balneum | Von Katzen und Mäusen

  • Nur mit dem seidenen Morgenmantel begleitet, eilte ich, von meinem cubiculum kommend, zum blaneum. Nicht nur, weil ich mich für den Augenblick schmutzig fühlte, nein, weil es mittlerweile zu einer willkommenden Gepflogenheit geworden war, wollte ich nun mein Bad nehmen.
    Meine treue Ylva, die mir eilend hinterher folgte, hatte schon Stunde vorher dafür gesorgt, daß man mir ein Bad bereitete.
    So betrat ich nun jenen begehrten Raum der Entspannung, entblätterte mich und stieg hinein in das angenehm warme Wasser. Ein Duft von Rosenwasser strömte in meine Nase. Auf der Wasseroberfläche schwammen bunte Rosenblätter und die Sklaven hatten neben den vorhandenen Öllampen noch duzende von Kerzen aufgestellt, die eine äußerst anmutende Atmosphäre entstehen ließen.
    Wie üblich, tat es Ylva mir gleich. Seit dem Tag, an dem sie mir geschenkt wurde, war sie es, die das Reinigen meines Körpers vornahm. Pflichtbewußt stieg sie zu mir ins Becken und wollte schon mit dem üblichen Prozedere beginnen. "Halt!" rief ich. Ylva erschrak erst. "Heute nicht! Wir warten noch auf den neuen Sklaven!" Ein vages Lächeln umschmeichelte meine Miene.

  • Chimerion verlief sich gelegentlich immer noch, wenn er diesen Teil der Villa betreten musste, irgendwie sah alles gleich aus. Und nun wartete seine Herrin auch noch im Balneum. Er hatte sich nach dem "Vorfall" im Cubiculum noch ein wenig frisch gemacht und betrat nun das Balneum seiner Herrin.
    Beim eintreten schlug ihm die heiße, feuchte Luft entgegen, dazu wieder der Duft nach Rosen. Seine Herrin schien eine Vorliebe für diese Blumen zu hegen.


    Das Licht war gedämpft und so sah Chimerion erst im letzten Moment die Szene, die sich vor ihm abspielte. Celerina und ihre Sklavin Ylva hatten es sich nackt im großen Heißwasserbecken bequem gemacht. Eine dieser Männerphantasien beschlich Chimerion, wurde aber sofort wieder überdeckt von der Tatsache, dass er ja Sklave war und nicht denken sollte.
    Mit einem mulmigen Gefühl räusperte er sich. "Hier bin ich, Herrin."

  • Die Tür zum balneum öffnete sich und ein Luftzug ließ die Flammen der Kerzen aufflackern. Seltsam anmutende Schatten zeichneten sich an den Wänden des Raumes ab. Chimerion, mein neuer Sklave war eigetreten. Von seinen bisherigen Fähigkeiten war ich bislang recht beeindruckt gewesen. Nun blieb abzuwarten, ob er auch so gut massieren konnte, wie er behauptete. Ich behauptete jedenfalls einmal, nach der Überprüfung seiner bisher demonstrierten Qualitäten, konnte er es. Doch wollte ich mich darauf nicht verlassen. Ich war eine Freundin der Praxis.
    Nun stand er da und starrte auf Ylva und mich, völlig im Gegensatz zu seinem Gebaren, welches er noch zuvor in meinem cubiculum an den Tag gelegt hatte. Er wirkte eher gehemmt oder sogar schüchtern. "Soll ich nicht schon anfangen Herrin?" Ylva war stets besorgt um mich. Außerdem ließ sie sich nur ungern liebgewonnene Aufgaben aus der Hand nehmen. "Ich sagte nein, Ylva! Er wird mich waschen! Jetzt sofort!" Mit einer auffordernden Handbewegung befahl ich dem Sklaven näher zu treten. "Na los, worauf wartest du noch? Komm ins Becken!"rief ich mit fester Stimme.

  • "Natürlich, Herrin," antwortete Chimerion, zog seine Tunika aus und ging zu einem kleinen Beistelltisch, der in Reichweite des Beckens stand. Er nahm einen dieser riesigen, gelben, überaus saugfähigen Schwämme und mehrere Flaschen mit Öl vom Tisch und stieg zu seiner Herrin in die Wanne.


    Er stellte die Waschutensilien auf den Beckenrand, tauchte den Schwamm ein und näherte sich seiner Herrin. Das Wasser war herrlich warm, aber er hatte ja eine Aufgabe zu erfüllen. Dann wartete er, welches Körperteil sie wohl zuerst gewaschen haben wollte.
    Sein Blick glitt zu Ylva hinüber, die scheinbar ein wenig verstimmt war. Hoffentlich nicht wegen ihm...

