The big fat greek wedding (nur Hochzeit)

  • Die Zeremonie war ein bisschen anders als die römische, die Axilla so ein wenig kannte. Das Händewaschen war ja noch einigermaßen vertraut, aber das Geschreie beim Opfer war doch anders, und sie erschrak richtig, weil neben ihr eine Griechin stand und ganz laut dabei gejodelt hatte. Und dass die Brautleute das Herz des Lammes aßen fand Axilla dann doch ein ganz kleines bisschen ekelig, aber sie ließ sich nichts anmerken.
    Das Gelübde fand Axilla dafür herrlich romantisch. War das bei den Griechen wirklich so, dass da auch die Männer treu sein mussten? Oder hatte das Anthi nur aus Liebe zu Penelope gesagt? Auf jeden Fall fand Axilla das furchtbar süß.
    Und dann ging das Fest auf einmal los und der alte Mann, den Axilla nicht kannte, rief alle zum feiern auf. Auch wenn das nicht sehr nach Feierlaune bei ihm klang. Jede Menge Essen wurde herbeigebracht und auch Getränke. Bevor sie noch in Versuchung geriet, doch Wein zu trinken, schnappte sich Axilla einen großen Becher mit Fruchtsaft.


    Und dann, als Axilla schon frecherweise anfangen wollte, sich ein paar Leckerbissen von den Platten zu picken, kamen auch schon das Brautpaar und Timos an und begrüßten sie. Axillas Blick lag vielleicht einen Moment zu lange auf Timos. Sie hatte ihn schon lange nun nicht mehr gesehen, und heute sah er gut aus. Naja, die Schminke fand sie etwas ulkig, weil er ja doch ein Mann war, aber Nikolaos war noch mehr geschminkt. Aber zurücklächeln durfte sie nicht, sonst könnte sie sich noch verraten, also schaute sie stattdessen lieber kurz ganz interessiert wieder zu den Platten. Das Essen duftete wirklich herrlich.
    Als Timos alle begrüßt hatte und seinen Wein erhob, erhob auch sie ihren Saft – auch wenn sie sich ein wenig Albern dabei vorkam, aber die Götter würden hoffentlich auch ein Saftopfer annehmen – und fiel in seinen Trinkspruch ein.
    “Auf hundert glückliche Jahre.“ Und sie vergoss etwas von dem Saft auf dem Boden, wie es sich gehörte.

  • Für Geórgios war der alte Philolaos auch etwas wie ein Spiegel. Es zeigte ihm, dass auch er nicht mehr jünger wurde und schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, denn er war noch bedeutend jünger gewesen, seine erste Frau noch am Leben als er den Virtousen einst spielen gehört hatte. Er hob seinen rechten Mundwinkel etwas an, es hätte vielleicht ein melancholisches Lächeln werden können. Jedoch fehlte ihm die Gabe dafür, stand doch immer ein leichter Zynismus in sein Gesicht geschrieben, selbst wenn er freundlich lächeln wollte, es zumindest versuchte. Nur bei seiner Tochter war das anders. "Ich entsinne mich noch gut an Dein meisterhaftes Spiel, werter Philolaos und bin immer noch froh darüber, die Ehre gehabt zu haben, Dir einst lauschen zu dürfen."


    Die Worte von Philolaos brachten ihn jedoch zum Grinsen, er warf den Musikern einen Blick zu, aber da er nicht sonderlich musikalisch war, noch jemals ein Instrument gelernt hatte, vermochte er nicht zu sagen, wer von den Musikern die Übeltäterin war. "Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und manche werden es wohl nie werden." Zu fragen, warum er nicht mehr spielte wäre zu taktlos gewesen, was Geórgios im Normalfall auch nicht einen Deut gekümmert hätte, es war ihm im Grund egal, was andere Menschen von ihm dachten. Aber vor einem Meister seines Faches verspürte sogar er ein wenig Respekt. Aber vor anderen Dingen des Philolaos betreffend, emfpand er das nicht, weswegen er ungeniert fortsetzte. "Deine Enkeltochter scheint sehr glücklich zu sein mit ihrem neuen Ehemann. Du scheinst Dich dem jedoch nicht anschliessen zu können, wie mir scheint. Der Bräutigam ist doch keine schlechte Partie."


