Arbeitszimmer | MFG et MAC

  • Obgleich die Tage vor den Saturnalien in ganz Rom, wenn nicht im gesamten Imperium Romanum, sich stets durch rege Geschäftigkeit auszeichneten, so gab es für Senatoren und Pontifices dieser Tage wenig Pflichten zu erfüllen - der Senat tagte wenn überhaupt nicht sonderlich ausführlich und die Vorbereitung der kultischen Riten wurden durch die niederen Priesterschaften durchgeführt - so dass für einen Senator und Pontifex durchaus Zeit blieb, sich seinen eigenen Angelegenheiten zu widmen. Gracchus nutzte die Zeit der Geschäftigkeit um ihn herum indes nicht für familiäre Angelegenheiten, nicht einmal, um sie mit seinem Sohn zu verbringen - jener war ohnehin nur schwerlich aus der Obhut seiner Mutter frei zu kämpfen -, sondern in gänzlich egoistischer Weise für sich selbst. Auf dem großen Schreibtisch - in dessen Holz sich deplorablerweise noch immer die Spuren einiger dunkler Tintenflecke abzeichneten - ausgebreitet lagen Kopien kultischer Schriften, einige mit Notizen versehen, daneben Pergamentblätter, gefüllt mit einer überaus krakeligen Handschrift, welche allfällig nurmehr Gracchus selbst würde entziffern können. Als ein junger Sklave an der Türe klopfte und von dem Begehr des Aurelius Corvinus berichtete, gewährte Gracchus dies augenblicklich, ohne überhaupt länger darüber nachzusinnen, denn obgleich seine Gedanken in gänzlich anderen Gefilden kreisten, so gab es keinerlei Grund, irgendeinen Besucher abzuweisen. Im Augenblick da der Gast eintrat, zerknüllte Gracchus ein Blatt Pergament und legte es zur Seite. Obgleich ein einmal beschriebenes Blatt durchaus konnte abgeschabt und wiederverwertet werden, so drängte es ihn stets, defizitäre Gedanken nicht nur in seinem Geiste gänzlich ad acta zu legen, sondern auch in der Welt um ihn herum.
    "Salve, Aurelius! Was führt di'h zu mir? Bitte, nimm Platz"
    , wies er auf einen der Stühle ihm gegenüber und bat Corvinus in das Arbeitszimmer hinein, in welchem außer zahllosen Schriften und einigen Götterstatuetten - darunter eine überaus fein gearbeitete Trias, welche sich in mechanischem Spiel drehen ließ, ein Saturnaliengeschenk seines Vetters Furianus - nicht sonderlich viel an persönlichen Gegenständen von seinem Besitzer kündete.

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    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Auf dem Weg hierher hatte ich Trautwini angewiesen, draußen zu warten. Es oblag Gracchus, darüber zu befinden, ob Celerina bereits Besuch empfangen konnte. Die Götter allein wussten, welche Tortur sie erlitten haben musste, und mir selbst war schon nicht einmal die Hälfte der Tatsachen bekannt, die sie hatte erdulden müssen, einmal ganz abgesehen von den Umständen, in die sie wohl in die Fänge der Piraten gekommen sein mochte.


    Als der Sklave die Hand hob, um die Tür zu öffnen, fiel mir auf, dass ich bisher niemals in Gracchus Arbeitszimmer gewesen war. Ich vermutete, dass er in diesem Raum ebenso wenig Wert auf Pomp und dekorative Elemente legte wie ich selbst. Allzu leicht verfing sich ein schweifender Blick auf diesem oder jenem Accessoire, was unweigerlich dazu führte, dass die Gedanken fort drifteten und die Konzentration nachließ, und ebendies galt es schließlich zu vermeiden in einem Arbeitszimmer. Gracchus selbst schien beschäftigt. Inmitten seines Heiligtums sitzend, sortierte er wohl unwichtige Dokumente aus wichtigen, denn gerade fand ein durch die Knicke des Knüllens unbrauchbar gewordenes Pergamentblatt seinen Platz ganz am Rande des Schreibtisches. Trautwini wartete vor der Tür auf den Sklaven, damit dieser ihm erlaubte, in der culina wiederum auf mich zu warten. Der Raum entsprach, wie ich feststellte, im Großen und Ganzen meinen Erwartungen, was man von der Anrede indes nicht sagen konnte. Im Geiste hakte ich es allmählich ab, jemals eine Art gemeinsamer Interessensübereinkunft mit Gracchus treffen zu können, und nahm mir vor, ihn zukünftig ebenfalls ganz unpersönlich anzusprechen, komme was da wolle. Vermutlich würde es mit der Hochzeit sich ändern, doch wenn, so würde dieser Schritt nicht von mir ausgehen.


    "Flavius, ich danke dir, dass du ein wenig Zeit erübrigen kannst. Ich hoffe, du befindest dich wohl und bist bisher vom allgemein üblichen Saturnalienstress verschont worden", grüßte ich höflich zurück und nahm auf dem Stuhl Platz, der mir gewiesen wurde. "Es sind mehrere Dinge, wegen der ich gekommen bin. Natürlich bin ich froh, dass es meiner Verlobten wider Erwarten gut geht, und ich würde sie im Anschluss an unser Gespräch gern besuchen, wenn du denkst, dass ihr Zustand es erlaubt. Die anderen Dinge involvieren eigentlich Caius, doch scheint er sich momentan nicht in Rom aufzuhalten?

