Der neue Consul Aelius Quarto und der ebenso neue Quaestor Aurelius Ursus bei Valerianus

  • Ursus nickte ernst. Er verbiß sich die Bemerkung, daß tatsächlich Eile geboten war, wenn dem Kaiser so viel an diesem Bauwerk lag - und er die Fertigstellung noch erleben wollte. Es wäre absolut unangemessen und vielleicht irrte er sich ja auch. Vielleicht hatte Valerianus heute einfach gesundheitlich einen schlechten Tag. "Ja, die Fertigstellung sollte vorangetrieben werden." Was er dazu tun konnte, wollte er auf jeden Fall tun.


    "Consul Aelius, ich habe noch ein persönliches Anliegen. Während der Amtszeit ist es ja nicht erlaubt, andere Tätigkeiten auszuüben, - was auch zweifelsohne eine vernüftige Bestimmung ist. Doch habe ich schon vor einiger Zeit meine Mitarbeit an der Schola Atheniensis zugesagt. Und habe noch vor Beginn der Amtszeit einen weiterführenden Kursus ausgearbeitet. Wenn es mir erlaubt wird, würde ich diesen gerne in allernächster Zeit abhalten. Es geht um zwei bis drei Vorlesungen und um das Abhalten der dazugehörigen Prüfung. Was muß ich tun, um dies genehmigt zu bekommen?"

  • Aelius Quarto überlegte kurz und versuchte sich an das entsprechende Gesetz zu erinnern.
    “Mmmh...“, machte er, und fragte dann: “Würdest du Geld dafür erhalten? Das betrifft nämlich den § 36 des Codex Universalis. Doch der verbietet nur Nebentätigkeiten die bezahlt werden.“

  • Ursus nickte. "Es ist eine kleine Aufwandsentschädigung damit verbunden." Ihm war der Wortlaut der Vorschrift bekannt, deswegen machte er sich ja auch Sorgen wegen dieser Tätigkeit. Dabei handelte es sich um eine - zumindest in dieser Amtszeit - einmalige Aufgabe, für die er den Hauptteil der Arbeit auch schon erledigt hatte. "Was muß ich tun, um diese Tätigkeit genehmigt zu bekommen? Es besteht großer Bedarf an einem derartigen Kurs. Schon viel zu lange hat keiner mehr stattgefunden. Wie gesagt, es ist alles vorbereitet, ich müßte nur noch die Vorlesungen halten und die Prüfung abnehmen."

  • Aelius Quarto strich sich durch den Bart.
    “Dann schreibt das Gesetz vor, dass du deine Tätigkeit vom Imperator Caesar Augustus genehmigen lässt, oder vom Senat. Letzteres würde ich an deiner Stelle vorziehen. Ich könnte es im Senat einbringen und versuchen, eine rasche Entscheidung herbei zu führen. Sicher ist das aber nicht, denn was ist im Senat schon sicher?
    Oder aber, du verzichtest auf das Geld... wie nanntest du es noch gleich? Aufwandsentschädigung? So viel wird es doch wohl kaum sein, oder?“

  • Ja, das war natürlich auch eine Möglichkeit. "Mir fehlt noch die spezielle juristische Ausbildung, die ich allerdings gleich nach der Quästur in Angriff nehmen möchte, daher die weitere Frage. Wenn ich eine eigentlich bezahlte Tätigkeit ausübe, aber auf die Bezahlung verzichte, dann ist es nicht mehr genehmigungspflichtig?" Er wollte nur sichergehen, daß ihm niemand ein Bein stellen konnte, weil er eine juristische Spitzfindigkeit übersah.

  • “Das Gesetz bezieht sich bei seinem Genehmigungsvorbehalt für Nebentätigkeiten von Magistraten ausdrücklich nur auf solche, die gegen Entgelt ausgeübt werden. Nach meinem Verständnis bedeutet das im Umkehrschluss, dass deine Nebentätigkeit nicht genehmigt werden muss, wenn du kein Geld dafür bekommst.
    Das ist zumindest meine Auffassung und ich würde sie auch als dein Advocatus vor Gericht vertreten, sollte jemand auf die Idee verfallen, dich deswegen nach deiner Amtszeit zu verklagen. Auch so eine Beschäftigung als Anwalt ist, nebenbei bemerkt, eine unentgeltliche Nebentätigkeit, die nicht genehmigt werden muss.“

  • Ursus nickte ernst. "So werde ich auf die Vergütung einfach verzichten. Das ist das einfachste. Ich danke Dir für Deinen Rat, Consul. Und sollte ich juristischen Beistand benötigen, so werde ich dankend auf Dein freundliches Angebot zurückkommen." Einen besseren Verteidiger konnte man sich doch gar nicht wünschen.


    "Eine zweite Angelegenheit hätte ich dann noch. Und zwar ist mir aufgefallen, daß zwar über Auszeichnungen der Magistrate der letzten Amtszeit beraten wurde, jedoch nicht über die der Magistrate der vorletzten Amtszeit. - Es gehört zu meinen Aufgaben, darauf aufmerksam zu machen."


    Es hatte ihn sehr verwundert, daß keine derartige Beratung stattgefunden hatte. Selbst wenn die Consuln der Ansicht waren, daß keiner der Magistrate eine derartige Auszeichnung verdient hatte, so war es doch Sache des Senates, durch Abstimmung darüber zu befinden. Und Ursus konnte sich nicht vorstellen, daß niemand die Auszeichnung verdiente.


