Taverne "Zum schiefen Balken"

  • Das Treffen mit Scopas war recht kurzfristig einberufen worden und Celeste war schon etwas darüber erstaunt. Er sprach von einem guten Geschäft und einerm einfachen Auftrag. Allerdings wollte man selbst mit ihr Kontakt aufnehmen, aber es würde sich lohnen, hatte er gesagt. Es verwirrte und überraschte sie gleichermaßen. Seine Worte hatten ihr genügt und sie überredet zu diesem Treffen zu gehen.


    Sie saß an einem Tisch in der Nähe der Tür. Vorsichtig wollte sie sein. Obwohl Scopas ihr gesagt habe, dass es in Ordnung wäre, hatte sie ein komisches Gefühl dabei. Er hatte auch mit Bedacht verschwiegen, dass es sich um einen von der Cohorte handelte, der sie treffen wollte. Das blaue Glas stan auf dem Tisch wie es abgesprochen war. Nun fehlte nur noch der Mann, der bald erscheinen sollte. Die Zeit war langsam gekommen...

  • Es begann bereits zu dunkeln, als Tychicus am frühen Abend die Taverne erreichte. Die Lageskizze, die Scopas ihm am vorigen Tag gezeichnet hatte, hatte sich als äußerst dürftig erwiesen, und Tychicus war noch einige Zeit durch ein System aus engen Gassen und Gässchen geirrt, bis er den Ort des Treffens schließlich erreicht hatte.
    Gekleidet war er wieder in seine schlichten Zivilistenkleider, in denen er sich immer noch so viel kleiner und verletzbarer fühlte als in seiner guten Rüstung, mit Schild und Gladius in der Hand - doch was sein musste, musste offensichtlich sein. Es hatte vor allem sauch seine großen Vorteile, wie ein einfacher Bürger herumzulaufen... Während die Soldaten der Cohortes Urbanae überall auffielen (was ja auch Sinn der Sache war), achtete auf den einfach gekleideten Tychicus beinahe niemand.
    Auch den Beutel mit dem Geld, mit dem er auch heute wieder reichlich ausgestattet worden war, hatte er geschickt unter den Falten seiner Toga verborgen und so am Gürtel befestigt, dass die vielen Sesterzen beinahe nicht klimperten.
    So betrat der "Miles im Zivil" die Taverne, die zu seinem Erstaunen kein Aushängeschild hatte, wie viele ähnliche Gasthäuser, sondern nur einen schiefen, morschen Balken. Hätte Scopas ihm den Namen der Taverne gesagt, hätte er die Bedeuting verstanden - Nun dachte er sich, dass Schild wäre einfach abgenommen worden oder gar nicht vorhanden.
    Der Inneraum war relativ leer, beim Wirt saßen einige seltsame Gestalten, die sich im Flüsterton unterhielten, und auch sonst saßen nur wenige Leute vereinzelt über die Tische verteilt.
    So fiel Tychicus die Person sofort auf, die an dem Tisch nahe der Tür saß. Das blaue Glas stand gut sichtbar in der Tischmitte, sodass beinahe kein Zweifel blieb, dass dies dieser Experte sein musste, dessen Identität noch nicht einmal der Decimer kannte.
    Einen Fehler (beinahe hätte Tychicus gedacht: einen Schönheitsfehler, aber das traf ausgerechnet nicht zu :D) hatte die Sache jedoch:
    Die Person an dem Tisch war eine Frau!
    Verwirrt blieb Tychicus stehen, beinahe noch auf der Türschwelle.
    Hastig ließ er den Blick noch einmal durch den raum schweifen. Doch es blieb kein Zweifel: der Tisch, an dem die junge Frau saß, war der einzige mit einem blauen Glas.
    Am liebsten hätte Tychicus auf dem Absatz kehrt gemacht und wäre zurück zur Castra gelaufen. Sollte es denn möglich sein?
    Aber warum denn nicht? meldete sich eine zweite Stimme im Kopf des Redivivers zu Wort. Weder Scopas noch der Decimer hatten eindeutige Aussagen über das Geschlecht des Experten...oder eben der Expertin?... getroffen.
    Also fasste der junge Mann sich ein Herz und trat an den Tisch heran. Er räusperte sich und sgate mit gesenkter Stimme:
    "Salve... Ich soll mich mit euch hier treffen, glaube ich. Ich bin durch Scopas an euch vermittelt worden."


    Beinahe erwartete er schon, dass die Frau ihn mit einer überraschten, aber eindeutigen Erwiderung davon in Kenntnis setzten würde, dass sie noch nie einen Mann names Scopas getroffen habe und keine Ahnung habe, was er da rede. Er wollte einfach noch nicht ganz glauben, dass er hier wirklich diesen mysteriösen Experten vor sich hatte.

  • Die Zeit verging sehr langsam während sie wartete. Das Warten war sie schon gewohnt, aber so lang bisher auch noch nicht. Zumindest wenn es um Aufträge ging. auf die sich öffnende und schließende Tür achtete sie schon lange nicht mehr. Ihr Blick war wie auf dei Tischplatte genagelt während einige Leute ihren Weg in die Taverne und ebenso wieder hinaus fanden. In der Zwischenzeit hatte sie sich ein Glas verdünntem Obstsaft bestellt und wartete und wartete. Erst als man sie ansprach, sah sie auf und musterte blitzschnell den Mann, der dort wo ihr stand.
    "Bitte nimm Platz und sprich den Namen nicht so laut aus. Wer weiß wer zuhört?"
    Sie deutete auf den Stuhl ihr gegenüber. Da ihr der Auftraggeber noch immer unbekannt war, wollte sie nicht, dass man ihren Vermittler an jene verriet, die durch diesen Mann hier verteten wurden.
    "Er sagte mir, dass du einen Auftrag für mich hast und mich und mich persönlich sprechen willst. Da bin ich."
    Dann lehnte sie sich zurück. Irgendwann würde der Besucher seine Sprache wieder finden und sprechen.

