Antonia, dein Kind tropft!

  • Es war, als wäre ein Freudenschrei durch die Villa gezogen und ich hatte ihn natürlich auch vernommen. Antonias Kind war geboren! Hurra! Mir war es gelungen,der herrschenden Euphorie größtenteils zu entgehen.
    Ich hatte es ihr ja gegönnt, als sie sagte, sie sei endlich schwanger, die Ärmste! Innerlich haderte ich natürlich mit mir selbst. Warum war ich es nicht gewesen, die ihr Kind bekam? Ich hatte es mir immer schon so sehr gewünscht. Es war für mich der Höhepunkt meines Lebens, endlich Mutter zu werden. Unglücklicherweise hatten mir die Götter bisher mein Glück verwehrt. Bereits kurz nach der Empfängnis, hatten sie mir mein Liebstes wieder geraubt. Ich war damals in ein tiefes Loch gefallen und meinem Gatten hatte es gefallen, mir auch noch Salz in die Wunden zu streuen. Nun war er tot, den Göttern sei Dank! Das hatte er jetzt davon. Vielleichte war dies mit ein Grund dafür, warum ich mich so verbissen nach einem "Nachfolger" für ihn umschaute. Den hatte ich bereits gefunden, so hoffte ich und es war nur eine Frage der Zeit! Genau die Zeit! Sie war mein erklärter Feind. Auch ich wurde nicht jünger. Ich war schon dreiundzwanzig Jahre alt und bald schon stand mir mein vierundzwanzigster Geburtstag bevor! Wahrhaft deplorabel, um es mir den Worten meines verehrten Onkels zu umschreiben.
    Diesen Gang, den ich heute zu tun gedachte, war nicht mehr länger aufzuschieben! Tagelang hatte ich mich davor gedrückt, hatte mir Ausreden einfallen lassen, warum mir die Zeit fehlte. Doch selbst die ausgeklügelte Lüge half nichts. Ich mußte mich den Tatsachen stellen. Sie hatte ein Kind und ich hatte nichts! Ich war natürlich nicht neidisch! Neeein, natürlich nicht. Ich gönnte es ihr ja von Herzen. Die Ärmste, die Schwangerschaft mußte nun gänzlich ihre Figur ruiniert haben, ganz zu schweigen, was nach dem Stillen von ihrer Brust übrig blieb. Ich war nicht gehässig. Neeein! Ich gönnte es ihr!
    Nun stand ich vor ihrer Tür, mit einem Päckchen in der Hand und… Nein, ich klopfte nicht. Ich zögerte erst, um mir dann doch klarzuwerden, daß es keinen Aufschub mehr gab. Jetzt oder nie, auf in den Kampf!

  • Es verging im Grunde genommen kaum eine wache Stunde, in der Antonia nicht bei ihrem Sohn weilte. Schlief er, stand sie mit treudoofem Blick an seiner Wiege, beobachtete die ruhigen Atemzüge, schrak bei jeder kleinen Bewegung auf, allzeit bereit, ihn in ihre Arme zu nehmen, sollte er aufwachen und schreien. War er wach – oder durch seine überfürsorgliche Mutter geweckt worden – begleitete er Antonia auf all ihren Wegen in der Villa. Letzteres traf auch in diesem Moment zu. Die Claudia hatte sich, wie bereits zuvor, vorgenommen, endlich wieder die Buchhaltung in Angriff zu nehmen. Und wie zuvor gab es einfach so viel zu sehen, dass sie ihr Vorhaben schnell aufgegeben hatte. Der Verwalter würde sich freuen, so bekam er weiterhin Geld für etwas, das Antonia früher als Hauptstütze ihres Lebens betrachtet hatte.
    Über ihre Figur war sie in der Tat noch sehr unglücklich. In den Momenten, in denen sie darüber nachdachte wenigstens. Dies war meist morgens beim Ankleiden und abends beim Wiederauskleiden. Zwar hatte sie nicht allzu viel zugenommen – was ihrer Figur ohnehin eher zu- denn abträglich gewesen war, schließlich sah sie nun endlich einigermaßen gesund aus und nicht wie ein hungernder Bettler auf der Straße – doch die Haut, die sich aufgrund des Babybauches enorm gedehnt hatte, war nach wie vor auf eine stattlichere Größe eingestellt und wollte sich nicht in jenem Tempo zurückbilden, wie es Antonia lieb gewesen wäre. Fürs Stillen hatte sie aber wohlweißlich eine Amme organisiert. :D
    Das Klopfen war es schließlich, das sie von ihrer aktuellen Lieblingsbeschäftigung aufsehen ließ: Gracchus Minor bestaunen.
    „Nur herein.“, rief sie der Türe zu, als eine Armbewegung des Kleinen schon wieder ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Gemütlich saß sie in einem ihrer Korbsessel, das Kind wohlig in ihren Armen schaukelnd.

