Hortus| Wie man plant und denkt, kommt es nie

  • Es war ein Tag zum Eier legen. Sofern man jene Fähigkeit besaß. Antonia tat dies nicht, so musste sie sich anderweitig beschäftigen. Es waren in letzter Zeit einige Dinge liegen geblieben, Dinge, die sie zuvor mit Hingabe und Eifer erledigt hatte: Tabellen, Zahlen, Verwaltungsarbeit.
    Um das Nötige mit etwas Angenehmem zu verbinden hatte sie jedoch nicht wie üblich in ihrem Cubiculum Wachstafel auf Wachstafel gestapelt, um schließlich Stunde um Stunde am Schreibtisch zu sitzen und mit Geldbeträgen zu jonglieren, die eine plebejische Familie wohl zehn Jahre über Wasser gehalten hätten. Nein, heute hatte es sie nach draußen gezogen, in den flavischen Hortus. Umrahmt von süß duftenden Hyazinten, Lupinen, Rosen, Dahlien, Heliantus und unzähligen weitere Blüten war ein Tischchen sowie ein Korbsessel samt Fußschemel aufgestellt worden. Auf dem Tisch selbst ragte ein kleines Türmchen aus Wachstafeln und Schriftrollen empor, warf angesichts der Mittagszeit jedoch nur einen kurzen Schatten. Einen großen Schatten hingegen warf der Sonnenschutz, welcher über dem Sitzplatz gespannt worden war. Antonia wollte schließlich frische Luft atmen, nicht braun werden.
    Und inmitten dieser malerischen Szenerie hatte die Claudia sich niedergelassen. Doch freilich nicht alleine. Neben dem obligatorischen Sklaven, der sich, anders als seine Herrin, auf den Boden und in die pralle Sonne gepflanzt hatte und der Sklavin, welche es ihrem Kollegen gleich getan hatte, schaute ein weiteres Wesen neugierig die bunte Farbenpracht an, die von allen Seiten Aufmerksamkeit einforderte. Der kleine Manius Gracchus saß auf dem Schoß seiner Frau Mama, starrte alles und doch nichts um sich herum an, gab glucksende Laute von sich und machte jeden Plan, die Buchführung auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen, zunichte. Es gab Schlimmeres, befand Antonia und ließ sich nur zu gerne Ablenken.
    „Blume.“, erklärte sie dem Säugling und deutete auf einen quietschgelben Vertreter seiner Art. Auch nur zu erwarten, das Kind würde verstehen was sie sagte und gar die Worte nachsprechen war lächerlich. Die Sklaven wussten das, Antonia wusste das und doch deutete sie auf allerlei Gegenstände und nannte ihren Namen. Gracchus Minor schien es egal zu sein, er erfreute sich an der ihm geschenkten Aufmerksamkeit – von der er ohnehin mehr als genug bekam – und verzog im Gegenzug dafür ab und an sein Gesicht. Etwas, das seine Mutter umgehend als Lächeln interpretierte und jedes Mal erneut in Freudentaumel ausbrach.
    Ganz abgesehen davon, dass sie ununterbrochen versuchte, dem Kind gewisse Gesichtspartien ihres Mannes und andere wieder ihr selbst zuzuordnen. Hatte er einen Tag die Augen von Gracchus Maior, bekam er am nächsten Tag die Ohren ihres Vaters und den Mund von Antonia selbst verpasst.



    Sim-Off:

    Wer mag ist herzlich eingeladen sich dazu zu gesellen ;)

  • Sim-Off:

    Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen! ;)


    Um nicht den ganzen Tag in meiner Kammer verbringen zu müssen, entschied ich mich, hinaus zu gehen. Die frische Luft tat mir gut und wenn ich mich etwas im Schatten aufhielt, dann konnte auch die Sonne mir nicht viel anhaben. Ich zog es vor, mich in den versteckten Winkeln des flavischen Gartens aufzuhalten, damit ich niemandem Anlass dazu gab, sich über meine Anwesenheit zu beschweren. Mit meinem Schwangerenbauch konnte ich sowieso keine großen Sprünge mehr machen. Mein Rücken schmerzte unentwegt und sobald ich einige Schritte getan hatte, musste ich mich ausruhen. Ich kam mir vor, wie eine alte Frau! Cungah predigte mir immer, Schwangersein ist keine Krankheit! Schwangersein ist ein Zustand und der geht nach neun Monaten vorbei! Hoffentlich hatte sie da recht! Mittlerweile bezweifelte ich das fast schon.
    So ging ich also im Garten spazieren. Als ich wieder einmal pausieren musste fiel mir, etwas abseits von meinem Platz aus, diese Szenerie auf. Ein gespanntes Sonnensegel, ein Tischchen, ein Korbsessel, zwei auf dem Boden sitzende Sklaven und die Dame des Hauses, Claudia Antonia! Auch wenn ich sie in der Zeit, seitdem ich hier war, sie kaum zu Gesicht bekommen hatte, hatte ich natürlich von der Geburt ihres Kindes gehört. Spätestens ein Tag danach hatte es die Runde unter der Sklavenschaft gemacht. Sie hatte alles schon hinter sich, die ganze Geburt, die Wehen und alles was dazu gehörte. Ich hingegen machte mir mehr Sorgen um die Geburt selbst, als um das Kind, das ich zur Welt bringen würde. Nur selten, eigentlich fast gar nicht, hatte ich an die Zeit danach gedacht, wenn das Kind endlich da war. Wie es wohl aussehen mochte, mein Kind?
    Ich wusste nicht, warum ich näher an ihren Sitzplatz herangetreten war. Vielleicht um nachzusehen, ob sie ihr Kind mit dabei hatte. Wenn das so war, konnte ich es vielleicht sogar auch einmal sehen. Eigentlich wollte ich es ja vermeiden, dass jemand mich sah. Aber wenn sie jetzt aufsah, denn erblickte sie mich, wie ich neugierig nach ihr und dem Kind Ausschau hielt.

  • Sim-Off:

    Nicht im Geringsten ;)


    Was hatte sie nur früher den ganzen Tag getan, als noch kein Kind da war, das ihr von Morgens bis Abends im Kopf herumspukte? Es war lange nicht so spannend, dessen war Antonia sich sicher. Und hatte sie in den Tagen, in denen sie das Bett hüten musste auch bedauert, dass ihr kleiner Sohn nun von ihr getrennt, fernab in seiner Wiege war, die Trauer hierüber war schnell vergessen.
    Der kleine Manius schließlich war es, der Bridhe zuerst entdeckte. Die beiden anderen Sklaven hatten die Augen geschlossen und genossen die Sonne, bemerkten daher nichts und Antonia hatte wohl seitdem sie hier saß nichts anderes mehr angesehen als den Knirps. Doch jetzt riss auch sie ihren Blick los, aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnehmend.
    Irgendwo hatte die Claudia jene Sklavin bereits einmal gesehen, sie wusste es genau. Stumm musterte sie die Keltin, deren Zustand mehr als offensichtlich war. Eine schwangere Sklavin war beileibe nichts Ungewöhnliches, doch für eine Frau die erst kürzlich jenes Schicksal geteilt hatte, rief dies eine gewisse Geschlechtersympathie hervor, wenngleich die Patrizierin sonst nicht viel mehr als bewegliche Möbelstücke in ihren Sklaven sah. Aquilius‘ Sklavin, so glaubte sie sich zu erinnern. Ob er der Vater war?
    Ihr Interesse war geweckt. Ebenso wie das Interesse der Sklavin an ihr und ihrem Nachwuchs geweckt zu sein schien. Als junge Mutter ein williges Opfer für bewundernde und neugierige Blicke aller Art, welche durchaus schmeichelhaft waren, hob sie schließlich eine Hand und winkte die Sklavin heran.
    „Wie ist dein Name?“, fragte sie, Klein-Manius wieder mit beiden Händen festhaltend, der für einen Moment seine strahlend blauen Babyaugen auf den Neuankömmling richtete, doch ob der Reizüberflutung in diesem Eckchen schnell wieder etwas anderes fand, das bestaunt werden wollte. Zu schade, wie Antonia fand, dass das Kind jene Augenfarbe nur zu schnell wieder verlieren und sich der seiner Eltern anpassen würde – sowohl Gracchus als auch Antonia hatten braune Augen.