  • Eine Expertin also... Immer noch leicht verwirrt ließ Tychicus sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches sinken und murmelte kurz eine Entschuldigung dafür, dass er Scopas' Namen so laut genannt hatte.
    Die Frau hatte sich indes zurückgelehnt und musterte ihn erwartungsvoll.
    Also erklärte er, diesmal in noch leiserem Ton als zuvor:
    "Ich bin Miles der Cohortes Urbanae.
    Wir führen Untersuchungen gegen eine gefährliche Sekte, die sich
    Christianer nennt, haben allerdings bis jetzt noch nichts herausgefunden, das uns zufrieden stellt. Da die Sache streng geheim ist, können wir keine offiziellen Hausdurchsuchungen bei den Verdächtigen machen. Und deshalb kommt ihr ins Spiel:
    Ihr sollt für uns in die Häuser der Verdächtigen einbrechen und nachsehen, ob es dort Dinge gibt, die diese Leute ihres heidnischen Glaubens und ihrer Verfehltheit überführt. Briefe, Dokumente, Notizen, irgendwelche Spuren, die auf Rituale oder Opferhandlungen hindeuten..."
    , er machte eine Pause und überlegte, ob ihm noch etwas einfiel, beendete seine Erklärung jedoch dann. "...All dies. Wir werden dafür sorgen, dass unsere Soldaten euch dabei keine Probleme machen werden... Mit den Hausbesitzern müsst ihr allerdings alleine fertig werden, dass ist ja klar. Wir können nur dafür sorgen, dass die Cohortes Urbanae euch in Ruhe lassen."


    Jetzt lehnt er seinerseits sich zurück und erwartete nicht ohne eine gewisse Neugierde, ob diese junge Frau die Erwartungen erfüllen würde, die der Decimer sich offensichlich von seinem "Experten" gemancht hatte.
    Ob ER gewusst hatte, wen Tychicus hier in der Taverne antreffen würde?
    Wahrscheinlich nicht. Er hatte schließlich nicht einmal einen Namen gekannt.
    Er wäre wahrscheinlich genauso überrascht gewesen wie der Rediviver es war.

  • Das Bekenntnis zu seiner Herkunft ließ Celestes Haltung sofort versteifen. Blitzschnell sah sie sich um, achtete auf andere vermeintliche Männer der Cohorte. Ihre Augen verengten sich und in Gedanken verwünschte sie Scopas und bewunderte ihn im nächsten Moment wieder. Ein geschickter Schachzug. Er wusste ganz genau, dass sie nicht gegangen wäre, hätte sie den Ursprung ihres Auftraggebers gekannt. Eine Gefahr schien nicht zu bestehen. Ihre Haltung war nicht mehr so angespannt, aber dennoch sehr achtsam.
    "Mein Auftrag ist es also die Häuser zu durchsuchen und zu schauen was ich so finden kann. Es wird da nur so von Sklaven wimmeln. Es ist ja schon mal gut, dass ihr mir da nicht ins Gehege kommen wollt, aber ungefährlich wirds nicht werden. Wieviele Ziele gibt es und wie ist der Zeitrahmen. Ich habe ja noch einige Vorbereitungen zu treffen um erfolgreich sein zu können."
    Sie hoffte, dass er verstand, dass sie ihre Vorbereitungen nicht näher erläuterte und so eines ihrer Geheimnisse verriet. Sie musste die Häuser ausspionieren, die Gewohnheiten herausfinden, erkennen können was regelmäßig geschah und was eher Zufall war. Dazu benötigte man schon etwas Zeit. Sie wollte sich ja auch nicht gleich stellen lassen. Da hatte sie kein Interesse dran.
    Wenn sie Fragen beantwortet bekommen hatte, würde sie entscheiden ob sie den Auftrag übernahm oder nicht. War es zu heikel, würde sie kein Geld dieser Welt locken können. Einmal Carcer und nie wieder. Sie wollte auch ganz sicher nicht herausbekommen ob das verließ der CU angenehmer war als das der Praetorianer. Noch immer zierten die Spuren ihren Körper und sie würde den Tag, die Tage oder die Wochen dort nicht vergessen. Wie lang ihr Aufenthalt dort wirklich war, hatte sie leider nicht herausfinden können. Sie vermutete aber eher Tage denn Wochen. Das reichte schon.

  • Tychicus registrierte, wie sein Gegenüber kurz beunruhigt wirkte, als er sich als Soladat der Cohortes Urbanae zu erkennen gab. Was sollte der junge Mann auch anderes erwarten? Für Leute wie Scopas oder die junge Frau hier waren die CU alles andere als Beschützer und Freunde, dass war ihm klar.
    Er verstand, dass die "Expertin" nach der Zeit fragte. So etwas bedurfte sicher einiger Vorbereitungen, selbst wenn keine CU-Gefahr bestand. Da der Decimer ihm keine Zeitbegrenzung genannt hatte, ging er davon aus, dass es im Prinzip auch keine gab. Trotzdem antwortete er:


    "Es wäre schön, wenn die Sache innerhalb der nächsten Wochen über die Bühne gehen würde. Mir ist klar, dass ihr das nicht vom einen Tag auf den anderen erledigen könnt, aber wir wollen ja auch nicht ewig warten."
    Auf die Frage nach den Zielen runzelte er erst die Stirn und erwiderte dann:
    "Ich kenne die Ziele selbst nicht genau, es sind zwei Häuser und eine Insula-Wohnung. Hierdrauf sind die Ziele genauer beschrieben und kurz skizziert...", er holte die schlichte, zusammengeklappte Wachstafel hervor, warf einen kurzen Blick darauf und reichte sie Celeste dann. "Ich hoffe, die Angaben darauf genügen euch."