  • Oh, ihr Götter! Hatte sie bereits auf mich gewartet? Kaum hatte meine Hand die Tür berührt, schalle bereits ihre Aufforderung, einzutreten, an mein Ohr.
    Nun lag es an mir, mein entzückendstes Lächeln aufzusetzen, sie davon zu überzeugen, wie niedlich doch der kleine Flavius war und wie vorteilhaft sie nun nach der Geburt aussah und daß sie selbst die glücklichste Frau auf Erden sein mußte.
    "Ohhh, Antonia! Welch eine Freude! Den Göttern sei Dank, sie haben dir einen Sohn geschenkt! Du mußt sehr glücklich sein, meine Liebe! Wo ist er denn der kleine Wonnebrocken? Ahhh, da ist er ja! Ohhh, ist der aber niedlich!"
    Ich trat ein und überhäufte sie mit einem Schwall Glückwünsche und Herzlichkeiten, wie es sich eben geziemte. Wahrscheinlich hatte sie das alles in den letzten Tagen schon hundertmal gehört. Nicht jeder war so spät dran, wie ich es war. Wäre ich an ihrer Stelle gewesen, hätte ich spätestens jetzt die Flucht ergriffen. Doch sie blieb standhaft! Einem Idyll gleich, saß die stolze Mutter, zusammen mit ihrem Kindlein auf dem Arm in einem bequemen Sessel und wiegte es hin und her.
    Neugierig beugte ich mich über sie und beäugte das kleine Bündel. "Nein, du bist aber wirklich süß, du kleiner Sohnemann." Ich vermied es, in einer kleinkindlichen Sprache mit dem Kleinen zu kommunizieren. Das fand ich einfach affig und diese Vertrautheiten führten nur dazu, daß der Kleine, wenn er erst einmal größer war, mich Tante Celi nannte! Dabei war ich gar nicht seine Tante. Oh, ihr Götter ich war seine Cousine! Das war ja noch schlimmer! Nein, nein, lieber die Distanz wahren! Doch der kleine Gracchus wußte schon, wie man Damen eines gewissen Alters betörte. Er hatte glächelt. Er hatte mir zugelächelt! "Antonia, hast du das gesehen, er hat mir zugelächelt! Ja guckuck, wo ist er denn der Kleine? Ja, da ist er ja der Süße! Schau mal, was sie dir mitgebracht hat, die liebe Tante Celi!" Es war einfach schrecklich miterleben zu müssen, wie man in kürzester Zeit, seine Vorsätze über den Haufen warf! :D

  • Sim-Off:

    Toll, jetzt grins ich mir hier einen ab und mein Chef sitzt in Sichtweite :D


    In der Tat, Antonia konnte die Glückwünsche, die sie in den letzten Tagen bekommen hatte, kaum mehr zählen, so viele waren es gewesen. Aber einmal mehr ging immer, wie sie feststellte und sich artig bedankte und, wie jedes Mal, beteuerte, wie stolz und glücklich sie und Gracchus waren. Das einzig Schlimme hieran war jedoch, dass sie sich tatsächlich jedes einzige Mal ehrlich darüber freute.
    Er würde wohl ein Frauenheld werden, der kleine Gracchus, so schnell wie er ‚Tante Celi’ um den Finger gewickelt hatte. Die Claudia indes schaute erschrocken von Celerina zu ihrem Kind. Das konnte er doch nicht machen.. nicht, wenn sie gerade seine Cousine - später auch bekannt als Tante - anschaute.
    „Was? Gelächelt? Oh.. oh nein und ich habe es nicht gesehen.“
    Zutiefst unglücklich über diesen Umstand blinzelte sie ihren Sohn an, hoffte, er möge seine Tat wiederholen. Sie hatte grob geschätzt drei Dutzend Mal gesehen, wie Klein-Gracchus gelächelt hatte, aber nun einen seiner Lippenverzieher verpasst zu haben.. unverzeihlich. Der Star des Tages schien an solcherlei Trubel um ihn herum allerdings wohl schon gewohnt, cool und abgeklärt – wie sollte man auch sonst reagieren, wenn man kein Wort verstand – blinzelte er die beiden Frauen an.
    „Ach, wie schade.“, seufzte eine der beiden schließlich noch einmal, als er nicht gewillt zu sein schien, sein Kunststück noch einmal vorzuführen, solange seine Mutter hinsah. Zur ‚Strafe’ stuppste Antonia mit ihrem Zeigefinger in sein kleines Bäuchlein. Nur widerwillig ließ er sich zu einer Reaktion herab, begann dann aber gurgelnde Laute von sich zu geben. Damit war die Stuppserin wohl erst einmal zufrieden, denn sie begann übers gesamte Gesicht zu strahlen. Derart befriedigt konnte sie endlich auch wieder ihren Blick auf Celerina richten. Da der Kleine nicht gewillt zu sein schien, etwas auf ihre Frage zu antworten, übernahm diesen Part Antonia selbst.
    „Oh, du hast etwas für ihn? Aber das wäre doch nicht nötig gewesen.“

  • Sim-Off:

    Lachen ist gesund! :D


    Ich lächelte in mich hinein, neeeein nicht boshaft, weil er mir zugelächelt hatte und nicht seiner Mutter. Aber nun ja, eine gewisse Schadenfreude konnte man nicht verleugnen. "Ach, hat er das vorher noch nicht getan. Bin ich die Erste, dem er zulächelt? Du kleiner Charmeur, du!"
    Was Antonia auch anstellte, der kleine Sonnenschein wollte einfach nicht mehr lachen! Klein-Gracchus wußte schon genau, daß man nicht jeder zulächeln sollte. :D Wenigstes gab er zur Ruhigstellung seiner Mutter einige Laute von sich, als diese ihn an seinem Bäuchlein gestupst hatte. Ich lächelte meinerseits auch ganz verzückt und beinahe hätte ich das Päckchen vergessen, das ich mitgebracht hatte. Es war in ein buntes Tüchlein eingewickelt und fühlte sich von außen sehr weich an. Darin verbarg sich ein Löwe aus gelbem weichen Stoff, den man dem Kleinen in die Wiege legen konnte und den er gefahrlos mit seinem Mund und der Zunge erkunden konnte. Es hatte eine gefühlte Ewigkeit bedurft, bis ich nach einem passenden Geschenk fündig geworden war.
    "Oh ja, das Geschenk! Du kannst dir nicht vorstellen, wie lange ich danach suchen mußte! Schau mal! Ist das ein Löwe? Ja das ist ein Löwe!" Ich hatte es für den kleinen Flavius geöffnet und hielt ihm das Löwchen vor die Nase. Und siehe da! Er streckte seine Patschehändchen danach aus! Ach, mein Herz schlug höher!
    Ein großer Wunsch kam in mir auf. Natürlich mußte ich Antonia erst darum bitten. Doch mir würde sie doch meinen Wunsch nicht abschlagen!
    "Darf ich ihn einmal nehmen? Nicht wahr, du möchtest jetzt einmal zu Tante Celi!"

