- Officium XIX

Etwas verwundert darüber das der Procurator ihn nicht hatte rufen lassen und es auch so scheinbar recht eilig hatte, griff ich lediglich zu einem Griffel und einer Tabula und bot dem Procurator meinen Platz am Schreibtisch an, während ich mich selbst hinstellte ...

"Bitte nimm doch Platz Procurator, was kann ich für dich tun?"

Ich nickte langsam, allerdings wäre ich am liebsten vor Spannung geplatzt ... konnte der Mann den nicht einfach mal sagen was er sagen wollte ohne sich selbst ein halbe Stunde selber einzuleiten ...

"Ja und jetzt was?" ... hätte ich am liebsten gesagt doch dazu fehlte mir einfach der Mut, im Moment betete ich einfach zu allen Göttern das ich diese Chance bekommen würde ...

Es fiel mir schwer nicht sofort in Jubelschreie auszubrechen, fast schon hatte ich mit einer Enttäuschung gerechnet. Das Lächeln von einem Ohr zum anderen konnte ich mir allerdings nicht verkneifen ...

"Ich danke dir Procurator, ich .. ich habe vorerst keine Pläne, also ich würde diese Aufgabe gerne warnehmen und ich versichere dir das ich der Kanzlei alle Ehre machen werde!"

So nun hatte ich was ich gewollt hatte und das wesentlich früher als erwartet ...

Oh ... so schnell na da gab es sicherlich nicht nur einen Bericht der etwas zum Stirnrunzeln war ...

"Selbstverständlich Procurator! Ich werde gleich Morgen aufbrechen!"

Nun das hies dann wohl das er sich gleich heute noch einen Kapitän besorgen musste der ihn dort runter bringen konnte, aber sicherlich würde ihm die Kanzlei ein guter Türöffner sein ...

"Ach .. äh gibt es denn noch spezielle Aufgaben oder "Ziele" die ich verfolgen sollte wenn ich dann dort unten bin Procurator?"

Schließlich wollte er weder jemanden vergessen noch in der falschen schmutzigen Wäsche wühlen ...

"Jawohl Procurator, ich werde dir über alles berichten was dort unten vor sich geht!"

Wäre ich jemals beim Militär gewesen hätte ich jetzt bestimmt zackig salutiert, da mir diese Erfahrung aber fehlte, nickte ich nur schwer entschlossen und plante bereits den Kauf einer Wertkarte vom Cursus Publicus ... oder lies sich das auch über die Kanzlei regeln? ... das würde ich dann in Alexandria feststellen!
Wie sollte ich allerdings beweisen das ich im Auftrag der Kanzlei handelte? Ein Brief? oder vielleicht ein Schreiben vom Kaiser persöhnlich???

"Werde ich einen schriftlichen Befehl erhalten der mich zu Nachforschungen autorisiert?"

Ich wusste das meine Fragen auch nervig sein konnten, allerdings würde der Procurator einige Wochen ohne sie auskommen müssen da konnte ich ihn ruhig ein wenig extra belasten nun da ich noch hier war ...

Ich nickte entschlossen als ich die Papyrusrolle wieder zusammenrollte und verstaute sie sogleich in einer ensprechenden Lederhülle ...

"Selbstverständlich, ich werde mich vorerst auf die römischen Beamten konzentrieren, dann wird die Polisverwaltung über kurz oder lang von selbst auf mich zukommen! Vielen Dank nochmal für diese Chance Procurator!"

Den Lederbehälter mit beiden Händen umfassend fühlte ich mich nun bereit für die Reise, mir wollte nichteinmal mehr eine Frage einfallen, allerdings wollte ich auch nicht einfach gehen, vielleicht wollte der Procurator noch etwas loswerden ...

"Nein Procurator, ich werde die Notarii instruieren und mich dann sofort an die Vorbereitungen für die Reise machen!"