    Seine Augen wanderten zu dem Paar und auch den Bräutigam, welcher auf dem besten Weg war, Karriere in der Politik zu machen, sehr eifrig zu sein schien und sogar Geórgios konnte erkennen, dass der Mann doch vom Äußeren auch zu der schönen Braut gut passte, zudem war er ein respektabler Hellene, was wollte ein Grossvater schon mehr? "Auf das Brautpaar und mögen Ihnen das Glück stets hold sein."

  • Cleonymus hatte immer schon eine Besondere Gabe beim Feiern gehabt ... er wurde nicht betrunken, allerdings hatte dies auch seine Nachteile denn wer nicht betrunken wurde wurde auch nicht angetrunken ... daher bediente er sich lediglich bei den Fruchtsäften und bei dem vorzüglichen Essen. Als dann die Arie der Glückwünsche begann erhob auch er seinen Becher ...


    "Auf das Brautpaar!"


    Mehr kam jedoch nicht hervor, schließlich war Cleonymus immer schon sparsam mit Worten gewesen zumindest dann wenn er sie ernst meinte ...


    Nun da er Essen und Getränke genossen hatte wandte er sich wieder dem römischen Optio zu dem gerade noch gegenüber gestanden hatte ...

  • Dem Trinkspruch konnte sich Philolaos nur halb anschließen. Seiner Enkelin wünschte er Glück, aber diesem Mann, der sie ihm geraubt hatte, eher weniger. Der hatte seine Enkelin entführt, und kurz darauf war sein Opiumlieferant verschwunden und hatte sich zurückgezogen. Philolaos glaubte nicht an Zufälle. Und zu allem Überfluss hatte er dieser grässlichen, ägyptischen Hexe namens Inhapy auch noch Geld in den rachen geworfen, damit sie sich um ihn kümmerte. Garstiges Weibsbild war das!
    “Möge Tyche ihnen wohlgesonnen sein, jaja.“
    Er konnte eben nicht ganz aus seiner Haut, und bei den Göttern, er hatte auch das Recht, so zu sein. Er hatte es sich durch viele, viele Jahre verdient, in denen er nur für die Kunst gelebt hatte. Er war der beste gewesen, ein Perfektionist in diesem Bereich, und Schüler hatten ihn angebettelt, bei ihm lernen zu dürfen. Da durfte er jetzt auch mal grummelig sein, wenn ihm sein größter Schatz einfach so gestohlen wurde.
    “Sag mir, Freund, hast du sie je spielen hören? Meine Penelope, mein ich.“
    Philolaos nahm einen tiefen Schluck von dem Wein. Er hatte lange keinen Wein mehr gehabt, viel zu lange. Es tat gut, wie er warm und weich die Kehle hinabfloss. Seine blinden Augen richteten sich auf die helle Stelle, wo er die Stimme seiner Enkelin zwischen den vielen anderen Geräuschen ausmachen konnte.
    “Sie war noch klein, als ich sie aufgenommen habe, ein kleiner, halbverhungerter Wurm. Meine schöne Tochter hat noch mal geheiratet und konnt sie nicht gebrauchen.“
    Noch ein Schluck Wein, diesmal noch größer. Der Becher war danach leer und musste nachgefüllt werden. Es war nicht leicht für Philolaos, sie gehen zu lassen.
    “Sie ist eine perfekte Spielerin. Sie ist besser, als ich war, wenn sie sich bemüht und anstrengt. Und jetzt? Sie liebt diesen Mann und wird mit ihm Kinder kriegen und das alles wieder vergessen. Sie hätte eine Sappho werden können, aber sie liebt ihn. Furchtbares Gefühl, ungebührlich. Hast du das Gelübde gehört? Liebe hat in einer vernünftigen Ehe nichts zu suchen. Eine Verschwendung von Talent.“
    Warum er einem Fremden gegenüber so deutliche Worte sprach, wusste er nicht. Wahrscheinlich stieg ihm der Wein ein wenig zu Kopf, aber das musste auch mal gesagt werden. Philolaos grauste es schon davor, wie hier zehn Urenkel herumtoben würden und seine Enkelin, sein Meisterwerk, wenn man so wollte, einfach in Vergessenheit geraten würde.

