken oder vielleicht sogar auf irgendeinem Tisch abstellen würde. Ich trank also nochmal einen größeren Schluck, um auf dem Weg nichts zu verschütten, und klemmte den Becher dann mit in die Linke. Anschließend schnippte ich mit der Rechten, hob sie und wartete, dass sich Tuktuks Schulter darunter schob.


    Zum Glück war es nicht weit, bis Tuktuk wieder stoppte und seine Schulter nach unten weg zog. Sobald ich mich mit 'Meinesgleichen' unterhielt, trat er brav in den Hintergrund, wie jeder andere Sklave auch. Ich vertraute darauf, dass er mich in die richtige Richtung abgestellt hatte, allerdings war die Blickrichtung ohne Blick sowieso nicht so wichtig.


    "Salve, Antonia! Es freut mich, dich zu sehen. Das letzte mal ist schon ziemlich lange her, nicht? Ich hoffe, es geht dir gut?"

  • Mit den Augen war sie ihrem Sklaven gefolgt, hatte über ihren Becher gelinst, als er sein Sprüchlein vortrug und schließlich einen Schluck genommen als sie sah, dass das kleine Grüppchen, geführt von Pallas, sich in Bewegung setzte.
    Wie oft hatte sie sich über ihr Leben beklagt, hatte sich kaum eine schlimmere Strafe erdenken können, doch da sich nun der Gedanke in ihr auftat, man könne nichts sehen, schien ihr all das mehr als lächerlich. Natürlich würde sie jenes Thema nicht ansprechen. Zum einen hörte er Dergleichen sicher wenigstens einmal pro Woche, zum anderen hatte sie nicht vor an diesem Tag über Betrübliches zu sprechen.
    Schließlich bei ihr angekommen, stand Tucca zwar in der richtigen Richtung, hatte den Blick jedoch, natürlich, etwa in Augenhöhe, während sie selbst noch saß. Um diesen Umstand zu korrigieren erhob sie sich. Lächelnd, fast unnötigerweise, doch hörte man ja bisweilen, ob jemand gut gelaunt war oder nicht. Und ihre fröhliche Stimmung war in der Tat hörbar.
    „Salve, Vetter.“, erwiderte sie seine Begrüßung. „In der Tat, unser letztes Treffen liegt schon einige Zeit zurück. Umso mehr freue ich mich, dich heute hier zu sehen.“
    Irgendwie war es sonderbar von einem derart gehandycapten zu hören, man habe sich lange nicht gesehen. Aber vermutlich machte sie sich selbst viel zu viele Gedanken darüber.
    „Es ging mir nie besser, danke.“
    Körperlich eine glatte Lüge, Seelisch entsprach jene Aussage allerdings wohl der Wahrheit. Doch wer wollte schon Haarspalter sein.
    „Wie steht es denn bei dir? Wie ist es dir ergangen die letzten Jahre? Seit wann bist du in Rom?“
    Bemerkend, dass sie den armen Mann mit Fragen überschüttete hielt sie inne und deutete, unnötigerweise, auf die Bank hinter sich.
    „Aber entschuldige, kaum bist du da, belagere ich dich schon mit Fragen. Setzen wir uns doch erst einmal.“
    Umgehend machte sie es vor und setzte sich, zögerlich, da sie nicht recht wusste, ob sie ihrem Verwandten hätte behilflich sein sollen. Doch sicher würde sein Sklave hierfür Sorge tragen.

  • Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    Marcus sah auf als er noch ein bekanntes Gesicht ausmachte, Imperiosus, an der Seite einer äußerst schönen Frau vom eher dunkleren Typus, die Art, die Marcus mehr gefiel. Das ist bestimmt seine Frau, dachte sich Marcus, und beglückwünschte Imperiosus schon still für seinen guten Geschmack. Oder war es vielleicht umgekehrt? Hatte die Dame den Fisch namens Imperiosus geangelt?
    Centurio Artorius, wie schön, daß auch Du kommen konntest. Dann sind wir ja schon fast komplett von der alten Truppe.“
    Freundlich sah Marcus zu der Dame an Imperiosus' Seite.
    Salve, werte Dame, schön, daß ihr meine Hochzeitsfeier mit eurer reizenden Anwesenheit und Schönheit beehrt.“


    Nachdem Imperiosus und seine Frau vor Aristides standen, wurden sie von ihm herzlich begrüßt. Es schien wirklich fast so zu sein, dass viele von der alten Truppe hier zu sein schienen... doch mindestens einer würde sicherlich nicht kommen können, schließlich diente dieser nun in Germanien. Der Artorier reichte ihm seine rechte Hand und ergriff den Unterarm von Aristides, dann deutete er eine leichte umrarmung an.


    " Ich grüße dich und umarme dich als 'Bruder', danke für deine Einladung Centurio Flavius. "


    Als nun Marcus Casca begrüßte, stellte Imperiosus sie kurz vor.


    " Dies ist meine liebreizende Frau Valeria Casca.... "
    dann ging sein Blick zu seiner Frau
    " ... Casca, dass ist Centurio Flavius Aristides, mit dem ich eine gefährliche Mission mal unternehmen musste."


    Weiter wollte er darauf nicht eingehen, schließlich waren sie nicht hier, um über Krieg zu sprechen, sondern wegen der Hochzeit.

  • Casca war bereits fertig gewesen und hatte auf Tiberius gewartet. Sie freute sich, etwas heraus zu kommen, genoss die Gelegenheit, in die Gärten zu kommen. Derartige Feierlichkeiten waren nicht ganz ihre Welt, auch wenn sie ihre Rolle stets spielte, ihre Pflichten als Ehefrau stets erfüllte – aber im Gegensatz zu Calvia war sie selten unglücklich, wenn ihr Mann beschloss, eine solche Einladung nicht anzunehmen. Und selbst wenn sie es gewesen wäre, im Gegensatz zu Calvia wäre es ihr im Traum nicht eingefallen zu versuchen, Tiberius doch dazu zu bewegen. Allerdings, die letzten Tage und Wochen waren einsam geworden, seit Marcus das Haus verlassen hatte – ganz wie ihr Sohn prophezeit hatte. Und auch wenn sie sich tatsächlich bemühte, seinem Ratschlag zu folgen – es brauchte wohl seine Zeit. Vielleicht war es für sie auch einfach schon zu spät, sie wusste es nicht. Aber heute hatte sie beschlossen, den Tag zu genießen, auch wenn sie vermutlich kaum jemanden kennen würde von den anderen Gästen, geschweige denn das Brautpaar. Sie hatte nie von selbst Bestrebungen an den Tag gelegt, die Soldaten, mit denen Tiberius in der Regel Umgang hatte, kennen zu lernen, behagte ihr das Militär doch weniger, und der Rest der geladenen Gäste dürfte hauptsächlich aus Patriziern bestehen.