Im Gedanken versuchte ich bereits die Aufgaben klug zu verteilen, denn unter den Notarii gab es nicht viele die noch zusätzliche Aufgaben hätten bewältigen können ...

Ein Klopfen ertönte an der Türe, doch der Klopfende wartete nicht auf ein Herein, sondern stieß die Türe auf, entpuppte sich als Piso, blickte erst einmal auf die Notarii und rief ein lautes: „Bumm!“
Sich an der Reaktion der Notarii ergötzend, blickte er sich zum Pult der Primicerius ab epistulis um.
„Imperiosus!“, rief er und schritt lachend auf ihn zu, seine Arme ausbreitend zur Umarmung seines Kollegen. „Wie geht es dir denn so?“, fragte er. „Wie war Aegyptus? Du musst mir alles erzählen!“ Man sah ihm an, wie begeistert er über die Tatsache war, dass Imperiosus wieder hier in Rom war.

Ich hatte nichteinmal aufgesehen als die Tür aufgestoßen worden war, denn ich war gerade dabei einige, um nicht zu sagen viele, Fehler meiner Notarii auszubügeln und hatte auch sonst schon wieder einen ansehnlichen Stapel Arbeit angehäuft ... erst als das Wort "Bumm!" fiel sah ich auf, da es eigentlich nur eine Person geben konnte die auf jehne Art die Notarii begrüßte, zumindest in diesem Imperium ...

"Piso! Oh ausgezeichnet, nun da ich wieder in gewohnten Gefilden bin! Oh ... nunja es hatte seine Vor- und Nachteile, war aber insgesamt sehr interessant! ... Oh nein ... tuh mir das nicht an, ich musste sie gerade erst meinem neuen Vorgesetzten erzählen und wenn ich richtig liege muss ich sie auch noch Balbus und Salinator erzählen!"

Ich war irgendwie noch nicht richtig drinnen im Trott wie mir schien, die kurzweiligen Aufgaben denen ich in Aegyptus nachgegangen war, hatten mich scheinbar etwas träger werden lassen ...

"Lass uns mal bei einer guten Amphore .. feinsten Quellwassers darüber sprechen!"

Die Notarii schienen sich gar nicht groß an Pisos Erscheinung zu stören. Nun war Piso in den letzten Monaten sicherlich kein infrequenter Gast beim Officium XIX gewesen, und vermutlich hatten sich die Notarii, genauso wie ihre Kollegen im Officium XXIII, schon an den leicht exzentrischen Patrizier gewöhnt. Jemand grüßte sogar fröhlich „Bumm!“, zurück. Der Schreckenseffekt war weg. Piso war keine Neuigkeit mehr in der Kanzlei. Er seufzte leicht, als er dies einsah, und wandte sich endgültig Imperiosus zu.
Und wurde sogleich mit einem Schwall von Wörtern überschwemmt. Piso musste lachen, es war noch immer ganz der Alte.
„Sag, gesund schaust du aus! Die Sonne von Aegyptus hat dir gut getan.“ Er grinste. „Na gut, verschieben wir das auch später, ich meine, wir wollten eh noch was trinken gehen, oder?“, fragte er. Was natürlich eine direkte Anspielung auf seine noch immer ausstehende Einladung zu sich nach Hause war.
„Ach, Imperiosus. Langweilig war es ohne dich, langweilig, Kollege. Du hast sicher gesehen, man hat im großen Stil die Belegschaft ausgewechselt. Nur Plennius ist geblieben. Ausgerechnet der!“ Innerlich hatte wieder Plennius Flamininus den Platz des Bösewichts Nummer eins im Imperium im Kopf des Piso eingenommen. „Ach ja, du wirst es nciht glauben – du stehst einem Angehörigen des ordo senatorius gegenüber.“, verlautbarte er stolz.

Ich lachte, Piso und Procurator Plennius hatten sich noch nie leiden können und ich glaubte das der Grund dafür darin bestand das die beiden aus den gegenteiligsten Charaktereigenschaften zusammengesetzt waren ...