    Da er sich die Tabula selbst nicht genauer angesehen hatte, konnte er auch nicht beurteilen, wie schlüssig und präzise die dort gegebenen Informationen waren. Aber er zweifelte eigendlich nicht daran, dass der Decimer etwas Wichtiges vergessen hatte.

  • Sie hörte sich genau an was der Mann zu ihr sagte und machte sich entsprechende geistige Notizen.
    "Ihr werdet die Ergebnisse in zwei Wochen von mir haben. Mehr Zeit benötige ich nicht. Informationen und oder Beweise für die Gefährlichkeit dieser Christianer."
    Kurz fasste sie das alles zusammen und nahm dann die Wachstafel entgegen. Sie warf einen Blick drauf. Die Tafel war nicht besonders gut gezeichnet, aber annehmbar. Celeste konnte erkennen wohin sie musste.
    "Welche Belohnung werde ich dafür bekommen? Wie trete ich mit euch in Kontakt wenn ich alles habe?"
    Dies war wohl so etwas wie eine Zusage. Der Auftrag war angenommen. Es fehlte nur die die Verhandlung über die Konditionen des Ganzen.

  • Tychicus erlaubte sich ein kurzes, entspanntes Lächeln, als Celeste ihre Zustimmung aussprach. Ein weitere Hürde seines Auftrags war gemeistert, und der Handel musste nur noch abgschlossen werden.


    "Sehr gut. Die Belohnung sind dreihunderfünzig Sesterzen.",
    er holte den prall gefüllten Geldbeutel hervor und legte ihn zwischen sie auf den Tisch.
    "Wenn ihr mit dem Auftrag fertig seid...", er überlegte kurz, "...wäre es für euch möglich, eine Nachricht bei der Castra abzugeben? Ihr müsstet nur eine kurze Zeile schreiben, wie: 'Der Schiefe Balken ruft wieder' oder etwas ähnliches, was wir verstehen, aber die Anderen nicht. Adressiert es am besten an Centurio Decimus. Dann werde ich mich noch am selben Abend wieder hier mit euch treffen."


    Ob sie sich wohl so nahe an die Castra heranwagen würde? Tychicus war sich da nicht sicher, aber ihm fiel im Augenblick nichts Besseres ein, wie Celeste wieder Kontakt aufnehmen könnte. Am wichtigsten war, dass die "Expertin" den Auftrag auch erfolgreich ausführte, alles Andere würde sich schon organisieren lassen.

  • "Dreihundertfünfzig Sesterze? Hmm...Also da habe ich schon mehr bekommen. Aber gut, ich mache es dafür. "
    Es war wirklich nicht viel, aber im Rahmen dessen was sie sich gedacht hatte. Natürlich im unteren Bereich angesiedelt. Sie wollte nicht so sein und wer wusste schon wozu das alles vielleicht einmal nütze sein wird. Das folgende hingegen gefiel ihr gar nicht. Zu denen hingehen und eine Nachricht abgeben? Der Mann hatte wirklich Mut ihr das vorzuschlagen. Das Problem an der Sache war jedoch, dass ihr so sehr sie auch nachdachte, keine andere Lösung einfiel. Ein Armutszeugnis wenn sie sich sich fragte. Ansonsten war es einfacher, allerdings arbeitete sie dann ja auch nicht mit dem Gesetz dieser Stadt zusammen. Auf der anderen Seite, sie gab ja nur einen Brief ab. Da dürfte doch nichts passieren, oder? Ihr Geist antwortete ihr gleich: 'Nein, eigentlich nicht.' Das eigentlich störte sie ein wenig. Es war jedoch ein kalkulierbares Risiko.
    "In Ordnung. Ich werde mich melden wenn ich fertig bin."
    Ihr Blick galt nun dem Beutel, der noch mitten auf dem Tisch wartete. Es war ungewöhnlich vor dem Ende des Auftrages die Bezahlung zu erhalten. Daher griff sie nicht danach, sah den Beutel einfach nur an.

  • Der junge Miles bemerkte, dass Celeste mit der Summe offensichtlich nicht ganz zufrieden war, aber da sie trotzdem zustimmte, kümmerte er sich auch nicht weiter darum. Es hätte ihm nicht gerade gefallen, wenn er jetzt noch zur Castra hätte zurücklaufen müssen, um noch mehr Geld heranzuschaffen.
    Auch sein zweiter Vorschlag schien ihr - diesmal aber durchaus berechtigt - zu missfallen, doch auch hier zeigte die "Expertin" sich wieder überraschend kompromissfreudig und stimmte Tychicus' Idee schließlich zu.
    Dann wanderte ihr Blick zu dem Geldbeutel, der noch vor dem Rediviver auf dem Tisch thronte, und Tychicus erkannte so etwas wie Zweifel in ihren Augen. Also griff er wieder nach dem Beutel und machte klar:


    "Ihr erhaltet einhundert Sesterzen im Voraus, sozusagen als Anzahlung. Den Rest gibt es, wenn der Auftrag erfolgreich abgeschlossen ist."
    Er griff in den Beutel und zählte das Geld sorgfältig ab, bevor er es Celeste reichte. Dann steckte er den Rest wieder ein und fragte zum Abschluss:
    "Alles klar? Noch irgendwelche Fragen?"