    Nun bewegte sie sich an der Seite ihres Mannes, ließ sich von Sklaven, die in Rot und Gold gekleidet waren, den Weg weisen, und näherte sich einer Gruppe von Menschen, die ihr gänzlich unbekannt waren. Sie erwiderte das Lächeln des Mannes, der sie begrüßte und damit offenbar Gastgeber war. Sie wartete, bis ihr Mann die Begrüßung erwidert und sie vorgestellt hatte, bevor sie ebenfalls das Wort ergriff. "Salve, Centurio Flavius. Ich freue mich über die Einladung – es ist ein herrlicher Ort, um die Hochzeitszeremonien zu beginnen." Auch wenn es eher ungewöhnlich war, aber Casca gefiel die Idee, und das Wetter hätte besser nicht sein können. Sie war versucht, scherzhaft nachzufragen, als Tiberius von einer gefährlichen Mission sprach, aber sie hatte das Gefühl, das Thema wäre unpassend gewesen – und sie war auch nicht der Typ für scherzhafte Nachfragen à la Wie ich sehe, hast du meinen Mann unversehrt zurückgebracht…. Es war nicht ihre Art, und sie meinte zu wissen, dass Tiberius davon ohnehin nicht begeistert gewesen wäre. Als sie sich anschließend kurz zur Seite wandte, sah sie Avitus und Calvia auf sie zukommen, und lächelnd nickte sie ihnen zu, bevor eine Bewegung in ihrem Augenwinkel ihre Aufmerksamkeit erregte. Die Braut stand dort, am Rand der Terrasse und strahlte ihnen entgegen. Für einen flüchtigen Moment empfand Casca einen Stich. Sie war aufgeregt gewesen am Tag ihrer Hochzeit, aber sie konnte sich nicht erinnern, derartig gestrahlt zu haben. Wie auch, ihre Ehe war arrangiert gewesen, und sie hatte kaum Gelegenheit gehabt, ihren Gatten vorher kennen zu lernen. Aber sie verdrängte diesen Gedanken schnell wieder, genauso wie jeden daran, was aus ihrer Ehe geworden war, und setzte wieder ein Lächeln auf.


  • "Salve, Aristides!" entgegnete Licinus ebenso erfreut.
    "Die Freude ist ganz auf unserer Seite und herzlichen Dank für die Einladung.
    Mir geht es gut, danke der Nachfrage, der Dienst..."
    Licinus stockte einen kurzen Moment, er war sich nicht sicher, wie Aristides es aufnehmen würde, wenn er jetzt, da dieser gezwungen worden war den Dienst zu quittieren, es aufnehmen würde, wenn Licinus zu begeistert davon sprach. Also beschränkte er sich auf ein.
    "... geht weiterhin seinen gewohnten Gang. Ich bin vollauf zufrieden. Und um die prima mach dir mal keine Sorgen, wir passen schon auf sie auf. Versprochen!"
    Licinus war schon darauf vorbereitet gewesen den Valerier nun vorzustellen, als der Flavier, unkompliziert wie er in diesen Dingen war, sich schon selbst vorstellte.

  • Celerina, Corvinus, Aquilius | Epicharis


    Die Familie sammelte sich um Aristides, hernach trafen auch bald die ersten weiteren Gäste ein. Seine Nichte Celerina grüßte Gracchus nur mit einem Nicken, da er suchte, jedes Wort zu vermeiden, und auch Aurelius Corvinus wurde bei seinem Eintreffen ob dessen nur mit einem freundlichen Nicken bedacht. Erst als jener die Glückwünsche bezüglich des Kindes äußerte, rang sich Gracchus lächelnd ein Danke ab, welches bis auf das beinah verschluckte e recht deutlich war. Etwas an Aurelius irritierte ihn zudem, doch konnte er nicht ausmachen, was dies war, gleichsam weilte seine Aufmerksamkeit bereits hinter dem Senator auf den ankommenden Soldaten, als Aquilius Aurelius auf die Erhebung in den Senat ansprach. Zudem musste Gracchus im nächsten Augenblicke feststellen, dass ihm seine Gemahlin abhanden gekommen war, obgleich er doch sie hatte nicht aus den Augen lassen wollen, und als er sich nach ihr umsah und sich hernach ebenfalls entschuldigen wollte, um nach ihr zu sehen, da er sich um ihr Wohlbefinden sorgte, war auch Aristides mit einem Male verschwunden, schneller als dass Gracchus der Abfolge der Ereignisse um ihn herum konnte in diesem Moment folgen. Ein weiterer Blick zu Antonia hin zeigte nun diese bereits im Gespräch mit einem der anderen Hochzeitsgäste, welchen Gracchus nirgendwo konnte zuordnen, und augenscheinlich sich wohl befand, gleichsam entdeckte er im Hintergrund den Haruspex, mit welchem er ohnehin noch etwas hatte zu besprechen und da er wenig Verlangen danach spürte, mit einem der Gäste zu konversieren, den er nicht kannte, entschied er sich statt Antonia vorerst für den Eingeweideleser.
    "'nt..schuld'gt mi'h ..."
    , wandte er sich an Celerina, Aquilius und Corvinus, welche hernach nur noch zu dritt beieinander standen. Gleichsam gelangte Gracchus letztlich nicht bis zu dem Haruspex hin, da im nächsten Augenblicke Epicharis erschien, die Szenerie mit ihrer Leichtigkeit überstrahlte, welche an diesem Tage noch epiphaner schien denn zu anderen Gelegenheiten, ganz als wäre die Claudia für diesen einen Tag geschaffen. Im Anblicke der Braut mochte der Etrusker noch eine Weile warten können, so dass Gracchus zu Epicharis hin abbog. Die Worte flossen ihm ohne Zögern in die Sinne und da er darum wusste, dass Epicharis sein Gestammel ihm würde nachsehen, verzichtete er ihr gegenüber nicht auf die Ausführlichkeit.
    "Salv' Ep'charis, ... im Ang'si'ht dein'r ... Schön..he't ver..lier'n ... 'lle Blum'n um di'h he..rum ihr' Cou..leur, wend't all'' ... Glanz 'nd 'lle ... Pra'ht si'h zu grau..farb'nen Schatten, ... 'nd die Sonn' neigt ... b'schämt ihr ... An..tli'z."
    Obgeleich ihm noch mehr auf der Zunge lag, endete Gracchus dennoch nach einem Satz, da er die Geduld der Claudia gleichsam nicht über Gebühr wollte strapazieren.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • An diesem Tag war es soweit, heute begann für ihre Herrin Epicharis ein neues Leben und somit auch für die beiden claudischen Sklavinnen Fiona und Minna. Dementsprechend waren sie nicht minder aufgeregt als die Braut selbst, wenngleich die Unruhe der beiden Sklavinnen einen anderen Grund hatten. Der blonden Germanin wurde bei dem Gedanken in eine neue Villa zu ziehen regelrecht übel. Nicht weil sie die Villa Claudia wahnsinnig vermissen würde, im Gegenteil, es war vielmehr die ungewisse Zukunft, die ihnen bevorstand. Einen gewissen Teil ihres flauen Magengefühls trugen natürlich auch die vielen Gerüchte über den flavischen Haushalt und dessen Sklavenhaltung bei.