    Zumindest Sedulus hatte ganz sicher über das normale Maß hinaus gearbeitet, schließlich war Ursus teilweise dabei gewesen. Und auch wenn Ursus in jemem Jahr nicht in Rom gewesen war und daher über Corvinus' Tätigkeit kein Urteil fällen konnte, so kannte er seinen Onkel doch als überaus pflichtbewußt und bereit, Leistungen über das normale Maß hinaus zu erbringen.

  • Aelius Quarto wiegte den Kopf einmal hin, und einmal her.
    “Mmmmh...“, machte er, und: “Tja...“
    Er fuhr sich nachdenklich durch den Bart und fragte dann: “Du meinst, ich sollte jetzt die Frage über die Auszeichnung der vorvergangenen Magistrate in den Senat einbringen und damit indirekt meinen Vorgängern ein Versäumnis vorwerfen?“

  • So hatte Ursus das noch nicht betrachtet. Doch was konnte es den Vorgängern denn noch schaden? Über sie war ja bereits beraten worden. "Nun, ich denke, daß es bei den betroffenen Magistraten schon für Enttäuschung sorgt, daß nicht einmal darüber beraten wurde. Und vielleicht werden sie, so sie noch einmal ein Amt annehmen sollten, nicht so viel Energie in ihre Amtsausübung stecken, weil sie ohnehin nicht mit einer Auszeichnung rechnen können. Ich persönlich wäre ausgesprochen enttäuscht. Es ist das eine, wenn der Senat entscheidet, daß eine Auszeichnung nicht angebracht ist. Aber etwas anderes, wenn diese Möglichkeit von vornherein ausgeschlossen wird. Ich hoffe doch sehr, daß im nächsten Jahr auch darüber gesprochen wird, ob ich eine Auszeichnung verdient habe. - Ob es sich nun um eine Nachlässigkeit Deiner Vorgänger handelte oder andere Gründe bestanden, warum die Angelegenheit nicht zur Sprache gekommen ist, kann nach dieser ganzen Zeit doch ohnehin niemand mehr nachvollziehen." Es wäre ja nicht das erste mal, daß Tagesordnungspunkte immer wieder verschoben wurden, weil über andere zu lange beraten worden war.

  • “Mir sind tatsächlich keine Gründe bekannt, wegen denen über eine Auszeichnung nie beraten wurde.
    Unter uns gesagt: Es war ein Versäumnis und nichts anderes! Wenn ich es jetzt vorbringe, dann wird doch jeder wissen, dass ich genau das meinen Amtsvorgängern vorwerfe. Marcus Vitorius Marcellus wird es so sehen, ganz bestimmt. Er ist zwar ein Ignorant, aber er ist nicht dumm und er hat Einfluss. Sein Kollege macht mir keine Sorgen. Der Mann ist ein Nichts, genau so wie mein Amtskollege, im Übrigen. Von dem wirst du in diesem Jahr auch kaum mehr als den Vorschlag hören, in Venetia mehr Staatsland zum Verkauf frei zu geben. Denn dort haben er und seine Anhänger schon große Güter und sie wollen noch mehr. Du wirst es sehen.“


    Aelius Quarto fuhr sich erneut durch den Bart.


    “Mmmh... außerdem ist es fraglich, ob es einen Unterschied machen wird. Denn der Senat ist in letzter Zeit nicht sehr freigiebig, was Auszeichnungen betrifft.
    Andererseits... es ist nicht gerecht. Die ehemaligen Magistrate haben doch einen Anspruch darauf, dass der Senat sich mit ihrer Arbeit befasst...
    Also gut, ich werde es im Senat einbringen, auch wenn ich schon den Vorwurf höre, ich täte es nur, weil einer der Betroffenen einer meiner vornehmsten Klienten ist.“

  • Ursus grinste leicht schief. "Man kann es nie allen recht machen. Auch wenn die Beratung nicht stattfindet, wird es Leute mit Einfluß geben, die sich darüber aufregen werden. Und ich wette, Marcus Vitorius Marcellus fallen eine Menge guter Gründe dafür ein, warum diese Beratung in der letzten Amtszeit nicht stattgefunden hat. Ist er Dein Freund, dann wird er es Dir nicht übel nehmen. Ist er nicht Dein Freund, so würde er es auch nicht, wenn Du das Thema im Senat nicht zur Sprache bringst. Sicher muß man sich nicht unnötig Feinde machen. Doch Marcus Vitorius Marcellus ist kein junger Mann mehr. Aber die Männer, die hier mißachtet wurden, sind noch jung und werden bald an Einfluß gewinnen. Einige von ihnen werden es gewiß noch bis zum Consul schaffen." In einigen Jahren, wenn die Macht von Quarto nachließ, weil er selbst alt wurde, würde er vielleicht froh sein, sich diese jetzt noch jungen Männer nicht zu Feinden gemacht hatte. Im Moment brauchte er doch einen Marcus Vitorius Marcellus wahrhaftig nicht zu fürchten.

  • Ursus schüttelte den Kopf und lächelte leicht. "Nein, sonst wäre alles soweit geklärt. Ich werde die Baustelle aufsuchen und Dir baldmöglichst davon berichten." Er ging ja davon aus, daß das Bauwerk kurz vor der Vollendung stand und rechnete nicht mit Unregelmäßigkeiten. Sonst hätte er durchaus noch Fragen gehabt.

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