Atrium | Eine traurige Nachricht - auch wenn sie falsch ist.

  • Der Sklave führte den Optio ins Atrium und bot ihm etwas zu trinken an. Die Uniform des Soldaten muße einen gehörigen Eindruck bei ihm hinterlassen haben, denn statt sich zu entfernen, verharrte er noch eine Weile im Atrium. Womöglich wollte er auch nur lauschen, was der Optio dem dominus zu berichten hatte.
    Seit Tagen kursierten die wildesten Gerüchte um Flavia Celerinas Fernbleiben. Einige sagten, sie hätte vor der bevorstehenden Hochzeit kalte Füße bekommen und wäre mit Sack und Pack durchgebrannt. Andere witterten ein Unheil. Doch letztlich konnte niemand mit Bestimmtheit sagen, was vorgefallen war. Wie auch? Es hatte ja keine Zeugen für ihr Verschwinden gegeben. Der Kutscher war einen Tag später unverrichteter Dinge wieder nach Rom zurückgekehrt. Er konnte aber nichts über den Verbleib der Flavia beitragen.

  • Ein bisschen stolz auf sich, immerhin war er ohne Nachfragen in die Villa einer der wichtigsten patrizischen Familien des römischen Imperiums gekommen, wahrscheinlich weil er sehr würdig und erhaben geschienen hatte, ging er ins Atrium, um dort - überwältigt von der reichen Ausstattung - auf den Hausherrn zu warten.


    Dem Getränk, das ihm gereicht wurde, merkte Icelus sofort an, dass es ein Wein war, den er sich vielleicht alle ein paar Monate mal gönnen konnte, oder wenn es ein besonderes Donativum gab, so dass er ihn genießend trank. Wahrscheinlich würde der Sklave sich wundern, weil in diesem Hause dieser Wein höchstens normal wäre, aber für Icelus war es ein ganz besonderer Genuss. So war das Warten nicht das schlimmste, was dem Optio dieser Tage widerfahren war.



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  • Obgleich Gracchus im Grunde genommen seit Aristides' Rückkehr nach Rom nicht mehr die Funktion des Hausherrn ausfüllte, stand jene Position doch stets dem ältesten Anwesenden der ältesten Generation im Hause zu, hatte sich bisherig nichts daran geändert, dass man ihn rief, so ein Besucher den Hausherrn zu sprechen verlangte, obgleich Gracchus diesbezüglich immer glaubte, dass jene Besucher speziell ihn zu sprechen verlangten. Von Celerinas Verschwinden wusste dieser vermeintliche Hausherr zugleich nichts, denn Sciurus, welcher stets über alle Angelegenheiten und Vorgänge im Hause war informiert, hatte es bisherig nicht für notwendig gehalten, seinem Herrn davon zu berichten, war doch längstens nicht davon auszugehen, dass die Flavia nicht aus eigenem Interesse Rom fern blieb, gleichsam war die Dauer ihres Fernbleibens nicht lange genug, und gerade bezüglich familiärer Belange suchte der Vilicus stets unnötige Aufregung von Gracchus fern zu halten, da jener nur allzu schnell diesbezügliche Versäumnisse und daraus resultierende Schuld bei sich suchte und fand. Das Auftauchen eines Angehörigen der Flotte jedoch war ein solch außergewöhnliches Ereignis, dass Gracchus sogleich traurige Kunde befürchtete, nicht jedoch bezüglich seiner Nichte, welche er fidel und bei bester Salubrität auf irgendeinem der flavischen Landgüter außerhalb Roms vermutete, so ihm ihre Absenz überhaupt in sein Bewusstsein gedrungen war, sondern seine Base Leontia betreffend, welche vor ihm endlos erscheinender Zeit zu einer Seereise war aufgebrochen, im Irrglauben ihn an ihrer Seite zu wissen, doch mit Quintus Tullius statt seiner selbst. Stets hatte er jenen Tag gefürchtet, an welchem die Gewissheit sich nicht mehr würde leugnen lassen, an welchem die Überreste Leontias an irgendeinem Gestade der Welt würden angeschwemmt worden sein, ihr Siegel, ihr Schmuck am knöchernen Leibe untrüglich ob ihrer Herkunft berichtend. Obgleich Gracchus seine geliebte Base noch immer sehr misste, so lag das deplorable Ereignis doch bereits zu lange zurück, als dass er nicht nun gefasst das Atrium hätte betreten, in eine dunkle, blaufarbene Tunika mit silbrigfarbener Borte gekleidet, die Schultern gestrafft, jene patrizische Gravitas ausstrahlend, welche die Welt von den Mitgliedern der Gens Flavia stets erwartete.
    "Salve Optio, i'h bin Flavius Gracchus. Du bates um eine Unt'rredung."
    Es war keine Frage, mehr eine Feststellung, denn andernfalls wäre der Optio nicht erschienen.

