Horti Lolliani - Am Nymphaeum, zur Hora duodecima

  • Ob sie kommen würde? Ich betrat den kleinen Platz vor dem Nymphaeum, und sah mich um. Hier war man mitten in der weitläufigen Parkanlage, die sich am Stadtrand, gerade noch innerhalb der Mauer erstreckte. Tagsüber war hier eine Menge los, die meisten der Menschen in der Stadt lebten ja dicht an dicht, auf engstem Raum, und verlagerten gerne einen Teil ihres Lebens nach draussen. Aber heute war es kalt, ausserdem wurde es schon langsam dämmrig, und nachts war es im Park nicht ungefährlich. Mir waren nur zwei Spaziergänger entgegengekommen, und am Rande des Platzes baute gerade einer seinen Essens-Stand ab, und verstaute alles in seinem Handwagen. Ein grosses Schild an dessen Seite verkündete, dass er das beliebte Kornbrot der Bäckervereinigung der Via Lata verkaufte - nur die beste Qualität. Da musste ich gleich an den armen Equus October-Fahrer denken. Der Mann mit dem Handwagen verschwand auf einem der Wege, die wie die Streben eines Fächers von diesem Platz abgingen, und jetzt war niemand mehr zu sehen.


    Ich setzte mich auf den Rand des Brunnens, und betrachtete schwermütig, wie das Wasser aus dem oberen Becken in das untere floss. Ganz oben stand zwischen Säulen eine Gruppe von Nymphen, Naiaden, die aus ihren Krügen das Wasser rinnen liessen, und hinter dieser Umfassung stieg das Gelände zum Hang des Viminal an, der ganz oben von den klobigen Wehrmauern der Castra Praetoria gekrönt wurde. Hohe Weiden umschlossen den Platz, ein paar ihrer Zweige streiften die Wasseroberfläche.
    Heute trug ich, anders als beim vorigen Treffen mit meiner mysteriösen neuen Bekannten, meine Rüstung, darüber mein Sagum, und an der Seite mein Gladius. Nur den Helm hatte ich in der Castra gelassen. - Eigentlich hielt ich es für ziemlich unwahrscheinlich, dass sie kam, obwohl ich natürlich darauf hoffte... Wie lange ich warten sollte? Rumsitzen und Nachdenken tat mir zur Zeit nicht gut, in der Castra dagegen hatte ich immer was zum Ablenken. Wieder drehte ich den Kopf, und liess langsam den Blick über die Wege schweifen.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Ob sie das tun sollte, hatte sie sich auch gefragt. Sie hatte zwar ein Abkommen mit sich gefunden gahbt, aber dennoch bis heute in ihrer Entscheidung geschwankt. Der Tag schritt voran und sie war sich noch immer nicht ganz schlüssig ob sie gehen sollte oder nicht. Irgendwann war sie dann in ihren Mantel gehüllt, losgegangen. So lange sie nicht vor ihm stand, konnte sie ja noch immer umdrehen und den Weg zurück antreten. Natürlich nur für den Fall, dass sie es sich anders überlegen würde. Überlegen das tat sie. Den ganzen Weg zu den horti war sie in Gedanken versunken. Allerdings durfte sie sich nicht zu viele Gedanken erlauben. Es war dunkel geworden und kaum noch jemand von den normalen Bürgern unterwegs. Außerdem war es Roma. Achtsam musste man zu dieser Zeit noch mehr sein als sonst. Ihr Schritte führten sie immer weiter dem Treffpunkt entgegen. Mit zunehmnder Nähe jedoch wurden sie auch langsamer, zögernder. Da sie noch zu zeitig war, nutzte sie diese um noch einen kleinen Umweg einzuschlagen. Nicht ungefährlich um diese Zeit, aber für sie doch notwendig. Anders als andere trug sie nur selten eine Waffe mit sich und wenn dann war es nur ein kleiner Dolch, der mehr ärgerte denn wirklich Menschen verletzen konnte. An diesem Tage jedoch hatte sie darauf verzichtet.



    Der Umweg ließ sie nun ein wenig später erscheinen als geplant. Sie hatte aus Sicherheitsgründen einige Hausnieschen mehr genutzt als sonst üblich. Auch hatte sie die Kapuze ihres Umhangs tief in ihr Gesicht gezogen. Ihr Haar war streng nach hinten zusammengebunden um es in der Dunkelheit nicht zu zeigen. Ihr Blondschopf fiel selbst guter Tarnung auf, wenn die Haare lose aus der Kapuze hingen. Ihr dunkelbrauner Mantel schütze sie recht gut wenn sie nicht gesehen werden wollte. So hatte sie einige nicht ganz eindeutig gesinnte Männer passieren lassen ohne gesehen zu werden.


    Nun führten sie eiligere Schritte zum Horti. Sie wollte nicht noch später kommen als sie ohnehin schon war. Es war ruhig. Die Menschen hatten den Heimweg angetreten und waren nicht mehr auf den Straßen. Nun gab es nur noch jene, die sich im Schutz der Dunkelheit an ihre mehr oder minder legale Arbeit machten. Natürlich gingen auch rechtschaffende Menschen hier ihrer Arbeit nach, aber die waren seltener. In ihrer Maskerade, war sie nicht mehr als ein Schatten, der sich seinen Weg suchte und bald hinter der Platzumfassung verschwunden war. Mit leisen Schritten ging sie durch den Park, sah sich um und suchte die Person mit der sie sich heute hier treffen sollte. Trotz aller Sorgfalt wirklich leise zu sein, verrieten die Steine das Kommen einer Person. Denn sie knirschten leise unter den Sohlen der Schuhe. Davon ließ sich Celeste nicht beeindrucken und ging zielstrebig auf den Mann zu, der am Brunnen stand. Ob das Plätschern das Wasser ihre Schritte verhüllte, konnte sie nicht sagen. Sie stand nur plötzlich vor diesem Mann und sah den Mann an.
    "Salve, da bin ich. Wie abgesprochen."
    Den Schutz ihres Mantels gab sie jedoch noch nicht auf. Serapio konnte gerade mal das Gesicht erkennen, welches ihn ansah als sie den Kopf hob und die Kapuze etwas zurückfiel. Ebenfalls die Stimme gab an, wer hier vor ihm stand. Der Rest von ihr war weiterhin in ihrem Umhang verborgen.

