cubiculum MFA | Wer zuletzt lacht... oder: der Zorn einer Flavia

  • Niemand beleidigte ungestraft eine Flavia! Und schon gar nicht ein ungehobelter, dahergelaufener Sklave! Wäre er mein Eigentum gewesen, ich hätte ihn augenblicklich Bekanntschaft mit der Peitsche schließen lassen. Unglücklicherweise gehörte er nun aber meinem Verwandten und so waren mir da die Hände gebunden. Doch ich hoffte auf Aristides und seinen Sinn für Gerechtigkeit und wenn ich ihn recht einschätzte, so würde er mir sicher beipflichten!
    Am Abend zuvor hatte ich mittels meines Sklaven in Erfahrung bringen können, in wem ich, in Belangen um des parthischen Sklaven, einen Ansprechpartner finden konnte. Was dieser Parther sich geleistet hatte war unverzeihlich und grenzte an alles, was ich jemals erlebt hatte! Nicht nur, daß er meine Katze gequält hatte, nein er maßte sich auch an, mich zu beleidigen. Er hatte mich als Weib tituliert und war in seiner ganzen Art, mir gegenüber einfach unmöglich aufgetreten. Nur dem umsichtigen Verhalten meines Skaven war es zu verdanken gewesen, daß er Kerl mich nicht auch noch tätlich angegriffen hatte! Nicht etwa, daß ich nachtragend war! Nein, nie im Leben! Doch der Parther hatte es eindeutig zu weit getrieben! Nun sollte er seine Strafe erhalten!


    Nach dem Frühstück und vor den ersten Klienten, die allmorgendlich in die Villa zu strömen pflegten, wollte ich das cubiculum meines Onkels aufsuchen. Ich nahm an, ein Mann der jahrelang sein Leben beim Militär verbracht hatte, würde zu dieser frühen Stunde bereits wach sein.


    Strammen Schrittes und wild entschlossen, meinem Ärger Luft zu machen, schlug ich den Weg zu Aristides´ cubiculum ein. Der Parther sollte sich heute noch wundern! Ich saß am längeren Hebel und ich würde auf mein Recht pochen! Komme was da wolle! Mit einem energisches Klopfen machte ich mich bemerkbar.

  • Langeweile, ganz schreckliche Langeweile plagte Marcus schon den ganzen Tag; er hatte keine Lust in die Stadt zu gehen, für die Vergnügungen des Abends war es noch zu früh, für die cena leider auch und eigentlich hatte sogar er im Moment keinen Hunger; Marcus wußte nichts mit sich anzufangen, an solchen Tagen wie heute hätte er eben gearbeitet, wie in den vorigen Jahren, doch jetzt, nachdem er schon einige Wochen lang das Militär verlaßen hatte, war er schier in ein schwarzes Loch gefallen. Seufzend lümmelte er in einem Korbstuhl und sah auf das gemachte Bett, er hatte sogar einige Herzschläge lang den abersinnigen Gedanken gehegt, in die Bibliothek zu gehen und zu lesen!! Nein, bei dem Impuls hatte er sich ganz schnell hingesetzt, tief eingeatmet und gewartet, bis dieser wieder verschwand! Doch nun betrachtete er seine Fußspitzen und wußte nicht, womit er die nächsten Stunden rum kriegen würde; er konnte noch nicht mal seine Vettern anhaun, ob sie was unternehmen wollten, sie arbeiteten beide, im Tempelbezirk oder wo sie sich sonst herum trieben. Somit war das Klopfen eine enorme Erleichterung, sie holten Marcus aus jener Qual wieder hervor. Ganz schön entschloßen klang das Klopfen, einem stürmischen Soldaten nicht unähnlich; Marcus hob den Kopf von seinen Handballen, auf die er ihn eben noch trübe gestützt hatte.
    „Herein spaziert!“

  • Ich mußte nicht lange warten, bis das mein Klopfen gehört worden war. Was mich wiederum darauf schließen ließ, daß Aristides bereits wach sein mußte. Etwas anderes hätte ich von einem ehemaligen Soldaten auch nicht erwartet.
    Schwungvoll öffnete ich die Tür und noch schwungvoller trat ich ein. Ich fand Aristides in einem Korbsessel sitzend vor, wo er sich der Zerstreuung hingab. Womit er das tat, war für mich im ersten Moment nicht wirklich ersichtlich.
    "Guten Morgen, mein lieber Arsitides! Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen!" Nein, wohl eher nicht! Was machte er denn da? Hatte er nichts zu tun, der Ärmste? Ach herrje, es mußte ja schrecklich sein, wenn man einfach so aus seinem bisherigen Leben gerissen wurde und sich nun auf die Suche nach einem neuen Aufgabenfeld machen mußte. War nur zu hoffen, Epicharis würde bald mit einem Kind gesegnet sein,dessen er sich dann widmen konnte. Nun, wahrscheinlich würden ihn aber auch schon die Neuigkeiten, die ich ihm sogleich berichten würde, auf den Plan treten lassen! Solche Unverfrorenheiten durfte man nicht durchgehen lassen! Deplorabel, wahrlich depolrabel!
    "Nun, sicher fragst du dich, warum ich dich zu dieser frühen Stunde heimsuche. In der Tat, sie ist sehr prekär, diese Sache um die es geht, um nicht zu sagen, deplorabel!" Das war mehr als harmlos ausgedrückt. Innerlich kochte ich vor Zorn, einem Vulkan gleich, der damit drohte, sofort ausbrechen zu wollen, um mit seiner kochendheißen Lava das Land zu verbrennen.
    "Es geht um deinen Sklaven, Aristides!"