  • Ich schloss mich dem Trinkspruch an.
    Auf das Brautpaar!
    Rief ich und kippte die Flüssigkeit mit einem großen Schluck herunter.
    Dann wandte ich mich ebenfalls wieder meinem Gesprächspartner zu.
    Du wolltest etwas sagen?
    Fragte ich interessiert.

  • Lächelnd und mit einer Maske der Heiterkeit hatte Nikolaos die Zeremonie verfolgt. An den entscheidenen Stellen hatte er, wie alle anderen, gejubelt. Innerlich hatte er das Gefühl, zu baden. Mal in Wasser, das kurz vor dem Gefrieren stand, mal in Wasser, das siedete. Mal in kochendem Öl, wie sein Koch gelegentlich Wachteln zuzubereiten pflegte, mal in unverdünntem Essig. Er hatte dem Bräutigam lächelnd zugetrunken, und der Wein hatte ihm wie Bitterkrautsaft geschmeckt, und mal auch wie Essig, und mal so süß, dass er glaubte, einen Sirup aus Bleizucker zu trinken. Die Maske blieb unberührt und zerfiel nicht, wie er oft fürchtete, als es besonders schlimm um ihn stand. Als das Trankopfer der Gäste vollzogen wurde, war es ihm eine Erleichterung, den Wein ausgießen zu dürfen.


    "Verehrte Gäste, ehrenwerter Philolaos, liebes Brautpaar! Mit Freuden habe ich die Einladung angenommen, mit Spannung bis zu diesem Abend gewartet. Vor einiger Zeit noch hatte ich die Ehre, diese beiden vortrefflichen jungen Menschen auf dem Weg vom Jugendalter in das Lebensalter erwachsener Bürger zu begleiten. Schon damals war deutlich, dass die Götter euch beiden, werte Penelope und werter Ánthimos, mit großen Gaben gesegnet hatten.


    Und nun bestätigt es sich: Du, werte Penelope, bist Priesterin der Musen und des Apollons. Und dies nicht allein durch den Ruhm des ehrenwerten Philolaos, deines Großvaters, sondern, wie ich, bei all meinem Dilettantismus auf dem Gebiete der Musik, zu behaupten wage: Durch eigene Kunstfertigkeit. Nicht nur das. Auch durch große Achtsamkeit den Göttern gegenüber und durch Ehrbarkeit zeichnest du dich aus, werte Penelope, werte Braut dieser Hochzeit.


    Du, werter Ánthimos, nahmst in deinem jungen Alter die Bürde eines Amtes der Polis auf dich. Ich bin mir sicher, du wirst es vortrefflich ausführen und der Polis zum Ruhme gereichen und dich verdient machen, auf dass noch die Kindeskinder deiner Kindeskinder stolz von deinen Taten berichten können.


    Ihr beide seid jung und Lieblinge der Götter.


    So hoffe ich, dass aus diesem ehelichen Bund eine Vielzahl an Kindern hervorgehen möge, die ebenso vortrefflich sind wie ihr, liebe zukünftigen Eltern. Möget ihr noch siebzig Jahre und mehr gemeinsam die jährliche Geburt der Kore erleben, möge euch Aphrodite segnen, mögen dir, werte Penelope, die Musen und der Apollon gewogen sein, und dir, werter Ánthimos, der Hermes und der Herakles."


    Er trank Wein. Seine Zunge schien während der Ansprache ertaubt zu sein durch den Schwall süßer Worte. Äußerlich hingegen war der Gymnasiarchos Inbegriff eines, ungeachtet seines eigenen jungen Alters, väterlichen Wohlwollens.