  • Sim-Off:

    :D


    „Nein, das nicht.. aber es ist trotzdem schade. Er sieht so niedlich aus, wenn er lächelt.“
    Die Enttäuschung diesbezüglich ließ sich einfach nicht verbergen. Geknirscht bedachte sie Mini-Manius erneut mit einem leicht vorwurfsvollen Blick. Was den Charmeur anging musste Antonia aber dennoch zustimmen. Amüsiert schmunzelte sie. „Charmeur. Ohja, in dieser Hinsicht ist der ganz der Vater.“
    Wenigstens bevor dieser begonnen hatte, über seine eigene Zunge zu stolpern. Es war ein Jammer. Dass die Claudia vor gar nicht allzu langer Zeit von der so gewählten – um nicht zu sagen geschwollenen - Sprache ihres Gatten beinahe in den Wahnsinn getrieben worden war schien sie bereits vergessen zu haben.
    „Wie hübsch!“, entfuhr es der Frau Mama, als Celerina den Löwen ausgepackt hatte. „Na, wie sagt man?“
    Albern grinste sie ihren Sohn an, der freilich kein genervtes ‚Danke’ hören ließ.
    „Vielen Dank, Celerina. Ich bin sicher, er freut sich sehr.“
    Sie war sich dessen tatsächlich sicher. Ebenso sicher wie über viele andere Dinge, die der kleine Gracchus bisher unmöglich sein konnte und es in ihren Augen dennoch war. Da war sie allerdings wohl nicht sehr viel anders als andere Mütter.
    Die Bitte der Flavia stürzte die Claudia indes in widersprüchliche Gefühle. Ein Teil bekam Panik, fürchtete um die Sicherheit des Kindes, malte sich allerlei Schreckensszenarien aus, während der andere Teil vor Stolz beinahe platzte und nur auf diese Frage gewartet hatte. Der stolze Teil überwog und so nickte sie lächelnd.
    „Ach, natürlich. Wie könnte ich der neuen Lieblingstante von Manius etwas abschlagen.“
    Ein für Antonia so unübliches Kichern folgte, bevor sie an den Rand ihres Sessels rutschte, um eine ‚Übergabe’ zu vereinfachen.
    „Aber vorsichtig.“, meldete sich der ängstliche Teil in ihr zu Wort.

  • Ich war sichtlich erfreut, das Richtige für den Kleinen besorgt zu haben. Nicht minder albern, wie die Frau Mama, sah ich, die selbsternannte Tante, Klein-Gracchus zu, wie er mit dem Stofflöwen hantierte. Er war einfach zu drollig! Dem Kleinen vzuzusehen, war ein tagesfüllendes Werk. Man konnte sich einfach nicht sattsehen!
    Es kam wahrscheinlich auf den Blickwinkel an, manchmal schien die Ähnlichkeit zu Vater oder Mutter unverkennbar zu sein. Ich hingegen wollte mich da nicht so genau festlegen, wem der kleine Mann am Ähnlichsten war. Am Ende sagte ich noch etwas Falsches!


    Meiner Bitte wurde umgehend entsprochen und so konnte der 'Gefangenenaustausch' sofort stattfinden. Stofflöwe gegen Baby! Der arme Kleine wusste gar nicht wie ihm geschah! Er schaute so verunsichert, als er die Seiten wechselte. Der Ärmste, er war seiner Mutter und der „Tante“ hilflos ausgeliefert. Mit den Worten "Ja wer kommt denn da? Klein-Manius komm schnell her zur Tante!" übernahm ich ihn, nicht ohne die Mutter vorher beschwichtigt zu haben. "Aber ja Antonia. Ich bin so vorsichtig, als wäre er mein!" Antonia legte ihn mir in die Arme und ich achtete darauf, daß sein Köpfchen geschützt war.
    Das war wirklich ein schönes Gefühl, den Kleinen im Arm zu halten. So war nur zu hoffen, er würde nicht gleich herum zu quäken, während er bei mir war. Ich tätschelte ihn sanft und trug ihn mit mir herum. Noch war er brav und still! Hätte ich gewußt, was diese besondere Stille bei Kindern zu bedeuten hatte, dann wäre ich spätestens jetzt mißtrauisch geworden! Ach wäre er doch nur mein gewesen, dachte ich still versonnen für mich. Nur mein leises seufzen konnte man hören.
    Nanu, woher kam nur dieses... Odeur? :D

  • Antonia selbst hatte es bereits zu Hobby und Beruf gemacht, das Baby stets anzuschauen und immer wieder neue Dinge zu entdecken, die einem Sekunden vorher nicht aufgefallen waren. Im Moment schien es, als würde dies die Trendsportart des Sommers werden, denn auch Celerina hatte wohl Gefallen daran gefunden. Die Tante – Antonia würde wohl nach Serenus’ Vorbild dazu übergehen, einfach sämtliche Verwandte, die älter als fünfzehn waren zu Onkeln und Tanten zu machen – war bereits in Beschlag genommen und begann den Raum mit dem Kind im Arm zu erkunden, während die Claudia mit dem Trostpreis zurückblieb. Wenigstens konnte sie sich nun einmal wieder strecken. Also erhob sie sich, weiterhin den Stofflöwen in einer Hand haltend, was ein unschönes Knacken der Gelenke nach sich zog. Noch ein wenig undamenhaft die Arme ausgestreckt und der nächsten Sitzorgie stand nichts mehr im Wege.
    Hätte man Antonia heute danach gefragt, wem der Kleine nun ähnlicher sah, so hätte sie eindeutig „Gracchus“ geantwortet. Fragte man sie am Tag darauf, entschied sie, mit derselben Überzeugung in der Stimme wie am Tag zuvor „Mir“.
    „Steht dir gut.“, meinte sie schließlich schmunzelnd, als sie der Flavia eine Weile zugesehen hatte. Fast sehnsüchtig war ihr Blick, doch war es bisweilen keine allzu große Bürde, ihren Sohn ein paar Minuten aus der Hand zu geben. Spätestens wenn er gefüttert oder gewickelt wurde hatte sie wieder einige Zeit für sich. Zeit, die ihr unglaublich sinnlos und unerfüllt schien.
    Doch warum verzog Celerina auf einmal das Gesicht? Sie schien zu schnuppern. Die Verbindung Baby – Geruch wollte sich in Antonias Kopf im Moment nicht so recht einstellen und so beließ sie es bei einem gedanklichen Schulterzucken, erging sich stattdessen weiter im Zusehen und Lächeln, als sei sie geistig ein wenig zurückgeblieben. Sogar ein zufriedener Seufzer entwich ihr. Nie war sie so stolz wie in diesem Moment. Bis auf die geschätzten zweihundertfünfundreißigtausend Momente, die zwischen der Geburt und dieser Sekunde gelegen hatten.