  • Da schon seit Morgengrauen wach – er konnte sich dieser Angewohnheit noch nicht ganz entledigen! – waren schon für ihn ein paar belanglose Stunden vergangen, in denen er ganz der Langeweile verfallen konnte, doch als er seine Anverwandte sah, das sprühende Leben überhaupt, wie es ihm mitunter erschien, so strahlend wirkte Celerina immerzu – kein Wunder, sie war ja auch eine Flavierin – vermochte sie für den Moment einige trübe Wolken zu vertreiben.
    „Guten Morgen, Celerina. Aber Marcus reicht!“
    , fügte er schnell an als er seinen cognomen hörte, in der Familie verursachte das immer ein wenig Zahnschmerzen bei ihm, vielleicht, weil er als Junge nur so in der baiaeischen villa genannt wurde, wenn er wieder mal etwas ausgefreßen hatte.
    „Nicht Aristides!“
    , ergänzte er zudem. Verwirrt musterte er die flavische Lebenskraft vor sich und hatte sich bis zu dem Moment sich diese Frage nicht gestellt, aber gut, er dachte kurz darüber nach und dann formulierte sich wirklich jene Frage, denn normalerweise begegneten sie sich erst am Abend beim Essen und schon gar nicht in seinen Räumlichkeiten.
    „Ähm…ja…ah…meinen Sklaven?“
    Hannibal bestimmt; Marcus’ Gesicht verdüsterte sich und er seufzte leise, wahrscheinlich hatte der Sklave schon wieder Sabotage betrieben wie in den letzten Wochen das öfters vorgekommen war.

  • Diese Begrüßung, dieses Lächeln, diese Maskulinität! Kein Wunder, daß Epicharis so verliebt war! In manchen Augenblicken des Lebens, die freilich nur sehr selten vorkamen, wünschte man sich, nur einmal keine Flavia zu sein. All das nahm mir etwas den Wind aus den Segeln und ich stand Marcus, so sollte ich ihn doch von nun ab besser nennen, mit einem Mal etwas unbeholfen und zerstreut wirkend, gegenüber. Nur wenige Menschen bewirkten einen solchen Effekt bei mir. Deshalb kam es auch nicht so oft vor, daß man mich sprachlos erlebte.
    "Ähm,ja äh... Genau! Der Sklave!" Da war es wieder, dieses Gefühl als könne ich ihn erwürgen. Nicht Marcus, nein bewahre! Wegen diesem unflätigen Parther wollte ich doch nicht zur Mörderin meines eigenen Verwandten werden! Morde unter Verwandten hatten in unserer Familie, ließen wir einmal den unglücklichen Domitian außen vor, keinerlei Tradition. Auch Marcus´ Antlitz hatte sich verdüstert. Offensichtlich hatte ich in ein Wespennest gestochen, ohne es auch nur zu ahnen. Womöglich war ich nicht die Erste, die sich über diesen Wüstling beschwerte!
    "Er hat mich beleidigt und bedroht! Daß er mir nicht den Hals umgedreht hat, war auch alles! Er muß bestraft werden! Auf der Stelle. Was du mit ihm anstellst, ist deine Sache, mein lieber Marcus, aber ich bitte dich inständig, tu etwas, damit ich nachts wieder schlafen kann!" Wer mich kannte, wusste, daß ich gerne zu Übertreibungen neigte. Wer mich nicht kannte, mußte mich erst noch kennen lernen! :D
    Insgeheim wollte ich natürlich dem Parther eins auswischen, denn keiner legte sich ungestraft mit einer Flavia an und schon gar kein Sklave! Ausgeschlossen!

  • Genau! Der Sklave! - Ach herrje, Marcus rutschte auf seinem Sitz noch etwas herunter, bis ganz zu seinem Hosenboden – hätte er eine Hose getragen – und sah sogar für den Moment zerknirscht aus, aber auch etwas wütend. Warum machte der Sklave einem nur das Leben so verdammt schwer?, dachte sich Marcus, dabei völlig außer acht laßend, was eben selbiger Sklave – den Celerina aber gar nicht meinte – schon für ihn getan hatte, sein halbes Leben war bisher von ihm organisiert worden.
    „Bedroht?“
    Jetzt richtete sich Marcus auf und sah seine Anverwandte schon bestürzt, aber auch völlig verdattert an; eine steile Falte erschien zwischen Marcus' Augenbrauen, nein, so ein Verhalten würde Marcus gewiß nicht dulden, alte Freundschaft hin oder her, das ging doch zu weit und anscheinend hatte er Celerina richtig gehend Angst eingejagt.
    „Bei Mars, das tut mir Leid, Celerina, aber nimm' doch bitte Platz, möchtest Du Wein trinken...oder lieber Saft?“
    Sie sah so verdammmt blutjung aus, wie alt war sie noch mal? Ah, Marcus wußte es gar nicht, er wußte eigentlich ziemlich wenig über diese junge Frau, aber eines war für ihn sofort offensichtlich, sie war eine Flavierin durch und durch, das erkannte man an jedem Zoll ihrer Gestalt und jedem Verhalten. Marcus stand auf und suchte gleich selber nach Bechern, erst die Sklaven zu rufen dauerte ihm mitunter zu lange und er hatte sich viele Handgriffe in der Zeit der Legion angewöhnt, sprich solche Sachen selber zu tätigen.
    „Aber ich versichere Dir, Celerina, er wird bestraft werden, so etwas wird nicht wieder vorkommen und er wird außerdem zu Dir kommen und um Deine Verzeihung bitten – sofern es Dir nicht zuwider ist, ihn noch mal zu sehen.“
    Hm, mit dem Saft würde es schwierig werden, wenn Celerina diesen haben wollte, würde er wohl doch noch einen Sklaven rufen müßen; Marcus stellte die Becher ab und griff nach einem gefüllten Tonkrug.
    „Die Sklaven, es ist wirklich manchmal schwer mit ihnen, selbst die Sklaven, auf deren Loyalität man immer vertraut hat, erweisen sich letztendlich doch meist nur als Enttäuschung, wie jetzt mit Hannibal, ich hätte nie gedacht, daß er so weit gehen würde...tsts...weißt Du, manchmal denke ich, das mit den Sklaven ist vielleicht...hm...veraltet...das System meine ich.“
    , murmelte Marcus resigniert, wobei er im Grunde doch niemals seine Sklaven her geben würde, es war doch zu praktisch, daß jemand die Wäsche wusch, die Latrinen reinigte und das Mahl zubereitete.