  • Ànthimos freute sich über das Lob, auch wenn er nicht wusste ob Nikolaos es wirklich ernst meinte. Zumindest was ihn betraf. Aber an diesem Tag wollte er auch einfach keine Hinterlist und Falschheit wahrnehmen und so freute er sich einfach.


    "Vielen Dank für dein Lob und deine Wünsche, ehrenwerter Gymnasiarchos. Ich hoffe ich kann meinem Amt und meiner neuen Aufgabe als Ehemann so gerecht werden, wie du es beschreibst. Du warst uns ein guter Lehrer und in deinem Streben für die Polis bist du es noch immer. Wenn unsere Kinder und Kindeskinder von unseren Taten berichten werden, dann wird das ganz sicher auch dein Verdienst sein."


    Auch Anthi trank einen Schluck Wien, von dem er vorhn schon etwas verschüttet hatte, und prostete dem Gymnasiarchos freundlich zu.

  • Nikolaos nickte freundlich.


    "Auch ich habe zu danken. Für dein Lob, werter Ánthimos, und für die Einladung zu diesem schönen Fest."


    Er nahm einem Sklaven einen Becher aus der Hand. Seine Knie waren weich. Er nahm einen großen Schluck Wein.


    "Werden deine ehrenwerten Brüder Teil eures Haushaltes sein?", fragte er. Soweit er wusste, war Timotheos noch nicht verheiratet und Illias fast noch ein Kind. Einen weiteren Schluck Wein stürzte er sich die Kehle hinab. Der Becher war noch halbvoll, oder halbleer. Er lächelte ein ganz, ganz wenig.

  • "Es ist uns immer eine Ehre für uns den Gymnasiarchos begrüßen zu dürfen und es freut mich ganz besonders dass dir das Fest gefällt. Ich hoffe auch die Speisen treffen deinen Geschmack. Natürlich werden meine Brüder auch hier wohnen. Thimótheos ist als ältester unser Familienoberhaupt und somit nominell auch der Hausherr. Und mein Bruder Ilias ist ja durch seine Arbeit beim Cursus Publicus viel unterwegs. Dieses Haus ist der neue Stammsitz unserer Familie, und hier werden wir alle wohnen: Wir, unsere Kinder und deren Kindeskinder hoffentlich auch, wenn wir dann noch genug Platz für alle haben."


    Ànthimos war stolz auf das was seine Brüder, seine Frau und er erreicht hatten. Sie hatten ihrer Familie nun wieder einen Ort gegeben, den man ein Zuhause nennen konnte. Dass das auch Penelopes altes Heim war, machte die Sache noch viel schöner. Nun hatten sie alle eine Heimat.

  • Scipio hatte sich die Zeremonie interessierte angesehen und musste schon fast belustigt Lächeln, zeigte aber soviel Toleranz das nicht nach außen zu zeigen. Er hatte mit den römischen Göttern und Riten schon nicht viel am Hut, doch das was die Griechen machten kam ihm schon irgendwie seltsam vor. Trotzdem beobachtete er interessiert, schließlich konnte man nie genug wissen, selbst über fremde Kulturen.

  • Die mürrische Miene von dem alten Herrn und Großvater der Braut amüsierte Geórgios. Er war weder ein Philanthrop, noch sah er sich in der Verantwortung, andere Menschen glücklich zu machen. Er hatte noch nicht mal sonderlich großes Mitgefühl für die meisten anderen Menschen um sich herum. Gemütlich lehnte sich Geórgios auf der Kline zurück und genoss den herben Wein in seiner Kehle, zudem auch den Geschmack der durchaus exquisiten Speisen, von denen es einige zu genießen gab. "Nein, ich habe Deine Enkelin nie spielen hören. Aber wenn Du Deine Hoffnung darin gelegt hast, hoch geschätzter Philolaos, dass eine Frau Dein Erbe antritt und für immer sich der Kunst verschreiben wird, dann hast Du Dich noch mehr blenden lassen als nur bei Deinem Augenlicht." Er würde ihn sogar einen alten Narren nennen. Egal, wie sehr er seine Kunst schätzte. Geórgios war nun mal nicht zimperlich bei solchen Angelegenheiten. Und überhaupt.