  • Chimerion brauchte nicht lange, um zu verstehen, was ich von ihm verlangte. Er stieg, mit den Waschutensilien bewaffnet, in das warme Wasser.
    Ylva warf ihm sogleich einen missmutigen Blick zu. Dies war eindeutig zuviel für sie. Das alles war bis vor kurzem noch ihr Territorium und sie war nicht gewillt, es sich einfach von ihm so nehmen zu lassen. Noch bevor ich etwas sagen konnte, ergriff sie das Wort. "Du musst mit dem Rücken anfangen. Die Herrin mag es, wenn ich mit dem Rücken anfange!" Genau das war der springende Punkt! Ich mochte es, wenn sie mit dem Rücken anfing.
    Ich für meinen Teil fühlte mich etwas überfahren, mit dieser Situation und warf Ylva einen scharfen Blick zu. Sie verstand mich nur zu gut und wusste, was dieser Blick zu bedeuten hatte. Unterwürfig senkte sie ihren Blick. Sie mußte in diesem Moment wahrlich leiden!
    "Nun, heute werden wir etwas anders verfahren. Beginne mit den Armen und arbeite dich von dort aus über meinen ganzen Körper vor. Aber sei vorsichtig. Ich mag es nicht, wenn man zu grob an meiner Haut rubbelt."
    Ylvas Blicke sprachen Bände. Sie musste kochen vor Wut. Aber vielleicht würde der Sklave ja auch noch einen Fehler machen und dadurch wieder in meiner Gunst sinken. Das war noch ihre letzte Hoffnung. Ansonsten blieb ihr nichts anderes übrig, als neben mir zu stehen und zuzusehen, wie er ihre Arbeit machte.

  • Chimerion hatte den Blick der Sklavin in seinem Rücken, als er sich an die Arbeit machte. Er begann mit den Armen, arbeitete sich über den Oberkörper vor, wusch vorsichtig die Brüste, die er noch vor einer Stunde zwischen den Lippen hatte und ging dann zu Bauch, Unterleib und Schenkel über.
    Er achtete streng darauf, nicht zu fest zu schrubben, immerhin war das ja auch nur der erste Durchgang. Schließlich machte er sich an den Rücken, wusch den ganzen Körper, sich stets der kritischen Blicke von Ylva bewusst.


    Dann griff er nach einem Hocker, der am Rande stand, stellte ihn in das Becken, damit der Oberkörper der Herrin außerhalb des Wassers war. Er klatschte eine große Portion Öl auf seine Hand und begann, die Schultern und den Rücken zu kneten und zu lockern. Die Muskeln über den Schultern waren ein wenig hart, wurden aber langsam geschmeidig unter seinen Händen. Dann kam der Hocker wieder zur Seite, der Rücken wurde wieder mit dem Schwamm gewaschen.


    Sein Blick fiel auf Ylva und er hielt den Schwamm hoch. Fragend blickte er sie an. "Soll ich...dich auch?" Er blickte zwischen Celerina und Ylva hin und her.

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    Ylva konnte es kaum glauben. Das kam dieser hergelaufenen Barbar und schon war er der Stern am Sklavenhimmel der Herrin. Die Herrin war aber auch ein wahres Biest! Was sollte der arme Kerl denn nur von ihr denken. Sie hatte ihn doch mit ihren Reizen nach Strich und Faden verführt! Und er ließ sich verführen. Das war ihm auch kaum zu verdenken. Ganz zu schweigen von der Herrin! Wie Ylva sie kannte, hungerte sie nach einem Abenteuer. Aber das es ein Sklave war, dem sie sich hingeben wollte, grenzte schon an ein Wunder. Außer für Ylva hatte die Herrin wenig übrig für Sklaven. Wagte es ein Sklave, in ihrer Gegenart zu wiedersprechen oder sich gar Dinge herauszunehmen, die sich nicht geziemten, so konnte sie sehr ungemütlich werden. Einmal hatte sie sogar einen Sklaven bestrafen lassen, weil er sie nur angelächelt hatte. Aber Chimerion? Ylva wunderte sich nur noch! Der Thraker mußte die Herrin verhext haben. Ja, genau! So mußte es gewesen sein! Wenn dem nicht so gewesen wäre, wieso ließ sie sich jetzt von ihm waschen und nicht von Ylva? Die Germanin rümpfte angewidert die Nase und beobachtete jeden Handgriff des Sklaven. Der Herrin schien zu gefallen, was er mit ihr anstellte. Sie hielt ihre Augen genießerisch geschlossen. Doch der Höhepunkt war schließlich, als er Ylva fragte, ob er sie auch waschen sollte. "Was glaubst du denn? So verzweifelt bin ich jetzt auch nicht! Das mache ich schon selbst. Danke!"