  • Sie hielt das Kind in Händen. Das konnte ich jetzt sehen. Oh, wie schön das sein musste, den süßen kleinen warmen Körper seines eigenen Kindes so nah bei sich zu haben. Das weckte in mir die Vorfreude auf mein eigenes Kind. Ich lächelte in mich hinein, als ich diese harmonische Bild von Mutter und Kind sah und vergaß für eine Weile alles um mich herum, auch dass ich eigentlich gar nicht hier sein sollte, um die Claudierin anzugaffen.
    Ich sehnte den Tag herbei, an dem es auch endlich für mich soweit war. Es konnte nicht mehr lange dauern. Wenn man so wollte, konnte es jeden Tag so weit sein. Wenn ich doch nur nicht solche Angst vor der Geburt an sich gehabt hätte! Fast jeden Tag betete ich jetzt zu Brigid, sie möge mir und auch meinem Kind beistehen. Das half mir und gab mir wieder Hoffnung und Kraft.


    Im Gegensatz zu seiner Mutter, reagierte das Baby auf mich. Es schien mich zu sehen, was allerdings praktisch unmöglich sein musste, denn Neugeborene konnten doch noch gar nicht so gut sehen. Vielleicht sah es meinen Umriss oder vielleicht spürte es auf eine sonderbare Weise das Kind in meinem Bauch. Gleich was es war, doch dadurch wurde auch die Mutter des Kindes auf mich aufmerksam. Sie hob ihren Blick und sah mich an. Ich spürte sofort ihren Blick auf mir.
    Sie sagte vorerst nichts und auch ich riss meinen Blick von dem Kind los. Das verträumte Lächeln war auch gewichen. Etwas in mir sagte, ich sollte jetzt von hier so schnell wie möglich verschwinden, bevor ich von ihr weggeschickt wurde. Aber dann winkte sie mich auch schon zu sich und fragte mich schließlich nach meinem Namen. Jetzt konnte ich nicht mehr verschwinden. Dafür war es zu spät! Ich trat näher und beantwortete ihre Frage.


    Mein Name ist Bridhe, domina.


    Sie hielt ihr Kind wieder ganz fest. Jetzt konnte ich es noch besser sehen. Es war so niedlich! Das Baby hatte noch immer die blauen Augen der Neugeborenen. Wahrscheinlich würde sich das bald ändern.
    Ich fragte mich, welche Augenfarbe mein Kind haben würde. Würde es blaue Augen haben, so wie ich oder braune, so wie sein Vater?

  • Der kleine Manius untermalte die entstehende Unterhaltung mit gurgelnden Lauten, schien sich auf irgendeine Art einbringen zu wollen. Oder bemerkte er nur, dass er nicht mehr gänzlich Mittelpunkt des Geschehens war und forderte seinen Anteil an mütterlicher Aufmerksamkeit ein? Was auch immer es verursachte, es hielt an und so vermischte sich das Singen der Vögel mit der leisen Stimme eines Kindes.
    Es war erstaunlich, wie sehr sich ein Mensch im Laufe der Jahre verändern konnte. Vor ihrer Ehe war Antonia ein hochmütiges, vielleicht auch etwas verzogenes Kind gewesen, das alles und jeden um sich herum als minderwertiger als sie selbst es war ansah. Während jener Ehe schließlich war sie verschlossen geworden, völlig in sich gekehrt und dennoch gierend nach Zuwendung. Und nun saß sie hier, ziemlich das genaue Gegenteil von allem, was sie bislang gewesen war. Vielleicht würde sie, wenn die Zeit voranschritt, wenn sie aufs Neue Wort um Wort ihres Gatten missverstand wieder werden wie sie zuvor war. Doch jetzt und hier war sie äußerst gnädig und durchaus versöhnlich mit der Welt im Allgemeinen gestimmt.
    „Bridhe.“, wiederholte sie schließlich den Namen der Sklavin, den Blick kurz von ihr abwendend, um ein kurzes Zucken um Manius‘ Mundwinkel zu erspähen. Ein äußerst dämliches Lächeln, welches wohl nur Frischverliebten und jungen Eltern zu Eigen war stahl sich in ihr Gesicht als sie letztlich doch wieder die Schwangere ansah. Allzu lange konnte es nicht mehr dauern, bis ihr Kind kommen würde, jedenfalls sah es sehr danach aus. Oh, wie gut erinnerte sie sich an geschwollene Füße, an Übelkeit und Stimmungsschwankungen. Gewiss war auch eine Sklavin davor nicht gefeit.
    „Pallas!“, wandte sie sich an einen der am Boden sitzenden Sklaven.
    Dieser erschrak sichtlich, war aus seinen Gedanken gerissen worden, stand umständlich vom Boden auf und sah zunächst erstaunt Bridhe und schließlich seine Herrin an.
    „Domina?“
    „Hol einen Stuhl.“
    „Äh.. ja, Domina.“
    Sein Blick ruhte vielleicht eine Spur zu lange auf Bridhes Babybauch, denn Antonia wurde schon ungeduldig.
    „Jetzt, Pallas.“
    „Ja, Domina.“
    Es schien zu wirken, denn er flitzte davon, kehrte nur kurze Zeit später mit dem Gewünschten zurück. Natürlich bei Weitem kein so bequemes Exemplar wie es Antonias Sitzbereich genießen durfte.
    „Setz dich.“, ordnete die Claudia schließlich an die Sklavin gerichtet an. Der Umstand einen Stuhl holen zu lassen war eindeutig ein kleinerer, als der Hochschwangeren zu befehlen sich auf dem Boden niederzulassen.
    „Du bist Aquilius‘ Sklavin, nicht wahr?“
    Vielleicht war Antonias Unterfangen ohnehin aussichtslos. Vielleicht wusste die Sklavin nicht einmal, wer der Vater des Kindes war. Und dennoch, was schadete es schon, einen Versuch es in Erfahrung zu bringen zu starten? So kam sie auch unumwunden zu ihrer zweiten Frage. Einleitend nickte sie in Richtung des runden Bauches, den Bridhe vor sich herzuschieben gezwungen war.
    „Wann wird es so weit sein?“

  • Ein Teil von mir war immer noch von dem Kind gefangen. Die Laute ,die es von sich gab und das scheinbare Lächeln, das eigentlich nur ein Zucken seiner Mundwinkel war. Jetzt erst, bei dem Anblick des Säuglings kam bei mir Vorfreude auf. Endlich sah ich, welchen Sinn all die Unannehmlichkeiten der letzten neun Monate hatten. Natürlich hatte ich schon oft Neugeborene gesehen, zuletzt meinen kleinen Bruder, bei dessen Geburt meine Mutter gestorben war. Damals, nach seiner Geburt, hatte sich eine Amme seiner angenommen. Nachdem er die ersten Tage und Wochen überlebt hatte, lag es an mir, sich um ihn zu kümmern. Ich wusste also ganz genau, worauf es bei einem Säugling ankam. Doch diesmal würde alles anders sein. Dieser keine Mensch, nicht größer als der erwachsene Unterarm eines Menschen, war das Endprodukt! So zart und zerbrechlich, bedurfte er alle Zuneigung und Wärme seiner Mutter. Diesmal würde ich die Mutter sein und zu all den notwendigen Handgriffen, die wichtig waren, kam jetzt noch mütterliche Liebe hinzu, die ich meinem Kind geben würde. Ich spürte schon, sie war da, tief in mir drin und beim Anblick des Kleinen war sie noch stärker zu spüren.


