Es war ein Tag zum Eier legen. Sofern man jene Fähigkeit besaß. Antonia tat dies nicht, so musste sie sich anderweitig beschäftigen. Es waren in letzter Zeit einige Dinge liegen geblieben, Dinge, die sie zuvor mit Hingabe und Eifer erledigt hatte: Tabellen, Zahlen, Verwaltungsarbeit.
Um das Nötige mit etwas Angenehmem zu verbinden hatte sie jedoch nicht wie üblich in ihrem Cubiculum Wachstafel auf Wachstafel gestapelt, um schließlich Stunde um Stunde am Schreibtisch zu sitzen und mit Geldbeträgen zu jonglieren, die eine plebejische Familie wohl zehn Jahre über Wasser gehalten hätten. Nein, heute hatte es sie nach draußen gezogen, in den flavischen Hortus. Umrahmt von süß duftenden Hyazinten, Lupinen, Rosen, Dahlien, Heliantus und unzähligen weitere Blüten war ein Tischchen sowie ein Korbsessel samt Fußschemel aufgestellt worden. Auf dem Tisch selbst ragte ein kleines Türmchen aus Wachstafeln und Schriftrollen empor, warf angesichts der Mittagszeit jedoch nur einen kurzen Schatten. Einen großen Schatten hingegen warf der Sonnenschutz, welcher über dem Sitzplatz gespannt worden war. Antonia wollte schließlich frische Luft atmen, nicht braun werden.
Und inmitten dieser malerischen Szenerie hatte die Claudia sich niedergelassen. Doch freilich nicht alleine. Neben dem obligatorischen Sklaven, der sich, anders als seine Herrin, auf den Boden und in die pralle Sonne gepflanzt hatte und der Sklavin, welche es ihrem Kollegen gleich getan hatte, schaute ein weiteres Wesen neugierig die bunte Farbenpracht an, die von allen Seiten Aufmerksamkeit einforderte. Der kleine Manius Gracchus saß auf dem Schoß seiner Frau Mama, starrte alles und doch nichts um sich herum an, gab glucksende Laute von sich und machte jeden Plan, die Buchführung auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen, zunichte. Es gab Schlimmeres, befand Antonia und ließ sich nur zu gerne Ablenken.
„Blume.“, erklärte sie dem Säugling und deutete auf einen quietschgelben Vertreter seiner Art. Auch nur zu erwarten, das Kind würde verstehen was sie sagte und gar die Worte nachsprechen war lächerlich. Die Sklaven wussten das, Antonia wusste das und doch deutete sie auf allerlei Gegenstände und nannte ihren Namen. Gracchus Minor schien es egal zu sein, er erfreute sich an der ihm geschenkten Aufmerksamkeit – von der er ohnehin mehr als genug bekam – und verzog im Gegenzug dafür ab und an sein Gesicht. Etwas, das seine Mutter umgehend als Lächeln interpretierte und jedes Mal erneut in Freudentaumel ausbrach.
Ganz abgesehen davon, dass sie ununterbrochen versuchte, dem Kind gewisse Gesichtspartien ihres Mannes und andere wieder ihr selbst zuzuordnen. Hatte er einen Tag die Augen von Gracchus Maior, bekam er am nächsten Tag die Ohren ihres Vaters und den Mund von Antonia selbst verpasst.
Wer mag ist herzlich eingeladen sich dazu zu gesellen