    Epicharis sah in ihrem prächtigen Gewand bezaubernd aus. Eigentlich tat sie das ja so gut wie immer, wie Minna fand, doch heute hatte sie sich selbst übertroffen. Auch wenn sie es nie zugeben würde, es freute die germanische Sklavin die Claudia so strahlend zu sehen, schließlich war es ihr besonderer Tag. Doch auch sie und Fiona waren heute in edle Stoffe gehüllt. Natürlich nicht einmal annähernd so luxuriös wie die ihrer Herrin, doch für Minna war es dennoch recht ungewöhnlich so ein feines Kleid zu tragen.
    Als sie den weitläufigen Garten betraten, kam die Germanin aus dem Staunen nicht mehr heraus. Mit den verschiedensten Pflanzen hatte man ihn üppig geschmückt. Einige von ihnen hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Für einen kurzen Augenblick lenkte der gewaltige Eindruck des Gartens von ihrer Nervosität ab, doch so schnell wie sie verschwand, so schnell war sie auch schon wieder da.


    Fiona wurde derweil beauftragt die Namen der bereits anwesenden Gästen auszumachen. Es dauerte nicht lange da erschien die Keltin auch schon wieder und berichtete Epicharis von den Besuchern. Zu gerne hätte Minna gewusst, ob Fiona neben den Hochzeitsgästen auch einige bekannte Sklaven hatte ausmachen können. Das würde die Sache gewiss erträglicher für sie machen. Doch leider war dies nicht der geeignete Zeitpunkt dafür sie nach solchen Belangen zu fragen. So verharrte Minna schweigend im Hintergrund und beobachtete, wie ihre Herrin schließlich zaghaft die Terrasse betrat. Im ersten Augenblick schienen die Anwesenden sie nicht zu bemerken, waren sie zu sehr in ihren Gesprächen vertieft, doch es war nur eine Frage der Zeit, wann man die umwerfend schöne Braut bemerken und ihr alle Aufmerksamkeit schenken würde. Da trat auch bereits einer der Gäste heran, es handelte sich um den Flavier, den sie bei einem Spaziergang mit Epicharis getroffen hatten, und sprach die Claudia mit einem Latein an, von dem Minna trotz ihrer Bemühungen nur Bruchstücke verstand. Doch das machte ihr nichts, ihr galten die Worte ja immerhin nicht. Viel bedeutender war die Tatsache, dass die Braut nun entdeckt worden war. Sie warf ihrer Mitsklavin einen vielsagenden Blick zu. Jetzt ging es los. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Weder für die Braut noch für den Bräutigam. Und schon gar nicht für Fiona und Minna.

  • Zitat

    Original von Claudia Antonia


    Antonia hörte sich tatsächlich sehr zufrieden an. Ich wusste nicht, ob sie und ihr Senator schon Kinder hatten. Doch in der üblichen Laufbahn ging so etwas parallel zum Aufstieg im Cursus Honorum, daher ging ich davon aus. Wahrscheinlich führte sie eines dieser Bilderbuch-Patrizierleben.


    Kaum hatte Antonia die Aufforderung zum Sitzen ausgesprochen und ich daraufhin genickt, spürte ich schon die Hand meines Sklaven am Arm. Tuktuk schob mich noch ein Stück weiter nach vorn, bis mein Stock an die Kante einer Sitzgelegenheit stieß. Ich hielt ihm nun doch den Wein hin, um danach mit der Hand an dem Holzstock herab zu fahren und nach der Sitzfläche zu tasten. Stein, mit einem Polster darauf, eine Bank vermutlich, weshalb ich mit der Erkundung nicht zu weit nach Links und Rechts fortfuhr, um Antonia nicht allzu sehr zu Leibe zu rücken. Statt dessen setzte ich mich endlich. Die Kleidung meiner Cousine raschelte links neben mir, weshalb ich meine Nase ein Stück in diese Richtung wandte, bevor ich ihr antwortete.


    "Mir geht es sehr gut, danke. Viel zu berichten habe ich allerdings nicht, das übliche aus Ravenna. Ich lebe so vor mich hin, da passiert um ehrlich zu sein nicht allzu viel berichtenswertes. Dieses Jahr ist mir allerdings die Decke auf den Kopf gefallen und ich habe beschlossen, endlich die Reise nach Rom anzutreten. Seit dem Frühjahr bin ich hier und es gefällt mir wirklich gut. Die Stadt berstet vor Leben und es ist ständig irgend etwas los."


    Was genau genommen für mich manchmal schon zu viel auf einmal war. Zugeben würde ich das jedoch nicht.


    "Ganz zu schweigen davon, dass man am Nabel der Welt natürlich an der Quelle aller interessanten Informationen, Gerüchte und Geschichten sitzt. Lebst du direkt in Rom? Oder wohnst du in einer der Landvillen außerhalb?"


    Ich wusste zwar nicht, wie viele Villen die Flavier in Rom besaßen, aber es war bei Familien wie der ihren und unserer durchaus üblich, sich auf ein Haus in Rom zu beschränken. Welches dann natürlich um so pompöser war. In Rom würde Epicharis somit bald mit Antonia unter einem Dach leben.


    "Hast du deine Geschwister heute schon gesehen?" fragte ich unvermittelt und dachte wieder an die Stille heute Morgen, die so gar nicht zur Aufregung einer Hochzeit passen wollte.
    "Wie lange hast du eigentlich hier in Rom in der Villa Claudia gelebt, Antonia? War sie da auch schon so still? Ehrlich, ich war noch nie in einem Haus, in dem es so leise ist. Manchmal habe ich das Gefühl, alle seine Bewohner schweben lautlos ein paar Digitus über dem Fußboden, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es in einem bewohnten Haus tatsächlich ständig so ruhig sein kann."


    Ich grinste ein bisschen vor mich hin. Dass junge Frauen wie Epicharis und Priscilla über den Boden schwebten, konnte ich mir noch vorstellen, bei Verus und Sabinus würde es eher ein ständiges Auf und Ab sein. Aber den bodenständigen Menecrates konnte ich mir beim besten Willen nicht in die Luft erhoben vorstellen.