  • Der vernichtende Blick und der Kommentar von Ylva sagte natürlich alles. Innerlich fluchte Chimerion. Der einzige Sklave, der ihn leiden konnte, war offensichtlich Cassim, dieser Parther, mit dem er die Katze gejagt hatte.
    Bei der Leibsklavin von Celerina sah die Sache völlig anders aus. Bei ihr konnte er den Neid und die Wut fast schon spüren. Scheinbar war alles ihre Aufgabe, das Waschen, anziehen, friesieren... Nur mit einem konnte sie ihrer Herrin nicht dienen und genau das machte sie wohl wütend.
    Leise seufzte Chimerion. Wenigstens konnte er es seiner Herrin recht machen, da konnte er nicht erwarten, die Gunst der restlichen Frauen des Haushaltes zu bekommen.
    Er nickte Ylva nur zu und murmelte ein leises: "Wollte ja nur helfen." Die Sklaven der hohen Damen waren also genaus eifersüchtig wie die Herrinnen selber und niemand gönnte anderen irgendetwas. Wieder einmal verstand Chimerion diese Gesellschaft nicht.
    Sie hatten alles und waren doch nicht zufrieden.
    Schweigend wandte er sich wieder dem Rücken seiner Herrin zu und massierte ihre Schultern zum zweiten Mal, die nun wieder weich und geschmeidig waren.

  • Natürlich hatte ich das Geplänkel zwischen den beiden bemerkt. Man konnte es bereits an Ylva Gesicht ablesen, daß etwas nicht stimmte. Sie war sauer! Und wie sie sauer war. Doch letztlich war es meine Entscheidung, wer welche Tätigkeiten zu verrichten hatte und nicht ihre.
    "Genug!" rief ich mit starker Stimme. Damit meinte ich nicht nur den Zank zwischen den beiden Sklaven. Nein, auch Chimerion sollte von mir ablassen. Bei dieser disharmonischen Stimmung konnte ich mich nicht entspannen. Ich verließ auf der Stelle das Becken und noch auf der letzen Stufe rief ich meiner beleidigten Sklavin zu: "Ylva, ein Handtuch!" Selten hatte man die Sklaven so schnell aus dem Wasser hechten sehen, damit sie mir noch rechtzeitig ein Handtuch reichen konnte, bevor sie sich selbst versorgte.
    Ylva tupfte mich trocken. Dann machte ich es mir auf einer marmornen Bank gemütlich und wartete auch meine Massage. Doch der schien lieber noch etwas im Wasser zu plantschen. Erst räusperte ich mich. Als das nichts half, gab ich Ylva ein Zeichen, die sofort das sprechen für mich übernahm. "He du! Worauf wartest du noch? Die Herrin wartet. Du sollst sie massieren!" Ware meine Ylva keine Sklavin gewesen, sie hätte sicher eine phantastische Herrin abgegeben. Den Tonfall hatte sie eindeutig bei mir abgekupfert!

  • Chimerion schüttelte unmerklich den Kopf. Irgendwie hatte er heute kein Glück mit den Frauen und irgendwie hatte er das Gefühl, dass Ylva ihn überhaupt nicht leiden konnte. Dieses Zögern im Becken brachte ihm auch gleich den Unmut seiner Herrin ein. Denn diese sprang auf und stieg aus dem Becken.


    Grummelnd stieg er also aus dem Wasser. Celerina hatte sich von der Schmuse- in eine Wildkatze verwandelt und zeigte wieder ihre Krallen.
    Er nahm eines der Handtücher, rieb sich grob trocken und suchte die Ölfläschen zusammen.
    Nun musste er sich also auch noch das Gemecker der Leibsklavin anhören. Wieder klatschte er eine Menge Öl in seine Hände und begann, die Rückenpartie von Celerina zu massieren. Seine Hände wanderten die Wirbelsäule hinauf und hinunter, lockerten die Gesäßmuskeln und die Schultern. Chimerion schob das Handtuch zur Seite, um ungehindert arbeiten zu können. Langsam wanderte er über die Schenkel und die Beine. In seinem Rücken spürte er die Blicke von Ylva, die jede Bewegung genau verfolgte.