  • Es war Gracchus in diesen Augenblicken gänzlich verlustig, dass Aurelius Corvinus und er bereits bis zu den jeweiligen Cognomen waren vorgedrungen, nicht nur, da ihm dies außerfamiliär ohnehin stets überaus befremdlich schien - ein Name war immerhin eine ungemein persönliche Angelegenheit, welche eine gewisse Macht über ihren Träger besaß, und je persönlicher die Anrede, desto intimer das wechselseitige Verhältnis, was Gracchus beinahe ohnehin für außerfamiliäre, persönliche Anrede disqualifizierte, da er gewöhnlich übermäßig viel Zeit benötigte, um mit irgendjemandem auch nur halbwegs warm zu werden -, gleichsam erzitterte tief in seinem Innersten gegenüber dem Aurelier stets ein wenig Schamgefühl, hatte er in Gegenwart des Corvinus doch bereits zu oft Teile seiner Containance eingebüßt, was unbewusst ein wenig Distanz ihn suchen ließ.
    "Mein Vetter Aristides übernimmt diesjährig die Organisation der familiären Saturnalia, den Saturnalienstress kann i'h somit getrost anderen überlassen"
    , erwiderte er, nicht ohne dass ein subliminales Lächeln seine Lippen kräuselten, dabei nicht den geringsten Schimmer einer Ahnung in sich tragend, dass Aristides gänzlich hatte auf diese Organisation vergessen. Als Corvinus schlussendlich ansprach, weshalb er gekommen war, lehnte Gracchus ein wenig sich zurück, hob eine Hand, um nachdenklich an seiner Unterlippe zu kneten, abzuwägen, wie dies seine familiäre Pflicht war, ehedem er schlussendlich, die Hand nun über sein Kinn reibend, zu seiner Antwort ansetzte .
    "Celerina geht es den Umständen entspre'hend. Sie hat Dinge erlebt, die ni'ht spurlos an ihr vorüber gezogen sind, die zu vergessen oder zu überwinden für sie äußerst schwer sein werden."
    Die Nachricht über Celerinas Überleben war in der Villa eingeschlagen gleich dem Blitze in den Baum im Garten, und obgleich Gracchus im ersten Augenblick der Worte über Piraten heimgesucht worden war von jenem Gespenste der Vergangenheit, welches nicht nur sein Zwilling, sondern gleichsam lange Zeit auch der Piraterie verfallen gewesen war, hatte er diesen Gedanken alsbald verdrängt durch die grenzenlose Erleichterung über die Rückkehr seiner Nichte.
    "Sie hat si'h in den letzten Tagen sehr zurück gezogen, verständli'herweise, do'h allfällig würde ein Besu'h ihr gut tun. Allerdings sollten wir zuförderst ihr Einverständnis einholen. Was Caius betrifft, er hat Rom vor einiger Zeit bereits in Ri'htung eines seiner Landgüter verlassen. Jüngst traf nun eine Nachricht von ihm ein, dass er ni'ht allzu bald zurück in die Stadt wird kommen, wiewohl er si'h ebenfalls vollumfängli'h aus jedweden offiziellen Angelegenheiten und Pfli'hten zurück zieht."
    Gracchus wusste nicht, weshalb Aquilius letztlich sich zu diesem Schritte hatte entschlossen, obgleich seine Angespanntheit und allfällig auch Unzufriedenheit in Rom ihm nicht gänzlich war entgangen, gleichsam bedrückte ihn eben dieses Unwissen, bedrückte ihn, dass sein Geliebter nicht einmal in geschriebenen Worten sich ein wenig ihm hatte erklärt. Stets hatte sein Vetter sich über die Konventionen und Regeln ihrer Herkunft hinwegzusetzen gewusst, und obgleich sein Rückzug nicht der erste innerhalb der Familie war, so wusste Gracchus nicht, ob er ihn ob dessen bewundern, ihm neiden oder ob dessen verärgert sollte sein. Letztlich jedoch misste er Caius, und in all den widersprüchlichen und verworrenen Gedanken blieb nurmehr Sehnsucht, tiefe, quälende Sehnsucht. Nach der Geburt seines Sohnes hatte Gracchus geglaubt, Antonia näher gekommen zu sein, ein wenig allfällig von der unsäglichen Bindung zu seinem Vetter sich entfernen zu können, doch Aquilius' Absenz zeigte ihm nur allzu deutlich, dass seine Ferne noch immer ebenso unerträglich war wie damals, als er Achaia hatte nach Rom verlassen und sie zum ersten Male lange Zeit waren getrennt gewesen, dabei sie noch nicht einmal in jener bedingungslosen Offenheit hatten zueinander gestanden, wie dies augenblicklich der Fall war, nicht einmal voneinander in vollem Maße hatten gekostet. Ein unbeabsichtigtes, tief aus seiner durch die Widrigkeiten der Liebe gequälten Seele hervor brechendes Seufzen entkam über Gracchus' Lippen, ehedem er seine Hand sinken ließ, seine Schultern durchdrückte und den Kopf gerade rückte.
    "So jedo'h au'h i'h dir weiterhelfen kann, werde i'h dies gerne tun."
    Ein wenig ärgerte ihn der in gehäuftem Maße marode Beginn des Satzes, denn obgleich Corvinus ihn bereits in weitaus schlechterer Verfassung auf Tiberius' Convivium hatte erlebt, so suchte Gracchus doch mehr und mehr jene Worte aus seinem Wortschatz zu streichen, welche noch immer nicht in flüssiger Weise ihm über die Lippen wollten kommen - deplorablerweise gab es jedoch nicht immer eine geeignete Alternative, seinen Gedanken Gestalt zu verleihen.