  • Wahrscheinlich lag es an dem hispanischen Blut, welches in meinen Adern floß, daß ich derartig in Rage geriet. Doch was zu viel war, war zu viel! Dabei bekam ich beinahe schon Mitleid, mir Aristides, dem es schrecklich peinlich sein mußte, wenn es um die Taten seines Sklaven ging. Doch eines wußte ich, kein Flavier, der in diesem Haus weilte, würde ein solches Betragen dulden und ungestraft lassen. Nicht von einem Sklaven!
    "Ja, bedroht! Stell dir vor! Geben wir ihnen denn nicht alles was sie brauchen, Essen, Arbeit, ein Dach über dem Kopf? So bekommen wir es gedankt!" Meine Güte war manchmal unerschöpflich! :D
    Aber ich sah schon, ich war an der richtigen Adresse. Marcus würde keine Sekunde zögern und diesem Sklaven den nötigen Respekt beibringen. Er gehörte nicht zu jenen, die allzu viel durchgehen ließen, wie diese neumodischen Sklavenhalter, die sich womöglich bei ihren Sklaven noch entschuldigten. Jeder Sklave brauchte eine starke Hand, die ihn leitete und gegebenfalls auch strafte.
    "Danke, mein Lieber. Für mich bitte Saft, mit Wasser verdünnt, wenn dies möglich wäre." Schließlich musste frau ja auf die schlanke Linie achten, gerade jetzt, da ich mich erst kürzlich verlobt hatte. Keine Frage, Marcus war ein Kavalier erster Güte! Statt einen Sklaven zu rufen, erhob er sich selbst, um für die Getränke zu sorgen. Epicharis konnte sich wirklich glücklich schätzen, einen solch guten Fang gemacht zu haben. Für einen kurzen Moment fragte ich mich, ob dies auch auf mich zutraf. Aber natürlich, mein Marcus war mindesten genauso gut!
    "Nichts anderes hatte ich erwartet, mein lieber Marcus! Schicke ihn nur zu mir. Ich möchte, daß er sich bei mir demütigst für seine Tat entschuldigt." Das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen! Wer zuletzt lachte, lachte immer noch am besten.
    Während ich mich schon auf meine Rache freute, gab es wohl Versorgungsschwierigkeiten, was mein gewünschtes Getränk betraf. Nun mußte er doch einen Sklaven rufen lassen. Nun ja, seinen guten Willen hatte er ja gezeigt.
    "Ja," seufzte ich. "Wem sagst du das? Wobei ich sagen muß, mit meinem neuen Leibwächter hatte ich großes Glück." Nur Ylva brachte mich gelegentlich zum Wahnsinn. "Aber laß dir nur nicht dieses neumodische Zeugs einreden! Es gibt nichts besseres, als die Sklavenhaltung. Das war schon immer so und wird auch so bleiben. Stell dir nur vor, man müsste diese Leute auch noch bezahlen? Im Nu wären wir ruiniert!""Äh, Moment, sagtest du Hannibal? Dieser Schuft! Belogen hat er mich also auch noch! Unglaublich!" Die Zornesröte stieg mir wieder ins Gesicht. Was erlaubten sich diese Sklaven!