    Meine volle Aufmerksamkeit galt aber bald schon wieder der Mutter des Kindes. Ich hatte einen ungehörigen Respekt vor ihr, obwohl ich sie ja gar nicht kannte. Allerdings hörte man hin und wieder etwas über sie, was diesen Eindruck dann noch verstärkte. Hier und jetzt gab sie sich aber ganz anders. Anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. Sie wirkte so menschlich, so lebendig, so wie jeder normale Mensch auch, dem gerade das größte Geschenk zuteil geworden war. Sie kümmerte sich liebevoll um ihr Kind und himmelte es an, wie es nur eine glückliche Mutter konnte.


    Als sie schließlich nach ihrem Sklaven rief, bemerkte ich erst, dass einer der Sklaven die am Boden saßen, Pallas war. Nein, es war Youen! Das war sein richtiger Name, doch das wussten nur er und ich. Er wurde aus einer Art Tagtraum herausgerissen. Ich wollte ihm schon entgegen lächeln, als er mich sah, ließ es dann aber, in Anbetracht meiner gegenwärtigen Lage und ihrer Gegenwart.
    Sie verlangte, er solle einen Stuhl herbeischaffen, was er, nachdem er mich intensiv gemustert hatte, dann auch tat. Mein milder Blick begleitete ihn.
    Es war ein einfacher Stuhl, lange nicht so bequem, wie ihr Korbsessel, aber gut genug für mich. Ich setzte mich, als sie es anordnete. Ich war ja froh, mich nicht auf den Boden setzten zu müssen. Dann hätte ich mit großer Wahrscheinlichkeit meine Schwierigkeiten gehabt, wieder aufzustehen. Der Stuhl war da weitaus bequemer. Mein Rücken und meine Beine dankten es mir und ihr. Ich seufzte leise, aber erleichtert auf, als ich mich auf dem Stuhl nieder ließ.
    Wie sich herausstellte, wusste sie, wer ich war. Sie konnte mich zuordnen. Wahrscheinlich hatte sie mich einmal im Hintergrund wahrgenommen und jetzt konnte sie diese Erinnerung wieder abrufen.


    Ja, domina, antwortete ich knapp. Während ich ihr gegenübersaß, fühlte ich mich immer noch eingeschüchtert, mit dem Wissen im Hinterkopf, ich sollte eigentlich nicht hier sein. Doch ihr Interesse schien doch mehr meinem Umstand zu gelten, als meiner Person. Das war auch nur verständlich! Sie selbst war noch vor wenigen Tagen in der gleichen Situation gewesen. Sie konnte mir nachfühlen und hatte wahrscheinlich ähnliches durchgemacht.


    Nur noch wenige Wochen, domina.

  • Es war schon eine sonderbare Situation, in der sie sich hier befanden. Die Herrin und die Sklavin, Aug‘ in Aug‘ gegenüber, zusammengebracht durch eine gemeinsame Erfahrung.
    Natürlich, Gefühlsduselei erlaubte sich die Patrizierin nicht. Worte und Floskeln, wie sie sie bei einer schwangeren Freundin oder Verwandten gebraucht hätte kamen nicht über ihre Lippen, denn trotz allem rief sie sich ins Bewusstsein, dass sie vor wenigen Monaten nicht einmal bewusst die junge Frau gesehen hätte. Und falls doch, so hätte sie sie gehasst. Gehasst ob des Umstands, dass selbst eine Sklavin, ein so niederes Geschöpf in ihren Augen, ein Kind empfangen konnte. Neid war nicht mehr nötig, sie hatte bekommen, was sie wollte. Ein Geschenk der Götter, das wusste sie. Ein kleines Wunder, nach all den Jahren des Hoffens, Bangens und der Enttäuschungen. Zeitlebens würde der kleine Flavius keinen unerfüllten Wunsch haben. Jedenfalls soweit dies im Machtbereich seiner Mutter lag, soviel war gewiss.
    Nachdenklich musterte die Claudia die Schwangere. Welche Gedanken ihr durch den Kopf schossen vermochte wohl niemand auch nur zu erahnen. Stille breitete sich aus, denn sie wusste nicht recht, wie man eine derartige Konversation führen sollte. Antonia wusste, wie man mit Sklaven gemeinhin umzugehen hatte. Unglücklicherweise wollte das übliche Verhalten nicht so recht in diese Szenerie passen.
    „Ist noch etwas?“, fragte sie letztlich an Pallas gewandt, der ein wenig undekorativ noch immer hinter Bridhes Sitzplatz stand. Erschrocken zuckte dieser zusammen, schüttelte den Kopf und beeilte sich, sich wieder auf eben jene Stelle fallen zu lassen, von der er kurz zuvor aufgescheucht worden war.
    Innerlich konnte seine Herrin manchmal nur den Kopf schütteln über den Britannier. Hatte sie sich zunächst über das Geschenk einer Freundin von der Insel gefreut, war sie sich heute nicht gänzlich sicher, ob jene Freundin ihr tatsächlich hatte eine Freude machen wollen oder sie doch eher zu ärgern beabsichtigte. Schnell war der Sklave jedoch wieder vergessen und Bridhe wurde wieder Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wobei dies wohl nur partiell zutraf, war doch noch immer das eifrig seine Arme bewegende kleine Bündel in ihren Armen ein großer Ablenkungsfaktor.
    Vielleicht war Antonia auch nur eine so glückliche Mutter, weil die Schreie ihres Kindes sie nicht des Nächtens aus dem so benötigten Schlaf rissen. Sie war es nicht, die sich aus dem Bett quälen und stundenlang auf und ab gehen musste, um das Kind wieder zum Einschlafen zu bewegen. Dafür gab es Sklaven.
    „Wenige Wochen. Sieh an, sieh an.“, murmelte sie, stuppste dem kleinen Gracchus mit ihrem Zeigefinger auf die kleine Nase, erfreute sich daran, dass er wieder sein Gesicht verzog und sah schließlich wieder auf.
    „Kennst du dich aus mit Kindern?“, stellte sie also bereits die nächste Frage. Ohnehin hatte dies hier wohl mehr den Charakter eines Verhörs, denn einer Plauderei, schließlich stellte bislang allein Antonia die Fragen und die Sklavin, welche auf der einen Seite etwas verschüchtert wirkte und auf der anderen neugierig den kleinen Manius betrachtete, antwortete.
    Darüber, dass die Sklavin scheinbar unbeschäftigt im Garten herumspaziert war, wunderte die Patrizierin sich indes nicht weiter. Aquilius schien seit eh und je viel zu gutmütig mit seinen Sklaven umzugehen und gewährte ihnen zu viele Freiheiten. Andererseits, war dies nicht bereits ein Indiz dafür, wer jenes Kind, das Bridhe in sich trug gezeugt hatte? Gewährte er der Mutter seines Kindes ein wenig Ruhe und Frieden, ehe es losging? Natürlich, anerkennen würde Aquilius es nicht, es war und blieb schließlich der Nachkomme einer Sklavin. Doch sein gutes Herz zwang ihn dazu, dennoch Sorge für sie zu tragen?