  • Das war heute nicht mein ... Nachmittag. Der Tag hatte wahrlich verheißungsvoll begonnen und hatte in der Überprüfung der Fähigkeiten meines neuesten Stückes gegipfelt, doch was danach kam war mehr als deplorabel! Ich hatte ein ernstes Wörtchen mit Ylva zu reden, das wurde mir bei jedem Wort, welches aus ihrem Mund gedrungen kam, bewußt. Wenn ich den Rest meines balneum - Aufenthaltes noch genießen wollte, dann war es von Vorteil, die beiden Streithähne zu trennen!.
    "Ylva, besorge mir Obst und Wein!" Aber laß dir bitte Zeit! Das wollte ich noch anfügen, ließ es aber besser, um ihr Gemüt nicht noch weiter zu erhitzen.
    Glücklicherweise war es mir erspart geblieben, den empörten Ausdruck in ihrem Gesicht zu sehen. Wortlos verließ sie diese Stätte der Entspannung und wieder war ich alleine mit meiner neuesten Errungenschaft. Chimerion hatte schon damit begonnen, meinem Körper eine Massage angedeihen zu lassen. Mit halb geschlossenen Augen ließ ich alles über mich ergehen, was er mit seinen begabten Händen vollführte. Er war ein Meister seines Faches. Minos, der Masseur aus den Thermae Agrippae hatte soeben eine seiner besten Kundinnen verloren.
    "Du massierst wirklich gut! Du sagtest, du hast es bei diesem Centurio gelernt, nicht war. Erzähl mir mehr aus deinem Leben! Wie ist das Leben in der Legion?" Zugegebenermaßen hatte ich mir niemals Gedanken über diese Frage gemacht, weil es mich schlichtweg nicht interessierte. Aber nur schweigend auf der Bank zu liegen, fand ich ebenfalls mehr als fad! Womöglich konnte ich Chimerion auch noch dazu bringen, mir während der Massage Geschichten zu erzählen. Es gab sicher noch mehr Geschichten aus seiner Heimat, außer der von Orpheus, diesem thrakischen Prinzen.

  • Chimerion überlegte eine zeitlang, während er den Rücken seiner Herrin massierte. Was konnte er ihr schon spannendes erzählen? Er hatte das Gefühl, dass sie gereizt war, ob nun wegen dem Verhalten ihrer Leibsklavin oder seines, das konnte er nicht genau sagen.


    Launisch war wohl eine Seite seiner Herrin, die er immer wieder ertragen musste. Er musste zugeben, wenn sie wütend war, sah sie noch um eine Handbreit verführerischer aus. Um sie aber nicht noch weiter zu reizen, begann er ihr von seinem bisherigen Leben zu berichten.


    "Mein Leben begann vor etwa 24 Frühlingen in Dakien. Meine Familie wohnte in der nähe unserer Hauptstadt Sarmizegetusa, wo unser König Decebalus regierte. Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, als die Dakerkriege begannen, damals unter eurem Kaiser Traianus...
    Jedenfalls führte der Feldzug eine römische Legion in das Dorf meiner Eltern. Die meisten wurden getötet... unsere Frauen und Kinder verschleppt."
    Chimerions Stimme wurde hart und einige Augenblicke knetete er ein wenig fester als normal. Dann besann er sich und schluckte die Wut hinunter. Nun waren seine Bewegungen wieder sanft und wohltuend.


    "Wie dem auch sei, ich kam mit dem Leben davon und wurde als Sklave verkauft. Ich kam zu einem Sklavenhändler, der mich bis nach Hispanien verkaufte. Dort wurde ich der Diener eines Centurio bei einer spanischen Legion. Mein Herr schlug mich oft und reichlich, ließ mich hart arbeiten und gelegentlich im Winter draußen schlafen... Er nannte es abhärten, ihm verdanke ich meine Kraft."
    Einen Moment lang hielt er inne, während er sich neues Öl in die Hände goss.
    "Das Leben bei der Legion ist hart, die Soldaten mussten täglich trainieren, wurden ebenfalls manchmal geschlagen und gedrillt. Trotzdem war die Nahrung reichlich, sogar für uns Sklaven. Ich war für die Ausrüstung und das persönliche Wohl meines Herrn verantwortlich und habe mir verschiedene Fähigkeiten angeeignet, die Pflege von Wunden oder die Massage der verhärteten Muskeln nach der Schlacht.
    Gekämpft habe ich selber nie, mit richtigen Waffen durfte ich auch nicht trainieren, denn ich hätte ja fliehen können...
    Das ging so lange, bis mein Herr mit Teilen seiner Legion nach Germanien marschierte und ihm mit ihm. Er fiel schließlich beim Kampf mit den Germanen unter Mordorok, ein grausamer Tod. Die Barbaren schlachteten ihn und einige andere Centurionen zu Ehren ihrer Götter. Wie du siehst, ein recht aufregendes und gefährliches Leben bei den Legionen."