  • „Seit dem Frühjahr schon, sieh an.“
    Was die claudische Familie anging war Antonia nicht weiter informiert als das, was sie durch gelegentliche Treffen mit Epicharis erfahren hatte. Dort gewesen war sie wohl seit Jahren nicht mehr. Warum auch, die Flavier waren nun ihre ‚Haupt’familie, kaum etwas verband sie mit den verbliebenen Claudiern in Rom, sah man einmal von Nomen Gentile ab. Bis auf ihre beiden Brüder, von denen sie allerdings auch erst einen zu Gesicht bekommen hatte und dies lag wohl auch schon einige Zeit zurück, wie ihr in diesem Moment klar wurde.
    „Ja, an Unterhaltung mangelt es hier wahrlich nicht. Demnächst dürften ja auch wieder Ludi stattfinden. Die Ludi Romani, wenn ich den Kalender richtig im Kopf habe.“
    Ihr selbst waren Ludi meist eher ein Gräuel. Es war laut, es stank, Massen von Menschen um sie herum. Und dann sah man entweder ein paar Pferdewagen zu, die im Kreise fuhren oder verschwitzten Männern, die Zweikämpfe vollführten. Abweichungen gab es zwar immer, doch die gefielen der Claudia ebenso wenig, bevorzugte sie doch noch immer das Theater.
    Auf ihren Wohnort angesprochen erwiderte sie: „Ohja, direkt in Rom. In der Villa Flavia, wie die meisten der Familie, die in Italia weilen. Und wie Epicharis ab heute wohl auch.“
    Apropos Epicharis.. etwas rot-orange-weißes tauchte am Rande der Terasse auf und zog einen Moment lang meinen Blick auf sich.
    „Wenn man von der Hauptperson des Tages spricht.. Da kommt gerade die Braut. Wunderschön wie immer.“, stellte sie neidlos fest.
    Epicharis hielt sich jedoch zurück, wartete still und schien erst einmal die versammelte Meute in Ruhe überblicken zu wollen. Leise lächelte Antonia in sich hinein. Von hier aus besehen hatte sie recht gehabt. Ihre Großcousine schien zu strahlen und sich zu freuen, keine Spur von geballter Nervosität, wie es bei ihrer eigenen Hochzeit damals der Fall gewesen war. Da Gracchus gerade bei ihr ankam beschloss Antonia nicht auch gleich die Braut zu begrüßen und stattdessen vorerst ihre Unterhaltung mit Tucca fortzusetzen. Als Pronuba musste sie ohnehin den Rest des Tages Händchen halten, so sollten erst einmal die anderen Gäste Gelegenheit erhalten, die Aufregung zu schüren, damit Antonia vor der eigentlichen Eheschließung die erfahrene Matrone, die der jungen Verwandten beisteht, hervorholen konnte. Zumal sie, ehe sie die ganze Zeit würde herumstehen müssen, noch ein wenig den Komfort eines Sitzplatzes genießen wollte.
    „Meine Geschwister?“
    Sie runzelte die Stirn, sah sich einmal prüfend um, nur um festzustellen, dass nach wie vor lediglich drei Claudier anwesend waren, von denen zwei auf dieser Bank saßen. So schüttelte sie den Kopf, bis sie bemerkte, dass das ein recht sinnloses Unterfangen war.
    „Nein, noch nicht. Denkst du denn, sie werden überhaupt kommen? Bei mir haben sie sich in letzter Zeit zumindest recht rar gemacht. Ich dachte schon, sie hätten Rom bereits wieder verlassen.“
    Da ihr Vetter mit ihnen unter einem Dach lebte ging die Patrizierin davon aus, dass er diesbezüglich besser informiert wäre. Dass es unter diesem Dach auf einmal so still sein sollte entlockte ihr jedoch ein erneutes Stirnrunzeln.
    „Still sagst du? Hm.. es ist nun schon einige Jahre her, seit ich in der Villa Claudia lebte und sonderlich lange war es auch nicht. Wenige Monate, nicht einmal ein Jahr, glaube ich.“
    Nur zu gut erinnerte sie sich daran. Kaum war sie in der Stadt angekommen hatte ihr ihr Vetter Vitulus eröffnet, dass sie einen Flavier heiraten sollte. Und wenngleich sie versucht hatte es hinauszuzögern, war doch die Hochzeit viel zu schnell gekommen, hatte ihr ein Leben mit einem Mann beschert, der sie verachtete, wie sie glaubte. Mittlerweile entlockte ihr jedoch der Anblick ihres Gatten immer wieder verträumte Blicke, gepaart mit einem zufriedenen Lächeln, erinnerte er sie doch stets an das kleine Wesen, das derzeit vermutlich in der Villa Flavia friedlich schlief. Oder die Sklaven auf Trab hielt.
    „Damals war es allerdings nicht wirklich still, eher im Gegenteil. Die Villa platzte förmlich vor Leben. Sonderbar, dass es nun so anders ist. Aber ich denke, es wird daran liegen, dass viele der damaligen Bewohner nun nicht mehr hier sind.“
    Auf die ein oder andere Art aus Rom verschwunden.

  • "Das erging mir nicht anders während meiner Zeit als quaestor urbanus, Caius", erwiderte ich grinsend. "Danke für deine Glückwünsche." Ein wahres Durcheinander entstand darauf für einen kurzen Moment, hier wurde gegrüßt, dort Begrüßungsworte ausgetauscht. Ich war ernsthaft erleichtert, dass Celerina die Form wahrte und mich nicht vor aller Ohren Marcus nannte, ehe alles offiziell war, und darob war das Lächeln, welches ich ihr erwiderte, aufrichtig erfreut. Einige Sklaven liefen bereits mit Tabletts bewaffnet umher, und ich nahm mir einen Becher mit - so vermutete ich - verdünntem Wein.


    Kurz darauf kamen auch schon die ersten Soldaten in Sicht, ich selbst erkannte von den dort anwesenden Männern nur den Artorier wieder, denn mit er hatte damals am gleichen Kurs wie ich teilgenommen in der Akademie. Siv hielt sich derweil im Hintergrund, was ich zufrieden zur Kenntnis nahm. Allmählich lockerte sich das Grüppchen auf, der Bräutigam eilte seinen ehemaligen Kameraden entgegen, die junge Mutter einem mir unbekannten Mann, und Gracchus entschuldigte sich ebenfalls, sodass ich mich nunmehr bei Aquilius und Celerina stehend wiederfand, als gerade etwas Rotes durch die Blätter schimmerte und kurz darauf die Braut das Parkett betrat und grazil wie ein Schmetterling am Rande der Terrasse verharrte. Wie das Sonnenlicht auf ihren Schultern spielte und einer Korona gleich den roten Schleier umhüllte, wirkte sie mehr wie eine Nymphe denn wie ein sterbliches Wesen. Flüchtig blitzte etwas wie Neid in mir auf, doch mit einem kleinen Schluck Wein spülte ich ihn hinunter und betrachtete aus den Augenwinkeln Celerina. Sie würde doch sicher auch eine hübsche Braut abgeben, und das warme Strahlen der Mutterschaft, das Antonia innewohnte, würde auch sie erstrahlen lassen. Irgendwann. "Aristides ist wahrhaftig ein Glückspilz", sagte ich zu den beiden, mit Blick auf Epicharis.