  • In Gedanken versunken wartete ich. Der Himmel färbte sich immer dunkler, zwischen den Bäumen und Sträuchern konnte man kaum noch Einzelheiten erkennen. Ich sagte mir, dass ich umsonst wartete, und jetzt aufbrechen sollte, aber dann blieb ich doch sitzen. Geistesabwesend fuhr ich mit den Fingerspitzen über den rauhen Stein der Brunnenumfassung. Ein Band von Muscheln und Wassertieren war dort zum Schmuck in den Stein gehauen. Ein Aal schlängelte sich, ein Hummer reckte seine Scheren, ein schuppiger Fisch glotzte hervor. Das Rauschen des Wassers hatte etwas beruhigendes. Durch die Weiden ging ein Windhauch, und liess kleine welke Blätter herabrieseln. Zarte Kreise breiteten sich auf der Wasseroberfläche aus, und ich verfolgte mit den Augen die Blätter, die wie winzige Flösse dahintrieben, dann über den Rand des Überlaufs kippten und verschwanden.
    Steine knirschten. Als ich aufsah, stand Celeste vor mir, wie aus dem Boden gestampft. Überrascht blickte ich sie an, und unwillkürlich fragte ich mich sofort, ob sie unter dem Mantel etwas versteckte. Eine gewisse Anspannung war schon da, denn auch wenn ich der Meinung war, sie einigermaßen einschätzen zu können, auch wenn ich wirklich hoffte sie würde dem Verbrechen entsagen - es blieb natürlich ein Risiko.
    "Salve Celeste. Es freut mich Dich wiederzusehen. Wie geht es Dir?" Ich stand auf, und machte eine vage Bewegung zu einem der Wege. "Wollen wir ein Stück gehen?"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Eigentlich war es nicht ihre Absicht gewesen ihn zu überraschen oder gar zu erschrecken, aber scheinbar hatte sie das doch geschafft. Nachdem er sie angesprochen hatte, musterte sie den Decimer kurz. Es schein ganz so als wäre er dienstlich hier. Vielleicht sollte die Uniform nur andere von dummen Gedanken abhalten. Viel gegen sagen konnte sie nicht, sie war ja auch hier in ihrer Berufsbekleidung. Dass diese nun auch nützlich war um Abends ungesehen durch die Stadt zu laufen, war ein Nebeneffekt des Ganzen.
    "Danke der Nachfrage, es geht mir recht gut. Ein wirklich ungewöhnlicher Treffpunkt. Wie geht es dir?"
    Kurz lächelte sie und sah dann in die gewiesene Richtung. Langsam setzte sie sich in Bewegung damit Serapio sich in aller Ruhe erheben konnte und dann bequem neben ihr laufen. Dies war wohl die Antwort auf seine Frage gewesen. Wieder knirschten die Steine unter den Füßen. Was sollte sie nun sagen? Sie wusste es nicht recht und so schwieg sie still vor sich hin und musterte ihn hin und wieder still von der Seite. Das Schweigen allerdings hielt sie auch nicht lange aus. Nachdem sie also einige Schritte geschlendert waren, fand sie ihre Stimme wieder.
    "Haben dir meine gefundenen Informationen weiter geholfen. Konntet ihr etwas damit anfangen?"
    Bis jetzt hatte sie nie eine Rückmeldung zu den besorgten Dingen erhalten und vielleicht ließ sich so ein recht unverfängliches Gespräch aufbauen. Den Zeitpunkt der Offenbarung wollte sie lange hinausschieben. So lang wie sie konnte.