  • Celeste nickte nur, musterte den Mann noch einmal und nahm dann die 100 Sesterze.
    "NEin, ich habe keine weiteren Fragen. Soweit ist alles klar. Ihr werdet bald von mir hören. Dir noch einen schönen Tag."
    Damit erhob sich Celeste, nickte noch einmal ihrem Auftraggeber zu und verließ dann dieses Etablissement. Sie hatte viel zu tun und würde damit bald anfangen. Die Skizzen und Beschriebungen sowie das Geld verstaute sie in einem Beutel, der fast unsichtbar an ihrer Seite hing und ging schließlich ihres Weges.

  • "Ich wünsche dir ebenfalls noch einen schönen Tag. Vale!",
    verabschiedete sich Tychicus und sah Celeste noch einen Moment hinterher, während sie die Taverne verließ.
    Er konnte ein unterschwelliges Gefühl der Skepsis zwar immer noch nicht ganz ablegen, dass sich eingestellt hatte, seitdem er erkannt hatte, dass es sich bei Serapios "Experten" um eine junge Frau handelte, aber alles in allem war er zufrieden, wie die Sache sich entwickelte. Er hatte nicht den Eindruck, als habe Celeste in irgedeinem Punkt übertrieben oder falsche Versprechungen gemacht, und er kam zu dem Schluss, dass sie vertrauenswürdig war - selbst wenn es wahrscheinlich letztendlich nur das versprochene Geld war, dass dies garantierte.
    Nachdem er so noch eine Weile Gedankenverloren am Tisch gesessen hatte, schreckte Tychicus hoch, als der Wirt kam, um das blaue Glas abzuräumen, dass immer noch an Celestes Platz stand. Als er dem jungen Miles plötzlich auffordernd die Hand hinstreckte, wurde Tychicus klar, dass die "Expertin" tatsächlich etwas aus dem Glas getrunken, es aber nicht bezahlt hatte, ob mit Absicht oder nicht.
    Murrend bezahlte der Rediviver, aber als er die Taverne schließlich verließ, konnte er ein amüsiertes Lächeln nicht unterdrücken. Diese Leute wussten wirklich, wie man einem (manchmal sogar wörtlich) das Geld aus der Tasche zog. ;)


    Sim-Off:

    Geld: wieder WiSim

  • Nach dem sehr unschönen zusammentreffen mit dieser Wache am Vortag war sie trotzdem am nächsten abend in die Taverne gekommen um die Ergebnisse abzuliefern. Kurzfristig hatte sie sich überlegt es einfach nicht zu tun. Doch es ging ihr zu sehr an ihr Ehrgefühl jemanden anderen wegen eines anderen zu bestrafen. Sie würde das Verhalten der Wache aber dennoch melden und darauf bestehen, dass dieser zur Rechenschaft geogen würde. Er konnte doch nicht einfach Frauen schräg von der Seite anmachen. Es schüttelte sie wieder....


    Zu diesem Treffen hatte sie sich einen Tisch in einer Ecke geben lassen und saß mit dem Rücken auch genau in dieser. So konnte sie die Taverne und auch die Tür einsehen. Die Unterlagen, die sie gefunden hatte so wie die Kette befanden sich in einer Rolle und einem Beutel. Bides hatte sie in ihrer Palla versteckt hierher transportiert. Nun hieß es warten und hoffen, dass dieser Decimus Serapio so schlau war, wie sie hoffte, und ihren Trick mit dem Text durchschaute. Sie würde es wohl bald herausfinden können.

  • Tiefschwarze Nacht lag über den Strassen, als der Mann, den die Unterwelt Roms nur als 'El Cachetero' kannte, ungesehen dem Treffpunkt zueilte, an dem die geheimnisvolle Informantin ihn erwartete. Wie ein Schatten glitt der tollkühne Bravo aus Tarraco durch die Dunkelheit des Häuserlabyrinthes, das Arsenal scharfgeschliffener Klingen an seinem Gürtel verborgen durch die weitschwingende schwarze Cappa. Vor der verruchtesten Spelunke der Stadt, einem Sammelbecken des Abschaums, hielt El Cachetero inne. Mit einer lässigen Bewegung drückte er sich die breitkrempige Kopfbedeckung tiefer in die Stirn, lockerte seinen bevorzugten Stossdolch in der Lederscheide, und stiess schwungvoll die Türe der Räuberhöhle auf. Die Gespräche verstummten, der Raum lag in Stille, als die hochgewachsene Gestalt auf der Schwelle erschien. Ein Windstoss liess die Cappa flattern, der durchdringende Blick des Messerhelden mass die Männer im Raum - Gauner und Halunken allesamt, mit einigen hatte er bereits einen Strauss ausgefochten. Zwei der ehrenwerten Gäste beschlossen angesichts von El Cachetero, den Rückzug anzutreten, und verkrümmelten sich still durch die Hintertür, als der berühmt-berüchtigte Hispanier mit geschmeidigem Schritt in die Spelunke trat. "Komm mir nicht in die Quere", sprach jeder Zoll an dem Mann, und bei seinem Vorübergehen wurden vorsichtig Blicke abgewandt, Stühle beiseitegerückt. Nur langsam setzten die Gespräche wieder ein.
    El Cachetero stützte sich auf den Tresen, beugte sich zum Wirt. Der hielt inne, im Polieren der Becher. Ein Schweisstropfen erschien an seinem fettigem Haarkranz, rollte langsam über die Stirn, als er die leise, seidige Stimme des Bravos vernahm, in der unter dem kultivierten Klang eine tödliche Schärfe lag.
    "Ich suche eine Frau... genannt: La Especialista."
    Die Augen des Wirtes richteten sich auf ein Nebenzimmer. Es bedurfte nicht mehr als dieses Winkes. Wie ein Raubtier trat El Cachetero in den dunklen Raum hinein, und erblickte dort am Fenster stehend die Frau, deren Existenz für viele nur ein Mythos war. Die Züge La Especialistas lagen halb im Schatten verborgen, und doch lag etwas betörendes um diese nur zu erahnenden Formen, etwas Unsagbares, das ein seltsames Sehnen nach Gefahr, nach dem Spiel mit dem Feuer in einem jeden Mann erweckte. Es hiess, die skrupellosesten Verbrecher und Bandenführer, seien dieser Frau in Scharen verfallen - und El Cachetero verstand warum, als sie ihre dunklen Augen auf ihn richtete, und mit rauchiger, etwas träger Stimme die Worte sprach:
    "Ich habe Dich erwartet."