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  • Glücklicherweise hatte ich die gesamte Feiertagsorganisation an Brix abschieben können, sodass ich mich dieser Tage nicht auch damit noch befassen muste. Erneut stellte ich fest, dass Gracchus wohl gut gelaunt war - ob dies ob der der anstehenden Festtage der Fall war oder aus einem anderen Grund, vermochte ich nicht zu sagen. Vermutlich war es auch Celerinas Rückkehr, die ihn froh stimmte. Ein beipflichtendes Nicken meinerseits begleitete Gracchus' Worte bezüglich Celerina. "Wenn du denkst, dass ich ihr damit nicht zu viel zumute, werde ich sie im Anschluss gern für einen Moment besuchen. Vielleicht kann ihr jemand bescheid geben, damit ich sie nicht gänzlich unvorbereitet aufschrecke?" bat ich Gracchus, jemandem aufzutragen, Celerina über meine Besuchsabsichten zu informieren. Es war nie gut, wenn man eine Frau unvorbereitet mit einer Stippvisite überraschte, vermutlich in Celerinas Situation noch weniger als es sonstig der Fall war. Sofern ich in irgendeiner Weise dazu beitragen könnte, dass es ihr bald wieder besser ginge, würde ich es selbstverständlich tun.


    Die Information Caius betreffend nahm ich indes überrascht zur Kenntnis. Eine Weile sagte ich nichts, sondern hing meinen Gedanken nach. Ich hatte Aquilius nie für einen Mann gehalten, der sein Wort leichtfertig brach, und doch musste ich mich nun fragen, warum er nicht nur mich, sondern auch seine Familie dergestalt hängen ließ. Ich sog die Unterlippe ein, runzelte die Stirn. Nein, das verstand ich nicht. Doch offen fragen, warum er sich für diesen hastigen Rückzug entschieden hatte, wäre unhöflich gewesen, selbst für einen engen Freund des Betreffenden. "Das ist etwas, mit dem ich nicht gerechnet habe", gestand ich Gracchus mit fortwährend gerunzelter Stirn, mit einem nachdenklichen Blick Gracchus musternd, der nun anbot, sich der Anliegen anzunehmen. "In einer Angelegenheit wirst du mir vermutlich nicht weiterhelfen können. Du weißt sicherlich, dass Caius beabsichtigt, meine Nichte Prisca zu ehelichen? Ich frage mich, ob dies immer noch seine Intention ist. Prisca weilt inzwischen wieder in Rom, die Verlobung könnte demnach bald stattfinden. Zugesagt hatte ich Caius dies bereits." Ich fühlte mich seltsam. Aquilius war mein bester Freund gewesen, was hatten wir nicht alles geteilt? Und nun ließ er mich nicht nur hängen, indem er urplötzlich und scheinbar für längere Zeit auf Reisen war, sondern er stieß auch meine Familie vor den Kopf, indem er sich nicht an sein Wort hielt. Ich hatte geglaubt, er sei ehrenvoller gewesen. Nunja, doch dies war nichts, wofür Gracchus verantwortlich zeichnete.


    "Es gibt da noch etwas. Aufgrund der jüngsten Vorfälle um Fabius Antistes, bin ich gezwungen, mich in eine neue Sodalität einzugliedern", begann ich und umriss hernach grob, was in der curia der collinischen Salier vorgefallen war. Es tat gut, offen reden zu können, und wenn es einen gab, mit dem ich das konnte, so war es Gracchus, der schließlich in alles eingeweiht war. Schlussendlich beendete ich die Erzählung. "Ich habe mich stets den Saliern eher verbunden gefühlt als den Arvalbrüdern, deswegen wollte ich Caius darum ersuchen, meine Cooptation dem Gremium vorzuschlagen. Meinen Vetter Ursus betrifft das wohl ebenfalls", sagte ich, nicht ahnend, dass Ursus bereits schneller gewesen war als ich. Es gab natürlich noch einen weiteren Grund. Ich empfand den magister der Arvalbrüder als einen ungehobelten, auf militärische Knappheit reduzierten Menschen, doch das tat hier nichts zur Sache.