  • [SIZE=6]Der Reihenfolge der ersten Begrüßung nach...oder so...[/SIZE]


    Bei all seinen Gästen, bei denen er allesamt Freude über ihr Erscheinen verspürte, fühlte sich Marcus weniger in ein steifes Korsett von Anstand und Etikette, steife formelle Reden und seltsam verschlungene Denkarten gepreßt, wenn er mit seinen Mitsoldaten sprach, die weit mehr von seinem Leben in den letzten Jahren geteilt hatten als alle andere Gäste in dem Garten, jeder seiner Verwandten eingeschloßen. Ehrlich und offen, direkt und unkompliziert, so mochte Marcus es, darum war sein Gesicht in jenem Augenblick gelöst, sein Lächeln einfach gutmütig und freundlich.
    „Es freut mich sehr, daß Du kommen konntest, Iulius. Und ich hege keinen Zweifel daran, daß Du und Imperiosus schon dafür Sorge tragen werdet, daß die Prima eine so gute Legion bleibt, wie sie in den letzten Jahren stets war.“
    Trotz der Umstände, die Marcus als nicht günstig für die Legion betrachtete, aber das war ein Thema, über das er sich an diesem Tag gewiß keine Sorgen machen würde. Marcus winkte einen Sklaven heran, der den Soldaten Erfrischungen brachte, gekühlten Wein für einen schon bereits recht warmen Tag.


    Ebenso freundschaftlich wie auch Imperiosus begrüßte Marcus seinen früheren Kameraden der Prima, den er erst richtig kennen lernen durfte, als dieser auch centurio geworden war, aber von Gleich zu Gleich ließ es sich nun mal leider manchmal leichter reden. Gefährliche Mission? Marcus mußte einen Augenblick darüber nachdenken und sah Imperiosus verwirrt an, welche der vielen meinte der Artorier? Die Schlachten bestimmt nicht, dann wohl eher die Einnahme der Stadt, durch deren Kanäle sie gekrochen sind, um die Tore von Innen zu öffnen. Ja, eine Nacht, die ihm durchaus auch in Erinnerung geblieben ist, wegen so vielen Dingen.
    „Ich bin erfreut, daß Du die Zeit einrichten konntest, centurio...“
    , erwiderte Marcus nach dem Gruß.


    „Und natürlich fühle ich mich ebenso geehrt über das Kommen Deiner wunderschönen Gattin.“
    Der er natürlich auch seine Aufmerksamkeit schenkte und das mit großer Freude, schließlich war es eine schöne Frau, die Imperiosus zu dem Fest begleitet hatte. Es war viel, was ihm an Casca auf den ersten Blick gefiel, angefangen von ihren angenehmen Gesichtszügen, den braunen, anziehenden Augen und den dunklen Haaren, aber auch die intelligente Ruhe, die sie ausstrahlte, vermochte Marcus als anziehend zu empfinden. Eine Frau in der vollen Blüte ihrer Schönheit und kein albernes, gackernde Junghühnchen mehr. Womöglich befand Marcus sie auch vom ersten Blick als sehr anziehend, da sie viel von dem ausstrahlte, was auch seine Mutter – insbesondere in ihren jungen Jahren - besaß und keine Frau der Welt war schöner und interessanter als natürlich seine eigene Mutter. Das Interesse und Wohlgefallen an der Erscheinung von Casca spiegelte sich einige Herzschläge lang deutlich in Marcus' Augen und seinem vielleicht zu freundlichen Lächeln wieder, ehe er einige Male blinzelte und versuchte, ein weniger interessierten Blick zu offerieren, selbst wenn eine Frau wie Casca es ihm nicht einfach machte – auch am heutigen Tag nicht.
    „Ich danke Dir, werte Valeria. Ja, dieser Garten ist auch der Ort, an dem ich um die Hand meiner Verlobte gefragt habe, vor dem Krieg in Parthia, darum haben wir den Garten für die Hochzeit gewählt, als eine Erinnerung an jenen schönen Tag.“
    Zumindest war der Tag in der Erinnerung schöner als vielleicht Marcus es am selbigen empfunden hatte, denn damals war er nicht sonderlich amused darüber gewesen, noch mal den Bund der Ehe einzugehen. Gerade wollte Marcus doch noch den Mund aufmachen, um vielleicht noch einige blumige, und vollkommen ernst gemeinte, Worte über die Anmut von Casca von sich zu geben, als er am Rande die Stimme von Avitus vernahm.


    Blinzelnd wandte sich Marcus dem näher kommenden zweiten artorischen Ehepaar zu und ein breites Grinsen trat auf Marcus zu, der in den Worten von Avitus nur eine launige Bemerkung sah und – weil Marcus eh immer vom Besten ausging – nichts Ernstes dahinter, oder gar Schlechtes, vermuten konnte, nein, das war völlig ausgeschloßen!
    „Salve, tribunus Artorius!“
    , grüßte Marcus den wohl einzigen Prätorianer bei der Garde, den er aufrichtig respektierte und ehrlich bewunderte, für dessen Leistung als Soldat und als Römer, ob er ihn anfangen sollte zu fürchten, darüber war sich Marcus selbst jetzt noch nicht ganz schlüßig, aber auch das würde wohl erst die Zeit erweisen. Die Frau an der Seite von Avitus warf doch Rätsel bei Marcus auf, war jener Mann verheiratet? Aber Marcus hatte nie sonderlich viel über das Privatleben von Avitus gewußt, hatte schon manchmal geglaubt, jener Mann lebte ausschließlich für den Dienst an das Imperium.
    Salve, werte Dame!“
    , grüßte Marcus auch die Gattin freundlich.
    „Es freut mich sehr, daß ihr meine Hochzeit mit eurer Anwesenheit beehrt.“
    Avitus würde die Frau sicherlich noch vorstellen, zumindest hoffte der neugierige Teil von Marcus darauf.


    Das Flüstern eines Sklaven lenkte ihn jedoch in dem Augenblick ab und Marcus sah in die Richtung, in der nicht nur der Sklave dezent deutete, sondern auch so manch ein Blick der Hochzeitsgesellschaft ging. Ein leuchtend roter Brautschleier stach zwischen all dem Grün hervor, wie eine besonders prächtige Blüte des Gartens. Der Wind spielte mit dem Stoff und verhüllte mal die fein geschnittenen Gesichtszüge seiner Braut, um sie gleich wieder zu offenbaren durch den zarten und durchsichtigen Stoff. Marcus blinzelte einige Momente und ein warmes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er seine schöne, filigrane Braut sah, aber auch gleichzeitig fing das unruhig herum wandernde Tier in ihm an wieder zu rumoren, denn wie Avitus es mit seinen Worten gemeint hatte, so empfand ein Teil von Marcus durchaus den heutigen Tag. Marcus richtete sich unter seiner toga etwas auf und holte Luft, um den ersten Schritt auf die Braut zu zu wagen, gleichsam ihm Gracchus schon – wie in vielen Dingen im Leben – bereits einen Schritt voraus war.

  • Zitat

    Original von Claudia Antonia


    Ein unscheinbares Rucken meines Kopfes kündete von meinem gesteigerten Interesse. Die Ludi Romani in Rom zu erleben würde sicherlich einer der Höhepunkte des Jahres werden. Bisher hatte ich noch nicht so weit voraus gedacht, doch nachdem Antonia es erwähnt hatte, wurde auch mir klar, wie weit das Jahr schon voran geschritten war.


    "Ah, die berühmten Ludi Romani! Ich hoffe, es wird ein Theaterstück gezeigt. Gladiatorenkämpfe und Wagenrennen sind für mich nicht ganz so spannend. Ich habe auch das Stück gesehen, das dein Mann ausgerichtet hat, zu den Megalesia war es doch, nicht wahr? Hat mir ganz gut gefallen."