  • Ach dieser süße kleine Wonnebrocken! Es gefiel ihm, bei seiner 'Tante' zu sein. Jedenfalls gab er keinen Mucks von sich, der darauf hindeuten ließ, daß ihm diese Abwechslung zu wider warl. Nun ja, mir gefiel es auch, ein kleines zappelndes Päckchen in Armen zu halten. Antonia indes mußte sich mit dem Stofftier zufrieden geben. Wohlweißlich nutzte sie diese kleine Pause, um sich etwas zu entspannen.


    "Oh danke! Ich muß sagen, es ist auch angenehm, ihn zu tragen!" Mit etwas Glück, konnte das ganz schnell in Mode kommen. Ja, der kleine Mann stand mir wirklich gut, so befand ich. Ich tröstete mich für den Augenblick damit, daß es in naher Zeit anders aussehen könnte. Dann wäre ich die glückliche Mutter und das Kleine auf meinem Arm wäre mein Sohn! Oh ja! Wenn schon die ganzen Strapazen in Kauf nehmen, dann sollte es schon ein Sohn sein! Selbstredend wußte ich, wie wenig bis gar keinen Einfluß man darauf hatte. Die einzige Möglichkeit bestand darin, die Götter darum zu bitten. So hatte ich schon längst beschlossen, wenn es denn soweit wäre, Iuno einen Besuch anzustatten.


    Insgeheim dachte ich aber schon, daß es doch ganz schön anstrengend sein mußte, den ganzen Tag so gluckenhaft das Kind im Arm zu halten. Da mußte es ihr doch wie gerufen kommen, wenn die Natur ihren Tribut forderte und das Kind gewickelt oder gefüttert werden musste. Apropos wickeln, ja! Dieser Gestank beleidigte meine Nase! Er verschwand nicht einfach so, nein ganz im Gegenteil, er verstärkte sich noch. Ich wollte nicht wirklich wissen, worum es sich dabei handelte. Wohl verhielt es sich aber doch so, Klein-Manius mußte sich erleichtert haben. Es fragte sich nur, wie lange die Windel standhalten würde. Es war doch besser, ihn der leiblichen Mutter wieder auszuhändigen, bevor noch ein viel größeres Malheur geschah.
    "Meine Liebe, möchtest du nicht wieder deinen kleinen Schatz haben?"

  • „Ja, nicht wahr? Mein Großer, ist immer so brav und quengelt fast nie.“
    Fast nie umspannte ein Zeitfenster von maximal einer halben Stunde am Stück. Doch nicht nur Antonias Charakter, auch ihr Zeitgefühl schien sich ein wenig verändert zu haben. Es wunderte sie indes ein wenig, dass Celerina keine Kinder aus ihrer ersten Ehe zu haben schien. Doch andererseits, wenn sie und ihr Mann auch nur halb so viele Schwierigkeiten bei der ‚Produktion’ gehabt hatten, wie Gracchus und sie selbst – obwohl Antonia jene lange Kinderlosigkeit als besondere Strafe der Götter erachtet hatte, die kaum jemand anderen getroffen haben konnte – auch verständlich. Zumindest abgeneigt schien sie der Vorstellung nicht, ein Kind zu haben. Allerdings konnte die Claudia dieser Tage nicht wirklich differenzieren was nun ehrliche Freude und Begeisterung und was geheuchelte Höflichkeit war.
    Ganz falsch mit der Annahme, dass jene Gluckenrolle nicht ganz die Einfachste war, lag die Flavia hierbei nicht. Denn zwar suchte sich Übermutter Antonia jene Rolle selbst aus und bereute nie bewusst, wie viel Zeit sie mit ihrem Sohn verbrachte, doch war sie unterbewusst jedem dankbar, der sie für einige Minuten entlastete. So winkte sie nur lächelnd ab und schüttelte den Kopf als Celerina anbot, ihr ihren Sohn wieder zu übergeben.
    „Ach, behalte ihn ruhig noch ein Weilchen. Es scheint ihm zu gefallen bei dir. Und ich habe ihn ja ohnehin den ganzen Tag.“
    Hätte Antonia geahnt, welche Vorgänge im und außerhalb des Körpers ihres Nachwuchses Celerina zu diesem Vorschlag gebracht hatten, sie hätte natürlich umgehend für Abhilfe gesorgt. Im Nebenraum saß schließlich eine von drei Sklavinnen, die rund um die Uhr im Schichtdienst für den Stammhalter verantwortlich waren und nur auf eine solche ‚Gelegenheit’ warteten. Wirklich prima Patrizier zu sein.