  • Einige Augenblicke löste sich Gracchus' Blick von Corvinus, in welchen er an jenem vorbei zur Türe sah, neben der wie stets Sciurus stand, Schatten einer Existenz, welcher nur darauf wartete, betraut zu werden mit einer Aufgabe.
    "Sciurus, lasse bei Celerina anfragen, ob sie bereit ist, einen Gast ... ob sie bereit ist, ihren Verlobten zu empfangen."
    Unmerklich nur nickte der Sklave und verschwand so leise aus dem Raume, dass nicht einmal die Bewegung der Türe zu vernehmen war, gleichsam lag noch vor dieser Begebenheit Gracchus' Aufmerksamkeit wieder auf dem Besucher.
    "I'h sage es ni'ht gerne, denn ich schätze meinen Vetter sehr, do'h ... allfällig solltest du ni'ht allzu lange warten, ehedem du deine Ni'hte einem anderen Manne zur Seite stellst."
    Es war Gracchus überaus unangenehm, dies aussprechen zu müssen, doch da Caius augenscheinlich Corvinus nichts diesbezügliches hatte geschrieben, wiewohl auch der Familie keinerlei Weisung erteilt, konnte niemand von den Aureliern verlangen, übermäßig lange zu warten, immerhin war Prisca kein kleines Mädchen mehr, welches auf die nächsten Jahre hin sollte verlobt werden.
    "Falls du weiterhin Interesse an einer Verbindung mit der flavischen Familie hast - einer weiteren Verbindung -, so könnten wir zweifelsohne einen geeigneten Kandidaten stellen."
    Es war überaus deplorabel, dass Gracchus' eigener Sohn noch nicht in jenem Alter war, in welchem man bereits über eine Verlobung konnte verhandeln, da sonstig Gracchus niemanden gänzlich ohne Zweifel zur Wahl würde stellen können, denn jenem, welcher zuerst ihm in die Sinne stieg - sein Bruder - brachte er noch mit die meisten Ressentiments in dieser Familie entgegen, wiewohl auch der zweite Kandidat - sein Neffe Serenus - nicht gänzlich über alle Zweifel war erhaben, obgleich er ein durchaus geeigneter Ehemann für eine junge Aurelia würde abgeben, so seine Großmutter dem überhaupt würde zustimmen. Dennoch war Gracchus in gewissem Maße daran gelegen, die Verbindung zur aurelischen Familie zu stärken - Corvinus hatte als überaus agil sich im Senate erwiesen, und da sich Aquilius aus Rom hatte zurück gezogen, würde der flavische Einfluss auf den Senat weiterhin vorwiegend über günstige Verbindungen führen - denn Gracchus selbst war die Politik seit jeher mehr zuwider denn gelegen, und er konnte sich stets nur mit großer Mühe dazu durchringen, sich an den Disputationen zu beteiligen oder ihnen auch nur aufmerksam zu folgen.
    "Es ist überaus skandalös, dass der Pontifex Maximus Fabius überhaupt weiterhin in einer Sodalität duldet"
    , echauffierte er sich schlussendlich über Aurelius' Enthüllungen bezüglich der Salii Collini. Andererseits war dies kaum verwunderlich, tangierten den Pontifex Maximus die kultischen Belange doch augenscheinlich ohnehin nicht sonderlich.
    "I'h werde dies im Collegium anspre'hen. Betreffend die Kooptation, dein Vetter Ursus hat bereits um Aufnahme in die Sodalität der Palatini gebeten, er spra'h bei einer der Versammlungen vor, wiewohl er selbstredend si'h ni'ht aller Details war bewusst, wel'he diese Angelegenheit begleiteten. Deinen eigenen Wunsch werde i'h dessen ungea'htet gerne der Sodalität unterbreiten, wie au'h i'h deine Aufnahme unterstützen werde. Das Vergehen des Fabius darf ni'ht dir zulasten gelegt werden, glei'hsam ... stehe i'h ohnehin diesbezüglich in deiner Schuld."

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  • Dem Sklaven, der soeben das Zimmer verließ, schenkte ich keine weitere Beachtung. Er würde tun, was ihm aufgetragen war, und da er damit meine Bitte um Benachrichtigung meiner Verlobten erfüllte, war dieser Angelegenheit damit genüge getan. Auf seine Erwiderung bezüglich Aquilius hin, schürzte ich kurz die Lippen und schwieg einen Moment. Es erschien mir äußerst fragwürdig, dieses Verhalten meines Freundes, sich ohne eine Nachricht auf und davon zu machen. Dass ich enttäuscht war, auf eine persönliche Art und Weise und nicht auf die Art, wie es jemand gewesen wäre, der nur seine Nichte hatte verheiraten wollen, sah man mir mit Sicherheit an. "Das sind keine guten Neuigkeiten. Ich hatte wirklich gehofft, dass seine Abwesenheit nur von kurzer Dauer sein würde", erwiderte ich, ehe ich mir Gracchus' Angebot anhörte. Wen er damit wohl meinte? "Natürlich besteht nach wie vor Interesse. Ich habe zwei Nichten und zwei Basen, die sich im heiratsfähigen Alter befinden. An wen hattest du dabei gedacht?" Zweifellos war sein eigener Sohn noch viel zu jung, um jetzt an eine Dame Anfang zwanzig versprochen zu werden. Doch wen konnte er sonst meinen, seinen Bruder vielleicht?


    Die nicht so erfreuliche Angelegenheit die Salier betreffend, zeigte Gracchus dieselbe Empörung wie auch ich. "Da stimme ich dir voll und ganz zu. So sich der Kaiser selbst dieser Angelegenheit annimmt, sollte man sich ebenfalls die Namen derjenigen ansehen, die in letzter Zeit finanziell besser dastehen als noch vor Fabius' Fehltritt. Es ist ohnehin ungeheuerlich, dass diese ganze Angelegenheit...eher verhalten behandelt wurde", gab ich mit äußerster Vorsicht zurück, dabei Gracchus' Gesichtsausdruck erkundend. Ursus hatte also bereits vorgesprochen. Wie ich es mir gedacht hatte. So nickte ich nur. "Ich danke dir", sagte ich, um im nächsten Moment ein wenig verwundert Gracchus anzusehen. "Warum solltest du in meiner Schuld stehen?" Mir fiel eine einzige Sache ein, doch war es Gracchus' Leiden gewesen, das sein Engagement im Fall Fabius gebremst hatte, und so sah ich dies nicht als Fehlen seinerseits an, sondern als unglückliche Umstände.