  • Wenn es ein Sklave oder sonst jemand wirklich mit Marcus verscherzen wollte, dann tat er es am Besten damit, daß er seine Familie bedrohte; und ganz besonders was die Weiblichkeit der Flavier anging, war er richtig gehend empfindlich; Mißbilligung über das, was sich der Sklave damit – wider beßeren Wißens! - geleistet hatte, zeigte sich in dem Runzeln und den Falten auf seiner Stirn. Er nickte zustimmend bei Celerinas Worten, wie wahr, in genau dem Augenblick sprach sie ihm aus der Seele, denn langsam wurde er des Theaters der Sklaven überdrüßig, von Rutger über Cassim, bis hin zu Asny und Hannibal, in letzter Zeit schien er nur gestraft zu sein.
    „Du hast vollkommen Recht, Celerina. Und was es mich in letzter Zeit gelehrt hat, ist, daß man den Sklaven nichts durch gehen laßen und härter mit ihnen ins Felde gehen sollte!“
    , sprach er und zweifelte schon selber im gleichen Augenblick an der Durchführbarkeit, denn meist stand ihm seine eigene Gutmütigkeit – die er so nicht titulieren würde! - aber auch seine Faulheit und seine Liebe zur Harmonie dem im Wege. Er mochte Streit, Konflikte und langen Hader nicht, auch bei der eigenen Sklavenschaft nicht, leider war das Leben nicht immer bestrebt, ihm in dieser Hinsicht entgegen zu kommen. Marcus trat zur Tür, da ihr Wunsch doch für ihn alleine nicht erfüllbar war – er hortete immer einen Krug Wein bei sich, aber niemals Saft! - und trug einem Sklaven auf, schnell jenen Saft zu besorgen. Immerhin konnte er schon das Wasser, was ihm ein Sklave heute morgen frisch gebracht hatte, in den Becher eingießen, um ihn etwas später dann mit Saft zu versetzen.
    „Gut, ich werde ihn zu Dir schicken.“
    Immer noch im Irrglauben gefangen. Daß Celerina einen vertrauenswürdigen Leibwächter hatte, beruhigte Marcus natürlich ungemein, was für Gefahren es doch überall in Rom gab, zumindestens für eine wohlhabende, junge und schöne Patrizierin, Diebstähle, Überfälle, Entführungen, so was war doch in Rom an der Tagesordnung, als ehemaliger CUler war sich Marcus dessen allzu bewußt und er war mit zu vielen Details gesegnet, um noch viel auf die Sicherheit der Stadt zu geben, auch wenn die CU ständig und stets darum kämpfte, den Abschaum zu vertreiben. Erneut konnte Marcus nur Beipflichten.
    „Ja...“
    , seufzte er.
    „...da hast Du auch wieder Recht, Sklaven sind einfach eine wichtige Stüzte, aber wenn es doch nur etwas einfacher wäre mit ihnen...“
    , murmelte er und guckte dann Celerina erstaunt an.
    „Hannibal? Ähm...ja...wie...? Belogen?“
    Also die Verwirrung konnte Marcus in dem Knäuel jetzt nicht entwirren, weswegen er Celerina ratlos musterte.

  • Marcus Bestätigung war wir Balsam auf meinen nicht vorhandenen Wunden. Und als hätte ich es bereits geahnt, dieser Sklave war bereits auch bei seinem eigenen Herrn unangenehm aufgefallen. Umso besser, dachte ich, dann fiel es ihm auch nicht schwer, ihm eine angemessene Bestrafung zuteil werden zu lassen. Manche Sklaven lernten nur, wenn die Peitsche ihr Lehrer war!
    Unglücklicherweise verfügte er nicht über mein gewünschtes Getränk, worauf er einen Sklaven beauftragte. So mußte ich nicht nur noch länger auf eine Erfrischung warten, nein auch diese Unterbrechung unserer Unterhaltung nahm etwas die Schärfe ausderselben, was sich darin zeigte, als er meinte, mir den Sklaven zu mir zu schicken. Sollte es das etwa schon gewesen sein!!!
    Meine Pikiertheit darüber, versuchte ich zu verstecken, so gut es ging. Ich würdeschon noch erreichen, was ich wollte! Der arme Marcus! Er war aber auch wirklich geschlagen mit diesem Sklaven! Doch letztlich war er sein Eigentum und so war es auch seine Angelegenheit
    "Oh ja! Nur zu! Und ich hoffe für ihn, er wird sich reumütig zeigen!"
    Vielleicht war ja etwas an dem Gerücht, was man sich in Rom über die Sklaven sagte, die Tranquillus, der alte Sklaventreiber an den Mann, beziehungsweise an die Frau brachte. Nun, wie auch immer, ich trachtete nach Rache und selbst Marcus zweite Beipflichtung konnte mich davon nichtabbringen.
    "Ja, du sagst es! Und ja, der Kerl hat mich belogen! Er nannte mir einen völlig anderen Namen!"
    Doch dann dämmerte es mir. Hannibal war nun wirklich kein parthischer Name. Marcus musste ihn nur so genannt haben, weil ihm der parthische Name des Sklaven nicht genehm war. Ja, genau so mußte es sich verhalten!
    "Nun ja, vielleicht hat er mich ja doch nicht angelogen. Du hast ihn sicher nur Hannibal genannt und er hat das womöglich nur noch nicht akzeptiert!" Ja, hier war sie wieder, meine verdammte Gutmütigkeit! Selbst dem Sklaven, der unverschämt zu mir war, bot ich noch einen Ausweg!

  • Strafen für Sklaven sich zu erdenken war von je her keine beliebte Beschäftigung bei Marcus gewesen, in jungen Jahren hatte ihm Milo dabei geholfen, der doch mehr nach seinem Vater geschlagen war als er selber wohl immer geglaubt hatte, aber Flavius Felix' Blut floß oder war jedenfalls in Milos Adern gefloßen, seinem armen kleinen Ziehbruder, ob es ihm im Elysium wohl gut ging, es war mal an der Zeit, ein Opfer für ihn zu machen. Gedanken verloren runzelte Marcus die Stirn als ihm all die Gedanken durch den Kopf schoßen, es klopfte dezent an der Tür und der Sklave streckte den Kopf herein; Marcus nahm ihm das Gefäß mit dem Saft ein und füllte den Becher für Celerina auf, der schon zur Hälfte mit Wasser voll war.
    „DAS wird er sicherlich, Celerina, und bei den Göttern, das sollte er auch sein. Kann ich seine Mißetat bei Dir vielleicht wieder gut machen, meine Liebe?“
    , fragte Marcus besorgt, die Empfindungen von weiblichen Wesen waren doch manchmal...naja, zart eben, wie frisch blühende Blumen, zumindest glaubte Marcus das.
    „Ähm...einen anderen Namen?“
    Verdutzt guckte Marcus aus der Wäsche, auch bei den folgenden Worten von Celerina minderte sich das nicht und langsam beschlich Marcus das Gefühl, hier lag ein Mißverständnis vor.
    „Nein, Hannibal trägt seinen Namen seit seiner Geburt, er stammt auf der flavischen Sklavenlinie! Auch sein Vater und dessen Vater hießen schon Hannibal! Welchen Namen hat Dir der Sklave denn genannt?“