  • Nun ja, die Titulierung Stinker wäre wohl eher angebracht gewesen! "Ja, so brav ist er das kleine Stinkerchen!" Oh ihr Götter, konnte man sich nun nicht einmal mehr auf diese kleinen Quälgeister verlassen? Eigentlich hätte der Kleine doch schon längst losbrüllen müssen, weil ihn diese fremde Frau genommen hatte und er nun nicht mehr bei seiner geliebten Mama war, weil seine Windeln voll waren oder weil, was auch immer war! Aber nein! Das kleine propere Kerlchen fand es ganz prima, bei Tante Celi zu sein!
    Nun, der Geruch wurde immer unangenehmer! Antonia konnte dies doch nicht verborgen geblieben sein! Ich vermutete einfach, sie war heilfroh, ihn für einige Minuten los zu sein! Aber wozu hatte man Personal? Waren die Sklaven in Streik getreten, ob des widerlichen Geruchs, welcher der kleine Flavius ab und an produzierte? Verdenken konnte man es ihnen nicht.
    So machte ich gute Miene zum bösen Spiel und behielt ihn noch auf meinem Arm. So richtig konnte ich mich nicht mehr daran erfreuen. Selbst als der Kleine wieder mit mir zu lachen schien. Ja, lach mich nur aus! Die Tante Celi wird sich das merken! Kurze Zeit später tadelte ich mich schon wieder für diese abstrusen Gedanken. Nein der kleine Stinker konnte ja gar nichts dafür. Er tat nur, was er immer tat und dabei war es ihm völlig gleich, wer ihn im Arm hatte.
    Ja, ja, der kleine Flavius. Ich war ihm schon gar nicht mehr böse, dem kleinen lieben Wonnebröckchen. Doch was war das. Meine Hand fühlte eine Art von Feuchtigkeit. Nein, ich wollte nicht wissen, was das war! Mein erster Gedanke galt nur meiner neuen Tunika, ein edles Stück von Chanelix, was mich ein kleines Vermögen gekostet hatte. So leid es mir auch tat, ich zog den Kleinen von mir weg und bemerkt nur dezent, mit belegter Stimme: "Antonia, dein Kind tropft!"

  • Stinkerchen? Antonia runzelte ob dieser Bezeichnung die Stirn. Eigentlich wäre es ja Hinweis genug gewesen, doch wollte einfach nicht ihr Bewusstsein dringen, dass Klein-Manius einem nur allzu natürlichen Bedürfnis nachgekommen war. Stattdessen lächelte sie weiter ihr überglückliches Lächeln, nickte fröhlich und bemerkte in so euphorischer Stimmung auch nicht den Geruch, der langsam aber sicher Besitz vom Raum ergriff, sich den Weg durch diverse Wohlgerüche wie Blumen und Parfum erkämpfte, alles gnadenlos erstickte, bis nur noch er allein der Herrscher über die Luft war.
    Erst Celerinas Bemerkung ob des Tropfens ließ die Claudia aufhorchen. Es tropfte? Ach herrje. Flugs eilte die eifrige Mama herbei, um die Tante von dem stoffwechselbetreibenden Neffen zu befreien. Vornehmlich weil sie befürchtete ob der neuen Haltung des Kindes könne die Flavia ihn doch noch fallen lassen. Und nun, endlich, roch auch Antonia was Celerina die ganze Zeit hatte die Nase rümpfen lassen.
    „Commutatia!“, rief sie laut genug, dass die Sklavin es hören musste und störte sich nicht weiter an der etwas undichten Stelle ihres Sohnes. Commutatia schien nur darauf gewartet zu haben, musste gar an der Tür gelauscht haben, so schnell wie sie nun im Raum stand und Antonia anblickte. Wortlos reichte diese der Sklavin ihren Sohn und trug ihr auf, gleich noch eine Schüssel Wasser zu bringen, damit Celerina ihre Finger davon befreien konnte, was auch immer der Säugling hinterlassen hatte. Sie nickte eifrig und verschwand aus dem Raum, um zu tun, wofür sie nicht bezahlt wurde.
    „Es tut mir so leid.“, versicherte die Claudia. „Ich hoffe, deine schöne Tunika hat nichts abbekommen?“
    Prüfend musterte sie sogleich die einschlägigen Stellen, konnte jedoch auf den ersten Blick nichts entdecken. Doch hieß das bisweilen nichts, wie sie aus eigener Erfahrung wusste. An den sonderbarsten Stellen hatte sie schon Überreste der Körpersäfte ihres Kindes gefunden. Mittlerweile war sie dazu übergegangen, ihre teure Garderobe gar nicht mehr aus dem Schrank zu holen, es sei denn sie hatte vor das Haus zu verlassen. Zu viele Kleidungsstücke hatten den Kampf gegen Erbrochenes und dergleichen mehr verloren.
    In der Zwischenzeit schneite auch schon die nächste Sklavin herein, eine Waschschüssel sowie diverse Lotionen und ein Handtuch bei sich tragend.

  • Mir war es mehr als unangenehm gewesen, Antonia darauf aufmerksam zu machen. Was aber zu viel war, war eben zu viel! Sie nahm sich des Kindes wieder an und bemerkte sofort das kleine Mißgeschick des Kleinen. Ich atmete erleichtert auf. Natürlich wollte ich nicht den Zorn der Claudia auf mich ziehen.
    Die Sklavin die sie gerufen hatte, kam auf der Stelle und kümmerte sich um den kleinen Flavius und alsbabd auch um mich.
    "Ach, das macht doch nichts!" heuchelte ich, als sei die teure Tunika mir vollkommen unwichtig, was sie es natürlich nicht war. Wie angenehm und pflegeleicht war da meine Katze im Vergleich zu einem Kleinkind. Daß diese Rolle aber auch eines Tages auf mich zukommen sollte, war wohl unausweichlich und ich konnte nicht genau sagen wieso, doch ich freute mich darauf!
    "Ach, die dumme Tunika! Wozu gibt es denn die Waschsklavinnen?" Weiterhin tat ich das kleine Problemchen als Nichtigkeit ab, überprüfte jedoch im gleichen Moment mein Gewand auf Unversehrtheit. Glücklicherweise konnte ich nichts entdecken. Trotz allem müsste man die Tunika waschen. Herrje, und danach konnte ich sie wegwerfen!
    De Sklavin kam erneut und wusch mir die Hände. Doch mit waschen alleine war es nicht getan. Meine Hände bedurften einer besonderen Pflege. Das waren schließlich nicht die Hände eines Waschweibes! Anschließend cremte sie die Hände noch mit einer Lotion ein. "Was ist das für eine Lotion?" fragte ich sie. Dem Geruch nach konnte ich sie nicht einordnen.