  • Augenscheinlich war die Aurelia mit mehr weiblicher Blüte gesegnet denn die Flavia dies konnte von sich behaupten.
    "Nun, mein Bruder ist längst über den Zeitpunkt hinaus, an dem er si'h einer Ehe hätte widmen sollen, und i'h will offen zu dir sein, außer seinem Namen und dem obligatorischen Besitz hat er kaum Vorzüge aufzuweisen, zudem zeigt er deplorablerweise keinerlei Ambition, dies zu ändern. Ni'htsdestotrotz würde eine sol'he Zweckehe selbstredend zwei Familienzweige näher zueinander bringen."
    Gefühle und emotionale Seiten einer Ehe waren diesbezüglich für Gracchus ohnehin nicht von Belang, in seinen Augen wäre nicht einmal abwegig, dass Lucullus' Gemahlin ihre Zeit würde in Rom verbringen, während er fernab auf seinen Landgütern vor sich hin brütete.
    "Darüber hinaus kommt au'h der Sohn meines Vetters Aristides, Serenus, bald in ein heiratsfähiges Alter. Derzeit ist er zu Studienzwecken in A'haia und er zeigt bereits seit einigen Jahren großen Elan, darob bin i'h überaus optimistisch, dass er si'h früher oder später der Politk wird stellen."
    Nicht zuletzt würde Serenus durch den Antrieb seiner Großmutter, welche längst alle Hoffnung in ihren Enkel statt ihren Sohn projizierte, kaum eine andere Wahl bleiben.
    "Selbstredend wäre dies eine Angelegenheit, in wel'her Aristides' Entscheidung maßgebend ist, do'h ein Vorschlag meinerseits wäre bereits eine gute Grundlage."
    Letztlich war es die Großmutter, Flavia Agrippina, welche die Entscheidung über eine Ehe Serenus' würde treffen, doch einige Fäden bereits im Hintergrund zu spinnen, konnte nicht schaden. In diesem Augenblicke wurde Gracchus gewahr, dass er seine Pflichten als Gastgeber vollkommen hatte vernachlässigt.
    "Verzeih meine Na'hlässigkeit, kann i'h dir etwas anbieten? Ein Glas verdünnten Weines?"
    Noch während er die Frage in den Raum stellte, erhob Gracchus sich in Ermangelung eines anwesenden Sklaven und trat zu einem kleinen, halbrunden Tisch an einer Wand, auf welchem ein Tablett abgestellt war mit blass grünfarbenen Gläsern und einer Kanne darauf. Er goss dem Gast und sich selbst den stark verdünnten Wein ein und brachte die Gefäße zurück zu seinem Schreibtisch, ehedem er wieder Platz nahm.
    "Wir dürfen in der Causa Fabius die Brisanz nicht gänzli'h vergessen, und gerade derzeitig bleibt au'h dem Collegium Pontificium ni'ht viel mehr als verhalten zu reagieren. Wäre das Imperium in einer ausgewogenen, stabilen Lage, gäbe es keinen Grund, eine sol'he Verfehlung unter Verschluss zu halten, gegenteilig würde eine strenge, öffentli'he Ahndung dessen seitens des Pontifex Maximus nur das Vertrauen des Volkes stärken. Do'h derzeitig, ... nun, du weiß selbst, dass zu viel geschehen ist, als dass ein sol'hes Verbrechen aus dem Inneren des Cultus Deorum, aus dem Inneren des Staates heraus zu diesem Zeitpunkt ni'ht zu Vorwürfen, zu lauten Vorwürfen würde führen. Letztli'h geht es ni'ht nur darum, Fabius Antistes und seine Komplizen zur Verantwortung zu ziehen, sondern darum, den Pontifex Maximus in seiner Funktion zu stützen und mit ihm das Glei'hgewi'ht im Imperium Romanum zu bewahren."
    Diesbezüglich war es Gracchus ein Anliegen, offen mit Corvinus zu sein, denn in nicht allzu fernen Tagen würde er selbst im Collegium Pontificium sitzen, für den Cultus Deorum und das kultische Wohl des Staates Sorge tragen müssen - und für Gracchus selbst war dies nicht nur ein bloßes Amt, nicht nur eine politische Machtposition, sondern eine überaus ernstzunehmende Aufgabe.
    "Das Collegium Pontificium hat si'h entschieden, di'h als Pontifex in seine Reihen aufzunehmen - ni'ht etwa, um zu gewährleisten, dass du in dieser Angelegenheit Schweigen bewahrst, sondern weil es engagierte Männer wie di'h nötig hat. Es ist dies no'h ni'ht offiziell verlautbart, do'h der Entschluss wurde bereits gefasst."
    Dass er selbst den Aurelier hatte vorgeschlagen, erwähnte Gracchus indes nicht. Obgleich es auf diese Art war, wie Politik in Rom wurde getrieben, durch Gefälligkeiten und Schuldigkeiten, so war dies nicht Gracchus' Art. Er mochte ob dessen ein schlechter Politiker sein, doch tangierte ihn dies nicht im Geringsten, konnte er der Politik ohnehin nichts abgewinnen und befand sie stets nur als lästiges Übel. Die Verwunderung im Antlitz seines Gegenübers verwunderte indes auch ihn ein wenig, bis dass er sich dessen wurde gewahr, dass Corvinus augenscheinlich nicht konnte wissen, wie unangenehm Gracchus die Sitzung selbst gewesen war. Es wäre in diesem Augenblicke noch ein leichtes gewesen, die Bemerkung mit einer Handbewegung bei Seite zu wischen, allfällig eine halbwegs possible Ausrede anzubringen, doch auch dies war nicht Gracchus' Art, war doch die Lüge an sich affrös und disharmonisch, und nur die Wahrheit barg über den Augenblick der Peinlichkeit hinaus in sich, nach was ihm stets dürstete - Schönheit und Harmonie.
    "Nun, es mag dir dies ni'ht bewusst sein, do'h während der betreffenden Sitzung war i'h ni'ht weniger überrascht denn die übrigen Pontifices. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde i'h mir dessen gewahr, dass mein Vilicus diese Investigation irgendwann einmal hatte erwähnt, do'h es war dies zu einer Zeit gewesen, zu wel'her ni'hts mir überhaupt relevant erschien."
    Es war Gracchus dies durchaus unangenehm, darob nippte er ein wenig verlegen an seinem Glas. Wieder fiel ihm auf, dass es stets Aurelius Corvinus war, vor welchem er in solcherlei Situationen sich zu manövrieren schien, und einige Herzschläge lang sann er, Corvinus ein wenig näher betrachtend, darüber nach, ob allfällig dessen durchaus ansehnliches Äußeres nicht zu dem vagen Gefühl der Unsicherheit, beinahe jugendlicher Befangenheit und Scheu ihm gegenüber mochte beitragen, doch er verwarf diesen Gedanken alsbald - nicht etwa, da er ihm absurd erschien, sondern da er ihn nicht wollte denken.
    "Hättest du meinen Namen genannt, so wären etwaige Rückfragen mehr als indignierend für mi'h gewesen, denn letztli'h lag alles Tun meiner Mitarbeiter in meiner Verantwortung als Aedil, darüberhinaus wäre es na'h meiner Kenntnisnahme zudem meine Pfli'ht als Pontifex gewesen, auf jenen Umstand bereits viel früher hinzuweisen."
    Erneut nippte er an seinem Glas, vorwiegend um die während der vielen Worte verlorenen c's aus seinen Sinnen zu spülen, denn noch immer war er stets hin- und hergerissen zwischen der Reduktion seiner Gedanken auf so wenige Worte wie notwendig und dem Umschiffen scharfkantiger ch's mit Worten ästhetisch unbefriedigender Natur, und seiner originären Art, den Sätzen eine gewisse Klangfarbe und Harmonie zu verleihen, welche deplorablerweise gänzlich durch die verlorenen Buchstaben wurde ruiniert.

