Für eine Katze etwas zu zahlen kam Penelope ein bisschen wie Verschwendung vor. Es liefen so viele dieser Tiere durch die Strassen, dass die eine oder andere mitunter im Kochtopf landete. Aber das schutzamulett sollten sie allemal besorgen, und vielleicht noch einmal etwas Weihrauch für Pan. Wie sie Hera hier am besten opfern sollten, wusste Penelope noch nicht. Vielleicht kamen sie an einem kleinen Schrein vorbei? Von einem großen Tempel wusste sie nämlich nichts.
Sie ließ sich gerne von Anthi aufhelfen, auch wenn es eigentlich unnötig war. Aber seine Hand zu halten war einfach schön, und so konnte sie sich gleich bei ihm einhaken.
Inhapy - Hebamme und Freizeitseelsorger
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Wie versprochen besuchte Anthi an diesem Tag wieder die Hebamme Inhapy. Heute wollten sie ihm nicht nur abschließend klären, wie sie dem Ägypter eine Abreibung verpassen wollten, der seine Frau so erbärmlich zugerichtet hatte. Anthi wollte sie zudem fragen, ob sie ihn in die Heilkunst und Pflanzenkunde einweihen würde. Nicht dass er vorhatte ein Hebame zu werden-dabei würde er ganz sicher ohnmächtig werden, dabei war er sich ziemlich sicher-aber da er vorhatte sich im Museion in die Medizin einweisen zu lassen, wäre es praktisch mit einem gewissen Grundwissen an die Sache heranzugehen. Außerdem, und das war der Hauptgrund gewesen der ihn auf die Idee gebracht hatte, wollte er Penelope helfen können, falls es ihr mal nicht gut ging. Anthi fühlte sich bei dieser Schwangerschafts-Sache so hilflos, und das konnte er gar nicht leiden. Er wollte es dem Schicksal schon so schwer wie möglich machen, sie ihm wegzunehmen-wenn das Schicksal das überhaupt wollte.
So stand er nun vor Inhapys Türe und klopfte fest daran.
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Heute war dieser eine Tag in der Woche, an dem Inhapys Mann und die ältesten Söhne nicht arbeiten waren. Manchmal hatte es auch Vorteile, wenn man für einen jüdischen Ziegelmacher arbeitete, so bekam man wenigstens immer einen tag in der Woche sicher frei. Also öffnete auch nicht Inhapy selber die Türe, sondern einer ihrer Zwillingsjungs. Mit seinen elf Jahren kam sich Hay schon richtig groß vor, und für sein Alter waren er und sein Bruder auch hoch gewachsen. Wäre er Mitglied einer reichen Familie und hätte die Zeit gehabt, aus ihm hätte man sicher einen herrlichen Krieger oder Sportler formen können. Aber so war er doch ein wenig schlaksig, durch die Arbeit braungebrannt und kräftig, aber eher hager als muskulös. Trotzdem ging er Ánthimos nur bis knapp über den Bauchnabel, als er die Türe öffnete.
Er sah hoch und schaute dabei so skeptisch, wie es Elfjährige nun mal zu tun pflegten, wenn sie überrascht waren. Offenbar traute er der ganzen Sache nicht wirklich, war aber auch gleichzeitig zu neugierig, um unfreundlich zu sein. Also stand er nur da und schaute hoch.
“Jaaaa?“ -
Bisher hatte er Inhapys Kinder immer nur aus der Ferne gesehen, aber diesen hier kannte er noch gar nicht. "Chaire. Ich bin Anthimos, der Verlobte von Penelope." Sie hatte ja gesagt, dass sie öfter auf die Kinder aufgepasst hatte, also kannte er Kleine sie sicher. "Ist deine Mutter da?" Hoffentlich war nun nicht umsonst hierher gekommen.
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Einen Moment lang schaute Hay noch skeptisch drein, und dann machte er das, was wohl jedes Kind in dem Alter tat.