  • Trotz der Bequemlichkeit, die mir ganz unversehens durch den Stuhl zuteil geworden war, fühlte ich mich nicht besonders wohl in meiner Haut. Das hatte nun weitaus weniger mit meinem Umstand zu tun, als mit der Tatsache, dass ihre Blicke mich zu durchleuchten versuchten. Hätte sie doch wenigstens etwas gesprochen, dann wäre es um einiges erträglicher gewesen. So aber sagte sie nichts. Nur ihr Blick lag auf mir. Schließlich senkte ich den meinen und sah auf meinen unförmigen Bauch hinab, der nun unweigerlich vor mit thronte. Ich hatte mir bisher nie die Frage gestellt, inwieweit die Schwangerschaft Einfluss auf das Aussehen meines Körpers danach haben würde. Das war eigentlich meine geringste Sorge gewesen und auch jetzt schien mir diese Frage unwichtig zu sein. Eigentlich hatte ich ja niemanden, dem ich gefallen musste. Nun vielleicht Aquilius. Aber wie wichtig war ich ihm nach der Schwangerschaft noch? Wenn ich dann tatsächlich frei wäre, was würde er dann mit mir und dem Kind machen? Würde er uns von hier fortjagen? In der Öffentlichkeit würde er wahrscheinlich vermeiden, es als seines zu titulieren. Nein, auch da wollte ich mich keinen kitschigen Illusionen hingeben. Ein Familienleben á la Vater, Mutter, Kind würde es für mich nicht geben. Er hatte mir zwar versprochen, er würde sich um das Kind kümmern, aber wie diese Hilfe dann tatsächlich aussehen sollte, konnte ich mir beim besten Willen immer noch nicht vorstellen. Am Ende hatte ich doch die Aufgabe, das Kind großzuziehen. Auch wenn ich meinem Kind nur die wenigsten seiner Wünsche erfüllen konnte, so würde ich ihm doch all meine Liebe schenken, die eine Mutter ihrem Kind zu schenken im Stande war. Nein, in Bezug auf das, wollte ich mir keine allzu großen Hoffnungen machen. Dann war die Enttäuschung hinterher auch nicht so groß. Wenn er mich denn wirklich freilassen würde, dann wäre diese Geste doch schon groß genug und würde über das hinausreichen, was im Allgemeinen üblich war und was an der Vielzahl der der sklavischen Nachkommenschaft erst ersichtlich wurde. Wenn man sich so manches Sklavenkind anschaute, konnte man gewisse Ähnlichkeiten, zu den im Hause lebenden Flaviern, nicht abstreiten.


    Ich zuckte auf, als sie Youen, der sich noch unmittelbar hinter meinem Stuhl befunden hatte, ansprach. Vielleicht weil ich erst dachte, sie meinte mich. Genauso gut hätte sie mich das fragen können. Ist noch etwas, oder warum sitzt du hier so faul herum? Es dauerte aber nicht lange, bis ich wusste, dass nicht ich gemeint war, sondern ihr Sklave, der sich auch umgehend wieder auf dem Boden niederließ.


    Der Säugling strampelte und gluckste derweil munter vor sich hin und zog so wieder meine Aufmerksamkeit auf sich. Auch die Claudierin konnte sich dem lebhaft-fröhlichen Treiben ihres Kleinen nicht entziehen. Sie neckte mit dem Baby, als wieder das Wort ergriff.


    Ja, domina. Ich kenne mich mit Kindern aus. Darin habe ich Erfahrung.


    Mehr wollte ich nicht von mir preisgeben. Wahrscheinlich legte sie auch keinen gesteigerten Wert auf eine derartige Vertraulichkeit. Ich konnte mir jedoch lebhaft vorstellen, warum sie das fragte. Brauchte sie noch jemanden, der die unangenehmen Dinge übernahm, die zwangsläufig auftraten, wenn ein kleiner Mensch geboren war? Ein Kind zu haben, war keine leichte Aufgabe. Nicht nur die ständige Aufmerksamkeit, die man ihm entgegenbringen musste, nein auch seine Pflege war wichtig. Ganz zu schweigen davon, dass man rund um die Uhr ansprechbar sein musste. Ich konnte mich noch erinnern, wie es bei meinem kleinen Bruder gewesen war, wenn er des Nachts schrie. Ich wusste, auch diesmal würde es so bei meinem eigenen Kind sein. Die wenigsten Kinder waren so pflegeleicht und ließen ihrer Mutter eine entspannte und erholsame Nacht.

  • Antonia war sich keineswegs ihrer Wirkung auf Bridhe bewusst. Wie hätte sie ein sein sollen, wie hätte sie sich in eine Sklavin hinein fühlen können? Wie sollte sie sich hier etwas bewusst sein, das sie Jahre über nicht bemerkt hatte? Dass bisweilen Menschen Angst vor ihr hatten.
    Nun gut, selbst wenn sie es gewusst hätte, was würde dies ändern? Hier – nichts. Wer war sie schließlich, dass sie ihr Verhalten für eine Sklavin änderte. Ganz abgesehen davon, dass in ihrem Kopf noch immer nur Platz für jene Überlegung war. Wie kitzelte sie etwas aus jemandem heraus, der es vermutlich nicht aus sich herauskitzeln lassen wollte?
    Bridhe senkte schließlich den Blick, wich den forschenden Augen der Claudia aus. Diese lächelte leicht, doch unergründlich. Es war nicht das Lächeln das erschien, wenn sie ihren Sohn ansah, kein fröhliches Lächeln, das gelächelt wurde weil man glücklich war. Es war eine jener Gemütsbekundungen, die selbst der schlechteste Mensch mit einer gewissen Ehrlichkeit über sich brachte. Ein Lächeln, das die Augen dunkel blitzen ließ. Warum Antonia es lächelte sei dahingestellt, geschah es doch so unbewusst, dass sie wohl nicht einmal selbst hätte bestimmen können, woher es gekommen war und aus welchem Grund. Es verschwand ohnehin so schnell, wie es aufgetaucht war.
    Sie fragte nicht, wo die Keltin ihre Erfahrung mit Kindern her hatte, es spielte ohnehin keine Rolle. Die Frage war ebenso unwichtig gewesen wie die zuvor gestellten, hatten nichts mit dem Grund zu tun, aus dem die Sklavin nun hier vor ihr saß.
    Antonias Worte ließen sie jedoch wieder aufsehen, schienen sie einen Moment zu erschrecken, bis sie bemerkte, dass Pallas gemeint gewesen war. Und doch sah sie nicht wieder zur Claudia, sondern zum Flavius. Wie konnte die Mutter es ihr verdenken. Vor die Wahl gestellt hätte sie sich nicht anders entschieden. Wieder senkte sich Stille über die beiden Frauen. Andererseits, wie konnte es an einem Ort mit lebendiger Fauna schon völlig still sein? So genoss die Herrin einen Moment lang die mannigfaltigen Geräusche um sich herum, streifte mit schuldbewusstem Blick die Wachstafeln, derer sie sich nach wie vor nicht angenommen hatte, um schließlich beim müde blinzelnden Sohn zu enden, der seine wilden Gestikulationen verlangsamte. Offenbar wurde er langsam schläfrig. Daher senkte Antonia ihre Stimme, als sie dazu geruhte, ihr Verhör fortzusetzen.
    „Wird Aquilius für dein Kind sorgen?“, fragte sie so unvermittelt und freimütig, als sei es das Normalste der Welt, als sei Bridhe nicht die Sklavin und Aquilius nicht der Herr. „Oh, welch Frage, natürlich wird er. Wie ich ihn kenne wird er einen Jungen nach Athen schicken und ausbilden lassen und ein Mädchen jederzeit mit Geschenken überhäufen. Ihr habt schon darüber gesprochen, ja?“
    Innerlich hoffend, dass man ihr nicht ansah, dass all dies nur ein Bluff war, lächelte sie unverbindlich, wendete ihren Blick schließlich wieder dem kleinen Gracchus zu, um nicht zu auffällig neugierig zu wirken.