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  • Augenscheinlich war die Flavia mit mehr ambitionierten cursus honorum Willigen gesegnet als meine eigene Familie dies von sich behaupten konnte. Wie praktisch, dass wir uns ergänzen konnten.
    Nur war es äußerst schade, dass Gracchus' Bruder keinerlei Interesse daran zeigte, zu heiraten. Das machte es nicht leichter für mich, der ich bereits über den Schatten gesprungen war, den das Patrizierdasein auf uns warf. Keines meiner Mündel sollte sich später begeistert von dieser Entscheidung zeigen, so schwer sie mir selbst auch gefallen war. Es war stets mühselig, für etwas einzustehen, dass man selbst nicht unbedingt guthieß, doch wenn es die einzig richtige Möglichkeit darstellte...


    "Ich würde in dieser Angelegenheit zunächst gern Rücksprache mit den Damen halten. Es wird gerade Prisca nicht leicht fallen, Caius' plötzliches Untertauchen zu verarbeiten. Sie hing an ihm", erklärte ich Gracchus. Vielleicht würde er verstehen, dass ich nur das Beste für meine Schutzbefohlenen und zumindest in einem Gespräch suggerieren wollte, dass sie eine Art Entscheidungsrecht hatten, was die Wahl ihres Zukünftigen betraf. "Dennoch danke ich dir zunächst für die Verknüpfungspunkte unserer beider Familien, die du in Aussicht stellst. Es wäre mir Freude wie Ehre gleichermaßen, könnten wir das Netz fester weben, das uns verbindet. Wie alt ist dein Neffe, wenn ich fragen darf?"