    Die Braut lenkte mich von den Spielen ab. Natürlich bekam ich nicht viel von ihr mit, weil sie zu weit entfernt eingetroffen war. Aber ich konnte ihre Ankunft hören, Gespräche verstummten für einen Augenblick oder gingen in leises Raunen über. Was Epicharis wohl für eine Erscheinung war, dass sie so eine Reaktion hervorrief? Ich erinnerte mich an meine eigenen Hochzeiten. Philonicas Erscheinen hatte eine einschlagende Wirkung gehabt, ihr Crescendo bei der Ankunft im Atrium der Villa Volumnia hatte jedes Gespräch übertönt. Lenaea dagegen war in einem Hauch von Rosenduft erschienen.


    Von Epicharis gelangte meine Cousine zu ihren Geschwistern. Vermutlich hatten sich schon die ersten Gäste um die Braut gescharrt, so dass es wenig Sinn machte, sie jetzt ebenfalls zu bestürmen. Vielleicht würde ich mich später einfach Antonia anschließen, denn welche bessere Möglichkeit gab es? Merkwürdigerweise schien Antonia ihre Geschwister nicht zu erwarten und lieferte auch gleich den Grund für diese Erwartung.


    "Dass Verus und Sabinus Rom verlassen hätten, wäre mir neu. Zumindest Verus hatte große Pläne bezüglich seiner politischen Karriere und wollte hier damit beginnen. Und Prisca", ich drehte meine Stock zwischen den Händen. "Wer weiß. Um ehrlich zu sein habe ich alle drei tatsächlich schon eine Weile nicht mehr gesehen habe. Ich sage dir, diesbezüglich ist das Leben in der Villa Claudia hier in Rom wirklich merkwürdig. Als würde das Haus seine Bewohner verschlucken und nur ab und zu wieder herausspucken."


    Ich zuckte leicht mit der Schulter. Immerhin hatte sich andererseits noch nie jemand beschwert, dass ich zu laut wäre. Es hatte also vielleicht auch Vorteile, wenn nie jemand da war.


    'Dass viele der damaligen Bewohner nun nicht mehr hier sind.' Es war ein merkwürdiger Satz, da wir beide wussten, dass die meisten nicht mehr nur nicht hier, sondern gänzlich weg waren. Und viele waren unsere Geschwister oder Cousinen und Vettern gewesen, dabei waren wir selbst eigentlich noch gar nicht so alt. Meine Brüder hatten alle in Rom ihr Glück gesucht, und jetzt waren sie tot. Ich hoffte nur, dass das nicht an Rom lag, denn Langeweile hin oder her, ich hatte nicht vor, allzu bald zu sterben. Eigentlich hatte ich auch an einem Tag wie diesem nicht vor, darüber nachzudenken, weshalb ich versuchte, das Thema zu wechseln.


    "Kennst du eigentlich den Mann, den Epicharis heiratet? Ist er eine gute Partie?"


    Mich interessierten weniger seine Beziehungen als mehr, ob er für Epicharis zu ertragen sein würde. So deutlich wollte ich allerdings nicht fragen, weil ich mir nicht sicher war, worauf Antonia mehr wert legte. In unserer Familie ging es meist mehr um die Beziehungen als um die Personen, und eine andere Ansicht dessen wurde nicht gern gehört.

  • Antonias Blick flackerte für einen Moment, offenbarte ein vorfreudiges Glänzen, das dem kundigen Beobachter verriet, dass Tucca sich bei seiner Verwandten nun äußerst beliebt gemacht hatte.
    "Oh, das hoffe ich auch. Ich liebe das Theater. Sollte tatsächlich ein Stück aufgeführt werden, können wir uns ja einmal zu einem Theaterbesuch verabreden."
    Die Erwähnung von 'Kresh', eben jenem Stück, das ihr Gatte ausgerichtet hatte, rief einige Erinnerungen an weniger gute Zeiten wach, die jedoch von einer feindlichen Übermacht gutgelaunter Hormone schnell zurückgedrängt wurden. Die Claudia war sich indes natürlich nicht bewusst, dass sie bei jenem Theaterstück nur eine Reihe vor ihrem Vetter gesessen hatte. Ebenso wenig wusste sie, dass der Claudius eben jenem Flavius, der heute heiratete, mit seinem Schuhwerk ein wenig zu Leibe gerückt war.
    "Das wird ihn sicher freuen zu hören. Ich stelle euch nacher einmal vor. Ihr kennt euch ja, soweit ich weiß, noch nicht."
    Ob es ihrem Gatten überhaupt recht sein würde? Schließlich mied er nach wie vor die Öffentlichkeit, war sein Sprachvermögen doch noch immer andere als gänzlich - oder auch nur halb - wieder auf der Höhe. Auf jemanden, der lediglich die Sprache als Anhaltspunkt für einen ersten Eindruck seines Gegenübers hatte, würde er sicher befremdlich wirken. Daher hielt sie es für angebracht, ihren Vetter vorzuwarnen.
    "Allerdings sollte ich dir vielleicht vorab sagen, er.. nun, er erkrankte vor geraumer Zeit schwer. Seither hat er gewisse.. Probleme mit der Aussprache von Worten und Sätzen. Wundere dich also nicht, sollte er ein wenig, sagen wir, stottern."
    Dass er ebenso beim nachvollziehen langer und komplizierter Sätze anderer Schwierigkeiten hatte wusste die liebende Gattin nicht und tat dies daher auch nicht kund. Zumindest schien es über die Monate langsam besser zu werden. Ein schwacher Trost, sowohl für ihn, als auch für sie selbst.


    Das Thema kehrte zurück zur claudischen Familie im Allgemeinen und ihren Geschwistern im Besonderen. Wie gut hatte sie noch im Gedächtnis als sie all ihre Geschwister für tot gehalten hatte. Die Letzte ihres Zweiges der Familie wäre sie damit gewesen. Die Letzte, die bis dato auch noch kinderlos geblieben war. Jenes Problem hatte sich glücklicherweise zwischenzeitig gleich mehrfach gelöst. Zum einen durch das plötzliche Wiederauftauchen ihrer Geschwister, zum anderen durch die Beseitigung der Kinderlosigkeit.
    "Hm, wenn sie noch in Rom sind, wie du sagst und Verus plant in die Politik zu gehen, wäre es sträflich von ihnen nicht hier zu erscheinen. Wo lassen sich schließlich bessere Kontakte knüpfen, als auf solchen Feiern?"
    Es sollte indes nicht ihre Sorge sein. Tauchten sie auf, so war es gut, wenn nicht, hatten sie eine Chance verpasst. Sie waren wohl alt genug, um selbst zu wissen, was richtig für sie war.
    "Dennoch ein Jammer. Ich habe dieses Haus in so lebendiger Erinnerung, dass ich mir gar nicht recht vorstellen kann wie es dort ist, wenn nirgendwo auch nur ein wenig Leben herrscht."