  • Das süße Baby, wie es da so in seiner Wiege lag! So unschuldig und niedlich. Es hatte wirklich Glück gehabt, in diesen Teil der Welt hineingeboren worden zu sein. Vom ersten Tag an bis zu seinem letzten, würde es auf der Gewinnerseite sein. Nichts würde ihm verschlossen bleiben, wenn es erst einmal erwachsen war. Es musste sich nichts mühevoll erarbeiten. Alleine schon sein Name würde ihm sämtliche Türen öffnen.
    Ich hegte keinen Neid gegen ihr Kind. Mein Kind würde auf seine Weise glücklich sein. Vielleicht sogar glücklicher, als der kleine Flavius dort.


    Zu gerne hätte ich die Mutter nach der Geburt gefragt. Jede Frau empfand es anders und eigentlich wusste ich ja, was auf mich zukam. Sie war doch eine ganz normale Frau, so wie ich auch! Aber der Abgrund der sich zwischen uns auftat, war zu groß, als dass man ihn hätte einfach überwinden können. Doch trotzdem hätte ich gerne auf Erfahrungsberichte zurückgegriffen. Cungah sagte mir, bei Erstgebärenden könnte es sehr lange dauern. Manchmal einen ganzen Tag oder auch länger. Hatte sie auch den ganzen Tag in den Wehen gelegen? Und wie stark waren die Schmerzen gewesen? Sie hätte mir vielleicht ein wenig Zuversicht geben können. Aber ich wagte es nicht, sie danach zu fragen.
    Mir wurde es langsam unbehaglich auf dem Stuhl, was nicht mit der Qualität seiner Sitzfläche zu tun hatte. Es war die Art dieses ungleichen Gesprächs gewesen, das wir führten. Es glich mehr einem Verhör. Sie stellte die Fragen und ich hatte zu antworten. Hätte sie etwas anderes jemals zugelassen? Sie war eine jener Frauen, die Frauen wie mich ignorierten, so als wäre ich gar nicht existent. Es war also ein Akt reiner Menschenliebe, dass sie sich nun mit mir abgab. Oder war es nur eine willkommene Abwechslung? Hatte sie eine Ahnung, wie sie mich mit Fragen wie dieser, die sie mir gerade gestellt hatte, quälte? Sie sprach jetzt wesentlich leiser, weil das Kind am einschlafen war. Säuglingen machte es nichts aus, wenn es laut war, während sie schliefen. Sie waren sogar zufriedener, wenn um sie herum ein gleichbleibender Geräuschpegel herrschte. Wusste sie das nicht?
    Ich hingegen wusste nicht, in welcher Form sich Aquilius um das Kind kümmern wollte. Doch ihre Einschätzung folgte sofort.


    Er hat es mir versprochen, ja. Aber ich weiß nicht… nach Athen?
    Es war, als träfe mich ein Hieb. Mein Kind, sofern es ein Junge war, würde er nach Athen schicken? Wieder überfiel mich die Angst, man würde mir das Kind aus den Händen reißen, sobald es da war! Nein! Das konnte er doch nicht machen!


    Nein, darüber haben wir noch nicht gesprochen, sagte ich verunsichert.

  • Es flackerte unbestimmbar in Antonias Augen. Er hatte es ihr also versprochen. Damit stand für die Claudia fest, es war Aquilius’ Kind. Nun gut, warum nicht, verwerflich war daran nichts, wäre nicht der erste Nachkomme eines Herrn mit seiner Sklavin. Nichtsdestotrotz würde sie sich wohl jenes Kind, wenn es denn einmal auf der Welt war, ansehen. Schließlich wäre der Flavius um ein Haar auch der Vater ihres Kindes gewesen. Damals war sie wütend gewesen, dass ihr Gatte letztlich doch einen Rückzieher gemacht hatte, glaubte, er verwehre ihr damit die letzte Chance auf ein Kind. Doch wie sich nun gezeigt hatte, hatte Iuno Erbarmen gehabt und Antonia sogar ein Kind ihres eigenen Gatten empfangen lassen. Vermutlich war es jetzt besser so, hätte sie doch wohl insgeheim immer Vergleiche gezogen zwischen den beiden Kindern.
    Indes war es sicher auch nicht allzu schlecht, dass Bridhe ihre Frage nach der Geburt nicht stellte. Zum einen, weil Antonia diesen Vorgang als alles andere als erquicklich empfunden hatte – bis zu jenem Punkt, als sie endlich den erlösenden Schrei ihres Sohnes gehört hatte – zum anderen hätte die Schwangere durch einen allzu ehrlichen Bericht der Patrizierin wohl noch mehr Angst vor dem schmerzhaften Vorgang bekommen. Ganz abgesehen davon, dass nichts so unvorhersehbar gewesen wäre, wie Antonias Reaktion auf eine solche Frage von einer Sklavin.
    Davon, dass Bridhe sich immer unwohler in jener Situation zu fühlen schien, bemerkte Antonia natürlich nichts. Selbst wenn, es hätte sie wohl nicht weiter gestört. Seit jeher waren ihr Mitgefühl oder Einfühlungsvermögen in die Dekoration, wie ihr Vater die Sklaven gern genannt hatte, fremd. Auch was das Einschlafverhalten von Säuglingen im Allgemeinen anging herrschte bei der Patrizierin Unwissenheit. Ebenso wie in den meisten anderen Belangen der Kinderpflege. Woher hätte sie es wissen sollen, dies war das erste Baby, das sie jemals hatte in Händen gehalten. Solche Dinge zu wissen war nicht ihre Aufgabe. Im Grunde genommen hatte sie mit der erfolgreichen Geburt des Kindes ihre Pflicht und Schuldigkeit getan und lägen die Dinge anders, hätten Gracchus und Antonia nicht solche Schwierigkeiten gehabt, überhaupt Kinder zu bekommen, vielleicht wäre ihr Interesse an dem Kind ebenso schnell abgeflaut, wie an der Mode des letzten Sommers. Doch da alles letztlich anders gekommen war, da die Claudia überzeugt davon war, dass erst mit der Geburt ihres Sohnes, Gracchus’ Erben, sie die Achtung ihres Gemahls gewonnen hatte, war für sie Gracchus Minor ein Wunder. Ein Geschenk der Götter, ihr Retter in jedweder Hinsicht. Und es war mehr als wahrscheinlich, dass der kleine Flavius über alle Maßen verhätschelt werden würde von seiner dankbaren Mutter.
    „Gewiss, Athen. Nirgendwo könnte das Kind schließlich eine bessere Ausbildung erhalten. Doch das liegt wohl ohnehin in weiter Zukunft, nicht wahr?“
    Nun, da sie wusste, was sie hatte wissen wollen – oder glaubte es zu wissen – schien auch die Patrizierin sich ein wenig unwohler in ihrer Haut zu fühlen. In derartigen Konversationen fehlten offenkundig beiden Frauen die Erfahrung.
    „Vielleicht solltest du ihn einmal darauf ansprechen. Ich würde wissen wollen, was mit meinem Nachkommen geplant ist.“
    Was für Antonia jedoch völlig normal war, dass sie im Gegensatz zu einer Unfreien gewisse Rechte bezüglich ihres Kindes hatte, war für Bridhe sicherlich nicht ganz so einfach. Doch nicht in der Welt der Claudia.