"Was? Du ... im Ordo der Senatoren?? Na dann herzlichen Glückwunsch! Das schreit ja geradezu nach einer Feier, wie wäre es wenn ich meine etwas verzögerte Einladung nun einlösen würde? Sicherlich sind die Weinreserven der Casa in meiner Abwesenheit kaum beansprucht worden! Und das können wir ja so nicht durchgehen lassen!"

hmm scheinbar war Piso nun doch auf dem richtigen Weg angelangt, denn wenn ich mich richtig errinnerte hatte er nie lange in der Kanzlei bleiben wolllen, wenn es hier nicht mehr zu tun gab als den Job eines Primicerius ...

Die Zwietracht zwischen dem sauertöpfischen Plennier und dem extravaganten Flavier war wohl allgemein bekannt, und Imperiosus hatte sie wohl auch nicht vergessen.
„Vielen Dank!“, rief Piso aus und lachte. Ja, er war stolz auf seinen neuen Status. Doch wie er ihn bekommen hatte, ja, das war eine andere Geschichte. Er redete sich ein, unweigerlich eine Anerkennung für seine Arbeit müsste es gewesen sein. Doch der wahre grund war wohl, dass sich es Salinator nicht allzu grob mit den Patriziern verscherzen wollte. „Das wäre einfach wundervoll! Wein zu trinken mit dir habe ich vermisst. Wann hast du Zeit?“, fragte er neugierig nach.
Dass Imperiosus sich dachte, Piso wolle nicht mehr lange in der Kanzlei bleiben, hatte durchaus seinen Grund. Piso war die Arbeit hier verleidet. Und wenn sie miteinander etwas trinekn gingen, würde er wohl unweigerlich auf seine Zukunftspläne zu sprechen kommen.
Doch hier, wo die Wände Ohren hatten, wollte er es nicht verlautbaren... zumal er auch mit seinem Plan ins Wasser schlagen könnte. Wie schon allzu oft geschehen.

Kurz legte ich die Stirn in Falten und versuchte mich daran zu errinnern wie es war wenn man seine Unzahl von Terminen in einen Kalender eintrug ... da ich aber eher die Person war die Prioritäten in letzter Sekunde entschied nickte ich nur und vergas was auch immer sonst für den morgigen Abend geplant gewesen war ...

"Nun Morgen Abend wäre eigentlich genau richtig, dann hab ich genug Zeit alles vorbereiten zu lassen und einzukaufen! Außerdem muss ich mich dann nicht heut nach der vielen Arbeit auchnoch daheim überschlagen!"

Ich grinste, ein schemenhaftes Bild unseres letzten Umtrunks war mir noch in Errinnerung geblieben und wenn ich mich richtig errinnerte dann waren wir in der Taverne nicht mehr allzu beliebt ... umso besser das es diesmal bei mir daheim statt fand ... oder?

Morgen Abend? Das ging gut. „Das wäre absolut genial!“, rief er aus. „Danke, danke, Imperiosus, du bist toll. Kommt außer uns vielleicht noch jemand?“, fragte er und lächelte seinen Kollegen an. Zu zweit herumzusitzen war dann vielleicht auch nicht wirklich der Inbegriff eines heiteren Abends. Nun, man konnte ihn durchaus spannend machen, dachte Piso, sich klammheimlich die Vorstellung einer postapokalyptischen Casa Pompeia, zerstört durch eine Horde von aufgebrachten, besoffenen Raufbolden, durch den Kopf gehen lassend. Nein, das wäre einen Zacken zu gemein.
„Ach ja, noch was. Ich habe kürzlich in die Taberna Apicia hineingeschaut, zusammen mit meiner Schwester – der Wirt hat mich nicht entdeckt. Ein echter Nervenkitzel war dies, vor allem, weil die gute Vera nichts von unserem Abenteuer wusste. Oder weiß.“, grinste er.