“Maaaamaaa? Ist für diiiich.“
Und schwupps war er auch schon im Inneren des Hauses verschwunden, auf der Suche nach etwas essbarem. Das Haus war ja nicht so groß, als dass man die Kinderstimme hätte überhören können, und so musste Ánthimos auch nicht lange warten, bis die Hebamme an die Tür kam. Inhapy war wohl ein klein wenig abgelenkt, denn sie lächelte Anthi entgegen ihrer sonst so forschen und fordernden Art grade ziemlich glücklich einen Moment an, bis sie ihn richtig begrüßte.
“Ánthimos? Ach, ja, du wolltest ja heute vorbeikommen, ich hab dich irgendwie schon ganz vergessen. War eine ziemlich hektische Woche, kann ich dir sagen.“
Ihr Haar war heute offen und ein wenig wild. Und auch ihre Kleidung war nicht ganz so akkurat wie sonst, sondern sah ein wenig bequemer aus – was sie auch war. Offenbar hatte sie wirklich mit ihm heute nicht gerechnet.
Sie kam zu ihm vor die Türe – wie gesagt, so groß war ihr Haus nicht und aus irgendeinem Grund war ihr das vor der Türe im Moment wohl lieber. Dann fasste sie sich gegen den Kopf, wie man es zu tun pflegte, wenn einem plötzlich wieder etwas einfiel, was man total vergessen hatte.
“Achja, wegen meiner Freundin wolltest du ja noch mal vorbeischauen. Heute bin ich wohl ein wenig durch den Wind.“ -
Offenbar störte er. Er wolte gar nicht wissen, bei was er sie gerade gesört hatte, aber dafür musste man wohl kein Hellseher sein.
"Entschuldige die Störung. Soll ich später oder morgen nochmal kommen?"Wenn er sie wirklich bei dem gestört hatte, was er dachte, dann war es jetzt wohl eher schlecht sie zu fragen, ob sie ihn lehren würde...
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Inhapy sah ihn einen Moment verwirrt an, dann hatte sie ihren üblichen, skeptisch-überlegenen Blick wiedergefunden und sah Ánthimos an wie einen ihrer Jungs, wenn er was angestellt hatte.
“Ach, sei nicht albern.“
Sie setzte sich bequem auf die Stufen ihres Hauses und deutete Anthi mit einer Hand, er solle sich ebenfalls hinsetzen. Auswahl hatte er da genug. Außer den Stufen gab es auch noch eine kleine Mauer, die wohl in besseren Zeiten mal eine Gartenmauer hätte werden sollen und auch etwas, das wohl einmal eine richtige Sitzbank war.
Inhapy selber hatte mit ein paar schnellen Handgriffen ihre Haare wieder soweit gerichtet, dass es ordentlich aussah. Dabei begann sie shcon ganz von alleine, zu erzählen.
“Ich habe mich umgehört und wüsste einen Ort, wo Neferu bleiben kann. Eine Cousine meines Mannes hat auch vor zwei Monaten ein Kind bekommen, aber sie hat zu wenig Milch. Sie und ihr Mann würden Neferu als Amme wohl nehmen. Jetzt müsste man sie nur noch aus dem Haus holen.“ -
Das war sicherlich eine schwierige Sache. Aber wie sollte Anthi das wissen? Er kannte ja nicht die Gewohnheiten der Familie oder auch nur die Örtlichkeiten.
"Hält er sie im Haus gefangen? Darf sie gar nicht raus? Ich kenne sie ja nicht. Hast du gar keine Idee, wie wir sie und das Kinmd da rausbekommen?" -
So ein großer, starker Kerl, und er schien von Inhapy richtig eingeschüchtert zu sein. Zumindest kam er ihr so vor, wie er im Moment dastand und sie um Rat fragte. Inhapy musste leicht grinsen und schüttelte den Kopf.