    Schweigend massierte er weiter, er war gespannt, ob seine Herrin überhaupt daran interessiert war, wie es ihm ergangen war.

  • Welch herrliche Ruhe war wieder eingekehrt, als Ylva endlich verschwunden war. So konnte ich mich nun wieder ganz dem Können meines Sklaven hingeben. Gespannt lauschte ich dabei seinen Erzählungen über seine Herkunft. Das Schicksal hatte ihm ja tatsächlich übel mitgespielt. Eine Sekunde lang hatte ich bereits darüber nachgedacht, ob ich deswegen nicht ein schlechtes Gewissen haben sollte. Doch im nächsten Moment verwarf ich wieder diesen Gedanken. Zum einen war es ja nicht meine Schuld, was mit seinem Volk geschehen war. Daß ihm das Schicksal seines Volkes immer noch sehr bewegen mußte, konnte ich auf meinem Rücken ganz deutlich spüren. Seine Hände massierten mit einem mal fester, so als wollten sie sich für all das Erlittene rächen. Doch statt ihn zu rügen, genoß ich, bis dahin schweigend den festen Griff seiner Hände. Was hätte ich auch schon sagen können? Hätte ich ihn bemitleiden sollen, ob seines Schicksals? Das Leben war hart, wenn auch mir bislang seine volle Härte erspart geblieben war. Hatte ich ihm denn nichts Gutes getan, indem ich ihn erworben hatte? Er hätte ja auch sonst wo landen können. Hier bei mir hatte er doch alles, was er zu einem guten Leben brauchte. Mir wäre nie in den Sinn gekommen, dass er nach höherem streben könnte.
    Chimerion fuhr mit seiner Erzählung fort. Schließlich rührte die Erwähnung Hispanias doch mein Herz. Mich rührten allerdings weniger die schlimmen Erlebnisse meines Sklaven, denn die mit dem Namen 'Hispanisa' verbundenen Erinnerungen meiner Kindheit. Die alte Heimat, wie sehr vermisste ich sie doch manchmal, wenn die Stille einkehrte und die Bilder in meinem Kopf zurückkehrten und lebendig wurden. "Hispania! Oh wie schön! Dort wurde ich geboren und verbrachte auch dort meine Kindheit." In seinen Ohren musste das paradox klingen, was mir natürlich nicht bewußt geworden wäre. Ja, das Leben war hart! Noch härter war das Leben in der Legion. So stellte ich es mir jedenfalls vor. Die Bilder in meinem Kopf waren durch die Erzählungen solcher genährt worden, die leibhaftig oder auch weniger körperlich anwesend, an den Grenzen des Imperiums ihren Dienst getan hatten oder sogar an Kampfhandlungen teilgenommen hatten.

    Chimerion endete schließlich mit seiner Erzählung indem er das Schicksal seines Herren erwähnte. Das ließ mich erschaudern und mit einem Mal konnte ich die wohltuende Massage auf meinem Rücken so gar nicht mehr genießen. "Halt ein!" Ich stützte mich mit meinen Armen auf und sah ihn an. "Das ist ja Furcht erregend! Wie mir scheint, har du viel erlebt!" Ich drehte mich nun zu ihm hin und stütze mich mit meinem Ellenbogen ab. Meine Augen musterten den straffen muskulösen Körper Chimerions, dessen Haut feucht glänzte. Wahrscheinlich war es die Hitze des balneums und auch die Anstrengungen des Massierens, die dies verursacht hatten. Zugegebenermaßen empfand ich diesen Anblick als äußerst verführerisch. Was er bei meinem Anblick empfinden mußte, war mir gleich. So spielte ich es weiter, dieses Spiel zwischen Katz und Maus, bei dem die Maus stets dazu verdammt war, zu unterliegen. "Fahre fort!"

  • Schnell nahm Chimerion seine Hände von ihrem Rücken. Die Haut hatte sich ein wenig zusammengezogen, als Celerina eine Gänsehaut bekam. So wie vorhin, dachte er sich, nur war das nicht vor Abscheu gewesen.
    Scheinbar vertrug seine Herrin das wahre Leben nicht. Wie denn auch, sinnierte er. Sie lag hier in ihrem Bad und ließ sich massieren, von den Kämpfen erfuhr sie nur, wenn die Boten die Siegesmeldungen in die Stadt brachten. Die Menschen freuten sich und klopften sich auf die Schultern, während sie die Macht Roms rühmten. Das wirkliche Schlachtfeld sahen sie nicht, nicht die Verwundeten, die nach Hilfe schrien, während sie verbluteten und nicht die Toten, die teilweise entstellt und blutüberströmt neben ihren gefallenen Feinden lagen. Der Tod macht die Menschen gleich, dachte sich Chimerion.