  • Wir schlenderten nebeneinander her, über den Kiesweg und durch ein Spalier, das sommers grün berankt war, jetzt waren da nur kahle Zweige.
    "Ich mag diese Gärten. Vor allem im Sommer." Weit von der Castra war es auch nicht. Eigentlich mutig von Celeste, dass sie sich hierher, sozusagen in den Schatten der Kastellmauern begeben hatte.
    "Ganz gut. Viel Arbeit.", antworte ich auf die Frage wie's mir ging, das stimmte zwar nicht so wirklich, aber es waren ja nur Höflichkeitsfloskeln, und mein Befinden sollte hier nicht das Thema sein.
    "Ja... ja, sie waren informativ und damit auch nützlich." Toll, Faustus, ganz toll, Du bist ein Meister der locker-leichten Konversation! Wenn Celeste auch eine Einbrecherin war, sie war doch gleichzeitig eine nette hübsche junge Frau, die nicht mit mir verwandt war, und eigentlich sollte ich, wenn ich mal auf so ein seltenes Exemplar stiess, die Chance nutzen, mich im Anknüpfen einer geistreichen Plauderei zu üben, schon rein aus Gründen der Verschleierung meiner wahren Interessen - aber ich fühlte mich heute so geistreich wie ein Holzklotz. Es war einer dieser Tage, an denen der alte Drang nach dem Opium wieder zum Vorschein kam. Nur ein paar Züge, nur ein kleiner Rausch, und alles was mich bedrückte und plagte, würde sich sogleich in Wohlgefallen auflösen, sich von mir heben und leicht, wie Rauch zum Himmel hinaufschweben... Ich gab mir einen Ruck, versuchte nicht zu unleidlich zu sein.
    "Um genau zu sein, bin ich immer noch mit der Karte beschäftigt."
    Das Problem dabei war, dass, obgleich sie recht genau war, es schwer zu sagen war, wo unter der Stadt der abgebildete Bereich lag. Es fehlte ein Ansatzpunkt, der Einstieg in das Labyrinth des Minotaurus. Ich hatte die Zeichnung mit Plänen der Stadt, der Aquäduktabgänge und Zisternen und so weiter verglichen, und nach Übereinstimmungen gesucht, aber noch war ich nicht fündig geworden.
    "Kennst Du Dich eigentlich ein bisschen unter Rom aus? In den Kanälen... und Kellern und Katakomben? Man hört ja, dort unten würden ganz seltsame Gestalten hausen, Sielmenschen und die Vogelmaske, was hältst Du von diesen Gerüchten?"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Ihr Blick schwenkte im Park umher, versucht im Dunklen noch einige Dinge erkennen zu können. Sie wollte verstehen warum Serapio hier so gern war. Im Sommer mochtes hier bestimmt grün und schön bunt sein. Dann fiel ihr Blick auf die dunklen Umrisse eines Ortes, den sie alles andere als mochte. Ein Schauer lief ihr dabei über den Rücken und sie hoffte ihr nie wieder zu Nahe kommen zu müssen. Diese Entfernung war schon nah genug. Es war beim besten Willen im Moment nicht viel zu sehen und so sah sie wieder den Decimer an.
    "Im Moment sieht er eher etwas trostlos aus. Im Sommer kann ich mir vorstellen, dass er eine Augenweide ist. Der Duft, der vom Sommerhauch getragen wird und die Gerüche der verschiedenen Blumen mit sich trägt. Eine ganz andere Lust als in den muffigen, stinkenden Straßen dieser Stadt."
    Sie lächelte kurz und sah dann wieder gen Boden. Es war ein kurzer Anfall einer Schwelgerei und hiermit auch vorbei. Innerlich suefzte sie. So viel Profil wollte sie sich eigentlich nicht geben. Zu viel von sich verraten und nun wars zu spät.


    Diese Gedanken waren schnell verworfen, weil schon die Antwort auf die Nützlichkeit ihrer beschafften Informationen wartete.
    "Ich freue mich, dass ich helfen konnte. Ist die Pflicht und das Vergnügen eines jeden Römers. Also ich meine das helfen können. Schön wenn ich das dann auch mal konnte."
    Ein totaler Blödsinn, den sie da von sich gab, aber es war gesagt und sie konnte es nur mit einem Lächeln mildern. Sie schlug die Kapuze ihres Mantels zurück und zog sie kurz ordentlich zurecht. Ihre Erscheinung wirkte nun nicht mehr ganz so düster wie gerade noch. Allerdings zeigten sich nun ihre streng zusammengebundenen Haare.
    "Ich hätte nicht gedacht, dass die Karte solch Probleme macht. Sie schien auf dem ersten Blick recht eindeutig."
    Die nächsten Worte veranlassten sie dazu ihren Kopf etwas schräg zu legen. Fast hätte man sie falsch verstehen können. Er steckte sie ja nicht direkt so tief in den Untergrund.
    "So tief im Untergrung habe ich bisher nicht zu tun gehabt. Ich kenne auch nur die Gerüchte. Nur weil ich nicht auf der guten Seite stehe und eher die Dunkelheit mein Freund ist, kenne ich mich dort nicht aus. Die Subura kenne ich, die Viertel sind mir durchaus bekannt. Eine Vogelmaske kann jeder tragen, ich würde das nicht so aufbauschen. Ich würde sagen, dass es einfach Gerüchte sind. Mir ist in der ganzen Zeit hier in Roma keiner aufgefallen. Entweder verstecken sie sich wirklich so gut, dass es nur wenige sehen und ausgewählte oder es sind nur Geschichten. Ich neige dazu zu glauben, was ich auch selbst gesehen habe."
    Der Weg neigte sich langsam dem Ende. rechts oder links, das war nun die Frage. Beantworten sollte er es und somit den weiteren Weg vorgeben.

  • Jetzt stieg doch ein Lächeln in mir auf, erreichte auch mein Gesicht und liess meine Mundwinkel zucken... unsere mysteriöse Expertin schien eine Romantikerin zu sein. Und wie sie das mit der Pflicht und dem Vergnügen sagte, das klang schon irgendwie drollig.
    "Freut mich, dass Du das so siehst.", meinte ich schmunzelnd, aber eigentlich hatte sie ja recht: wenn alle das so sehen würden wäre Rom ein grosses Stück besser! Ich wandte den Kopf zur Seite und blickte sie an, wie sie die Kapuze zurückschlug, und auch mit dieser Geste schien sie etwas mehr von sich preiszugeben.
    Tja, die Karte... ich zuckte die Schultern. Da würde ich schon noch dahinterkommen. Aufmerksam hörte ich, was sie zu den Gerüchten zu sagen hatte, ich hatte da ja einige Schauergeschichten gehört, damals in der Subura, Dinge die wirklich die Phantasie anregten, wie die Sache mit den Krokodilen zum Beispiel, aber ob es mehr als Ammenmärchen waren, konnte auch Celeste mir nicht sagen.
    "Hmm... stimmt, das ist das Wesen einer Maske..."


    Ich schlug den linken Weg ein, mehr ein Trampelpfad, der uns durch einen kleinen Zypressenhain hindurch führte. Wenn es wärmer war, dufteten die Bäume ganz wunderbar.
    "Ich war auch noch nie da unten... Bin auch gar nicht scharf darauf. - Um Circesium einzunehmen, in Parthien, da haben wir uns durch die Abwasserkanäle in die Stadt hinein geschlichen, und dann von innen die Tore geöffnet. Danach haben wir gestunken wie die Pest."
    Circesium... An manches aus der Nacht konnte ich mich noch so überdeutlich erinnern! Anderes war einfach weg. Warum erzählte ich eigentlich überhaupt davon? Im Gehen streckte ich die Hand aus, und fuhr geistesabwesend an den Zweigen entlang...
    Auf einer kleinen Lichtung zwischen den dunklen Bäumen blieb ich schliesslich stehen. Ich wandte mich Celeste zu, und blickte ihr ruhig, und voll Aufmerksamkeit ins Gesicht - streng sah sie heute aus - als ich ihr nun die wesentliche Frage des Abends stellte:
    "Hast Du Dir denn mein Angebot durch den Kopf gehen lassen? Hast Du eine Entscheidung getroffen?"