    Und dann? An der Stelle stockte die wilde Räubergeschichte, die meine Phantasie so ersann, während ich auf dem Weg zum Treffpunkt war.
    Also zurück zur Realität. Gestern hatte ich die Nachricht bekommen, und heute würde ich die Urheberin treffen. Ich hoffte dass alles gut gehen würde, und es sich, trotz allem lohnen würde. Ich brauchte Beweise, und ich war durchaus gewillt, tief in den Dreck zu greifen, um dem Praefectus Urbi welche präsentieren zu können.
    Die Sonne war gerade untergegangen, als ich nach kurzer Suche die Taberna zum schiefen Balken - zu erkennen am schiefen Balken - erreichte. Ich war in Zivil, trug eine graublaue wollene Tunika mit einem breiten Ledergürtel, und eine dunkle Lacerna, die meinen Pugio verbarg. Dazu normale Sandalen, und eine Ledertasche, deren schäbiges Aussehen nicht ihren wertvollen Inhalt verriet. In krassem Gegensatz zu meinem sonstigen sehr korrekten Auftreten, hatte ich meine Haare durcheinandergebracht, war nicht frisch rasiert, und achtete darauf, einfach nur zu gehen, anstatt zu marschieren, und nicht diese überaufrechte militärische Haltung anzunehmen, durch die man sich schnell verraten konnte. In der linken Hand trug ich das ultimative Accessoire: einen Strauss Rosen. Die hatten zu dieser Jahreszeit eine Stange Geld gekostet, angeblich kamen sie aus Aegyptus, aber sie waren auch sehr hübsch, die Blütenblätter schimmerten in einem dunklen samtiges Rot und verströmten einen betörenden Duft.


    Ich betrat die Taberna, die schon etwas dubios wirkte, und sah mich um. Die paar Gäste im Schankraum unterhielten sich weiter, Würfel klapperten, Geschirr klirrte, niemand achtete besonders auf mich. Bis auf eine junge Frau, die ich auf den zweiten Blick erst sah, so verborgen sass sie da in einer Ecke, mit dem Rücken zur Wand. Wachsam, aber durchaus mit Freude an dieser kleinen Scharade näherte ich mich ihr, die Blumen in der Hand, ein strahlendes Lächeln auf den Lippen. Aber je näher ich kam, desto bekannter kam sie mir auf einmal vor. Das ungewöhnliche blonde Haar....
    "Livilla meine Liebe! Was für eine Freude. Ich hoffe Du musstest nicht zu lange warten", begrüsste ich sie, und überreichte ihr formvollendet den Blumenstrauss. Verdammt, woher kannte ich nur dieses verschmitzte Gesicht.... - mit einem Mal ging mir ein Licht auf, die Erinnerung kam wie ein Blitzschlag, und über die Rosen hinweg starrte ich 'der Expertin' mit weitaufgerissenen Augen vollkommen perplex ins Gesicht. 8o Auch ein Name tauchte irgendwo in meinem Hinterkopf auf, der zu diesem Gesicht dazugehörte.
    "...Celeste...?" ?(
    Bei Mercur und Furrina, jetzt war ich komplett verwirrt. Unsere geheimnisvolle Gestalt war eine Meretrix aus Hannibals Lupanar? Oder war sie eine Betrügerin, oder eine Frau mit vielen Talenten, oder vielleicht nur eine Botin, das Gesicht, hinter dem sich der wahre Meisterdieb verbarg?

  • Es gibt Momente, in denen man aufgrund einer besonderen Situation, einer Überraschung oder einfach fehlenden Gedanken, die Sprache verliert und es lange Zeit dauert bis man sie wieder findet. Es gibt Situationen mit denen man einfach nicht rechnet, in denen man einfach nur noch mechanisch reagiert, denn wirklich überlegt und so wie geplant. Es gibt Wiedersehen über die man sich mehr als alles andere auf der Welt freut, wo man einen langen vermissten Freund, ein weit gereistes Familienmitglied wieder sieht und diese Freude sogar Tränen in die Augen schießen lässt. Auf der anderen Seite gibt es Wiedersehen mit denen man nicht rechnet. Urplötzlich trifft man auf Menschen, die für einen Moment den gleichen Weg gegangen waren und dann wieder verschwanden und genau das war hier alles der Fall.