“Hast du nicht gemeint, dir würde schon was einfallen? Nein, sie darf das Haus nicht verlassen, die arme. Sie und das Kind sind da nun schon seit drei Wochen eingesperrt. Aber glaub mir, wenn du ihr sagst, du bringst sie weg und in Sicherheit, wird sie wohl keine Sekunde zögern und mit dir mitkommen.“ -
Dann dürfte die Sache ja nicht allzu schwer sein. Jetzt galt es noch die Gewohnheiten von neferus Mann herauszufinden. "Und wie sieht es mit ihm aus? Geht er arbeiten, und vor allem wo arbeitet er? Dann kann ich sie herausholen, wenn er weg ist und dann kann ich gemütlich auf seine Rückkehr warten." Das klang nach einem guten Plan.
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“Ja, er arbeitet am Hafen, hilft beim Verladen der Schiffe und bei den Lagern. Aber er steht erst spät auf, meistens ist er am frühen Nachmittag dort und kommt irgendwann vor Einbruch der Dunkelheit dann heim.“
Inhapy hatte seine Frau ja so auch das letzte Mal von ihm weggeholt. Aber nun hatte sein Haus eine neue Türe. Eine sehr stabile. -
Anthi wackelte mit seinem Kopf und seinen Händen. Das machte er öfter wenn er in Gedanken das Für und Wieder erörterte.
"Besser wäre es gewesen, wenn er erst bei Dunkelheit heimkommen würde. Aber es wird auch so gehen. Was hindert deine Bekannte eigentlich daran, abzuhauen während ihr Mann arbeiten ist? Hat er irgendwelche besonderen Vorkehrungen getroffen, oder sie vielleicht sogar angekettet?"
Seitdem es ihm so ergangen war, hatte er eine Abneigung gegen Ketten entwickelt. Wenn dieser Kerl seine Frau wirklich so halten sollte, würde ihm das sicher ein paar Extrahiebe bringen.
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Die Haustür ging auf und ein Mann zwischen 30 und 40 schaute kurz heraus. Er betrachtete Anthi kurz skeptisch und wandte sich dann an seine Frau. Auf ägyptisch natürlich, hatte er ja auch keine Ahnung, dass der Grieche ihn verstand und waren seine Worte ohnehin für seine Frau bestimmt. Abgesehen davon sprach Amosis nicht so gut griechisch und so gut wie gar kein Latein.
“Ich bin mit den Kleinen ein wenig im Hof spielen. Hay und Bay haben irgendwoher einen Ball aufgetrieben.“
Er lächelte zu seiner Frau herunter, und sie lächelte kurz sanft zurück, bekam dann aber gleich wieder diesen herumscheuchenden Gesichtsausdruck.
“Schau auch gleich, ob das Feuer richtig brennt, und das Gemüse kannst du auch gleich aufsetzen. Wenn du schon mal im Hof bist.“
Ihr Mann bekam kurz einen klagenden Gesichtsausdruck, senkte dann aber beim strengen Blick seiner Frau gleich den Kopf. Als sie sich wieder wegdrehte und zu Ánthimos, schaute Amosis auch hoch und schenkte Anthi ein Zwinkern. Der durfte ruhig wissen, dass er nicht so sehr litt, aber seine Frau liebte es eben, ihn herumzuscheuchen, noch viel mehr, wenn sie glaubte, sie müsse ihn scheuchen.Inhapy indes bekam das gar nicht mehr mit und redete wieder mit Anthi, als ihr Mann die Türe schloss.
“Ja, das Haus hat nur sehr kleine Fenster, wo man nicht rauskommt. Die Hintertür hat er zugemauert, dieser verrückte, und an der Vordertür gibt’s nun ein Schloss mit Eisenbeschlägen. Und die Tür ist verdammt dick. Ich hab’s versucht, durchzukommen, aber ich hab sie nicht auf gekriegt. Und ich kenn seine Nachbarn nicht so gut und weiß nicht, wo die stehen. Vermutlich halten sie sich raus, aber wer weiß das schon so genau?“ -
Inhapy schien ihren Mann ja ganz schön unter Kontrolle zu haben. Aber diesem das zu gefallen, also hatte Anthi kein Problem damit. Und bei fünf Kindern konnte es dem Kerl sicher nicht so schlecht mit ihr gehen.