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    Klient - Decima Lucilla

  • War es wirklich ein Lächeln, das sie dort sehen konnte. Es schien eine seltene Geste zu sein, der sie hier gerade Zeuge wurde. Zumindest konnte sie sich nicht daran erinnern ihn so Lächeln gesehen zu haben. Wenn sie allerdings ehrlich mit sich war, gab es nicht viel zu Lachen bei ihrer letzten Begegnung. Die haupsächlichen Gefühle dabei waren Überraschung, Wut und etwas, das sie nicht beschreiben konnte. Auch hätte sie sich in den ersten Momenten nicht vorstellen können ihn freiwillig zu treffen. Doch nun war sie hier, lief mit ihm durch den Park. Innerlich musste sie ein wenig über sich selbst Grinsen. Sie hatte vieles nicht gedacht je zu tun und wurde eines besseren belehrt. Eigenlich dürfte sie sich doch diesem Irrglauben gar nicht mehr hingeben, müsste sie doch wisssen, dass alles anders kam und zweitens dann auch noch als man dachte.
    "Ich kann mir vorstellen, dass gerade aus diesem Grund, eben weil keiner dort hinunter gehen möchte, zumindest nicht freiwillig, Leute einen Unterschlupf finden. Ich würde mich jedoch in trocken gefallene Bereiche zurückziehen. Orte wo keiner mehr vorbeikommt, weil sie nicht mehr benötigt werden. Diese Orte kennen vermutlich nur noch jene, die sich um den Untergrund kümmern und dies noch nur Theoretisch. Es würde doch keiner von den feinen Herren dort hinunter gehen um zu überprüfen ob da noch alles in Ordnung ist. Diese Bereiche werden doch ihrem Schicksal überlassen und das gibt sicher gute Verstecke. Die Bewohner Circesiums sind bestimmt schon allein wegen eures Gestankes geflohen, oder"
    Nur so konnte sich Celeste das alles vorstellen. So würde sie es machen wenn sie dort unten leben würde. Wieder schlich ein kleines Lächeln in ihr Gesicht als sie sich Serapio als stinkenden Legionär vorstellte, welcher irgendwo mitten in der Stadt aus dem Untergrund auftauchte und wie Hupatz stank. War dies nicht ein lustiger Gedanke ;)


    Natürlich folgte sie dem weiteren Verlauf des Weges wobei dieser jetzt enger geworden war und nicht mehr so eben. Hier schienen nur selten Menschen entlang zu kommen. Ein recht gut geeigneter Ort um ungestört reden zu können. Celeste sah sich um. Ein Reflex, der sich ihrer annahm und dafür sorgte, dass sie sich auch ob ihrer Sicherheit vergewisserte. Ein unnötiges Tun im Moment. Hier war sie doch eh unterlegen. Irgenwann würde diese Frage kommen und das tat sie nun auch. Ein Moment herrschte Schweigen von ihrer Seite ehe sie ihn dann direkt ansah.
    "Ich habe über dein Angebot nachgedacht. Es fiel mir nicht sehr leicht, aber ich habe auch eine Entscheidung getroffen."
    Dann schwieg sie wieder, sprach nicht weiter und dachte noch einmal darüber nach ob sie denn auch wirklich das richtige tat. Immer iweder zweifelte sie daran, konnte nicht sagen warum sie so zögerlich war und was sie so unterschwellig störte, dass es ihr keine Ruhe ließ. Den Augenblick nutzte sie zum nachdenken und ließ für eine gewisse Zeit ihre Antwort offen. Lange jedoch konnte sie das alle snicht so in der hängen lassen. Er wollte sicher auch das Ergebnis ihrer Überlegungen hören.
    "Ich machs,"
    antwortete sie daher nur und er konnte diese Worte nun einfach erst einmal so deuten wie er das gern wollte.

  • Musste elend sein, da unten sein Leben zu fristen... 'Trockene Bereiche, Zuflucht', das erinnerte mich an irgendwas, etwas... ungutes, aber ich bekam den Gedanken nicht zu fassen, etwas sträubte sich dagegen, und dann war's auch schon wieder weg. Ich nickte, und verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen bei dem Scherz über unseren Gestank. Aber in der Hinsicht auf Circesium war ich nicht mit viel Humor gesegnet. Düster bemerkte ich:
    "Ja, die meisten haben sich ergeben... aber manche wollten einfach nicht aufgeben."
    Was mir bei Celeste auffiel: sie achtete sehr auf ihre Umgebung, so als wäre sie die ganze Zeit auf feindlichen Territorium. In der Kneipe hatte sie mit dem Rücken zur Wand gesessen, und auch die Lichtung wurde genau beschaut, als wir sie betraten. Sicher eine Notwendigkeit in ihrem Metier. Ich selbst fühlte mich, bewaffnet und gerüstet, ziemlich sicher, auch wenn hier in dem Park, nachts, wie gesagt, schon einiges vorgefallen war.