    "Es gibt nur zwölf Frauen in der Geschichte unseres Kosmos, die für ewig der Kunst dienen werden und niemals heiraten. Und das sind die Musen! Es liegt nun mal in der Natur der Frau, dass sie heiratet und eines Tages auch Kinder bekommt. Wäre dem nicht so, würden wir aussterben und die Menschheit würde schon lange nicht mehr existieren. Das ist nun mal eine Tatsache, die auch für Deine Enkelin gilt und keine Frau macht darin eine Ausnahme." Und dass er Kronos vor sich hatte, bezweifelte Geórgios. Er hob die Schulter an, auch wenn er wusste, dass Philolaos das nicht sehen könnte. Aber wohl sein gewinnendes und dunkles Lachen hören, das nun wieder freundlicher klang und weniger barsch als die offenen Worte von vorher. "Verzeih mir, Philolaos, ich war vielleicht ein wenig zu offen. Aber ich glaube kaum, dass Dir ein Ja-Sager und willfähriger Bestätiger helfen wird. Du musst der Realität ins Auge sehen, eben weil Dir Deine Enkelin so viel bedeutet." Sonst wäre die Verbitterung des Mannes nicht so groß.


    Geórgios spähte zu dem Brautpaar. "Und wenn schon ein Ehemann, dann hat Deine Enkelin es noch gut getroffen. Er ist ein aufstrebender, junger Hellene, der die Traditionen respektiert, der eine große Zukunft vor sich hat und ein höfliches Auftreten. Darum ist die Liebe, die wohl zwischen den Beiden herrscht auch gleichgültig. Aber nicht für das Verhältnis zwischen Dir und Deiner Enkelin. Wenn Du den Rest Deines Werkes nicht auch verlieren willst, dann akzeptiere den Weg Deiner Enkelin und versuche sie lieber subtil wieder dorthin zu bringen, wo Du sie gerne hättest. An ihrem Instrument." Geórgios provizierte gerne und mit vollem Genuß. Hier war es auch nicht anders. "Im Übrigen lobte sogar Sappho die Liebe und gab viel auf die Ehe."

  • "Die Speisen sind wirklich ausgezeichnet, ebenso der Wein.", sagte Nikolaos höflich. Er lächelte, doch das Lächeln blieb nicht ohne einen Ausdruck, der eher kühl als warmherzig war. Sein Blick schien Ánthimos zu durchdringen.
    "So hoffe ich, dass die Götter ihren Segen der ganzen Hausgemeinschaft schenken."
    Sein Blick ließ nicht von Ánthimos ab.
    "Im Dienste der Römer steht Illias also. Ich habe lange nicht mehr von ihm gehört.", sagte Nikolaos, ohne zu lächeln aufzuhören. Seine dunkelbraunen Augen waren etwas getrübt und waren matt wie Eis auf einem schmutzigem Tümpel.

  • “Sappho lebte die meiste Zeit unter Frauen und hatte ein Kind.“
    Mehr als diesen mürrischen Kommentar gab Philolaos nicht ab. Es hatte wohl wenig Sinn, sich mit dem Priester zu streiten, denn wenn er es tat, würde es sicherlich laut werden. Und für heute hatte der alte Griesgram beschlossen, ruhig und besonnen zu sein und die Feiernden eben feiern zu lassen. Diese grässliche ägyptische Hexe mit ihren fünf Blagen hatte geschworen, sie würde ihn sonst verfluchen und ihm die Haut gerben. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
    Und was wusste der Priester schon? Für wirkliche Werke musste man leiden, und zwar nicht zu knapp. Nur aus Leid wuchs Leidenschaft, und aus Leidenschaft und Sehnsucht wurden wahrhaft große Lieder geboren. Nicht diese fröhlichen kleinen Melodien, die ins eine Ohr hineinflossen und zum anderen wieder heraus, sondern die, die das Publikum zu Tränen rührten! Aber was unterhielt er sich darüber mit diesem Mann? Philolaos schüttelte nur mürrisch den Kopf und trank noch mehr Wein. Wenigstens der war im Überfluss vorhanden.