  • "Danke!", sagte ich, als Marcus mir das frischgemixte Getränk reichte. Ich nahm einen erfrischenden Schluck. Ach war das gut! Es ging doch nichts um einen frischen gesunden Fruchtsaft, mit Wasser versetzt!
    Doch bevor ich von meinem Vorhaben, nach Rache zu trachten, abschweifte, erinnerte mich Marcus daran, weswegen ich eigentlich hier war. Ja, welche Formen sollte denn meine Rache annehmen? Daß er bestraft werden mußte, war ja sonnenklar! Daß er Schläge dafür erhalten sollte, auch. Wieviele das sein sollten, dies wollte ich Marcus überlassen…. und darüber hinaus? Nun ja, ich hatte da schon eine Idee!
    "Glaube mir, er wird es!" versuchte ich Marcus zu beschwichtigen. "Nun, wie du ihn letztlich maßregelst, das ist deine Sache und da vertraue ich ganz deinen Erfahrungen. Aber…"
    Ich nahm noch einen Schluck, von diesem leckeren Getränk. "… wenn er sich wieder erholt hat, könnte er vielleicht meinen Sklaven in der Kunst der Verteidigung einweisen. Wie ich hörte, war er ja Kriegsgefangener." Moment mal! Da stimmte etwas nicht! Genau so verdutzt, wie Marcus in diesem Augenblick schaute, so sah auch ich aus. "Sein Vater hieß auch schon Hannibal? Das halte ich für ein Gerücht! Parther heißen doch nicht Hannibal!!! Und überhaupt, woher kennst du seinen Vater?"Das war wirklich zu verworren! Zeit um ein wenig Klarheit in die Sache zu bringen!
    "Äh Cassim, er sagte, sein Name sei Cassim!", erinnerte ich mich.

  • Auch sich selber goß Marcus noch einmal ein, aber mit verdünntem Wein, stark verdünnt, es war schließlich noch am Morgen, und gleichwohl ihn keine Pflichten an diesem Tage erwarten würde, wollte er doch nicht bald als Trunkenbold und Kupfernase gelten, zudem machte es den Wein wirklich vulgär und gewöhnlich, Marcus nahm wieder Platz und lauschte dem, was Celerina sich als Entschuldigung erbat; Hannibal und ein Kriegsgefangener? Nein, da stimmte eindeutig etwas nicht; die Falte zwischen seinen Augenbrauen vertiefte sich in dem Moment der Irritation und er sah Celerina verwirrt an, bis sich langsam der graue Nebel der Verwiunderung zu lichten begann: Ach herrje, es war eindeutig nicht Hannibal gemeint und es fiel ihm wie Paulus in Damaskus die Schuppen von den Augen: Cassim; diese kleine parthischen Natter war gemeint, boah, im selben Augenblick als sich das Rätsel löste und das Mißverständnis sich klärte, schoß immenser Zorn in Marcus hinauf; hatte er nicht dem Parther eingebläut, daß er die flavische Familie, seine Verwandten, immer respektvoll zu behandeln hatte? Doch, da war sich Marcus ganz sicher und der Sklave schien sich keinen Deut darum zu scheren, langsam verfärbte sich Marcus' Gesicht tiefrot, angefangen von seinen Ohren bis zu seinen Wangen ausbreitend.
    „Cassim? Der Parther? So ist das...das wird der Kerl aber bereuen.“
    Marcus stand auf und stapfte zur Tür, um sie aufzureißen und in den Gang zu starren, bis ein Sklave schon im nächsten Herzschlag vorbei trottete.
    „Hol' Cassim! Sofort!“
    , peitschte ihm Marcus mit Worten entgegen, der Sklave guckte erschrocken, machte sich jedoch hastig auf den Weg, um den parthischen Sklaven zu suchen, hoffend für seine eigene Haut, ob er ihn auch wirklich fand. Marcus trat derweil wieder zurück und ließ sich auf den Stuhl zurück plumpsen.
    „Das tut mir wirklich Leid, Celerina, ich dachte, Du würdest von einem anderen Sklaven sprechen; ja, Cassim gehört mir auch! Anscheinend hat er immer noch nicht gelernt, wo sein Platz nun ist, er scheint sich für etwas besseres zu halten. Und ihn möchtest Du als Trainingspartner für Deinen Sklaven? Von mir aus, ist das kein Problem, aber...naja, der Parther ist nicht immer ganz berechenbar...“

  • Cassim fand in der Arbeit mit dem Falken Zerstreuung und vergaß dadurch für einige Stunden am Tag die unsichtbaren Ketten, die man ihm angelegt hatte. So konnte er seinen Geist frei machen und atmen! Selbst die lachhafte Konfrontation mit dieser aufgeplusterten Römerin hatte er längst vergessen. Allerdings hatte er nicht im Mindesten damit gerechnet, dass sie dies nicht auch getan hatte. Diese versnobten Flavier, er hatte nur Verachtung für sie übrig! Dieses Weib! Schön anzusehen war sie, ganz ohne Frage. Ihre Zunge aber war scharf, wie ein parthisches Langschwert.