  • Celerinas Reaktion erleichterte die Claudia nun doch. Sie selbst wäre vermutlich in einer ähnlichen Situation in blanke Panik ausgebrochen, hätte jeden digitus der Tunika absuchen lassen oder sich sofort umgezogen. Früher.
    Nichtsdestotrotz nahm Antonia sich vor, beizeiten nach einer ‚Entschuldigungstunika’ für die Flavia Ausschau zu halten. Wie sagte man doch oft so einfach und so richtig: Kinder sind teuer. Machte der kleine Gracchus beim Rest der weiblichen Verwandtschaft so weiter würde das in der Tat kostspieliger werden als seine gesamte Ausbildung, wusste Antonia doch um die Preise, die ein Designerkleidungsstück hatte. Schließlich hingen genug davon in ihrem eigenen Schrank.
    „Na, wenn du meinst.“, entgegnete sie schließlich und lächelte gelöst. Recht schnell war die Sklavin wohl mit ihrer Arbeit fertig, trabte sichtlich stolz auf ihre Arbeit wenige Minuten später mit dem Flavius auf dem Arm wieder in den Raum und reichte ihn Antonia, da Celerina mit Hände gewaschen bekommen beschäftigt war. Die Mutter nahm ihren Sohn fröhlich in die Arme und schien keineswegs nachtragend.
    Die Sklavin indes, die mit Waschen beschäftigt war, blickte auf, als Celerina das Wort an sie richtete. Ein kurzer, angstvoller Blick wanderte zu Antonia, aus deren persönlicher ‚Sammlung’ sie die Creme entführt hatte. Diesbezüglich konnte sich Antonias Schminkschrank eines recht großen Sortiments rühmen.
    „Aus Aegyptus.“, erklärte sie jedoch bereitwillig, als die Patrizierin sich nicht weiter daran zu stören schien, dass man einer ihrer Verwandten hiermit etwas Gutes tat.
    „Es ist eine spezielle Mischung, domina. Lavendel, Mandel, Olivenwachs und diversen Beeren.“

  • Der Duft der Lotion betörte mich. Ich mußte unbedingt in Erfahrung bringen, woher sie stammte. Natürlich zweifelte ich keine Minute daran, daß die Sklavin sie aus den eigenen Vorräten Antonias genommen hatten. Die Sklavin schien sich nicht ganz schlüssig zu sein, ob sie die tatsächliche Herkunft preisgeben sollte. Doch dann verriet sie sie doch.
    "Aus Aegyptus!" Ja, Aeyptus, das geheimnisvolle Land am Nil mit einer uralten Tradition, die nicht nur große Herrscher hervorgebracht hatte, nein die auch in Sachen Kosmetika immer noch die Nase vorne hatte. Außerdem übte dieses Land eine gewisse Faszination auf mich aus. "Liebste Antonia, du mußt mir unbedingt erzählen, wo man diese Lotion beziehen kann," sagte ich, wieder zu meiner Verwandten gewandt.
    Die Sklavin hatte ihre Aufgabe erfüllt und so waren meine Hände wieder frei. Noch einmal sog ich den wundervollen Duft ein. Es bestand kein Zweifel, diese Lotion musste ich auch haben!
    Zwischenzeitlich war der kleine Charmeur wieder zurückgekehrt, wie mir schien, immer noch quietsch fidel. Irgendetwas kann mit dem Kind nicht stimmen, dachte ich im Stillen. Diese anhaltende Fröhlichkeit bei einem Säugling war doch höchst ungewöhnlich. Ich dachte immer, Säuglinge und Kleinkinder quäken den ganzen Tag. Doch Klein-Manius schien da eine Ausnahme zu sein. Antonia hatte ihm doch nicht gewisse Mittelchen verabreicht? Aber nein, das hatte sie sicher nicht. Dafür wäre doch ich zuständig gewesen!
    "Oh, da ist er ja wieder, der kleine St… Liebling!" Die Titulierung Stinker vermied ich besser. Stinker oder auch Stinkerchen hatte keinen guten Anklang im mütterlichen Ohr gefunden. Diesmal blieb ich ein wenig auf räumlicher Distanz, damit mir nicht wiederholt zum Opfer wurde und zu der Ehre kam, den kleinen Flavius zu tragen.