    Gracchus erhob sich inzwischen und schenkte uns beiden hellroten Wein ein. Angesichts der Tageszeit war das vollkommen ausreichend. Ich nahm das fein gearbeitete Trinkgefäß an mich und betrachtete die feinen Ziselierungen darauf einen Augenblick. Gewiss bezogen die Flavier ihre Glaswaren auch aus Ägypten. Ich kannte keinen Glasbläser in Rom, der seine Kunst nicht in der südlichsten Provinz erlernt hatte, doch die wirklich perfekten Arbeiten stammten aus Alexandrien selbst. Ich dankte Gracchus und nahm einen Schluck, dann platzierte ich das Glas auf dem Schreibtisch vor mir. "Und dies dürfte eine überaus schwierige Angelegenheit sein, wie mir scheint. Erlaube mir die Frage, ob sich der pontifex maximus bei jeder contio aufs neue eher verhalten gibt", stellte ich eine indirekte Frage als Antwort auf die Angelegenheiten Fabius Antistes umrankend. Gerade bei den Flaviern schien ich eher richtig adressiert, was kritische Worte den Kaiser betreffend anbelangte, als bei den Tiberiern, und doch hatte ich bei Gracchus weitaus größere Probleme, meine Meinung zu sagen, als bei Durus. "Oder waren es lediglich die Themen, die ich mitbrachte, welche ihn langweilten?"


    Ich griff nach meinem Glas, mehr, um meinen Händen etwas zu tun zu geben, denn aus Durst. Langsam drehte ich das Gefäß mit dem herben, hellroten Wein darin, bis plötzlich Gracchus mit einer Neuigkeit heraus rückte, die dazu fuhrte, dass ich ob der abrupten Einstellung der Bewegung beinahe die Rebensaft-Wasser-Mischung auf meine toga schwappen ließ. Ich war überrascht - das war ich wirklich - und sah Gracchus dementsprechend an. Man wollte mich im collegium pontificium sitzen haben? Nicht, dass ich nicht gehofft hätte, irgendwann einmal in die Reihen der höchsten Priester aufgenommen zu werden. Doch so plötzlich? Ich war erst einmal sprachlos, und ich hatte genügend damit zu tun, meine Überraschung soweit niederzuringen, dass ich Gracchus nicht allzu entgeistert anstarrte. "Das...kommt überraschend", sagte ich schließlich, und eine Vermutung keimte in mir auf. "Habe ich dir die Fürsprache zu verdanken?" wollte ich wissen. Letztendlich würde dies bedeuten, dass ich in Gracchus' Schuld stehen würde, ganz gleich, wie sehr er seine Beteiligung an dieser Sache auch vielleicht herunterzuspielen versuchte.


    Bei der Erklärung bezüglich seines vermeintlichen Fauxpas nickte ich nur. Für mich war es weder eine Option gewesen, ihn vorzuführen noch ihm Kleingeistigkeit vorzuwerfen. Genau genommen hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, dass Gracchus mutwillig die Information den geschiedenen Opferkönig betreffend ignoriert haben mochte. Schließlich war mir bekannt gewesen, dass ihn diese sonderbare Krankheit fest in ihrem Griff gehabt hatte. Ich winkte daher ab und sagte die Wahrheit. "Es wird dir niemand zum Vorwurf machen, dass du mit den Gedanken an gänzlich anderer Stelle warst. Jeder hätte in der gleichen Situation andere Prioritäten gehabt. Ich kann nachvollziehen, wie es gewesen sein muss, auch wenn ich es nicht nachempfinden kann." Und Gracchus trug eine Narbe dieser ominösen Krankheit immer noch mit sich herum, zwar nicht offensichtlich, doch deutlich hörbar, sobald er sprach. Für einen orator ein schlimmer Kratzer auf der dem Senat zugewandten Oberfläche. Bisher hatte Gracchus sich unbeeindruckt davon gezeigt, doch tief im Inneren mussten ihn diese verschluckten Buchstaben zermürben. Ich nahm noch einen Schluck Wein und betrachtete mein Gegenüber. "Wie geht es deinem Sohn? Ich hoffe sehr, dass ich nächstes Jahr um diese Zeit einen ebenso stolzen Blick haben werde, sobald mich jemand auf meinen Erben anspricht", fragte ich dann und schob sogleich den zweiten Satz nach, nicht ohne vage zu schmunzeln.