    Der Falke machte von Tag zu Tag Fortschritte. Bald war er bereit zur Jagd. Cassim spähte in den Himmel, um den majestätischen Flug des Vogels zu beobachten. Dabei bemerkte er nicht den herannahenden Sklaven, der von einer Angst getrieben war, die sich in seinen Worten entlud, die er unheilverkündend, gehetzt dem Parther entgegen schleuderte. "Cassim! Der Herr, schnell! Der Herr du sollst sofort zu ihm kommen! Er ist sehr aufgebracht!"
    Der Parther ließ den Falken kurz aus den Augen, um sich nach dem Sklaven umzudrehen. "Tatsächlich? Was hat er denn?", erkundigte er sich beiläufig. "Domina Celerina ist bei ihm. Sie hat sich über dich beklagt. Du musst schnell kommen. Es gibt großen Ärger, wenn du nicht kommst!" Natürlich gab es den! Besonders für den Sklaven, wenn er mit vermeidlich unverrichteten Dingen in die Höhle des Löwen zurückkehren musste. "Ja, schon gut! Ich komme ja!"
    Der Parther pfiff seinen Falken zurück, belohnte ihn und brachte ihn in die Voliere. Dann folgte er dem davoneilenden Sklaven gemächlichen Schrittes, bis er letztendlich das Allerheiligste des Römers erreichte. Die Höflichkeit, die er selbst seinen Feinden entgegen brachte, gebot es, anzuklopfen. Dann trat er ein. Sein fragender Blick traf die beiden Römer. "Du hast mich rufen lassen?" Die Gesichtsfarbe des Römers ähnelte der eines Puters, was auf nichts Gutes schließen ließ.

  • Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    „Cassim? Der Parther? So ist das...das wird der Kerl aber bereuen.“
    Marcus stand auf und stapfte zur Tür, um sie aufzureißen und in den Gang zu starren, bis ein Sklave schon im nächsten Herzschlag vorbei trottete.
    „Hol' Cassim! Sofort!“
    , peitschte ihm Marcus mit Worten entgegen, der Sklave guckte erschrocken, machte sich jedoch hastig auf den Weg, um den parthischen Sklaven zu suchen, hoffend für seine eigene Haut, ob er ihn auch wirklich fand. Marcus trat derweil wieder zurück und ließ sich auf den Stuhl zurück plumpsen.
    „Das tut mir wirklich Leid, Celerina, ich dachte, Du würdest von einem anderen Sklaven sprechen; ja, Cassim gehört mir auch! Anscheinend hat er immer noch nicht gelernt, wo sein Platz nun ist, er scheint sich für etwas besseres zu halten. Und ihn möchtest Du als Trainingspartner für Deinen Sklaven? Von mir aus, ist das kein Problem, aber...naja, der Parther ist nicht immer ganz berechenbar...“


    Ich nickte, als Marcus diesen Namen wiederholte. "Richtig, so hieß er!" Also klärte sich doch noch alles auf und der richtige Sklave würde seiner gerechten Strafte zugeführt werden. Unverzüglich schickte er einen Sklaven aus, um ihn herzubringen. Gedanklich rieb ich mir bereits die Hände. Es konnte es kaum abwarten, das arrogante Gesicht dieses Sklaven zu sehen, besonders wenn er mich erblickte.
    Marcus sah man, wieschrecklich peinlich ihm das nun war und er entschuldigte sich nochmals für den Parther, obwohl er das doch gar nicht mußte. Jeder wußte doch, wie ungehobelt Parther waren.
    "Ach Marcus! Es ist doch nicht deine Schuld! Der Parther alleine hat dazu verantworten! Und warum ich ihn als Trainingspartner für meinen Sklaven wünsche? Nun, weil er doch Kampferfahrung hat, so will ich doch meinen. Mein Sklave soll das von ihm lernen, damit er mich im Zweifelsfall auch gut verteidigen kann." Wäre mir diese glorreiche Idee schon nur etwas früher eingefallen, dann wäre mir wahrscheinlich einiges erspart geblieben. Doch ich besaß nun nicht die Gabe, in die Zukunft schauen zu können.
    Dann klopfte es und die Tür öffnete sich. Der Parther höchstpersönlich war es, der sich eingefunden hatte. Es war unvermeidlich, ich konnte ihm nur ein süffisantes Lächeln zuwerfen, als er mich ansah.