    Die Tür zur Taverna wurde von außen geöffnet. Das schlechte Licht im Schankraum, ließ einen genauen Blick auf den neuen Besucher nicht zu. Außerdem wollte sie keine falsche Aufmerksamkeit auf sich ziehen und so musterte sie nur unauffällig. Die Person verließ den Eingangsbereich und begab sich auf den Weg zu ihr. Das war also dieser Decimus mit dem sie sich treffen sollte. Doch auf einmal wurde sie stutzig. Dieser Schemen...er kam ihr bekannt vor. Der Mann hatte also die Nachricht verstanden und begrüßte sie entsprechend des Namens auf der Tabula. Natürlich hatte sie nicht ihren richtigen genommen. Doch der Mann kannte ihn bereits. Die Stimme kam ihr ebenso bekannt vor wie die ganze Erscheinung und nachdem sie sein Gesicht sah, war ihr auch klar woher. Eine lange Zeit benötigte ihr Kopf bis sie den Namen fand, an den sie sich erinnerte, der ihr damals genau von dieser Person genannt wurde. Es war ein anderer als er heute trug.
    "Flosculus? Du bist also ein Decimus? Oder war der Namen falsch, den du mir damals genannt hattest?"
    Sie hatte ja ihren richtigen preis gegeben. Doch was sollte sie nun sagen? Sollte sie ihn Platz nehmen lassen oder einfach so schnell sie konnte rennen. Dies hier war ihr Reich, sie würde ihn abhängen können wenn sie wollte. Aber wollte sie das? Ohne es zu wollen stand sie auf, begab sich in eine geeignete Fluchtposition und verharrte einfach nur so. So gern sie auch laufen wolte, sie konnte es nicht. Wie angewurzelt stand sie da. Ihr erstes Treffen war in einem Lupanar, ihr zweites hier. Zumindest wurde Ambiente anspruchsvoller. Ihre Gedanken rasten, versuchten eine Lösung für diese Situation zu finden, die sie infach überforderte.

  • Flosculus - schon wieder dieser verdammte Name, er verfolgte mich, ich wurde ihn einfach nicht los! Meine geheimnisvolle Informantin schien über dieses Zusammentreffen ebenso überrascht zu sein wie ich, und aus ihrer Haltung zu schliessen machte sie sich fluchtbereit. Es schoss mir durch den Kopf sie zu packen und festzuhalten, aber mir war klar, dass das in dieser Umgebung hier wahrscheinlich ins Auge gehen würde...
    "Ruhig Blut..." Langsam und beschwichtigend hob ich die Hände, und machte einen halben Schritt zurück, um meine Harmlosigkeit zu unterstreichen. "Ja, ich bin ein Decimus, und, ähm, nein, ich heisse nicht Flosculus. Du kennst meinen Namen, Du hast mir ja eine Nachricht geschickt."
    Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sich nun doch ein paar Köpfe in unsere Richtung gedreht hatten. Ich wollte keine Aufmerksamkeit, absolut nicht, und sprach mit gedämpfter Stimme auf die Frau ein, wie auf ein nervös tänzelndes Pferd, das man mit sanften Worten zu beruhigen versucht:
    "Ich bin überrascht, wirklich überrascht, aber ich schlage vor, Du nimmst jetzt die Blumen, bevor die Leute sich wirklich wundern, und dann setzen wir beide uns ganz ruhig dort an den Tisch, und reden in aller Ruhe über das Geschäftliche. In Ordnung, ja, Celeste? Oder soll ich Dich lieber Livilla nennen, oder irgendwie anders?"
    La Especialista vielleicht... Ich lächelte sie an, allerdings ziemlich starr, denn mir kam gerade der Gedanke, dass sie, wenn sie länger in dem Lupanar am Venustempel gearbeitet hatte, womöglich von den anderen Huren irgendwelchen Klatsch über mich gehört haben könnte.. Nein, das wäre gar nicht gut. Mit einer eher verkrampften als einladenden Geste wies ich auf die Stühle an dem Ecktisch, von dem sie aufgestanden war, und machte Anstalten, selbst dort Platz zu nehmen. Das hier war echt eine vertrackte Situation. An meinem Rücken spürte ich durch die Tunika das Metall meines Pugios, und ich hoffte sehr, dass ich ihn heute nicht brauchen würde.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Von beruhigen konnte ja nun gar keine Rede sein, aber sie ergab sich der Situation, nahm mit einem nicht ganz eindeutig charmanten Lächeln den Strauß an und setzte sich hin. Wie sie es hin und wiedergesehen hatte, steckte sie ihre Nase in den Strauß und roch daran. Es war das erste Mal, dass sie Rosen geschenkt bekommen hatte und musste für sich feststellen, dass sie wirklich sehr gut rochen.
    "Ich heiße wirklich Celeste. Livilla hatte ich nur als Deckname genutzt. Ich wollte uns in keine Schwierigkeiten bringen."
    Welcher Art Schwierigkeiten erläuterte sie ohne gefragt zu werden nicht. Sie konnte sich halt nicht sicher sein, dass die Praetorianer zwischen funken würden und die kannten ihren Namen ja. Hier benötigte sie nun keinen anderen Namen mehr. Sie hatte ihm ja damals ihren richtigen gegeben.
    "Ich bin auch sehr überrascht. Ich habe nicht angenommen dich so unter diesen Umständen wiederzutreffen. Du hast es also von dort zu den Urbanen geschafft oder gehörtest du ihnen damals schon an?"
    Die Blumen legte sie ordentlich und vorsichtig zur Seite. Es würde wohl schwer werden dies nachher Amneris zu erklären, aber es würde gehen müssen. Sie waren zu hübsch um einfach unbeachtet zu bleiben.
    "Darf ich dich Serapio nennen. Den Familiennamen finde ich persönlich zu unpersönlich."
    Nein, das passte ihr immer noch nicht. Ein schwerer Kloß lag ihr im Magen und drückte sehr kräftig darauf. Dennoch versuchte sie zum einen nicht laut zu sprechen und zum anderen auch den Anschein zu erwecken, sich wirklich zu freuen ihn zu sehen. Man konnte ja nie wissen wer gefolgt war und so musste man die Tarnung schon halbwegs aktiv halten. Es fiel im Moment sehr schwer die Professionalität zu wahren, die sie gern zeigte.