    Celeste spannte mich ganz schön auf die Folter. Aber klar, ich verstand schon, dass es eine wirklich schwere Entscheidung war. Erwartungsvoll sah ich sie an, als sie wieder schwieg, auffordernd, so als könnte ich sie allein mit meinem Blick zum Weitersprechen bewegen. Die Spannung stieg, bis sie endlich, endlich noch etwas sagte, und ich merkte erst da, dass ich den Atem angehalten hatte.
    "Großartig! Das ist... einfach großartig. Du kannst stolz darauf sein!"
    Bewegt legte ich ihr die Hand auf die Schulter, und lächelte sie ehrlich an. Natürlich bestand noch immer die Möglichkeit, dass sie mich nur hinters Licht führen wollte, aber ich glaubte es eigentlich nicht, ich vertraute ihr ziemlich weit. Vielleicht, weil ich so gerne endlich mal wieder einen Lichtblick haben wollte, und ja, das war einer, und zwar ein wirklich heller, in all dem Unglück, das mich in letzter Zeit befallen hatte. Ich war ja auch durchaus stolz auf meine Rolle, die ich hier spielte, so als Verbreiter einer anständiger Lebensführung. Jetzt fehlte mir nur noch ein weisses Pferd.
    "Also, dann wirst Du für mich arbeiten?", vergewisserte ich mich nochmal, und bat freundlich: "Und nicht mehr stehlen, ja?"

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  • Einen Moment war so etwas wie Verwirrung in ihrem Blick zu erkennen als er so überschwenglich ihre Entscheidung begrüßte. Sie hätte gern gewusst was in ihn gefahren war. Auch sah sie etwas komisch die Hand auf ihrer Schulter an. Er hatte seine Hand auf ihre Schulter gelegt. Das ließ sie ein wenig grübeln. Nicht etwas weil sie etwas Falsches dachte, also zumindest wenn man der Meinung war. Nein, es war etwas anderes was sie nachdenken ließ. Im Moment kam sie jedoch nicht darauf. Das Lächeln allerdings stand ihm ausgezeichnet und es war ansteckend. Sie lächelte auch.
    "Ja, dann werde ich wohl für dich arbeiten. Kannst du mir vielleicht schon sagen was es sein wird und wie du dir das vorgestellt hast? Das würde mich schon interessieren."
    Das nächste jedoch ließ sie betreten zu Boden schauen. Sie hätte ihm gern das Versprechen gegeben, sehr gern. Doch sie wusste nicht ob sie das durchalten würde können. Eigentlich war sie sich ziemlich sicher, dass sie das antrainierte nicht so einfach ablegen konnte und wenn sie genau darüber nachdachte es eigentlich auch nicht wollte. Aber das andere, es war auch sehr verlockend und deswegen hatte sie sich dazu entschieden. Doch jetzt... Nein, sie konnte das nicht so einfach sagen. So sah sie auf und wirkte etwas zerknirscht.
    "Ich werde mich bemühen. Mehr kann ich dir nicht versprechen. Es ist über die vielen Jahre antrainiert, in Fleisch und Blut übergegangen und geschieht unterbewusst. Wie sonst könnte man schnell genug sein nicht bemerkt zu werden. Ich werde mich bemühen. Mehr kann ich nicht versprechen."
    Sie wollte doch gar nicht ehrlich zu ihm sien, es ihm einfach versprechen und sich dann nicht daran halten. Doch jetzt konnte sie das nicht mehr. Es musste die Wahrheit gesprochen werden und vermutlich machte sie sich so alles kaputt. Ihr Blick hingegen war aufrichtig und zeigte deutlich, dass sie sich wohl wirklich bemühen wollte, aber eben auch jenen Zweifel, den sie zum Ausdruck gebracht hatte.

  • Jetzt gab es eine Menge Einzelheiten zu besprechen. Ich zog meine Hand gleich wieder zurück, denn es schien mir, als wäre ich Celeste damit zu nahe gekommen. Dabei war das nur mein hispanisches Temperament, hoffentlich hatte sie das jetzt nicht falsch verstanden. Oder vielleicht wäre es sogar gut, wenn sie es falsch verstünde? So ein hübsches Mädchen war es sicher gewöhnt, ständig angemacht zu werden, womöglich würde sie sich wundern wenn es ausbliebe, wäre beleidigt und würde anfangen sich Fragen zu stellen? Ach, es war doch auch so schon kompliziert genug.
    “Ich denke, ich werde in der Casa Decima einen Arbeitsraum für uns abzweigen. Du willst ja wahrscheinlich nicht in die Castra kommen, oder? Auf diese Weise muss ich eben häufiger mal nach Hause kommen, das ist auch gut. Deine Aufgabe wird es dann zuerst einmal sein, mir bei dem ganzen Papyruskram zu helfen… Briefe oder Berichte ins Reine zu schreiben, mir irgendwelche Dokumente von den Ämtern zu besorgen wenn ich sie brauche, und überhaupt Botengänge für mich zu machen.“
    Das war natürlich alles nicht sehr aufregend, aber dafür äusserst solide. Interessanter, aber dafür auch gefährlicher, war das andere, was mir so vorschwebte.
    “Dazu kämen dann die etwas spezielleren Aufträge, wie zum Beispiel, sich umzuhören, in Fällen in denen wir ermitteln, oder hin und wieder ein Auge auf verdächtige Personen zu werfen… Von der Bezahlung her dachte ich an vierzig Sesterzen in der Woche. Was sagst Du dazu?“


    Bis dahin war ich ganz zuversichtlich, aber ihre Antwort was das Klauen anging, die ernüchterte mich. Sie klang sehr ehrlich, das musste ich ihr zu Gute halten, aber ich konnte doch keine Scriba einstellen, die weiterhin kriminell war… Wie sähe denn das aus, wie dumm stünde ich denn dann da, wenn man sie erwischen würde!
    “Wie? Ich dachte Du willst ein ehrliches Leben führen. - Aber Celeste, da muss man einen ganz klaren Trennungsstrich ziehen! Ich bin sicher, wenn Du wirklich neu anfangen willst, dann gelingt es Dir auch das Stehlen sein zu lassen. Du hast doch einen starken Willen, Du kriegst das hin! Und ein Versprechen, das ist etwas festes, daran kann man sich orientieren, es zu versprechen wird Dir dabei eine Hilfe sein.“
    So redete ich voll Überzeugung auf sie ein, denn ich fand, dass sie doch an sich glauben sollte, und außerdem konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass das Stehlen so einen großen Reiz ausüben könnte, oder einfach so geschehen könnte ohne dass man es zu steuern vermochte. Das war ja gewiss nicht so als würde man Opium nehmen!