  • Der Sklave war nun mal Marcus' Sklave und wie ein Herr für seinen Hund verantwortlich war, so war es Marcus nun mal für die Taten seines Besitzes, der Cassim nun mal war, und das sogar durch Marcus' eigene Handlung. Er zuckte seufzend und resigniert mit der Schulter, was Sklaven anging, hatte er in den letzten Monaten wirklich kein Glück gehabt, oder sogar schon seit Jahren? Aber er fand es sehr nobel von Celerina, daß sie es ihm nicht nachtrug, obwohl sie es doch könnte, da er die Gefahr in die villa eingeschleppt hatte.
    „Ah so! Ja, das ist natürlich sehr sinnig, wenn Du Deinen Sklaven auch zu Deinem Schutz haben möchtest. Und natürlich steht es Dir frei, über Cassim zu verfügen, damit er Deinen Sklaven darin unterrichten kann, sofern Cassim dazu taugt; aber meinst Du nicht, Celerina, daß es vielleicht auch nützlich wäre, wenn Du Dir bereits einen ausgebildeten und fähigen Leibwächter zulegst? Ich meine, Du bist jung, schön und zudem aus wohlhabendem Hause, das ist immer gefährlich für eine Römerin!“
    Dabei dachte Marcus an die kürzlich zurück liegende Entführung von Minervina; und das nicht aus purer Selbstlosigkeit, es hatte die Familie mehr als zwanzigtausend Sesterzen gekostet, daß die junge Frau sich Hals über Kopf nach Hispania begeben hatte, wegen dummer Mädchenflausen im Kopf und diesem elenden Caelier, diesem geldgierigen Parvenue! Doch noch ehe Marcus weitere Gedanken daran verschwenden konnte, klopfte es schon und der Parther trat hinein; sofort trat wieder der grollende Ausdruck auf Marcus' Gesicht als er Cassim sah.
    „Ah, da bist Du ja! Komm' näher, Cassim!“
    , forderte er diesen auf.
    „Ich hörte, Du wärest meiner Nichte Celerina vor kurzem begegnet und hättest Dich nicht nur unverschämt, sondern sogar anmaßend und drohend ihr gegenüber verhalten. Dafür hast Du Dich bei ihr zu entschuldigen!“
    Was natürlich noch nicht alleine als Sühne bleiben würde, es würde noch mehr folgen, wenn Marcus wußte, wie er den Sklaven am Besten bestrafen sollte! Auffordernd nickte Marcus Cassim zu, es sofort zu tun, das mit dem entschuldigen.

  • Cassim trat näher heran, musterte dabei die Römerin, in deren Gesicht sich nicht weitaus weniger Groll abzeichnete. Der Parther war sich keiner Schuld bewusst, doch dämmerte es ihm bereits, womit dieser Auftritt der Römerin zu tun haben konnte. Dass er damit genau richtig lag, bestätigten ihm Aristides´ Worte, die auf ihn hernieder prasselten, anklagend und auffordernd, sich bei ihr für sein Fehlverhalten zu entschuldigen. Es lag in der Natur des Parthers, dieser Aufforderung nicht nachzukommen, denn sein Stolz verbot es. Doch der Bitte einer schönen Frau konnte er nicht lange widerstehen, auch wenn sie eine Römerin war. Wie sollte er es also anstellen, ohne Gesichtsverlust sich aus der Affaire zu winden?
    "Ich war weder unverschämt, noch anmaßend, noch habe ich deiner Nichte gedroht. Ich habe nur dabei geholfen, ihre Katze wieder einzufangen und war dabei, wie sie zurückgebracht wurde und ich habe die Schöne davor bewahrt, meine Tunika zu zerreißen." Das war äußerst diplomatisch ausgedrückt. Selbst Cassim fiel es schwer, nicht in Gelächter auszubrechen, sondern Herr der Lage zu bleiben. "Aber wenn du es verlangst, meine Teure, so nimm denn meine Entschuldigung an. Es lag weder in meiner Absicht, dir zu drohen, noch in einer Weise zu begegnen, die dir gegenüber unangebracht ist. Verzeih mir bitte!", sprach er zu Celerina, verbeugte sich leicht und ergriff ihre Hand, um sie kurz darauf mit einem angedeuteten Kuss zu versehen.
    So, das war es jetzt hoffentlich, dacht er sich voller Ungeduld, denn er wollte wieder zurück zu seinem Falken.

  • So, nun dauerte es nicht mehr lange, bis mir Gerechtigkeit zu Teil werden sollte. Der Parther mußte jeden Augenblick hier erscheinen. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen, wenn man ihn zwang, von seinem hohen Ross herunterzusteigen. Bis es aber so weit war, dachte ich ernsthaft darüber nach, ob es nicht wirklich besser war, mir einen ausgebildeten Leibwächter anzuschaffen. Allerdings genoß Chimerion mein Vertrauen. Ein neuer Sklave wäre mir wieder gänzlich fremd. Nein so war es das Beste! Der Parther mußte her!
    "Oh, dafür möchte ich dir vielmals danken. Er wir aus meinem Sklavenschon einen guten.." Die Tür ging auf, der Parther trat ein und schwieg erwartungsvoll. Natürlich stellte ihn Marcus sofort zur Rede und befahl ihm, sich auf der Stelle bei mir zu entschuldigen. Mein Blick fiel auf den Sklaven und ich fragte mich, was er antworten würde.
    Was dann aus dem Parther drang, war ungeheuerlich, andererseits auf eine gewisse Weise auch charmant. Das hörte sich so gar nicht nach einem Sklaven an. Und dann noch dieser Handkuß! Respekt gegenüber seinem Herrn fehlte ihm wohl auch zur Gänze. Ich wußte nicht, ob ich mich geschmeichelt fühlen oder vor Wut platzen sollte. Ich entschied mich, es mit Contenance zu versuchen! Leider fehlten mir da auch die Worte, um angemessen zu reagieren.
    "Äh, ja. Nein, ich… das äh. Wie bitte? Das ist ja…. also nein! Unglaublich!" Ratlos sah ich zu Marcus. Was sollte man davon nur halten?