    Ihr Blick schweifte auf die sich beruhigen anderen Besucher dieser EInrichtung. Das Paar war ihnen egal geworden, es wirkte nicht so als würde noch etwas aufregendes passieren. Nur der Wirt kam auf sie zu um wohl eine Bestellung aufzunehmen.

  • Die erste Klippe schien umschifft zu sein; ich war erleichtert, als wir beide am Tisch sassen. Celeste - wenn sie wirklich so hiess - hatte ihren Platz gut gewählt, ich dagegen sass mit dem Rücken zum Schankraum, und fühlte mich dabei, so ohne meine Rüstung, viel zu ungeschützt. Unbehaglich rückte ich meinen Stuhl ein Stück zur Seite, und spähte über meine Schulter. Die Leute schienen das Interesse verloren zu haben. Es waren schon rauhe Gestalten darunter, und ich fragte mich, ob Celeste wohl unter ihnen jemanden zu ihrem Schutz plaziert hatte. Oder jemanden, der mich überfallen, abstechen, und mir das Geld einfach so abnehmen sollte.
    Ich nickte, als sie ihren Namen nannte, auch wenn ich ihr nicht glaubte, aber ob Name oder Deck- oder Künstlername, das machte eigentlich keinen Unterschied. Es war jedenfalls, wie mir schon damals aufgefallen war - und deshalb war er mir wohl auch im Gedächtnis geblieben - ein wirklich hübscher Name.
    "Schwierigkeiten?", fragte ich nach, weil die Formulierung 'uns in Schwierigkeiten bringen' mir irgendwie auffiel.
    "Ja, es ist seltsam. Vielleicht...", meinte ich scherzhaft, "ist es ja Schicksal. - Damals, nein, damals war ich noch kein Urbaner."
    Das letzte Wort sagte ich besonders leise, damit es ja keinem hier zu Ohren kam. Dabei musste ich tatsächlich ein wenig schmunzeln, denn zu dieser Zeit, als ich Celeste getroffen hatte, hatte ich die Urbaner wirklich gehasst, und hätte mir nicht im Traum vorstellen können, dass ich jemals zu ihnen gehören könnte. Aber damals war ich ja auch völlig verblendet gewesen, hatte mein Leben absolut nicht im Griff gehabt.
    "Ich ging kurz darauf zur Armee, war in Parthien, und nach der Rückkehr bin ich zu den Stadtkohorten gegangen", erklärte ich, denn ich hatte das Bedürfnis, Celeste klarzumachen, dass zwischen Flosculus und mir ganze Welten lagen.


    Sie fragte ob sie mich Serapio nennen dürfte. "Sicher", antwortete ich. Es war so merkwürdig, sie war höflich, sie war hübsch, ich fand sie irgendwie sympathisch, aber ich durfte einfach nicht vergessen, dass sie, auch wenn wir sie diesmal angeheuert hatten, im Prinzip auf der anderen Seite stand, dem entgegengesetzt was ich zu vertreten beschlossen hatte. Wer wusste schon, was sich hinter diesem lieblichen Antlitz verbarg.
    "Und Du Celeste, bist Du damals schon in der ähm, Beschaffung von Auskünften tätig gewesen?", stellte ich die Gegenfrage, verstummte aber, als sich der (eher hagere) Wirt näherte, und sich erkundigte:
    "Was darf's sein?"
    "Zwei Becher Rotwein, aber vom Guten.", bestellte ich, mit einem fragenden Blick zu Celeste, "Und hast du noch ein Zimmer frei, für, ähm, eine Stunde?"
    Ich wollte das Geschäft nicht hier im Schankraum abschliessen, wollte nicht unter dem möglichen Blick der Leute mit dem Geld herumhantieren, ausserdem war es mir einfach zu ungemütlich in der Position wo ich sass, und nicht zuletzt passte es zur Tarnung.
    "Ja, das vierte Zimmer da oben links ist frei.", meinte der Mann gleichmütig, und deutete zu einer ausgetretenen Treppe, die auf eine Empore führte, von der ein paar Zimmertüren abgingen, unter einem Gebälk das fast so schief und krumm war wie der namensgebende Balken. "Macht drei Denarii, aber im Vorraus."
    Ich kramte die Münzen hervor und bezahlte ohne Widerrede. Der Wirt strich das Geld ein und brachte uns gleich darauf zwei angeschlagene Becher mit rotem Wein an den Tisch.
    "Lass uns lieber oben weiterreden", meinte ich zu Celeste, als der Mann sich wieder verzogen hatte, und umfasste schon meinen Becher, um ihn mitzunehmen. Hoffentlich dachte sie jetzt nicht, ich wollte ihr was tun. Oder mich an sie ranmachen - nein, da musste sie keine Sorge haben.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • "Es gab mal welche. Vermutlich hat die jeder Mal. Ich wollte kein Risiko eingehen und dachte es mir, so wäre es am günstigsten für uns beide. Da ich dich nicht in deinem Officium besuchen kommen sollte, sollte es ja wohl sonst keiner mitbekommen."
    Geheimnisse zu haben, war in ihrem Beruf an der Tagesordnung. Entweder war sie diejenige, die ihr Geheimnis bewahren musste oder sie musste anderer Leute Geheimnisse wahren oder eben jene besorgen. Zu tun hatte sie immer damit. in regelmäßigen Abständen schweifte ihr Blick durch den Raum, alles überwachend, im Augen behaltend um eine für sie gefährliche Situation sofort zu bemerken und alles daran zu setzen zu fliehen. Er war allein gekommen, hatte die Taberna allein betreten, vielleicht war er es dann auch wirklich. Die Möglichkeit bestand, aber warum ein unnötiges Risiko eingehen, wenn man dieses durch aufmerksames Beobachten bannen konnte?
    An Dinge wie das Schicksal glaubte junge Frau nur wenig. Auch legte sie ihren Weg nicht in die Hände der Götter. Das war ihr suspekt. Als Normalsterblicher konnte man das sicher. Es war auch eine willkommene Ausrede wenn etwas schief ging und man konnte sich irgendwo bedanken wenn etwas Gutes geschehen war. Konnte Celeste dies? Nein! Für den Verlust ihrer Schwester waren weder die Götter noch sie verantwortlich. Luciana war es selbst gewesen, die es schaffte verbannt zu werden. Hier trug keiner weiter die Schuld als sie selbst. Celeste war übrig geblieben, ging allein ihren Weg und musste eben aufpassen, das sie keinen Fehler beging und geschnappt wurde. Dem Schicksal konnte man dann auch keinen Vorwurf machen.