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  • Er hatte nicht lange genug warten müssen um einen zweiten Becher Wein zu anzufordern, was beinahe schade gewesen wäre, wenn es nicht ein allzu ernster Anlass gewesen wäre, die ihn in dieses prächtige Anwesen gebracht hätte. Als der Hausherr kam wunderte er sich, doch der Drill in der Marineinfanterie hatte ihn gelehrt selbiges nicht zu zeigen, aber der Herr der Villa Flavia, hatte anscheinend einen nicht zu übersehenden Sprachfehler. "Salve, ich bin Caius Sosius Icelus, Optio der kaiserlichen Flotte. Ich befürchte, dass ich Euch eine schreckliche Nachricht überbringen muss."


    Eigentlich hatte der Optio hier keine dramatische Pause ienlegen wollen, aber irgendwie schnürte es ihm den Hals zu. Bei Kameraden hatte er diesen Dienst schon einmal durchstehen müssen, aber bei einer jungen - wahrscheinlich hübschen Frau - war dies doch etwas anderes. "Nun also, in Ostia ist es passiert. Deine Verwandte Flavia ..." und wieder musste der Optio schlucken. Also - Flavia Celerina. Wir müssen davon ausgehen, dass sie bei einem Lagerhausbrand zusammen mit ihrer Leibsklavin umgekommen ist. Nur ihr Leibwächter Chimerion konnte sich schwerverletzt retten. Er schwebt nicht mehr in Lebensgefahr, aber muss noch einige Zeit in Ostia bleiben, bis er transportfähig ist.


    Die jetzige Pause war geplant. Er würde es wahrscheinlich noch genauer erläutern müssen, fiel ihm auf, da seine Worte durchaus nicht die Tragweite des Geschehens zeigten.

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  • Die dramatische Pause des Optio nutzte Gracchus für ein marginales Nicken, hatte er doch nichts anderes denn eine schreckliche Nachricht erwartet, doch jene, welche schlussendlich wurde ausgesprochen, erschütterte wie derangierte ihn gleichermaßen. Der erste Gedanke, welcher ihm durch die Sinne schoss, war die Frage nach dem Grunde, welcher Celerina in ein Lagerhaus nach Ostia mochte geführt haben, doch beinah zeitgleich erinnerte er sich, dass sie zuletzt sich um einen Betrieb hatte bemüht, allfällig ob dessen unterwegs gewesen war. Bereits der nächste Gedanken driftete hinfort zur unausweichlichen Frage der Schuld, seiner Schuld, seiner Verantwortung gegenüber Celerina, eines augenscheinlich neuerlichen Versäumnisses, denn er war es gewesen, welcher bei ihrer Ankunft hatte versichert, das familiäre Gefüge würde stets Sicherheit bieten, und obgleich nicht Gracchus stets für alles konnte Sorge tragen, nicht für alles konnte die Verantwortung übernehmen, so glaubte er doch, dies bezüglich der Familie tun zu müssen. Nichts von seinen Gedanken jedoch spiegelte sich in seinem Antlitz wider, unbeirrt blickte er den Optio an.
    "Ihr geht davon aus? Somit ist es ni'ht mit Bestimmtheit ... gewiss?"
    Sicherlich war es nicht Celerina gewesen, welche im Lagerhaus gewesen war, allfällig hatte sie ihre Leibsklavin und eine Verwalterin dort hin gesandt, war selbst auf einem der Landgüter, wusste noch nicht einmal etwas vom Tode der Sklaven, denn anderes konnte, anderes durfte nicht so geschehen sein, nicht erneut so sinnlos ein Mitglied der flavischen Familie aus dem Leben gerissen haben. Gleichsam wollte ein anderer Umstand nicht recht in das gesamte Bild hinein passen.
    "Weshalb untersu'ht die Flotte dies, sind ni'h die Vigilen zuständig für Brände, selbst im Haf'ngebiet?"