  • „Oh, ich habe so meine Quellen.“, erwiderte Antonia mit geheimnisvollem Lächeln. Angesichts der Tatsache, dass Celerina sie jedoch zu den CP mitgenommen hatte und so ihrerseits ein wohlgehütetes Geheimnis mit der Claudia geteilt hatte, schien diese gewillt ihre Bezugsquellen offen zu legen.
    Sie hatte inzwischen wieder Platz genommen. Insgeheim wunderte sie sich selbst über die anhaltende gute Laune ihres Sohnes, konnte er diese doch weder von ihr, noch von ihrem Gatten geerbt haben, die beide eher die würdevoll-kühlen Typen waren. Irgendetwas stellten die Sklaven mit ihm an, so musste es sein. Was Antonia nicht wusste war, dass der Bengel die halbe Nacht wach lag und schrie, was zur Folge hatte, dass tagsüber hierfür weniger Bedarf zu herrschen schien. Oder es gefiel ihm schlicht und ergreifend so gut, ständig angehimmelt zu werden, dass kein Grund zum Schreien bestand. Man würde es wohl nie erfahren.
    „Kennst du den Laden von Janpau L’Gautis? Er liegt ein wenig versteckt, einige Straßen vom Iseum bei den Horti Maecenatis entfernt. Eine wahre Koryphäe auf diesem Gebiet, sage ich dir.“
    Nach all den Tagen und Wochen in denen allein die Schwagerschaft und Geburt ihr Denken beherrscht hatten, schien sie regelrecht danach gedürstet zu haben, einmal wieder über Mode und Kosmetik zu sprechen. So jedenfalls konnte man ihren Gesichtsausdruck deuten.
    Die einzige männliche Person im Raum war sich des Themas vermutlich nicht bewusst und auch nicht, dass er höchstwahrscheinlich dieses Thema einmal hassen würde. Nichtsdestotrotz startete der Junge einen Ablenkungsversuch indem er begann eine seiner kleinen Händen an den Ärmel seiner Frau Mama fest zu krallen, die ihm dies mit einem gutmütigen Lächeln dankte.
    „Möchtest du ihn noch mal?“, fragte die Claudia schließlich und blickte zu ‚Tante Celi’. So schnell würde der kleine Gracchus wohl nicht nachlegen mit einer vollen Windel, doch wusste Antonia nicht recht, ob die Flavia nach diesem Dilemma nicht für alle Zeit von einem Kinderwunsch geheilt war.

  • Dieses geheimnisvolle Lächeln, welches sich nun auf Antonias Antlitz abzeichnete, förderte noch mehr mein Verlangen, an die Bezugsquelle ihrer Kosmetika zu kommen. Sie mußte einfach damit herausrücken, schließlich hatte ich sie ja auch mit zu CP geschleppt und ihr so mein Geheimnis preisgegeben! Also war es jetzt nur gerecht, wenn sie mir nun ihres verriet.
    Aber ich mußte nicht lange waten. Auf Antonia war eben einfach Verlaß! Wir Frauen mußten doch zusammen halten, egal was kam! Um ehrlich zu sein, hätte ich es sogar auch noch einmal auf mich genommen und Manius Minor auf meinen Arm genommen. Glücklicherweise verzichtete meine Verwandte auf derartige Gegenleistungen, was mich natürlich hoch erfreute. "Janpau L’Gautis? Nein, den kenne ich nicht! Hinter dem Isistempel sagst du? Da muß ich unbedingt hin! Ich danke dir für diese überaus wertvolle Information, meine Liebe!"
    Ach war es nicht schön, eine so nette Verwandte im gleichen Haus zu haben. Nun, da sie entbunden hatte, war sie auch wieder empfänglich für Fragen der Mode und allerlei Schönheitsartikel. Als ich sie noch vor einigen Wochen so dickbäuchig durch die Villa hatte gehen sehen, traute ich mich einfach nicht, sie anzusprechen. Ich konnte gut nachvollziehen, wenn man sich in seiner Haut nicht wohl fühlte.
    Unter uns gesagt, hatte ich den Eindruck gewonnen, sie müsse sich nach der Geburt erst wieder in ihre alte Kleidergröße hinein hungern. Dabei wollte ich sie aber gerne wieder unterstützen!

    Offenbar hatte der kleine Flavius bemerkt, daß er kurzeitig nicht das Objekt der Begierde war und nutzte sogleich eine Gelegenheit aus, um auf sich aufmerksam zu machen und was ihm letztlich auch gelang.
    Als mir Antonia ihr kleines Söhnchen ein erneutes Mal anvertrauen wollte, konnte ich natürlich nicht nein sagen. "Aber gerne doch!" Innerlich hoffend, nicht noch einmal Opfer natürlicher Vorgänge zu werden.

  • Das Glänzen in Celerinas Augen rief eine fast kindliche Freude in Antonia wach. Lange Zeit hatte sie nur mit Männern unter diesem Dach gelebt, die, aus verständlichen Gründen, keinerlei Begeisterung für derartige Themen entwickelt hatten. Natürlich hatte die Claudia die ein oder andere Freundin oder Bekannte, mit der man hierüber sprechen konnte, doch quasi jederzeit mit einer kultivierten Frau fachsimpeln zu können war einfach etwas Wunderbares. Und wo nun noch bald Epicharis hier einziehen würde, war Antonia sicher, dass die Frauen die Herrschaft im Hause an sich reissen würden, ohne auch nur auf den geringsten Widerstand zu stoßen. Wobei ihr einfiel, dass es wohl auch wieder höchste Zeit war, die Villa Innenausstattungstechnisch ein wenig auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen.
    „Nichts zu danken.“, erwiderte sie schließlich mit großzügigem Lächeln. Ohja, der Austausch einiger Geheimtipps konnte wahrlich nichts schaden, zumal die CP sicherlich beim verlieren des Schwangerschaftsspecks behilflich sein würden.


    Freudig, dass der kleine Manius seine ‚Tante Celi’ doch nicht so sehr verärgert zu haben schien, dass sie ihn nicht mehr näher als zwei Fuß an sich heranlassen würde, begab sich Antonia zur Flavia und reichte ihr vorsichtig ihren Sohn. Mit sanftem Druck befreite sie sich von der klammernden Hand des Babys und setzte den Gesichtsausdruck einer Mutter auf, die sicher war, ihr Sohn würde einst der größte und stärkste von allen sein.
    „Sag, wie ist es eigentlich in der Zwischenzeit mit dir und deinem Aurelius?“
    Schalkhaft begannen ihre Augen zu blitzen, gab es doch kaum ein Thema, über das Frauen bisweilen besser tratschen konnten, als Männer und Mode. Wenigstens vordergründig. Die neuesten Intrigen konnten allerdings auch zu einem anderen Anlass erörtert werden.