    ------------
    Im Gegensatz zu ihrem Großvater war Penelope sehr glücklich. Sie hielt sich dicht bei Ánthimos und genoss es, so in seiner Nähe sein zu dürfen. Auch wenn es vielleicht auch so etwas zu nahe war für die Öffentlichkeit, eine Spur zu vertraut und zu verliebt, nichts würde sie davon abhalten können.
    Nikolaos hielt fast schon eine Rede auf das Brautpaar. Bei den Worten, die er an sie richtete, bemühte sie sich, das Kompliment ruhig und sittsam anzuhören, aber ein klein wenig Wangenrot schlich sich doch in ihr Gesicht dabei. Daran würde sie noch zu arbeiten haben, wenn sie eines Tages als Musikerin wirklich auftreten wollte. Normalerweise hatte sie sich da auch sehr gut im Griff, nur heute war alles ein wenig anders. Heute musste sie nicht perfekt sein für alle Leute, heute war der Tag perfekt für sie. Und im Gegensatz zu ihrer üblichen Zurückhaltung, die sie in Gesellschaft anderer an den tag legte, strahlte sie heute freudig übers ganze Gesicht. Nicht einmal die kleinen Stiche zwischen Nikolaos und Anthi bemerkte sie wirklich, sondern freute sich stattdessen, dass die beiden sich miteinander unterhielten.
    Die Rhomäer aber waren etwas stiller. Offenbar waren sie diese Art von Opfer nicht gewohnt, denn ihre waren doch ein wenig anders. Nicht, dass Penelope davon Ahnung hatte, sie hatte es sich nur sagen lassen. Aber nicht einmal das störte sie.
    “Bestimmt werden die Götter das, Nikolaos. Ich danke dir für deine Worte, und es ehrt uns sehr, dass so viele unserer edlen Pyrtanen die Zeit gefunden haben, hierher zu kommen.“

  • Ein wenig war es Ànthimos unbehaglich, wie Nikolaos ihn anschaute. Normalerweise machte es ihm nichts aus, denn es war im Prinzip nichts anderes als zwei Athleten die sich belauerten, aber der Gymnasiarchos hatte etwas in seinem Blick, was sein Körper nicht hergab: Stärke. Äußerlich ließ sich Anthi nicht beeindrucken, doch innerlich war er es durchaus. Doch dann schien sich der Blick des Gymnasiarchos irgendwie zu trüben, und Anthi konnte sich von ihm, er war ein wenig wie der Blick der Medusa gewesen, lösen.


    "Ja, Ilias arbeitet für die Rhomäer. Ich denke er hat sich nur so lange nicht bei dir blicken lassen, weil er ein wenig geknickt war, dass er die Ephebia nicht bestanden hat. Ich hoffe du kannst ihm das nachsehen, so wie ich ihm nachsehe, dass er auch an meinem Hochzeitstag einen Auftrag für den Cursus Publicus ausführt. Aber ich hoffe, dass er vielleicht doch noch rechtzeitig zurückkehren wird um an unserem Ehrentag mit uns feiern zu können, wo er schon das opfer verpasst hat."




    Edit: Hydra gegen Medusa getauscht

  • Cleonymus nickte entschlossen und schluckte erst einmal den Bissen herunter den er gerade im Mund gehabt hatte ...


    "Ja ... ich habe vor einige sportliche Wettkämpfe zu veranstalten, zusammen mit dem Gymniasarchos, und hatte mir überlegt ob es eine gute Idee wäre die Legion und alle anderen Römer ebenfalls dazu einzuladen. Was hälst du davon?"