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  • Die Nachfragen des Flaviers, dessen Mienenspiel seine Derangiertheit widerzuspeigeln schienen, waren für Icelus nicht unerwartet."Nun. Chimerion, ein Sklave der Flavia Celerina, hat ausgesagt, dass er zusammen mit Ylva und Flavia Celerina in diesem Lagerhaus in eine Falle gelockt wurde. Er selber wurde niedergestochen und verlor das Bewusstsein, das nächste woran er sich erinnert ist das Feuer, und er hat sich aus dem Flammenmeer gerettet. Wir haben in dem zerstörten Haus mehrere Leichen gefunden, darunter zwei Frauenleichen von denen eine eine sehr wertvolle, teilweise eingeschmolzene Kette trug. Von daher müssen wir davon ausgehen, dass es Eure Verwandte ist."


    Er seufzte: "Ich kann Euch da leider keine Hoffnungen machen. Die Schurken, die Eurer Verwandten diese Falle gestellt haben, und das ist einer der Punkte, an denen die Classis ins Spiel kommt, scheinen Flavia Celerina dadurch getäuscht zu haben, dass sie Uniformen der Classis getragen haben. Und der zweite, die Aussage Chimerions lässt auch vermuten, dass es sich um Seeleute handelt. Vielleicht sogar um Piraten." Icelus bewunderte den Flavier, dem einerseits anzumerken war, dass ihn diese Nachricht erschütterte, der aber zugleich eine gravitas ausstrahlte, eben das warum Patrizier, Patizier waren, verkörperte.



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  • Lagerhaus, Falle, Feuer, Piraten - mit jedem dieser Worte spannten die Kiefermuskeln Gracchus' sich ein wenig mehr, denn obgleich die Causa so völlig different erschien, schien sie ihm gleichsam zu viele Parallelen zu seinem Bruder aufzuweisen, gleichsam zu similär zu all dem anderen sinnlosen flavischen Vergehen - den merkwürdigen Unfällen, dem Sturz in den eigenen Dolch, dem Aufhören der Existenz von einem auf den nächsten Augenblick, dem Versinken im endlosen Mare -, und er spürte den eisigen Hauch, den kalten Atem der larven in seinem Nacken, hörte das leise, keckernde Lachen in seinen Ohren. Im Hintergrund des Optios flackerten die Kerzen hinter den Ahnenmasken, für einige Herzschläge lang durch einen lauen, aleatorischen Luftzug in Bewegung versetzt, und doch so opportun in diesem Augenblicke, dass Gracchus beinah die Silhouetten der dunkelfarbenen Schatten konnte sehen, welche mit ihren dürren Fingern um die Flammen strichen. Der flavische Fluch hatte neuerlich seine Beute sich geraubt, seinen Anteil am Leben gefordert und in triumphalen Raubzuge ihn sich genommen. Noch immer schlich leiser Zweifel durch Gracchus' Geist, welch Sinn ein Hinterhalt brachte, so die wertvolle Kette hernach im Feuer zerschmolz, doch allfällig - zweifelsohne sogar - hatte Celerina nicht kampflos sich ihrem Schicksal ergeben, hatte angetrieben durch den flavischen Wahn in ihrem Blute aufbegehrt, sich widersetzt, in ihrer letzten Schlacht das Lagerhaus in Brand gesetzt, den Schergen zu entkommen - erfolgreich schlussendlich, doch nicht erfolgreich genügend, um gleichsam dem Tode zu entrinnen. Langsam nickte Gracchus, es gab keinen Grund noch zu hoffen.
    "Wo befinden si'h ihre Überreste jetzt?"