    Glücklicherweise schob ihr Verwandter das allzu betrübliche Thema schnell beiseite und kam auf Aristides zu sprechen. Antonia erinnerte sich noch gut an ihre erste Begegnung. Ein Charmeur, ein Frauenheld wie er im Buche stand. In manchen Dingen völlig unpatrizisch, doch er war wohl einer der wenigen, dem sie dies mit einem gutmütigen Lächeln nachsah.
    "Ohja, er diente zwar lange Zeit in der Legio I., zwischenzeitlich war er allerdings immer wieder in der Villa seiner Familie in Rom. Er machte Epicharis vor den Partherfeldzügen einen Antrag, soweit ich weiß. Als Centurio war er dort dabei, stell dir vor. Ein flavischer Centurio. Lange Zeit glaubten wir, er sei tot - eine Falschmeldung in der Acta."
    Sie verdrehte die Augen. Glücklicherweise hatte sich schließlich alles aufgeklärt.
    "Ob er eine gute Partie ist.. nunja, er ist ein Flavier."
    Ausgesprochen, als wäre das bereits eine Garantie für eine glänzende Zukunft rief sie sich die unrühmlicheren Vertreter dieser Gens ins Gedächtnis. Ein kalter Schauer durchfuhr sie, war dies doch ein Thema, das in der Villa niemals angesprochen werden durfte, wollte man einen Krach vermeiden.
    "Er ist ein grundehrlicher, liebenswerter Mann, soweit ich das beurteilen kann. Ich bin sicher, er wird Epicharis jederzeit auf Händen tragen und ihr jeden Wunsch erfüllen. Um genau zu sein, ich bin mir sicher, dass die beiden das glücklichste Paar werden, das dieses Imperium jemals gesehen hat. Und zumindest in dieser Hinsicht ist er wohl eine gute Partie, ja."
    Und in ihrer Vorstellung von den beiden war dies tatsächlich so. Epicharis und Aristides, jenes perfekte Paar, das sich gesucht und gefunden zu haben schien. Die einzige Befürchtung, die die Claudia hegte, der einzige Wermutstropfen, betraf Aristides' Mutter. Ein fürchterlicher Drachen, der ihrer jungen Verwandten sicherlich das Leben nicht allzu leicht machen würde. Sei es direkt, oder indirekt durch Aristides selbst, der jene schreckliche Person über alle Maßen verehrte. Doch dies blieb, wie so vieles an diesem Tag, unter dem Deckmantel eines freudigen Ereignisses verborgen und würde noch früh genug ans Tageslicht kommen.

  • Viele Flavier also, das wusste Epicharis allerdings bereits. Die meisten der Flavier kannte sie schließlich schon. Interessanter wäre es gewesen, zu erfahren, wer die Soldaten waren, aus welchen Familien sie stammten und wer der Mann bei Antonia war. Doch sie wollte die fleißige Fiona an diesem Tage nicht tadeln, und so bedankte sie sich artig und rätselte weiter im Stillen, wen ihr Zukünftiger wohl noch so alles eingeladen hatte. Sie selbst hoffte ja, dass Aelia und ihr Mann noch erscheinen würden, denn eine Absage hatten sie nicht geschickt, eine Zusage indes ebensowenig. So hoffte sie wie eh und je stets auf das Gute.


    Und postwendend kam es, das Gute, in Gestalt von Gracchus. Von dessen frischem Vaterglück hatte sie bisher nichts gehört, und Antonia stand im falschen Winkel zu ihr, und so hegte sie keinerlei Vermutung in diese Richtung. Während Gracchus immer näher kam, ward Epicharis' Lächeln stets noch fröhlicher. In keinster Weise war sie auf die blumigen Worte des Flaviers gefasst, obwohl sie doch erwartet hatte, dass er sich wie immer gewählt und höflich ausdrückte. Seine Worte jedoch, die reinste Übertreibung waren, ließen sie augenblicklich erröten, und zum ersten Mal an diesem Morgen war Epicharis dankbar, dass der rote Schleier ihre Wangen verdeckte. Ihr blieben die netten Begrüßungsworte im Halse stecken, so sprachlos sah sie sich ihm gegenüber. Und auch wenn sie das niemals zugegeben hätte, so hätte sie Gracchus noch stundenlang weiter so sprechen hören können. Sie mochte diese poetische Ader an ihm, die Kreativität, die aus ihm sprühte, und sie nahm es den Göttern krumm, dass sie ihm seine Eloquenz vergällt hatten. "Oh, ich.... Gracchus", stammelte sie ein wenig matt und legte ergriffen ihre zarte Hand auf das schmucke Dekollettée, die Geste gepaart mit einem Wimpernschlag. "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, so viele der Komplimente..." Und das war die Wahrheit. Epicharis war hellauf begeistert von Gracchus' Wortwahl, wiedereinmal, zumal sie selbst der Grund dieser Poesie gewesen war. Ihr Herz tat einen Hüpfer und sie seufzte in Sympathie. Was Gracchus sicher nicht ahnte war, dass er nur ganz knapp an einer Umarmung vor allen Anwesenden vorbeischipperte. Epicharis befand sich gerade im entsprechenden Gemüt, doch allein ihre Erziehung hatte sie zurückgehalten und den Wunsch nach einer Umarmung in eine vertraute Berührung seines Unterarmes abgemildert. "Vielen Dank, lieber Gracchus! Ach, es freut mich so, endlich ist der Tag gekommen. Und wie schön, dass du dabei sein kannst. Es geht dir doch gut?"


    Nur mühsam konnte sie kurz den Blick von dem Flavier reißen, um sich nach einem anderen Flavier umzusehen. Aristides war stets leicht auszumachen, und so fiel es Epicharis leicht, ihren Bräutigam zu erspähen. Seine Erscheinung wirkte erhaben, er selbst schien zu blühen wie das Leben selbst. Und doch stand er bei seinen Soldatenbrüdern und wollte nicht recht in ihre Mitte passen, das fiel Epicharis sofort auf. Er sah sie an, und sie lächelte zurück, gar nicht daran denkend, dass er vielleicht nicht sehen konnte, wie sie lächelte, des Schleiers wegen. Aber sie sollte sich nun wohl zu ihm begeben. "Möchtest du mich zu Marcus geleiten?" fragte sie Gracchus strahlend und machte bereits Anstalten, ihre Hand entsprechend so zu positionieren, dass er sie mit Leichtigkeit würde führen können. "Fiona? Minna? Ich würde gern etwas trinken, aber keinen Wein. Ihr dürft euch auch ruhig etwas umsehen." Viele der Gäste hatten Sklaven mitgebracht, da würden sie sicher die ein oder andere Bekanntschaft machen können.