  • Sie hatte in mir etwas ausgelöst, was mir alle meine Ängste wieder bescherte. Hatte er nicht einmal gesagt, er würde mir das Kind nicht nehmen? Aber was war mit Athen? Ich wusste nicht einmal, wo dieses Athen lag! Sicher, es würden noch einige Jahre ins Land gehen, bis mein Kind, sofern es ein Junge werden würde, nach Athen geschickt wurde. Was aber, wenn man es mir schon früher nehmen würde. Mir war es die ganze Zeit gleich gewesen, ob es ein Junge oder ein Mädchen werden würde. Jetzt aber sehnte ich mich nach einer Tochter!
    Während ich mich selbst immer mehr in meine Gedanken verstrickte, bemerkte ich nichts von dem Flackern in ihren Augen. Ich ahnte nicht, dass sie mich nur aushorchen wollte, um die Geheimnisse, die ihr bisher verborgen geblieben waren, herauszufinden. Dass dies alleine der Grund war, warum ich hier überhaupt sitzen durfte. Hatte sie alles erfahren, was sie wissen wollte? Natürlich würde sie mich nie direkt fragen, was sie wissen wollte. Das verbat ihr Stolz. So etwas wie Stolz hatte ich schon vor langem schon Verloren.
    Sie bestätigte ihre Aussage nochmals und trieb mir damit eine Klinge ins Herz. Ich hatte mit den Tränen zu kämpfen, was nicht besonders verwunderlich war, denn seit Beginn meiner Schwangerschaft, war ich sehr nah am Wasser gebaut. Ihr Hinweis, ich sollte ihn einmal darauf ansprechen beruhigte mich in keinster Weise. Ich würde wissen wollen, was mit meinem Nachkommen geplant ist. Dieser Satz hallte immer und immer in meinem Kopf wieder. Das verstand sich ja von selbst! Ich wollte auch wissen, was nach der Geburt meines Kindes war und wie es dann weiter gehen sollte. In meiner Naivität hatte ich mir schon alles so schön ausgemalt, wie ich mein Kind groß zog und beobachten konnte, wie es sich entwickelte. Wie es seine ersten Schritte tat oder das erste Wort über die Lippen brachte. Natürlich würde es nicht nur Latein sprechen. Auch die Sprache seiner Mutter würde es lernen, damit es wusste, woher es kam. Ich hatte mir sogar schon einen Namen ausgesucht. Einen schönen hibernischen, verstand sich. Das alles wurde mit den Worten dieser Frau wieder in Frage gestellt.


    Aber er will mich doch frei lassen! Noch bevor das Kind da ist.


    Es platze so aus mir heraus, ich konnte nicht anders. Ich hoffte, mit der Tatsache, bald frei zu sein, eine Bestätigung von ihr zu bekommen, dass man dann mein Kind nicht mehr von mir nehmen. Mein Kind sollte kein Sklave werden. Dafür hatte ich gekämpft und wieder beschlich mich die Angst, nicht rechtzeitig freigelassen zu werden. Diese Angst übertrug sich auch auf das Kind in meinem Bauch. Ich konnte seine Unruhe spüren. Es versetzte mir einige Tritte, so als wolle es die Flucht ergreifen, was aber natürlich nicht möglich war. Ich hielt besorgt meinen Bauch. Ich musste mich wieder beruhigen, damit sich auch mein Kind beruhigen konnte.

  • Es war für Antonia am heutigen Tage kein Hindernis, dass sie eine Claudia war.. in absolut flavischer Manier zog sie eine Augenbraue nach oben, als Bridhe plötzlich mit dem Hinweis herausbrach, dass ihr eine Freilassung versprochen worden war. Diese Vermutung konnte Antonia jedoch weder bestätigen, noch verneinen. Lediglich im inneren begannen erneut die Rädchen zu drehen. Wirklich viel zu gutmütig, schoss es ihr wieder durch den Kopf.
    „Nun.“, begann sie zögerlich. „Was ändert das? Es ist doch nach wie vor sein Kind.“
    Die plötzliche Aufregung, die von der Sklavin Besitz zu ergriffen haben schien konnte die Patrizierin nicht recht nachvollziehen. Die in Aussicht gestellte Ausbildung, die das Kind erhalten sollte, konnte es kaum sein, war es doch weit mehr als das Kind einer Sklavin erwarten durfte. Ohnehin war Antonia bis zu diesem Satz nicht davon ausgegangen, dass Aquilius mehr als unbedingt nötig für seinen sklavischen Spross tun würde. Ob er ihr die Freilassung nur in Aussicht gestellt hatte, um eine Szene zu vermeiden?
    Was sie wohl mit ihren Worten in Bridhe auslösen würde war der Claudia natürlich ebenso unbewusst wie ihr Verständnis bezüglich deren Sorge, man würde ihr das Kind wegnehmen. Ganz abgesehen davon, dass Aquilius sich würde beeilen müssen, wenn er sie tatsächlich vor der Geburt freilassen wollte. Doch sie sagte diesbezüglich nichts und behielt ihre Gedanken für sich.
    „Vielleicht solltest du dich ein wenig hinlegen.“, fuhr sie unvermittelt und wieder im Plauderton fort. „Du wirkst ein wenig blass.“
    Bridhes Hautfarbe sah im Grunde genommen sogar weniger blass aus als die Antonias, doch hatte dies eher andere Gründe, schließlich trug die Patrizierin geflissentlich Sorge dafür, dass ihre Haut hell blieb, indem sie sich möglichst von der Sonne fern hielt, während eine Sklavin zwangsläufig öfter den warmen Strahlen ausgesetzt war. Dass sich die Schwangere besorgt ihren Bauch und somit das Ungeborne hielt bemerkte Antonia bereits nicht mehr. Ihr Interesse war geschwunden, der Sohn war wieder wichtiger als alles andere.

  • Ich bereute bereits schon, ihr davon erzählt zu haben. Warum ließ ich mich nur immer von meinen Gefühlen leiten? Meine Gefühle beherrschten mich einfach. Das hatte sie schon immer getan. Das war vor über neun Monaten bei Aquilius so und auch bei Severus. Immer wieder brachten sie mich in die unmöglichsten Situationen. Aber sie hatten auch ihr Gutes. Ohne sie hätte ich mich vor einigen Monaten nicht zu Aquilius getraut, um ihn um die Freiheit seines Kindes zu bitten. Er hatte es mir versprochen und ich glaubte ihm. Nur versuchten jetzt wieder meine eigenen Gefühle, mich zu verunsichern. So wie einige Tage zuvor, als ich mit Cassim zusammengetroffen war.