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    Klient - Decima Lucilla

  • Nachdem die Hand von ihrer Schulter verschwand, entspannte sich die junge Frau auch wieder etwas. Der Mantel verhüllte solch kleine Bewegungen sonst hätte man diese Regung wohl deutlich sehen können. Die Castra war wirklich kein Ort an den sie gern kommen wollte. Zumindest nicht als jemand aus ihrem Berufsstand und außerdem war es dort viel zu finster und ungemütlich. Ein Raum in einem Haus außerhalb der beängstigenden Mauern des Kastells. Nein, kein Ort für sie an dem sie sich wohl fühlen konnte und würde. Doch sie gab andere bedenken zur Begründung als diese, welche ihr gerade so durch den Kopf gingen.
    “Ich weiß nicht ob das so gut wäre, wenn eine Frau des öfteren die Castra betreten würde. Das würde doch sicher Spekulationen auslösen oder für Gerede sorgen. Außerdem werden auch sicher nicht wirklich viele weibliche Scriba dort arbeiten, oder?“
    Die Antwort darauf gab sie sich selbst im nächsten Satz ihrer Antwort.
    “Eher nicht. Ich bevorzuge da wirklich lieber einen Ort außerhalb und wenn dies bei dir zu Hause sein soll, dann kann es das gerne sein. Die Aufgaben hören sich gut an. Das sollte ich alles schaffen. Berichte ins Reine schreiben und Botengänge und so etwas erledigen.
    Das waren keine wirklich großen Herausforderungen und eher wirklich langweilig im Vergleich zu dem, was sie sonst so tat. Es würde noch nicht mal den Kreislauf wirklich ins Rasen bringen. Das Folgende dann schon eher. Er wollte also auf die Fähigkeiten zurückgreifen, die sie sich aufgrund ihrer etwas anderen bisherigen Tätigkeit erworben hatte. Ein Stück weit widersprach es sich etwas, aber gut. Das konnte sie auch.
    “Auch dies kann ich gern für dich tun und der Lohn ist auch in Ordnung. Nur habe ich noch eine Frage zu dem Ganzen. Was passiert, wenn mir mal etwas passiert. Wenn ich fest gesetzt werde oder geschnappt? Ich lege es garantiert nicht darauf an und wie ich neulich schon gesagt habe, ich gehe nicht davon aus, dass es mir passiert, aber s kann dennoch sein. Wie soll ich mich dann verhalten?“
    Dies war eine Frage, die sie wirklich beschäftigte und zu der sie gern eine Antwort haben wollte. Wie weit war bereit zu gehen um ihre Arbeit zu decken, die sie für ihn in der grauen und schwarzen Welt erledigen würde. Denn die weiße sah ja doch erheblich anders aus. Ehrliche Arbeit war das ausspionieren nicht. Auch nicht das erledigen spezieller Aufträge, wenn sie zum Beispiel so aussahen wie der letzte.


    Ein leises Seufzen entfuhr ihren Lippen und sie sah ihn mit einem undeutbaren Blick an. Wie konnte man nur so festgefahren in seinen Idealen sein, wie er es war. Das war doch kaum zu glauben. Celeste ertappte sich dabei wie sie zu denken begann, dass es ein großer Fehler gewesen war hierher zu kommen. Aber nun hatte sie zugesagt und musste sehen wie sie mit dem Salat zurecht kam.
    “Ganz wie du meinst Serapio. Dann ist es so wie du sagst.“
    Sie war es müde immer wieder zu erklären, warum es nicht so einfach war einmal angelernte und verinnerlichte Abläufe so einfach zu vergessen. Sicher konnte man sich an einem Versprechen orientieren. Deswegen wollte sie ihm ja genau dieses nicht geben und nun stand sie etwas zerknirscht da, weil sie so ziemlich genau wusste, dass sie dies wohl so einfach nicht durchhalten konnte.
    “Ich verspreche es.“
    Mit diesen drei Worten hatte sie sich gerade das Leben noch härter gemacht als es war. Sollte sie wirklich wieder stehlen, musste sie doppelt aufpassen nicht erwischt zu werden und ihn schlimmstenfalls anlügen dann. Kein einfaches Los, aber das hatte sie sich in ihrer eigenen Dummheit und Naivität selbst eingebrockt. Die bittere Suppe musste sie nun so nehmen wie sie war und auslöffeln. Auch das Stehlen konnte eine Sucht sein und sie war ihr verfallen und was Serapio nun forderte, war die schlimmste Art und Weise von Entzug, die man auferlegt bekommen konnte.