  • "Aristides hat sich eine hübsche und liebenswerte Braut ausgesucht," sagte ich, während mein Blick dem roten Farbtupfer hinterherhuschte, von dem ich wusste, dass es Epicharis sein musste. Keine andere Frau würde es wagen, an diesem Festtag rot zu tragen, wenn sie nicht die Braut selbst, die Familie der Braut und die Familie des Bräutigams brüskieren wollte, und dergleichen Fehlverhalten war dann doch eher der Zeit Messalinas zuzurechnen denn unserer Gegenwart. Zudem, welche Frau wäre auch so dumm gewesen, eine Braut aus guter Familie vorsätzlich zu verärgern? Irgendwann heiratete man selbst schließlich auch wieder, oder begleitete eine Freundin und Verwandte zur Hochzeit, und egal wie es im Inneren aussehen mochte, nach außen hin versuchte man doch stets den Schein eines Freudenfestes zu wahren.


    "Aber ich denke, auch Epicharis kann mit Aristides als Gemahl zufrieden sein. Er hat sich als Soldat ausgezeichnet und ist eheerfahren, zudem ein prächtiger Mensch und ein guter Freund, ich wüsste nichts, was einer glücklichen Ehe dieser beiden entgegen sprechen würde. Ein wenig mehr Leben in der villa Flavia ist nicht verkehrt. Aber ein bisschen trage ich es meinen Vettern schon nach, dass sie mich so schmählich als Unverheirateten im Stich lassen." Diese Worte sprach ich mit einem belustigten Schmunzeln auf den Lippen, ernstlich böse war ich keinem der beiden, und ich hätte die Sache mit Prisca auch beschleunigen können, wäre es mir um eine schnelle Ehe gegangen - aber das tat es nicht, mir war es wichtiger, dass man miteinander zurecht kam, und solches ließ sich selten aus einem Ehevertrag herauslesen. Es wurde voller, und gewiss würde der Hauptakt nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen - danach konnte ich mich dann endlich in aller Ruhe betrinken.

  • Dass Epicharis ein wenig verlegen der Worte war, schob Gracchus auf die allgemeine Aufregung des Tages, denn obgleich sie sicherlich darob wusste, welch vorzüglichem Manne sie wurde an die Seite gestellt, so war dies dennoch ein Ereignis, welches große Veränderung für die junge Claudia barg. Das Lächeln auf Gracchus' Gesicht wuchs, ehedem er den Kopf in Andeutung eines leichten Nickens senkte.
    "'s geht mir ... gut. Ant'nia ... wir ... wir hab'n ... ein'n Sohn. Ma..nius Mino'. Er wir' di'h ... mor..gen frü' in ... der Vi..lla be..grüß'n."
    Ein Glimmen von Stolz leuchtete auf in Gracchus' Augen und jene Freude, welche seit der Geburt seines Sohnes ihn in ihren Fängen hielt, war deutlich ihm anzusehen. Er folgte Epicharis' Blick zu Aristides hin, verneinte jedoch ihre nachfolgende Frage.
    "Es bri'gt Ungl'ck, ... zwi..sch'n Brau' und Bräut'..gam zu st'h'n."
    Die Modulation seines Tonfalles, der ohnehin ob der Zerstückelung nicht gänzlich genau zu bestimmen war, ließ nicht erahnen, ob er dies in scherzhaftem Ansinnen oder tatsächlich ernst meinte, und das sublime, verschmitzte Aufblitzen in seinem Blick war in der Bewegung seines Kopfes verloren, mit welchem er auf den Haruspex im Hintergrund wies.
    "I'h muss no'h ... mit d'm ... H'r'sp ... H'''sp ... "
    Er konnte ihn deutlich vor sich sehen, den Haruspex, in einer sanften Schwingung vom H über a, r und u, zum doppelt bindenden s und dem dahinpeitschenden pex, er klang scharf in seine seinem Kopf nach, zwei mal gar, doch seine Kehle weigerte sich hartnäckig, dem etruskischen Divinator seinen Titel zu gewähren. Für einen marginalen Augenblick schloss Gracchus die Augen, suchte in seinem Inneren einen Schalter, der Umzulegen all seine Probleme würde lösen, doch letztlich fand er nur unzulänglichen Ersatz.
    " ... mit dem Ein..g'weid'..lese' spre'hen."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Zitat

    Original von Claudia Antonia


    Ich nickte. "Ein gemeinsamer Theaterbesuch wäre mir eine Freude. Ich hoffe immer noch auf eine Vorstellung im Theater des Pompejus, die Akustik soll dort noch besser als im Marcellustheater sein. Andererseits wirkt sich das vermutlich vorwiegend auf die hinteren Reihen aus, und das muss uns schließlich nicht interessieren."


    In den ersten Reihen war die Akustik beinahe in jedem Theater gut und Patrizier saßen nun einmal immer in den ersten Reihen. Wenn ich dann nicht so ein Plapperkopf wie bei den letzten Megalesia vor mir hatte, hatte ich in kaum einem Theater Schwierigkeiten dem Geschehen auf der Bühne zu folgen.


    "Deinen Ehemann kenne ich noch nicht, nein. Aber ich bin schon sehr gespannt, ich habe sogar in Ravenna von ihm gehört. Was man in der Acta Diurna eben so lesen kann und das ist immerhin etwas. Ich habe hier in Rom festgestellt, dass es mehr Senatoren gibt, von denen man außerhalb Roms nie irgendetwas hört, als solche, bei denen mir zumindest der Name etwas sagt. Ich werde mich natürlich bemühen, nicht allzu erstaunt drein zu blicken, wenn er anfängt zu reden."


    Den meisten körperlichen Beeinträchtigungen maß ich kaum Bedeutung bei, genauso wenig wie dem optischen Erscheinungsbild. Denn beides bemerkte ich von selbst sowieso nicht und auch wenn man mich darauf hinwies, konnte ich oft nicht nachvollziehen was daran besonders oder besonders abschreckend war. Das umfasste alles mögliche, von einer schiefen Nase oder Segelohren, über ein ebenmäßiges Gesicht, einen besonders kurvenreichen weiblichen Körper (der mich natürlich schon interessierte, allerdings erst dann, wenn es an den körperlichen Kontakt ging), bis hin zu sichtbaren Entstellungen. Stottern bildete hierbei eine Ausnahme, denn das war etwas, was ich vielleicht sogar mehr als andere wahrnahm. Bedeutung maß ich dem allerdings trotzdem keine bei, denn ich wusste sehr genau, dass eine körperliche Beeinträchtigung einen Menschen keinesfalls geringwertiger machte. Es macht ihn anders, individuell - und damit genau so gleich wie alle anderen.


    "Kennst du viele von den anwesenden Gästen? Ist denn sonst schon jemand von unserer Familie da, von der Braut einmal abgesehen?"


    Karriere fördernde Kontakte brauchte ich zwar keine, aber interessante Menschen lernte ich immer gern kennen. Und wo gab es schon interessantere Menschen als in Rom? Flavius Aristides hörte sich auch nach einem interessanten Menschen an. Ein patrizischer Centurio war in der Tat bemerkenswert. Entweder scherte er sich nicht um Standesdenken oder er hatte irgendetwas falsch gemacht. Aber Antonia hatte natürlich recht, aufgrund seiner Familie war er auf jeden Fall eine gute Partie. Und aus Epicharis' Sicht hörte er sich immerhin auch ganz passabel an.

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