    Sie sagte, es wäre trotzdem sein Kind. Dann war es wohl gleichgültig, ob ich nun frei war oder nicht. Ich hätte mich am liebsten jetzt irgendwo hin verkrochen. Irgendwo im Garten. Es gab genügend Plätze, wo man allein sein konnte, wenn man niemanden sehen wollte. Ich selbst hatte diese Plätze für mich entdeckt. Mir wurde aber auch klar, dass ich wirklich ein klärendes Gespräch mit ihm führen musste. So vieles war noch völlig unklar.
    Die Claudierin fuhr ganz unvermittelt im Plauderton fort, so als wäre nichts gewesen. Mich machte das wütend. Aber natürlich durfte ich diese Wut nicht zeigen. Ja, hinlegen war gut, wenn ich mich hätte hinlegen können, ohne mich dabei ständig unbehaglich zu fühlen.


    Ich bin immer so blass! Dort wo ich her komme, sind die Menschen so!


    Meine Antwort kam unüberlegt. Einen trotzigen Unterton ließ sich leider nicht ganz vermeiden. Vielleicht war es nun doch besser, aufzustehen und zu gehen.

  • Es war eindeutig der falsche Ton, den Bridhe anschlug. Eine offene Kriegserklärung für Antonia, die bisweilen ohnehin eine Meisterin der Fehlinterpretation, der Dünnhäutigkeit und der Rachsüchtigkeit. Einen Moment glaubte sie gar sich verhört zu haben, ruckte mit ihrem Kopf herum und fixierte die Sklavin als habe sie Iuno persönlich verunglimpft.
    Ihren Zorn über eine solche Antwort in einem solchen Tonfall suchte sie zu verbergen. Es gelang mehr schlecht als recht, denn dass sich ihre Kiefer aufeinander pressten und ihre Augen wütend funkelten ließ sich nicht verhindern. All die Freundlichkeit, die sie – in ihren Augen – jener unwürdigen Person hatte zukommen lassen und wie wurde es ihr gedankt? Mit Trotz, mit Eigensinn, mit schnippischem Ton. Das würde und konnte sie nicht einfach so hinnehmen. Zwar würde sie kaum dazu übergehen, die Schwangere nun im Hortus anketten zu lassen und eigenhändig die Peitsche zu schwingen, doch nahm sich die Claudia vor, Aquilius um eine angemessene Bestrafung zu ersuchen.
    „Pallas.“, zischte sie durch die Zähne. Wieder zuckte der Britannier zusammen, wieder sprang er flink von seinem Platz auf. Kaum hatte er den Gesichtsausdruck seiner bisweilen recht launischen Herrin gesehen, nahm er Haltung an, als sei er ein Probatus und Antonia der grimmige Centurio. Weit gefehlt, konnte schließlich kein Centurio derartige Blicke fabrizieren. Ganz augenscheinlich fühlte der Sklave sich immer unwohler in seiner Haut, je länger seine Herrin ihn ansah.
    „Deine Kollegin möchte zurück ins Haus. Sorge dafür, dass sie dort auch ankommt.“
    Damit war dieser Teil für Antonia abgehakt. Als sei Bridhe nun ebenso unbeweglich und stumm wie der Stuhl, auf dem sie saß, wandte Antonia den Blick ab, innerlich weiter brodelnd.

  • Pallas hatte in der Zwischenzeit tatsächlich ein besonderes Gespür für die inneren Vorgänge seiner Herrin entwickelt. Vermutlich war es das, was ihn bisweilen vor körperlicher Züchtigung bewahrt hatte. Allein während der Schwangerschaft war es ein Spießrutenlauf gewesen. Was in einem Minute richtig gewesen war, war in der nächste schon wieder das Schlimmste, was man hatte tun können.
    So ließ er sich nicht lange bitten, als er seinen Namen hörte, sprang behände vom Boden auf und harrte der Dinge, die da kommen mochten. Ou, klang nicht gut. Klang gar nicht gut. Und sah noch weniger gut aus. Kurz wanderte sein Blick zu Bridhe. Es brauchte nicht viel um Antonia derart zu verärgern, wie er wusste, aber was hatte sie nun eigentlich ausgefressen? Naja, würde er wohl noch erfahren.
    „Äh… ja, Herrin.“, beeilte er sich zu sagen, nickte eifrig und trat vor, um der Hochschwangeren beim Aufstehen zu helfen. Seine Herrin half ebenfalls, indem sie ihre Aufmerksamkeit gnädigerweise wieder anderen Dinge zuwandte. Andernfalls wäre er wohl doch noch zerflossen unter jenem Blick.
    Mit schiefem Lächeln sah er Bridhe an, als wolle er etwas wie ‚Weiber’ sagen, bis er sich bewusst wurde, dass ja auch seine ‚Kollegin’ zu jener Sorte Mensch gehörte. Jene Sorte Mensch, mit der er bisweilen immer öfter seine Schwierigkeiten hatte.

  • Es war, als hätten mir ihre Worten einen Schlag versetzt. Ich wusste gar nicht so recht, was überhaupt los war, was ich so schlimmes gesagt oder getan hatte. Ja, die Antwort, die ich ihr gab, musste vielleicht in ihren Ohren etwas patzig geklungen haben, aber sie entsprach der Wahrheit. Ich war nun mal blaß und wurde allerhöchstens sofort rot, wenn ich etwas zu lange in der Sonne gewesen war. Da ich diese Schmerzen des Sonnenbrandes kannte, vermied ich es eben, lange genug in der Sonne zu sein.
    Ich war verunsichert und blickte sie fragen an, was ich ihr denn getan hatte. Da stand auch schon Youen neben mir, der sofort, nachdem er die Aufforderung seiner Herrin vernommen hatte, aufgespritzt war, um seine Kollegin ins Haus zu begleiten. Verdutzt sah ich ihn an, wollte etwas sagen, konnte es aber nicht, weil alles viel zu schnell ging und mir da einfach die Worte fehlten. Er half mir auf und lächelte auf seine unnachahmliche Art, die mich für den Augenblick wieder etwas ruhig stellte.
    Ich sah der Römerin noch nach, als ich zusammen mit Youne den Platz verließ, an dem ich bis eben noch gesessen hatte und ihr Verhör über mich ergehen lassen musste.
    Erst als wir uns etwas weiter entfern hatten, wagte ich es, Youen etwa zu fragen.


    Was war denn das jetzt? Ich habe doch überhaupt nichts gemacht!
    Ich habe doch nur gesagt, ich bin immer so blaß und die Leute zu Hause sind auch nicht anders!


    Youen kannte die Claudierin besser als ich. Er konnte mir bestimmt sagen, worin mein Fehltritt lag und was ich womöglich noch zu erwarten hatte.