    "Dann bist du sehr behütet aufgewachsen, Herrin. Der Tod war nicht dein Begleiter. Ich half nach der Schlacht den Verwundeten, so gut ich eben konnte, und Arbeit gab es reichlich." Er betrachtete ihren Körper, als sie sich auf die Seite legte. Sie räkelte sich gemütlich auf ihrer Bank und bot ihm ihre Reize schon fast an. Wie hatte sein betrunkener Herr einmal gesagt? Der beste Witwentröster ist zwischen den Beinen eines Mannes... Konnte daran etwas wahres sein?


    "Ich wurde vom Signifer der Centurie an einen Sklavenhändler verkauft, der mich in Mogontiacum zum Kauf anbot. Dort wurde ich von einem Soldaten der Ala II Numidia gekauft, ein Duplicarius namens Cupidus. Er war gut zu mir, konnte mich aber nicht im Lager behalten... Deshalb schickte er mich mit einem Freund zurück nach Hispania. Ich sollte dort zum Gladiator ausgebildet werden und eine lohnende Investition sein. Aber der zukünftige Leiter der Gladiatorenschule bekam vom Duumvir von Tarraco keine Erlaubnis, die Schule zu betreiben. In einem unbeobachteten Moment beschloss ich zu fliehen und mich nach Thrakien durchzuschlagen. Ich reiste in der Nacht und schlief am Tag in Wäldern, immer verfolgt von diesem Duccier, der mir nachreiste und mich wieder einfangen wollte. Kurz vor der Gallischen Grenze war es ihm dann auch gelungen, er konnte mich überraschen, als ich vor Erschöpfung eingeschlafen bin...
    Er verkaufte mich dann schließlich auf Wunsch von Cupidus an dessen Bekannte Duccia Clara. Und den Rest der Geschichte kennst du selber."


    Er blickte sie weiter an und versuchte zu ergründen, was sie dachte.

  • Dies war genau jener Moment, indem es mich nach frischen Trauben und einem guten Becher Wein gelüstete. Wo Ylva nur wieder blieb! Diese Sklavin würde mich noch eines Tages in mein Grab bringen! Wahrscheinlich ließ sie sich jetzt besonders viel Zeit, um mich damit zu reizen.
    Umso mehr ließ die Antwort Chimerions mich aufblicken. Wie konnte er sich erdreisten, sich anzumaßen über die Art und Weise meines Aufwachsens zu urteilen! Jeden anderen Sklaven hätte ich dafür bluten lassen, hätte er sich solches geleistet. Irgendetwas mußte von diesem Sklaven ausgehen, was dazu führte, ihm vieles durchgehen zu lassen.
    "Ich bin dem Tod schon einige Male begegnet und glaube mir, er ist ein Freund von mir!" Ich zwinkerte ihm verheißungsvoll zu, was auch immer dies zu bedeuten hatte.
    So manche Sklavin war zum Opfer meiner toxischen Versuche geworden und nicht immer war dieser Tod ein schöner gewesen. Ich für meinen Teil fand den Tod aufregend. Es war faszinierend, zuzusehen, wenn ein Mensch sein Leben aushauchte. Doch manche Menschen waren selbst im Tod hoffnungslos. Mein Ehemann zum Beispiel, er war ein Langweiler im Leben und letztlich auch im Tod. Sein Kampf um Leben und Tod hatte sich tagelang hingezogen, bis dann endlich doch die Flamme erlosch.


    So lauschte ich weiter den Ausführungen Chimerions, der das letzte Bindeglied seiner Geschichte noch hinzufügte. Etwas an dem Sklaven imponierte mir. Ich konnte nicht genau sagen was es war. Vielleicht war es sein Mut, sich mir auf seine ganz eigene Art zu nähern. Aber womöglich war es auch die Tatsache um seine Flucht. Dieser Sklave war nicht wie die große Masse der Sklaven, die ich bis dahin kannte. Er war anders und dies auf ganz erfrischend prickelnde Weise.
    "Meinst du, ich könnte einem Sklaven wie du es bist, mein Leben anvertrauen? Würdest du diesen Leib mit deinem Leben verteidigen? Oder müßte ich befürchten, eines Tages mit durchgeschnittener Kehle gefunden zu werden?"