  • “Eigentlich gibt‘s gar keine zivilen Schreiber in der Castra, das machen alles die Immunes“, bestätigte ich, “Und an Frauen nur die Sklavinnen der Offiziere. - Gut, dann machen wir das so.“
    Die Frage, die dann kam, war eine berechtigte, aber ich hatte Mühe eine Antwort darauf zu finden, überlegte einen Moment, und beschloss dann:
    “Der letzte Auftrag war ein Sonderfall, eine absolute Ausnahme. Ich werde nichts Illegales von dir verlangen. Nur beobachten, Augen und Ohren offenhalten, solche Dinge…“ Gibt es ein schöneres Wort für Spitzeldienste?“Damit wirst Du nicht in Konflikt mit dem Gesetz geraten, aber wenn Du durch diese Aufgaben in, ähm, andere Schwierigkeiten geraten solltest - was ich nicht hoffe - werde ich Dir natürlich beistehen. Über unser spezielles Arrangement musst Du aber Stillschweigen bewahren… das dient ja auch Deiner Sicherheit.“
    So klang das ganz gut für mich, aber ich war mir doch der Versuchung bewusst, die Celestes Talent bot. Es war schon widersinnig, aber eine Diebin in Diensten der CU, das wäre ungemein praktisch, und insgeheim war mir klar, dass doch wieder die Situation kommen würde, in der ich gerne auf ihre Fähigkeiten zurückgreifen würde… aber das stand wiederum im Gegensatz dazu, dass ich ihr doch eigentlich helfen wollte, ein anständiges Leben zu führen. Ist es anständig, im Dienste des Richtigen das Falsche zu tun?, fragte ich mich, aber darauf konnte mir wahrscheinlich niemand, auch nicht die großen Philosophen, eine Antwort geben.
    Schließlich rang ich Celeste, oder rang sich Celeste, doch das Versprechen ab. Es klang zwar nicht gerade inbrünstig, eher gequält, aber ich wollte da mal nicht wählerisch sein.
    “Gut. Dann haben wir, denke ich, alles soweit besprochen. Oder? – Ich kläre noch das mit dem Raum, und Du kannst dann gleich anfangen.“
    Ich zögerte und betrachtete die Zypressen, fragte dann etwas zaghaft: “Darf ich Dich zur Feier des Tages auf einen Schluck Wein einladen?“

  • "Das habe ich mir fast gedacht, dass es eher unwahrscheinlich ist. Ja, dann machen wir es so."
    Was wohl die Immunes sind oder vielleicht besser gefragt, wer? Celeste war sich sicher, dass sie das noch herausbekommen würde. Irgendwann. Davon war sie überzeugt.
    Die Pause, die Serapio machte, fiel der blonden Frau natürlich auf. Vermutlich würde es so sein wie bei dem bereits abgewickelten Auftrag. Am besten lasse dich erst gar nicht erwischen. Das erspart uns beiden Ärger, dachte sie sich. Doch gerade bei solchen Dingen konnte immer etwas schief gehen. Als Serapio dann sprach, musterte sie ihn sehr genau. Sie wollte wissen ob er sie anlog oder ob er wirklich zu dem stand, was er gerade gesagt hatte. Es war jedoch in diese Richtung nichts zu erkennen. Er schien die Wahrheit zu sagen. Ihr war eine gewisse Menschenkenntnis zu eigen. Eine Sache, die sie sich in der langen Zeit in ihrem Geschäft angeeignet hatte. Natürlich war sie nicht frei von Fehl. Bis jetzt hatte der Decimer sie aber auch nicht enttäuscht und sein Wort gehalten.
    "Also nur einfache Dinge. Nichts was mich wirklich in Schwierigkeiten bringen konnte. Das hört sich in der Tat ungefährlich an. Das hört sich wirklich gut an.
    War aber nicht gerade dieser Konflikt, ihr Salz in der Suppe ihres Lebens. War das nicht der Nervenkitzel, den sie mochte? Sie hatte das aber gerade aufgegeben oder war vielmehr dabei es zu versuchen. Der Erfolg sei dahingestellt.
    "Sei unbesorgt, ich kann Geheimnisse für mich behalten. Niemand wird je etwas darüber erfahren.
    Dieses Versprechen konnte sie beruhigt abgeben, sie konnte es halten und würde es auch garantiert nie brechen. Celeste unterstrich ihre Worte in dem sie ihn wieder direkt ansah.
    Nachdem alles gesagt war und sie ihre Freiheit ziemlich eingeschränkt hatte, griff sie nach einem Ast der Zypressen und spielte mit diesem. Sie musste irgendetwas anderes tun. Etwas um sich abzulenken. Ein leises Rascheln, durch den Wind verursacht, war zu hören.
    "Ja, scheint ganz so als wäre dies alles. Habe nichts Unklares mehr."
    Ihr Blick war weiterhin auf die Bäume gerichtet obwohl sie sprach. Zumindest bis zu dem Moment sie zu einem Wein eingeladen wurde. Ihr Kopf ruckte herum und sah einen Moment fragend drein ehe sie zaghaft nickte.
    "Aber einem mit viel Wasser verdünnt."
    Kurz lächelte sie und wartete nun ab wie es weitergehen würde.

  • Wir hatten uns geeinigt, und ich glaubte es Celeste, dass sie schweigen konnte. Unbesorgt war ich zwar nicht - wann war ich überhaupt zum letzten mal wirklich unbesorgt gewesen? - aber einigermassen zufrieden. Sogar meine Einladung nahm sie an, zögernd zwar, aber sie sagte nicht nein. Silio würde staunen, wenn ich ihm das erzählte.
    "Das lässt sich einrichten", meinte ich, auch kurz schmunzelnd, denn eigentlich hätte ich mir eine Meisterdiebin viel verruchter, viel lasterhafter vorgestellt.
    "Gut, lass uns gehen."
    Wir verliessen die kleine Lichtung, und folgten dem Pfad, der sich in einem Bogen durch den Zypressenhain schwang. An einer bocksbeinigen Satyrstatue mündete er wieder in einen breiteren Weg, der uns rasch zum Rande der Gärten führte. Dort hiess es sich entscheiden, nach links in Richtung der Schenken, die in der Nähe des Kastells angesiedelt waren, oder nach rechts, Richtung Stadtmitte. Ich entschied mich für den rechten, längeren Weg, um Celeste nicht mit zu viel Soldaten auf einmal zu konfrontieren, ausserdem stand mir der Sinn heute nach ein bisschen was schickerem.
    Während wir schweigsam die Via Tiburtina entlang gingen, kam mir ein komischer Gedanke. Es gab da ein nettes Lokal, in dem Hannibal früher zu verkehren pflegte... und einige Bekanntschaften hatte. Keine Ahnung ob das noch immer so war, aber ich beschloss, erfüllt von dumpfem Groll, dass das ganz genau der richtige Ort für mich war, um eine hübsche junge Frau wie Celeste auszuführen.... und kurzentschlossen bog ich in eine Seitengasse, nahe der Porta Sanquaris. Zwei brennende Fackeln steckten in Wandhalterungen an der eher unscheinbaren Fassade, und beleuchteten das helle Tavernenschild.