  • Scheinbar war auch Bridhe nicht ganz klar, was denn nun an ihrer Aussage so verwerflich gewesen war. Der Sklave schenkte ihr einen fragenden Blick, legte die Stirn kurz in Falten und sah geflissentlich wieder auf den Weg vor sich.
    „Hm.“, brummte er. Dann gab es nicht mehr allzu viele Möglichkeiten.
    „Ich vermute, wenn es nicht die Worte an sich waren, war es der Ton. Du klangst ein wenig… äh… na ja.“
    Hilflos zuckte er mit den Schultern. Frauen gegenüber war er generell hilflos, schwangeren Frauen umso mehr. Kaum hatte er sich getraut, Bridhe die Hand zu reichen, um ihr beim Aufstehen zu helfen, fürchtete er doch, sie an der falschen Stelle zu berühren, ihr durch eine Unbedachtheit Schmerzen zuzufügen. Als wandele sich eine Frau während sie ein Kind in sich trug zu einem Wesen, das am Besten in Watte gepackt und in ein ruhiges Zimmer gestellt werden sollte.
    „Vielleicht war es auch nichts, was du getan hast. Sie ist in letzter Zeit ein wenig… unberechenbar. Vermutlich wegen der Geburt und so… also, nicht, dass alle Frauen wegen so etwas… äh… ich meine…“
    Seine Hand fuhr in das wuschelige Gestrüpp, das er sein Haar nannte und trotz intensiver Bemühung der lokalen Friseure tat was es wollte und sich partout nicht an den Kopf anlegen wollte. „Naja, sie wird dich deswegen nicht gleich ans Kreuz nageln lassen.“
    Wobei er sich da innerlich gar nicht so sicher war, wie er zu klingen hoffte. Nein, nein, bestimmt nicht, das wäre selbst für die Claudia eine übertriebene Reaktion.

  • Ich zermarterte mir den Kopf, konnte aber nichts Verwerfliches daran finden, was ich gesagt hatte. Vielleicht war es wirklich der Ton. Aber sie hatte es ja regelrecht herausgefordert, mit dem was sie sagte und wie sie es sagte. Youen sorgte für Aufklärung und untermauerte schließlich meine Vermutung. Womöglich lag es jetzt an der Schwangerschaft und an den damit verbundenen Strapazen, dass ich mit einem Mal so aufbrausend und laut wurde.


    Diese Schnepfe! Sie soll sich nicht so haben! Sie hat mir doch Angst gemacht, mit dem was sie gesagt hat! Ich lasse mir mein Kind nicht wegnehmen! Von niemandem!


    Youen konnte natürlich nichts dafür, auch wenn ich ihn wahrscheinlich damit eingeschüchtert hatte, was ich aber gar nicht beabsichtigt hatte. Er war schon immer so ein netter Kerl gewesen und ich beneidete ihn nicht, um seine Herrin. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was er bei ihr alles so mitmachen musste.
    Doch dann horchte ich auf, als er sagte sie sie derzeit unberechenbar und dass Frauen… Was waren Frauen?


    Frauen? Was soll mit Frauen sein? Wie meinst du das denn? Bin ich auch unberechenbar? Weißt du, mir ist es völlig gleich, was sie tut und macht und wenn sie jetzt zu Aquilius rennt und sich über mich beschwert, ist mir das auch völlig gleich!


    Um ehrlich zu sein, so gleich war mir das nicht! Denn wenn sie wirklich so unberechenbar war, wie er sagte, dann konnte sie alles zunichte machen und konnte am Ende noch dafür sorgen, dass Aquilius mich nicht frei ließ. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr ärgerte ich mich. Über sie, weil sie so war, wie sie war und über mich, weil ich unbedingt nach dem Kleinen schauen musste und damit ihre Aufmerksamkeit erregt hatte und weil ich so unbedacht geantwortet hatte. Seitdem ich schwanger war, hatte ich es vermieden, es mir mit den Herrschaften zu verscherzen. Jetzt, kurz vor der Geburt, hatte ich mich doch dazu verleiten lassen. Jetzt war sie wieder da, die Angst! Was konnte ich denn jetzt tun? Zurück gehen und um Verzeihung bitten? Ihre Worte waren unmissverständlich gewesen. Wenn ich jetzt zurück ging, dann erzürnte ich sie noch mehr. Oder sollte ich gleich zu Aquilius gehen und ihm alles beichten? Aber was, wenn sie nicht zu Aquilius rannte? Dann konnte er wenigstens sehen, dass ich es aufrichtig meinte. Youen konnte mir allerdings in dieser Sache auch nicht groß weiterhelfen. Als er meinte, sie würde mich nicht gleich ans Kreuz nageln lassen, musste ich erst einmal schlucken.


    Du meinst, sie lässt mich dafür richtig bestrafen? Aber das kann sie doch nicht machen! Ich bin schwanger!


    Jetzt war es endlich soweit! Ich konnte mich mit meinen Tränen nicht mehr zurückhalten. Es war nur zu hoffen, dass solche hormonbedingte Tränenausbrüche nach der Geburt ausblieben.

  • Pallas, ein Mensch der von Natur aus keinem anderen wegen was auch immer böse sein konnte, zuckte bei Bridhes Worten erschrocken zusammen und sah hinter sich. Fast hatte er befürchtet, Antonia würde nun hinter ihm stehen und das Donnerwetter seines Lebens auf ihn herabregnen lassen, doch weit und breit war niemand mehr zu sehen.
    Seufzend richtete er den Blick wieder nach vorne, einen ratlosen Gesichtsausdruck zur Schau stellend.
    "Naja... zu ihrer Verteidigung... woher soll sie das denn wissen? Du weißt doch, wie diese Leute sind, ebenso gut könnte man ihr sagen, sie mache dem Tisch damit Angst, dass man ihm einen Stuhl wegnehme."
    Als er sich der Tatsache bewusst wurde, dass das in Bridhes Augen sicherlich nicht der beste Vergleich war, beeilte er sich schnell weiterzureden. Auch hier war es ein Thema, das ihm so gar nicht behagte und bei dem er sich bereits sicher war, dass er sich nur noch tiefer ins Verderben reiten konnte, egal was er sagte oder tat. Nichtsdestotrotz hob er abwehrend die Hände.
    "Ich... nein... ich meinte... ich... äh... Du bist natürlich völlig normal... äh... "
    Hilflos lächelnd hoffte er, sie würde ihm das Gestammel einfach abkaufen und nicht weiter darauf eingehen.
    Manchmal war sich Pallas sicher, er wurde hier bestraft. Bestraft für etwas, das er in einem anderen Leben getan haben musste oder für etwas, das er irgendwann in diesem Leben noch tun würde. Soweit er sich erinnern konnte hatte er nämlich bislang nichts getan, um ein derartiges Leben zu verdienen. Weniger das Sklave-sein störte ihn, kannte er doch nichts anderes. Vielmehr der Spießrutenlauf, dem er sich tagtäglich ausgesetzt sah war es, der ihn an der Gerechtigkeit der Götter zweifeln ließ.
    "Schwanger... naja... nicht mehr lange."
    Vermutlich war es nicht das, was Bridhe hatte hören wollen, wie er sich im Nachhinein bewusst wurde. Doch... was war das für ein Geräusch? Ein Schluchzen? Oh ihr Götter, alles nur das nicht...
    Zaghaft wandte er den Kopf in Bridhes Richtung und... tatsächlich, sie begann zu weinen. OhihrGötterohihrGötterOhihrGötterohihrGötter, schoss es ihm durch den Kopf. Frauen waren schlimm genug, schwangere Frauen noch schlimmer, aber weinende schwangere Frauen?
    "Ach, Bridhe...", setzte er unbeholfen an.
    "Bitte... wein doch nicht. Es wird schon nicht so schlimm werden. Du wirst sehen, morgen weiß sie schon nichts mehr davon. Im Moment hat sie doch nur ihr Kind im Kopf, glaub mir."

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