  • Chimerion hob fragend eine Augenbraue, als Celerina ihm verschwörerisch zuzwinkerte. Der Tod war niemandes Freund, er kam zu den unpassendsten Augenblicken und war ein ständiger Begleiter der Krieger. Was konnte so eine Frau wie sie schon über den Tod wissen? Aber bei ihrem Grinsen zog sich etwas in Chimerions Magen zusammen. Er musste wie immer auf der Hut sein, denn einschätzen konnte er sie immer noch nicht recht. Sie brachte es sicher fertig, mit einem Mann zu schlafen, den Dolch griffbereit unter dem Kissen, um ihm die Kehle durchzuschneiden, wenn er seinen Dienst getan hatte???
    Chimerion schwor sich, ein wachsames Auge auf seine Herrin zu haben. Sollte sie ihn wieder in ihr Lager befehlen, würde er unter den Kissen nachschauen, ob nicht doch irgend eine Waffe zu finden war.



    Die letzte Frage kam zu plötzlich und einen Moment konnte er keine Antwort geben. "Nun", begann er, "ich bin kein Mörder und Frauen töte ich auch nicht... Hast du keine Angst, ich könnte dich einfach fesseln und davonlaufen? Ich bin schon einmal entkommen, wie ich dir eben erzählt habe." Er stockte. Aber wohin sollte er denn gehen? Hatte er nicht vielleicht nun die Möglichkeit, sein Leben ein eine neue Bahn zu lenken? Immerhin gab es für Sklaven schlimmere Schicksale, als der Leibwächter einer reichen Dame zu sein.
    Stolz und Hoffnung kämoften in seiner Brust und keines der beiden Gefühle konnte die Oberhand gewinnen.
    Dann blickte er Celerina in die Augen, wollte die wahre Celerina darin sehen.
    "Ich war der Leibsklave eines Centurio, ich werde auch auf dich aufpassen und deinen Leib mit meinem Leben schützen.... Wenn du willst, schlafe ich vor deiner Türe, damit niemand hineinkann,.... Herrin"
    Die Worte kamen langsam über seine Lippen, mit ihnen übernahm er die Verantwortung über sein weiteres Schicksal. Ob ihm die Moiren wohlgesonnen waren?

  • Natürlich hatte Chimerion nicht die leiseste Ahnung davon, welche meine bevorzugten Tötungsarten waren. Ich war ein experimentierfreudiger Mensch und legte dabei besonderen Wert darauf, daß dabei so wenig Schmutz wie möglich entstand. Am schlimmsten fand ich Blutflecken! So mancher Gifttrank verursachte bei dem Opfer einen blutigen Husten, der äußerst unästhetisch war. Doch sicher kam auch mein Sklave früher oder später hinter das Geheimnis meines eigenwilligen Zeitvertreibs. Bis dahin konnte er mutmaßen und sich den wildesten Spekulationen hingeben. Ich lächelte weiterhin geheimnisvoll.


    Meine Frage mußte ihn sehr überrascht haben, denn er wußte nicht sofort eine Antwort darauf zu geben. Doch was er mir dann zur Antwort gab, ließ mich schmunzeln. Natürlich war er kein Mörder! Wäre er das, so hätte man ihn längst ans Kreuz geschlagen.
    "Wieso sollte ich vor dir Angst haben? Du würdest mich fesseln wollen und dann davonlaufen? Wohin denn? Dir ist doch sicher klar, daß man dich schneller wieder eingefangen hätte, als dir lieb sein dürfte… und was dann mit dir geschieht, daran möchte ich gar nicht erst denken. Es wäre eine wahrhafte Verschwendung!" Meine Blicke wanderten wieder über die Gestalt Chimerions. Wahrhaftig, eine Verschwendung! Nein, dieser Sklave würde nicht fliehen! Fesseln vielleicht, aber nicht fliehen! Meine Phantasien gingen wieder mit mir durch. Ich räusperte mich kurz und besann mich wieder auf die Antwort des Sklaven. Er hatte sich also entschieden, in Zukunft mein Leben zu schützen. Ich nickte wohlwollend. "Nun gut! Dann wirst du mich in Zukunft überall hin begleiten. Es wird nicht nötig sein, daß du vor meiner Tür nächtigst. Hier im Hause meiner Familie habe ich nichts zu befürchten. Ich werde veranlassen, daß man dir einen Platz in der Sklavenunterkunft zuweist." Von dort konnte ich ihn immer kommen lassen, wenn ich ihn bedurfte. "Wenn du dich bewehrst, dann sollst du dafür auch belohnt werden!" Wie diese Entlohnung allerdings aussah, wußte ich bis dato selbst nicht so genau.