  • "Es ist ein Jammer, dass der Postdienst ihn nicht für die Hochzeit seines Bruders freigibt. Richte ihm übrigens aus, dass er die Ephebie nachholen kann, wenn er möchte. Er wäre nicht der erste, der aufgrund anderer Pflichten nicht Zeit genug dafür hatte. Schließlich ist es lobenswert von ihm, dass er zur Haushaltung seiner Familie beiträgt."


    Nikolaos Blick festigte sich. Kühl war er und stechend. Doch seine Lippen waren zu einem grazilen Lächeln geformt. Penelope hatte sich zu den beiden Männern gestellt. Er schenkte ihr ein feines, etwas blutarmes Lächeln.


    "Lud Cleonymus dich schon zu den Wettkämpfen ein, die hoffentlich bald stattfinden werden?", fragte er Ánthimos. "Ich bin mir sicher, du hättest gute Chancen, als Sieger davon zu gehen." Dann wandte er sich an Penelope. "Auch du könntest dich in deiner Kunst mit anderen messen, wobei ich mir sicher bin, dass wenige nur überhaupt an dich heranreichen. Es wird ein Pentathlon, einen Vierkampf mit Waffen und Pferd, ein Pankration und einen Ringkampf geben, sowie musische Wettkämpfe. Sicher werden diese kleinen Spiele der Polis Alexandria nicht an die panhellenischen Spiele heranreichen, doch ich hoffe, es kommen einige Athleten, Musiker und Dichter zusammen."


    Er nahm einem Diener einen Becher mit Wein ab. Er wiegte ihn eine Weile in den Händen, ehe er einen großen Schluck trank.

  • Der Gynasiarchos trank reichlich Wien. Sehr viel Wein sogar. Ànthimos war kein besonders gute Trinker, wahrscheinlich würde Nikolaos ihn locker unter den Tisch trinken. Er wusste nur zu gut, was ihm vor ein paar Tagen bei dem Besäufnis mit Scipio widerfahren war. Heute sollte aber kein Tisch zu bruch gehen, zumindest nicht wegen ihm. Höchstens ein Bett...


    "Ja, das hat er wahrlich schon getan. Ich freue mich sehr über diese Idee und werde euch unterstützen wo ich nur kann, sowohl als Athlet als auch als Agoranomos. Ich bin mir sicher, diese Spiele werden dem Gymnasion und dem Museion alle Ehre machen."


    Wieder dieser stechende Blick des Gymnasiarchos. Anthi wusste nicht so ganz, ob das jetzt an seiner Schminke lag, oder am Wein oder ob er wirklich den bösen Blick hatte. Vielleicht sollte er sich mal einen passenden Schutz gegen einen solchen Zauber anschaffen...

  • Süffisant lächelte Geórgios und betrachtete den Alten aufmerksam, um sich an dessen Ärger zu laben. Es amüsierte ihn doch ungemein, selbst wenn er den Musiker nicht hatte zu der Reaktion provozieren können, die er sich erhofft hatte. Denn kaum hatte der Virtuose eben sehr elegant die Diskussion abgebrochen und abgewürgt, kehrte schon das zurück, was den Priester oftmals plagte. Die schreckliche Langeweile auf Festen dieser Art und überhaupt in der Gesellschaft der meisten Menschen. Ein Grund, warum er sie gerne zu Wutausbrüchen oder Zorn reizte, oder zu anderen extremen Gefühlsausbrüchen. Es gelang ihm natürlich nicht immer und eigentlich eher selten. Aber er erfreute sich dennoch an diese seltenen Ereignissen. Der Priester lehnte sich in die bequemen Kissen zurück. Er ließ sich den Wein schmecken und betrachtete die anderen Gäste. Um dem Musiker sich seinem brütenden Ärger alleine zu überlassen.