  • Auf meinem Gesicht stand ein verschwörerisches Lächeln. Es hatte in der Tat viele Vorteile, wenn die Freundin, der man sich anvertrauen konnte, unter einem Dach wohnte, Bald nun, kam eine weitere potentielle Freundin hinzu. Ich zweifelte keinen Augenblick daran, daß Epicharis nicht auch eine weitere Vertraute werden konnte. Dann konnten wir Frauen wieder das Ruder übernehmen, jedenfalls dann, wenn es um häusliche Dinge ging.
    Einen Vorteil, den Antonia dabei genießen konnte, war die Tatsache, daß sich Klein-Manius sofort bei der Damenwelt einschmeicheln konnte. Freudig strahlend nahm ich ihn wieder. "Auf daß du mir diesmal sauber bleibst!" :D Der kleine Flavius beantwortete diese Ansage sofort mit einem glucksenden Laut. Ich konnte nichts machen, er fühlte sich einfach bei 'Tante Celi' pudelwohl. Er hatte schon früh gelernt, wie man Frauen den Kopf verdrehen konnte. Wahrscheinlich lernten das alle Männer schon in diesem Alter, die einen mehr und die anderen weniger gut. Manius Minor schien aber einer von den besseren Schülern zu sein. Kaum war er auf meinem Arm, schon hatte er meine Ohrringe entdeckt und begann damit zu spielen.


    Antonias Frage, was aus dem Aurelier geworden war, wunderte mich nicht. Schließlich hatte ich ihr damals, nachdem ich ihn kennen gelernt hatte, davon erzählt. "Oh, der Aurelius ja. Ich habe ihn seit damals noch mehrmals getroffen. Er ist wirklich ein sehr interessanter Mann, kann ich dir sagen und außerdem überschneiden sich unsere Interessen. Ich würde ihn gerne heiraten, Antonia. Doch ich weiß noch nicht, wie ich ihn Aquilius schmackhaft machen soll. Du verstehst, was ich meine, nicht wahr meine Liebe? Mein Onkel weiß von alle dem noch nichts und wie nahe ich dem Aurelier mittlerweile schon stehe. Ich möchte meinen Onkel aber auch nicht verärgern. Hättest du einen Rat für mich?"
    Klein-Manius hatte in der Zwischenzeit wahre Freundschaft mit meinen Perlenohrringen geschlossen und lutschte jetzt daran. "Aber Manius, du kleiner Schlingel!"rief ich, als mir sein schmatzen auffiel.

  • Celerina schien darauf zu vertrauen, dass ein echter Flavier den gleichen Fehler nicht zwei Mal hintereinander begehen würde und so hoffte auch Antonia, ihr Sohn möge seinen Stoffwechsel unter Kontrolle halten. Unsicher lächelte sie, war es ihr doch äußerst peinlich, dass er sich ausgerechnet in den Armen von ‚Tante Celi’ erleichtert hatte.
    Zugleich jedoch fühlte sie einen gewissen Stolz in sich, schließlich hätte wohl kaum ein Mann der Flavia nach einem solchen Malheur wieder näher kommen dürfen :D
    Ja, kein Zweifel, um Manius Minor würden sich einmal die Frauen scharen wie Bienen um den Honig. Und seien es nur seine Tanten.


    Aufmerksam lauschte sie schließlich Celerinas Erzählung den Aurelier betreffend. Zunächst verschmitzt lächelnd, doch mit Steigerung der Wortanzahl letztlich immer nachdenklicher.
    „Hm.“, machte sie grübelnd und legte den Kopf schief. In derlei Dingen hatte sie wenig bis gar keine Erfahrung, schließlich war ihre eigene Ehe arrangiert worden und somit hatte sie sich keine Gedanken darüber machen müssen, wie man den Verwandten den potentiellen Ehemann auf dem Silbertablett servieren konnte. Die Vorstellung hierbei ließ sie wieder grinsen, verbarg es jedoch recht schnell wieder unter der Maske des Nachdenkens.
    „Nunja, ich glaube, besonders anpreisen musst du diesen Aurelier nicht, er ist schließlich kein Drückeberger, soweit ich weiß. Ist er nicht Auctor der Acta und kürzlich in den Senat berufen worden? Aber gut, einfach verkünden, dass du nun auf eigene Faust einen Ehemann gefunden hast geht natürlich nicht.“
    Unbewusst begann die Claudia auf ihrer Unterlippe herumzukauen, eine dumme Angewohnheit, die sie bisweilen befiel wenn sie angestrengt über etwas nachdachte.
    „Weiß Aquilius denn wenigstens, dass ihr euch bereits kennt? Das würde das Ganze ja schon einmal vereinfachen.“
    So in Überlegungen versunken war Antonia gar nicht aufgefallen, wie der kleine Gracchus plötzlich Gefallen an Ohrringen zu finden schien. Sichtlich unangenehm berührt begann sie einmal mehr an diesem Tag sich zu entschuldigen. „Oh, Celerina, es tut mir ja so leid.“
    Babysabber am Ohr(ring) war vermutlich absolut nicht das, was man sich als Tante von seinem ‚Neffen’ wünschte. Langsam beschlich die junge Mutter das Gefühl, einen Großteil ihrer künftigen Zeit würde sie damit verbringen, sich für die Taten ihres Sprosses zu entschuldigen. Zugleich jedoch kam ihr ein anderer Gedanke. Perlohrringe.. was, wenn eine Perle abging und das Kind sie verschluckte und am Ende daran erstickte? Sie wurde blass und beeilte sich, den Ohrring aus dem enttäuschten Mund ihres Sohnes zu ziehen.
    „Du gestattest doch.. ach Manius, was machst du nur mit deiner armen Tante.“

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