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  • Der Flavier schaute - jedenfalls fühlte es sich für den Optio so an - durch Icelus hindurch, was ihm aber niemand - Icelus eingeschlossen - übel nehmen konnte, da ihm doch eine solche Nachricht überbracht worden waren. Es stellte sich eine kleine Stille ein, deren Länge der Optio der Classis nicht abschätzen konnte und an dessen Ende der Flavier in die praktischen Belange des Themas wechselte. "Die Überreste Eurer Verwandten und ihrer Sklavin sind weiterhin in Ostia - wir haben sie in den Verbindungsstützpunkt im Hafen der Stadt bringen lassen. Sollen wir sie in die Urbs überführen lassen, oder wollt Ihr es selbst machen?", nahm Icelus die Frage des Flaviers auf. Er hoffte zumindest, dass seine Kameraden so klug waren dies getan zu haben, da er es nicht ausdrücklich angeordnet hatte, aber eigentlich war auf sie ja Verlass.



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  • Keinen Augenblick zögerte Gracchus mit seiner Antwort, galt es doch zu vermeiden, dass eine Flavia, selbst in ihren Überresten, in einem inadäquaten Karren oder einer Postwurfsendung gar, musste ihre vorletzte Reise antreten.
    "I'h werde jemanden schicken, der dies übernimmt."*
    Im Grunde war damit wohl alles gesagt, in Gedanken war Gracchus bereits bei den zu erledigenden Riten, erneut würden sie eine Tote ohne Leichnam bestatten müssen, auf irgend eine Weise zudem den eingeäscherten Leib mit der tatsächlichen Asche verbinden, allfällig würde er in den Archiven des Cultus Deorum bezüglich des entsprechenden Vorgehens sich kundig machen.
    "Wäre es mögli'h, dass die Classis uns über den weiteren Verlauf der Ermittlung informiert? Eine schriftli'he Notiz wäre dabei völlig ausreichend."
    Obgleich die Gelüste der Rache nicht zum offiziellen, patrizischen Repertoire angemessener Empfindung gehörten, so war sie doch immanenter Bestandteil des flavischen Wahnes, und der Aussicht darauf, jene Subjekte, welche für den sinnlosen Tod seiner Nichte verantwortlich waren, im Staub der Arena zugrunde gehen zu sehen, konnte auch Gracchus sich nicht entziehen, gleichsam unbezweifelt fest stand, dass er das Schauspiel ohnehin nicht bis zum Ende würde goutieren können, da er den Anblick menschlichen Blutes - selbst niederster Verbrecher - nicht allzu lange ertrug, ohne dass ihm blümerant wurde vor Augen.


    Sim-Off:

    *Gibt es bereits einen passenden Thread zur Abholung?

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  • "Gut, Ihr könnt die Überreste dann im Stadthaus des Numerus Ostiensis abholen., sagte der Optio nach einer Bedenkzeit. Es stimmte ihn wirklich traurig diese Nachricht überbracht zu haben, und er konnte sich vorstellen, dass der Flavier nun nicht unbedingt mit einem wildfremden Optio reden wollte, deshalb fuhr er fort. "Sobald wir genaueres wissen, werden wir Euch informieren. Nun will ich Dich nicht weiter aufhalten.". Und er machte Anstalten zu gehen.



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    Sim-Off:

    Entschuldige, diesen Thread hatte ich ganz übersehen...

  • Gracchus sog nachdenklich die Unterlippe zwischen die Zähne, nickte alsbald, in Gedanken längst absent.
    "I'h danke dir."
    Obgleich es nicht der erste Tod in der Familie war, so war doch Gracchus ein jedes Mal wieder vor den Kopf gestoßen, wusste nicht, wo zu beginnen und was zu tun. Er verabschiedete den Optio mit einem knappen Gruß, stand noch immer regungslos im Atrium, als Sosius Icelus längst das Haus hatte verlassen. Er würde der Familie die Nachricht mitteilen müssen, Sciurus entsenden, den Zweig vor die Türe der Villa hängen lassen, eine Aufbahrung vorbereiten. Irgendwann löste Gracchus sich aus seiner Starre, suchte einen Anfang, suchte diesen bei der Mitteilung der traurigen Nachricht, suchte seine Gemahlin als ersten Anlaufpunkt sich aus, da er hoffte, sie und ihr Sohn würden den notwendigen Halt für alles kommende ihm gewähren, doch im Anblick ihrer unbesorgten Leichtigkeit, mit welcher sie im Garten spielten, war es ihm unmöglich, dies zu zerbrechen, so dass er vorerst in sein Cubiculum floh.


    ~ finis ~

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