  • Bezüglich Corvinus' Hochzeitspolitik nickte Gracchus nurmehr, konnte gleichsam tief in seinem Innersten, weit verborgen in jenen Gefilden, welche er auch vor sich selbst stets zu verbergen suchte, nicht sich einer gewissen Zufriedenheit entledigen, welche darob herrührte, dass nicht Caius würde Aurelia Prisca ehelichen, die an ihm hing. Denn obgleich er darauf war vorbereitet gewesen, dass auch sein Geliebter eines Tages würde dem Zwang der Ehe folgen müssen, so wusste Gracchus doch nicht, ob er es würde ertragen, eine Frau an Caius' Seite zu wissen, welche in Zuneigung ihm verfallen war - konkurrierend zu ihm selbst -, welcher am Ende gar Aquilius hätte seine Liebe entgegen gebracht. Gleichsam keimte ob dessen in Gracchus die leise Befürchtung, Caius könnte seinetwegen, aus eben diesem Grunde Rom verlassen haben, aus der Unerträglichkeit des Wissens darum, dass Gracchus letztlich hatte gelernt, seiner Gemahlin Liebe entgegen zu bringen, einer gänzlich anderen Art und Weise wie er dies seinem Vetter gegenüber tat, doch schlussendlich unleugbar, und dies seinem Geliebten hatte erst kurz vor dessen fluchtartiger Abreise gestanden. Abwesend nippte er an dem Wein, welcher trotz des Wassers den frischen, herben Geschmack nach säuerlichen Trauben nicht konnte verbergen - süße Weine waren Gracchus stets ein Gräuel, welche er höchstens der Gastgeber zuliebe außer Haus zu sich nahm -, und überlegte, wie alt Serenus nun musste sein. Er erinnerte sich noch daran, dass Aristides ein großes Fest hatte zu dessen Geburt ausrichten lassen, doch Aristides hatte zu viele Feste ausrichten lassen, dass Gracchus das genaue Jahr sich hatte gemerkt. Als der Junge zuletzt in Rom war gewesen, hatte er ihn auf zwischen sechs und zwölf Jahre geschätzt, wobei Gracchus' Schätzungen bezüglich des menschlichen Alters stets überaus schwer fielen, insbesondere bei Kindern, so dass Serenus nun wohl zwischen neun und fünfzehn sein musste.
    "I'h muss gestehen, dass i'h dir sein genaues Alter ni'ht zu nennen vermag. Do'h er wird im kommenden Jahr von seinen Studien in A'haia na'h Rom zurückkehren und soll alsbald in die Gesellschaft eingeführt werden. Er wird seine Karriere als Sacerdos publicus beginnen."
    Ein wenig Stolz klang bei dieser Eröffnung aus Gracchus' Stimme, war es in Absenz Serenus' Vaters doch er gewesen, welcher dem Jungen die kultischen Grundlagen hatte gelehrt. Obgleich Gracchus sich hatte vorgenommen, als Vater seinem Sohne keinen Weg vorherzubestimmen, sondern eine gewisse Wahlfreiheit - soweit in patrizischen Familien möglich - zu gewähren, wünschte er insgeheim doch, auch Minor würde eines Tages ihm in den Cultus Deorum folgen - unabhängig davon, ob der Cultus Deorum bis zu dieser Zeit wieder jene Aufmerksamkeit des Staatsoberhauptes würde erreicht haben, welche ihm derzeit ein wenig fehlte. Da Corvinus das Thema mehr oder minder offen hatte angesprochen, sah auch Gracchus sich nicht übermäßig bemüßigt, in weitem Bogen darum herum zu manövrieren, obgleich er keine Worte verwandte, welche ihm konnten zum Verhängnis werden - schlussendlich war der Aurelier noch nicht soweit mit der Familie verbunden, dass er dies nicht jederzeit hätte lösen können.
    "Der Pontifex maximus gibt si'h im Collegium Pontificium deplorablerweise ebenso verhalten, wie der Imperator Caesar Augustus im öffentli'hen Leben. Zum einen mag dies verschmerzbar sein, existiert das Collegium do'h eben daher, die kultischen Aufgaben des Imperiums zu übernehmen, andererseits gerei'ht Desinteresse zweifellos keiner der staatstragenden Säulen zum Vorteile."
    Die Verwunderung auf seine Eröffnung hin nahm in Aurelius' Gesicht weiter zu, ein Anblick, an welchem Gracchus sich durchaus ein wenig divertierte, war es ihm doch stets eine überaus große Freude, andere zu überraschen. Indes, auch auf Corvinus' explizite Nachfrage hin, wusste er sich bedeckt zu halten.
    "Nun, das Collegium trifft seine Entscheidungen stets in gemeinsamem Einvernehmen, ein Einzelner vermag kaum einen Beschluss zu erzwingen, hinter wel'hem ni'ht eine Mehrheit steht, so au'h bei der cooptatio."
    Sein Lächeln weitete sich ein wenig noch aus beim Gedanken an seinen Sohne, welcher augenblicklich in den Fängen seiner fürsorglichen Mutter weilte - wie beinahe jeden Tag, obgleich bereits der ein oder andere gelehrte Sklave sich mit Minors Bildung musste beschäftigen, schlussendlich konnte Antonia nicht alleine hierfür Sorge tragen, so sehr sie sich dies auch wünschte.
    "Minor geht es sehr gut, er entwickelt sich prä'htig. Es ist wahrhaft faszinierend, zu erleben, wie aus einem winzigen Bündel Mensch allmähli'h ein kleiner Flavius Gestalt annimmt."
    Ein abschätzender Blick glitt zu Corvinus hin, suchte dessen Schmunzeln einzuordnen, konnte Gracchus doch sich genau noch an ihr letztes Gespräch bezüglich Nachkommen erinnern, damals, als er noch weit vor Minors Geburt überaus erbost ob eines Artikels in der Acta Diurna den Auctor der Staatszeitung hatte aufgesucht, und ob dessen Aurelius musste vermuten, dass Minor nicht Gracchus' leiblicher Sohn war. Er wusste keine Worte, welche diesen Zweifel würden zerstreuen können und nicht danach klingen, als würde er eben gerade versuchen, dies zu tun aus dem Grunde, dass es so war, daher versuchte Gracchus dies nicht, würde doch die Zeit unbezweifelt ohnehin irgendwann das flavische Erbe Minors sichtbar zutage fördern, und schlussendlich war es einzig wichtig, dass er und Antonia darum wussten.
    "I'h hoffe, Iuno wird eu'h ein wenig schneller ihren Segen gewähren denn dies bei meiner Gemahlin und mir der Fall war, dass ni'ht erst der Zweifel di'h zermürben muss."

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

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