    Das alles änderte nichts daran, dass sie sich heute wieder getroffen hatten und nun auf verschiedenen Seiten standen. Damals war es anders gewesen. Celeste und Serapio hatten beide etwas gegen das Gesetz, grundverschieden in der Ursache, aber gleich in der Wirkung. Während die eine ihrer Linie treu blieb, schien Serapio sich selbst verraten zu haben. Jemand, der auf der anderen Seite des Lebens stand, konnte nicht einfach umgekrempelt werden, oder doch?


    Diese Situation war so merkwürdig wie unglaublich. Sie saßen hier, mistrauten einander und mussten sich auf der anderen Seite wieder vertrauen. Ob es hier in diesem Moment veilleicht doch mal das Schicksal war, dass Celeste auf eine besondere Probe stellte auch wenn daran nicht glaubte?
    Das Auftauchen des Wirtes hielt sie von der Beantwortung der Frage ab. Schweigend folgte sie dem Gespräch der beiden Männer. Ein Zimmer? Nun klappte ihr im übertragenen Sinne der Unterkiefer runter. Was wollte er denn nun wieder dort? Da sie aber ihre Sachen endlich loswerden wollte, lächelte sie so etwas von glücklich Serapio an. Sie hätte glatt ins Theater gehen können und dort vor vielen Menschen ihre Rolle spielen so wie sie hier trotz der ganzen Widrigkeiten ihre Tarnung aufrecht erhielt.


    Skeptisch und in ihrer achtsamkeit wieder gänzlich gefordert, nickte sie nur und folgte dem Urbaner in die nächste Etage zu dem besagten Zimmer. Sie konnte nicht einschätzen was das genau werden sollte, vermutete aber das ein oder andere.


    Das Zimmer war sehr spartanisch eingerichtet und Sauberkeit drückte es nicht wirklich. Ein Bett in einer Ecke, ein Tisch, eine Truhe, eine Schüssel mit Wasser und zwei Hocker. Mehr fand sich in diesem Raum nicht. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, ging sie zum Tisch hinüber und setzte sich auf einen der Hocker. Die Antwort wollte sie ihm nicht schuldig bleiben.
    "Ich war damals eine einfache Taschendiebin, die einen etwas anderen Auftrag erhalten hatte. Nun ists eine meiner Hauptaufgaben."

  • Was für eine Bruchbude. Ich hatte von der Empore eine Öllampe mitgenommen, die die triste Einrichtung hier beleuchtete, und bei dem Anblick war ich wieder einmal froh, dieser Art von Milieu mittlerweile sehr fern zu sein. Die Lampe stellte ich auf den Tisch, den Wein dazu, dann legte ich den Riegel vor die Tür, damit keiner hereinplatzen könnte.
    Celeste hatte sich hingesetzt, ich dagegen ging zum Fenster, wo ich mich bloss ein wenig auf das Fensterbrett lehnte - aufrecht stehen zu bleiben, schien mir irgendwie hilfreich, um hier bei dieser seltsamen Begegnung die Oberhand zu behalten.
    "Mhm. Das klingt als hättest Du Karriere gemacht." stellte ich fest, während sich meine Perspektive auf unser Zusammentreffen damals einmal um sich selbst drehte. Puh! Wenn sie damals nicht als Hure dort gewesen war, dann wusste sie wahrscheinlich auch nichts pikantes über mich, das war gut. Blieb meine damalige Verbindung mit Hannibal - allein der Gedanke an ihn versetzte mir einen Stich... - aber was solls...


    Wider Willen musterte ich Celeste äusserst nachdenklich. Mir war, als würde ich einen Blick werfen auf 'die andere Möglichkeit', also auf etwas, was womöglich so ähnlich auch aus mir hätte werden können, nicht unbedingt ein Meisterdieb (auch wenn ich durchaus Talent dafür hatte, die Urbaner hatten mich damals doch nur erwischt weil ich an dem Tag völlig kopflos vor Angst vor Callistus' Messerstechern gewesen war, ganz und gar unvorsichtig, und zudem berauscht!), aber mich hätte es wohl eher in die Richtung von Decius oder Drubius Cleptus gezogen, mit Schwindeleien und kunstvollen Betrügereien und so, bei denen man keine Gewalt anwenden musste. Aber letztendlich flogen sie doch alle auf die Nase, da konnten sie noch so gut sein, auch mit Celeste würde es irgendwann böse ausgehen, da war ich mir sicher. Ich dagegen hatte jetzt einen respektablen Posten, eine Centurie, der ich sagen konnte wo es langging, eine schneidige Uniform und verdiente viel Geld. Alles war bestens, alles bis auf... aber lassen wir das.
    "Bist Du denn wirklich so gut?", fragte ich, mit einem leisen, nicht bösen, Beiklang von Spott unsere Spezialistin.
    "Wie ist der Auftrag gelaufen, und was hast Du für mich aufgetrieben?"

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