"Das macht die Sache natürlich schwierig. Eine Tür mit Eisenbeschlägen...da werde ich Werkzeug brauchen. Wie gut ist die Tür denn einsehbar? Sitze ich dort auf dem Präsentierteller, oder ist es etwas verwinkelter oder abgeschiedener? -
Inhapy sah sich ein wenig übertrieben um, und deutete dann mit den Händen unbestimmt auf die Umgebung hier.
“Es ist in Rhakotis. In einer der nicht ganz so guten Ecken. Beim ersten Mal bin ich ja auch durch die alte Tür gekommen ohne Probleme, aber da war es nur ein Holzschloss. Wenn du mit deinem Krach die Nachbarn nicht störst, glaub ich nicht, dass sich irgendwer für dich großartig interessiert. Das Haus liegt fast eingeschlossen zwischen den Nachbarhäusern.“ -
Wenn er sich Zeit lassen würde, würde er das sicher auch leise hinbekommen.
"Gut, dann machen wir das so. Soll ich sie dann zu dir schicken, oder kommst du mit und nimmst sie dann in Empfang? Und dann müssen wir noch klären, wann wir das machen."
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“Bring sie am besten her. Eines meiner Kinder ist auf jeden Fall da, um sie in Sicherheit zu bringen. Aber ich kann nie sagen, ob ich da bin. Die Babys fragen mich nicht vorher, ob sie auf die Welt kommen dürfen, die kommen, wann sie wollen. Dann muss ich los.“
So war es das einfachste, und Neferu wäre in Sicherheit. -
Das war ja dann die perfekte Überleitung zu dem Thema, dass ihm ebenfalls unter den Nägeln brannte. Allerdings wusste er trotzdem nicht so ganz wie er sie fragen sollte, also versuchte er es durch die Hintertür.
"Gut dann machen wir das so. Aber ich habe noch eine andere Frage: Was hältst du vom Museion, also auf dem medizinischen Gebiet?"
Das war jetzt wohl doch ein etwas überraschender Übergang geworden...
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Inhapy schaute ein bisschen verwirrt zu Anthi, offenbar überraschte sie der Themenwechsel doch ein wenig.
“Vom Museion? Nunja, die haben schon sehr gute Ärzte dort, heißt ja nicht umsonst, dass es die besten der Welt wären. Also, wenn man sich was bricht oder sich schwer verletzt, sind die sicher die richtige Adresse.
Aber wenn du überlegst, mit Penelope eher dahin zu gehen als zu mir, vergiss es lieber gleich wieder. Von Frauen haben die da absolut keine Ahnung, und von Geburt noch viel weniger! Und ich würde nie zulassen, dass einer dieser Männer ihr irgendwelche Flausen in den Kopf setzt!“
Inhapy hatte die Frageintention natürlich falsch verstanden, und daher war ihr Ton bei den letzten Sätzen wieder ihr gewohnter Befehlston, mit dem sie auch gut und gerne eine ganze Legion herumkommandieren hätte können. -
Anthi musste grinsen. Inhapy hatte wirklich einen ungewöhnlichen Ton Männern gegenüber. Aber sie war es die Penelope behandelte und der sie ihr gemeinsames Kind anvertrauten-sie durfte das.
"Ich würde sie nie wegen der Schwangerschaft ins Museion bringen. Im Gegenteil, ich bin sehr glücklich, dass du sie behandelst, obwohl sie keine Ägypterin ist. Ich frage eigentlich wegen mir. Ich möchte am Museion studieren. Aber vorher würde ich gerne einiges Wissen sammeln im Gebiet der Medizin. Vor allem auch wegen Pelo, damit ich ihr vielleicht helfen kann, wenn du nicht da bist...Du kannst dir jetzt sicher schon denken was ich möchte: Würdest du mich in der Heil-und Kräuterkunde lehren? Aber nicht das du mich falsch verstehst: Ich habe nicht vor dich bei Geburten zu begleiten! Da würde mir ein theoretischer Ansatz schon vollauf reichen. Ich würde dich natürlich auch dafür bezahlen, wenn du das möchtest."
Anthi rutschte ein bisschen verlegen auf seinem Hintern herum.
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