    Interessiert verfolgte er aus der Ferne die Unterhaltung von dem Gymnasiarchos und dem Bräutigam. Anhand der Haltung und der Art, wie sie sich bewegten, schien dort auch nicht eitler Sonnenschein zu herrschen. Wenn er auch nichts genaueres erkennen konnte. Er lächelte leicht und aß noch einige Bissen, ehe er sich von dem weichen Lager erhob. Irgendwo zwischen den Gästen erkannte er seinen Priestergehilfen, der schüchtern einer der Frauen anstarrte, die wohl eher römischer Abstammung war. Aber der Junge war natürlich viel zu schüchtern, sie anzusprechen. Eher würde er im Boden versinken als ein Wort bei einer gleichaltrigen Frau hervor zu bringen. Geórgios rollte mit den Augen und ließ sich noch etwas Wein eingießen, wobei er die Gäste betrachtete und überlegte, wer von ihnen wohl sein Interesse noch zu wecken vermochten oder ob er doch bald sich verabschieden würde, um seinen weiteren Pflichten des Tages nachzugehen.

  • Die Zeremonie hatte ich mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt, doch als diese beendet war, griffen die Dämonen des Alters einmal mehr nach mir. Sicherlich war ich noch nicht alt genug um an Altersschwäche zu sterben, aber die Hitze, die das ganze Jahr über in Alexandria herrschte forderte dennoch manches Mal ihren Tribut.
    So auch in diesem Moment. Ich spürte wie meine Knie ein wenig weich wurden und ich drohte zu fallen. Doch ich konnte mich zum Glück noch an einer Säule abstützen, an der ich mich für einen Moment festhielt.
    Ich atmete tief durch und hielt nach Axilla Ausschau. Als ich sie erblickte, arbeitete ich mich langsam zu ihr hinüber und nahm sie dezent zur Seite.
    Ich sagte ihr, dass es mir nicht gut ging und ich lieber nach Hause gehen wollte. Ich trug ihr auf, die Gastgeber bei Gelegenheit zu informieren und mich bei ihnen zu entschuldigen und verabschiedete mich dann von meiner jungen Verwandten.
    Wenige Minuten später verliess ich das Haus der Bantotaken um mich von meinem Leibsklaven Psammitichus, der draussen wartete, nach Hause bringen zu lassen.

  • Nicht wissend, was sie davon halten sollte, verfolgte Axilla das Gespräch zwischen Nikolaos und Ánthimos. Der Prudentier, der sie vorhin noch so nett angelächelt hatte, schien sich nach Urgulanias harschen Worten nichts mehr zu sagen zu trauen, und sie selber hatte auch nichts direkt mehr beizusteuern, also begnügte sie sich damit, den anderen Gesprächen zu lauschen und ab und an an ihrem Fruchtsaft zu nippen. Wein zu trinken traute sie sich nicht, auch wenn er reichlich angeboten wurde.
    Doch dann kam Urgulania auf sie zu und stupste sie kurz an. Axilla legte den Kopf schief, um ihr besser zuhören zu können. Offenbar ging es Urgulania nicht so gut. Axilla überlegte schon, ob sie sie sicherheitshalber begleiten sollte, ein bisschen blass um die Nasenspitze sah die Cousine ja doch aus. Aber dann meinte Urgulania schon, sie sollte sie bei Gelegenheit entschuldigen, und das ging ja schlecht, wenn sie jetzt auch ging. Axilla nickte also nur ehrlich besorgt und sah Urgulania nach, ehe sie sich wieder zurück zur Feier begab.
    Ein bisschen verloren stand sie nun schon da, so ganz allein ohne rechten Gesprächspartner, aber sie stellte sich einfach wieder in die Nähe von den anderen und hörte weiter zu. Wenn sie Anthi oder Penelope kurz erwischen würde, ohne dass sie sich mit so vielen unterhielten, würde sie ihnen das von Urgulania ausrichten. Aber das wollte sie nicht so vor Nikolaos direkt machen. Das erschien ihr so, als würde sie Urgulania vor allen Leuten und vor allem ihren Mitpyrtanen bloßstellen. Ein Würdenträger fühlte sich schließlich nicht in aller Öffentlichkeit schwach, auch wenn er eine Frau war.

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