  • Sprachlos war auch Marcus, als er den Auftritt des Parthers verfolgte, es brauchte wirklich auch einige Momente, bis er die Unverschämtheit hinter der angeblichen Entschuldigung erkannte; dennoch, Marcus mußte sehr stark gegen den Impuls kämpfen, nicht breit zu grinsen, es zuckte schon sehr verdächtig um Marcus' Mundwinkel; er mußte es Cassim zugestehen, er machte das sehr raffiniert, auf so eine Idee wäre Marcus wohl nicht gekommen, wenn er an Cassims Stelle gewesen wäre. Doch es brachte ihn in ein Dilemma, deren Lösung nicht wirklich offensichtlich war – für Marcus jedenfalls nicht, weswegen die ganze Szenerie und der fragende Blick von Celerina bei ihm nur ein:
    „Äh!“
    , erntete. Marcus griff nach seinem Becher und trank einen tiefen Schluck vom Wein, das würzige und marginale Brennen entlang seiner Kehle von dem nicht sehr stark verdünnten Wein tat ihm in dem Moment einfach nur gut. Er setzte den Becher wieder ab und leckte sich kurz über die Unterlippe, um noch einen Tropfen daran zu erfaßen, dann wandte er sich an Cassim.
    „Treibst Du einen Scherz, Cassim? Das war – das werde ich gerne zugeben – eine gelungene Vorstellung, die Du uns geliefert hast! Aber hier ist weder eine Komödie und wir sind auch nicht Ödipus und Antigone!“
    Natürlich brachte Marcus die Tragödien und Komödien gerne durcheinander und ganz besonders die Protagonisten darin.
    „Wenn meine Nichte sagt, Du warst unverschämt ihr gegenüber und hast sie bedroht, dann stimmt das auch und Du hast Dich ordentlich zu entschuldigen! Sag', Cassim, welche Strafe würdest Du einem Sklaven zuteil kommen laßen, der sich so gebärdet?“

  • Für den Parther war es reinstes Amüsement, die beiden Römer rat- und sprachlos zu sehen. Dennoch verzog er keine Miene. Er hatte sich mit seiner unnachahmlichen Art bei der Römerin entschuldigt. Mehr hatte man von ihm nicht verlangt. Die beiden hatten doch nicht gehofft, er würde vor ihr auf die Knie gehen und die edle domina um Vergebung bitten! Das wäre die letzte Option gewesen, die Cassim aber gewiss nicht anwenden wollte.
    Der Römer fand seine Sprache wieder. Er war alles andere als begeistert, nannte sogar Cassims Entschuldigung als gelungene Vorstellung und was hatten eigentlich Ödipus und Antigone damit zu tun? Cassim war irritiert. Nicht zuletzt, weil er ihn aufforderte, zu entscheiden, wie er selbst betraft werden sollte. Das bedeutete, er zwang ihn, sich selbst als Sklaven zu sehen. Er zwang ihn, etwas zu tun, was er von Grund auf ablehnte. Der Parther hatte sich niemals als Sklave betrachtet und er würde es mit Sicherheit auch nie tun. Die Züge seines Gesichtes verhärteten sich.
    "Ich habe mich bei deiner Nichte entschuldigt, so wie du es verlangt hast. Und es war aufrichtig gemeint. Verlangst du von mir etwa, dass ich mich vor ihr in den Staub werfe? Ist es das, was du willst? Dann muss ich dich leider enttäuschen. Das werde ich nie und nimmer tun!"
    Bei Ahura Mazda, lieber würde er sterben, als sich von einem Römer und noch dazu vor einer Frau, so demütigen zu lassen. Er hatte den Römer für etwas niveauvoller gehalten. Bisher war er ihm gegenüber auch mit einer gewissen Portion Respekt aufgetreten. Im Beisein seiner Nichte, versuchte er sich nun zu beweisen.
    "Du willst wissen, welche Strafe ich einem Sklaven zuteil kommen ließe, der sich so gebärdet? Darauf kann ich dir nur eines antworten: meine Sklaven waren und sind mir treu ergeben. Ich muss sie nicht strafen. Doch wenn du glaubst, mich strafen zu müssen, dann tue es, wie du es für angemessen hältst!" Gleichgültigkeit schwang in seiner Stimme, und Verachtung.

  • Dieser ungehobelte Sklave! Diese Art von Aufsässigkeit hatte ich noch nie bei einem Sklaven erlebt! Was erlaubte er sich? Ich nahm an, Marcus würde dieses ungebührliche Verhalten nicht dulden und hart durchgreifen. Er stellte den Sklaven zur Rede. Sichtlich entsetzt über das Vorgefallene, verfolgte ich das Wortgefecht zwischen Herr und Sklaven, was mich noch mehr entsetzte.
    Diesen Sklaven hatte noch niemand auf seinen Platz verwiesen. Sein Stolz war ungebrochen. Eine Mischung, die mir sehr gefährlich erschien. Dieser Disput hatte längst nichts mehr mit meiner Beschwerde zu tun.
    Sie war lediglich der Auslöser gewesen. Ich fand, es war besser, mich zurückzuhalten. Marcus würde bestimmt nicht zimperlich sein, wenn es darum ging, dem unverschämten Sklaven eine Lektion zu erteilen.
    Nun ja, vielleicht war ja die ganze Sache nur an den Haaren herbei gezogen. Ach papperlapapp! Ich war im Recht. Im Gegensatz zu dem Sklaven, der sich gerade nicht wie ein Sklave benahm, sondern doch tatsächlich glaubte, gleichgestellt zu sein. Sich jetzt ein schlechtes Gewissen einzureden, war der Sache unangemessen. Marcus würde das schon richtig machen!

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