  • Dieses Lächeln war Chimerion ein wenig unheimlich. Welche Geheimnisse schlummerten noch im Inneren seiner Herrin? Er würde versuchen, es in Erfahrung zu bringen.
    Solange würde er also seinen Dienst gehorsam verrichten, seine Herrin beschützen und sich ein wenig umhören. Vielleicht bot sich ja die Gelegenheit, einmal andere Luft zu atmen, als die Mief von Rom. Immerhin sprach sie von einer Belohnung....Aber welcher Art würde die wohl sein? Unwillkürlich lief ihm wieder ein Schauer über den Rücken, er musste unbedingt mehr über seine Herrin herausfinden, um nicht Opfer ihrer Stimmungsschwankungen zu werden.


    Er spürte wieder diese Blicke auf seinem Körper und fand es plötzlich ein wenig zu warm im Balneum. Ob das nur an der Luftfeuchtigkeit lag?
    Schnell beschloss er, sich nichts anmerken zu lassen.
    "Du bist sehr großzügig, Herrin. Kann ich dir noch irgendwie zu Diensten sein?" Fragend hob er seine Hände. Vielleicht wollte sie ja noch eine Massage.

  • Ja, vielleicht war ich das. Großzügig zu sein, konnte große Vorteile mit sich bringen. Wenn man in Aussicht stellte, großzügig sein zu wollen, dann konnte man meist mit noch mehr Fleiß und Hingabe der Anderen rechnen. Bei meinem Sklaven würde es nicht viel anders sein. Ich sah jetzt schon, wie er sich bemühte, mir möglichst jeden Wunsch von den Lippen ablesen zu können. Eine Tatsache, die mich amüsierte. Doh dies zeigte ich nicht.
    "Nun, ich denke, im Augenblick ist es genug," antwortete ich vorschnell. Denn genau im gleichen Augenblick musste ich erneut Ylvas anhaltendes Fernbleiben feststellen, was mich doch sehr erboste. Dies würde ein Nachspiel haben, hätte sie keinen driftigen Grund! Wer sollte mich denn jetzt ankleiden? Ganz zu schweigen von meiner Frisur! Ich konnte doch unmöglich so das balneum verlassen. Aber zum Glück war ja noch Chimerion da! "Ach äh, es gäbe da doch noch etwas, was du für mich tun könntest? Kennst du dich mit Frisuren aus?" Zweifellos musste er das, schließlich trug er selbst eine sehr eigenwillige Haartracht. Im ersten Moment, da ich ihn erblickt hatte, war mein erster Gedanke, er sei ein Fall für Vidalus. Doch dann dachte ich mir einfach, ich gönne mir den Spaß und lasse ihm seine Frisur. "Hilf mir beim ankleiden! Jetzt sofort und dann frisierst du mich! Irgendwelche Einwende? Nein? Sehr schön! Fang an!" Mit einem Satz sprang ich auf und wartete, bis meine Kleider meinen Körper wieder umschmeichelten.

  • Chimerion biss sich auf die Lippen. Das gab es doch nicht, sie ließ ihm nicht einmal die Möglichkeit zu widersprechen. Wenn er daran dachte, die langen Haare von Celerina zu friesieren? Seine eigenen waren ja pflegeleicht, man brauchte sie nur zu waschen und das meiste nach Art seines Volkes oben zusammenbinden, was einen größer erscheinen ließ.
    Er stellte sich seine Herrin mit der gleichen Frisur vor. Ein Grinsen lief über sein Gesicht. Nein, so dichtes und dunkles Haar wie er hatte sie nunmal nicht. Aber es war ganz ordentlich für eine Frau.
    Also sagte er nichts und griff nach einem Handtuch. Er begann sie abzutrocknen, zumindest die Stellen, die noch ein wenig feucht waren und griff dann nach einer frischen, luftigen Tunika. Auf den ersten Blick zuckte er zurück. War das schon wieder rosa????
    Aufatmend stellte er bei näherer Betrachtung fest, dass nur das Licht der Beleuchtung der weißen Tunika ihre Färbung gegeben hatte. Überall dieses Rosa, furchtbar.


    Schließlich half er Celerina, sich die Tunika über den Kopf zu ziehen und reichte ihr ihren leichten Gürtel. Nun musste er irgendwie Zeit gewinnen, vielleicht tauchte ja dieses Geschöpf Ylva noch auf und half ihm aus seiner misslichen Lage.
    "Wie hättet ihr die Haare denn gerne Herrin?", fragte er zuckersüß. Wenn er an die Frisuren der römischen Frauen dachte, die er teilweise gesehen hatte.... Ein gerupftes Huhn war schön im Vergleich zu der aktuellen Mode in Rom. Er musste sie nur noch ein klein wenig hinhalten.

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