    "Da wären wir. Kennst Du schon Idaeus Weinstube?"
    Ich hielt ihr die Türe auf, und trat nach ihr herein. Ein unwirkliches, honigfarbenes und rötliches Licht herrschte im Inneren des Schankraumes, das kam daher dass der Inhaber seine Weine in Glaskaraffen an der Wand hinter dem Tresen stehen hatte, und sie mit vielen, vielen Öllampen von hinten beleuchtete, so dass sie funkelten, und von innen zu glühen schienen. Ihr Farbenspiel schien auf den weissen Wänden wieder. Ich sah mich um, auf einmal ziemlich angespannt, aber es war noch nicht viel Betrieb, und niemand den ich kannte war unter den Gästen. Das leise Murmeln verschiedener Unterhaltungen erfüllte den Raum, dazu vereinzelte Saitenklänge, die kamen von einem grauhaarigen Musiker, der am Rande auf einer leicht erhöhten Fläche sass und gerade seine Harfe stimmte.
    Ein Servierer kam heran, grüßte mit freundlicher Miene und geleitete uns zu zwei Klinen, die im Eck zueinander standen, und schlicht, aber stilvoll gestaltet waren. An der Wand standen auf einer grossen Schiefertafel die Weine des Tages angeschrieben, ich bestellte einen Krug Tempranillo und einen Krug Wasser dazu. Dann legte ich mein Sagum ab und trat zu Celeste, machte Anstalten ihr höflich den Mantel abzunehmen, so sie dies zuließ natürlich.

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  • Es war wirklich nicht mehr viel zu sagen gewesen. Der Aufforderung zum Gehen kam Celeste recht schnell nach, bestätigte dies vorher nur mit einem knappen Nicken des Kopfes. Während sie diese gschützte Lichtung verließen, sah sich die junge Frau noch einmal um. Ein Tick, den sie einfach nicht abstellen konnte. Sehen, sichern, zuschlagen. Der Ablauf war fest im Kopf verankert. Wie das Atmen unterbewusst geschah, so begann dieser Tick auch immer wieder von vorn ohne etwas dagegen tun zu können.
    Nach der geschützten kleinen Fläche, kamen sie wieder in weiteres Terrain. Es roch noch immer sehr angenehm nach diesen sehr eigenwilligen Bäumen und Büschen. Es war ein schmaler Weg, der sich fast schlangenähnlich an ihnen vorbei wand. Ähnlich einem Fluss, der aus den Bergen kommend von vielen Hindernissen aufgehalten seinen Weg suchte, fand und dann seinem Ziel entgegenstreben konnte. So war es hier auch. Ein letztes Hindernis, eine Statue, versperrte den geraden Weg, leitete um führte dann alles in seinem Hauptarm entlang. Kurz galt es die Richtung auszuloten und dann ging es schon weiter. Man hätte denken können, dass sie nach den vielen gesprochenen Worten nun etwas Ruhe brauchten, denn sie liefen beide schweigend neben einander her. So falsch war der Gedanke nicht. Die Keltin benötigte diese Zeit wirklich für sich. Die Antwort war ganz einfach. Sie hatte gerade für mehr Probleme in ihrem Leben gesorgt als ihr vielleicht irgendwann einmal lieb sein mochte. Es war nicht dass sie vesprochen hatte nicht mehr zu klauen, nun ja, nicht nur, es war einfach der Fakt, dass sie sich hier auf die ehrlich Seite des Lebens schlagen sollte und auf einmal nicht mehr wusste ob sie dafür wirklich bereit war. Konnte man ein vergangenes Leben so einfach beenden und neu anfangen? Die Antwort, die in ihrem Kopf umher spukte war eindeutig und bestand aus vier einfachen Buchstaben. Nein. Dennoch musste sie zumindest so tun als könnte sie dies und auch versuchen das Kleinganoven Leben einzustellen, aber ob sie auch bei anderen Aufträgen widerstehen könnte? Das vermochte sie nicht zu sagen.
    Auf der Via hatten sie zwar eine der großen Adern dieser Stadt wieder aufgesucht, aber in Anbetracht der Zeit konnte manrecht angenehm hier laufen. Es war abend, dunkel und nicht mehr wirklich viel los. Ein Vorteil des Lebens in den Schatten der Stadt. Man traf weniger Leute. Recht überraschend kam die Abzweigung, in die die beiden Spazierenden abbogen und schließlich vor einer Tür stehen blieben. Es war wirklich sehr unauffällig gelegen und ihr noch nie aufgefallen. Vielleicht mochte es auch daran liegen, dass sie sich soweit es möglich war von Gassen eher fernhielt und nur jene aufsuchte, die sie kannte. In all ihren Gedanken hatte sie sogar das Sichern der augenblicklichen Situation auf dem Weg hierher vergessen.


    "Bisher noch. Sie ist mir ehrlich gesagt auch nie ins Auge gesprungen, wenn ich ehrlich bin. Du führst mich als in mit unbekannte Gefilde."
    Sie trat in die offengehaltene Tür, ging ein paar Schritte und sah sich dann um. Wirklich viel los war hier nicht. Es gab einige Gäste, aber es eine überschaubare Anzahl. Sofort fiel das Licht auf, welches von den Weinregalen in den Raum fiel und ihn dominierte. Es war kein unangenehmer Ton. Es wies jedoch sehr direkt darauf hin mit welchen Gütern hier das Geld gemacht wurde. Den beiden Männern folgend wurden sie zu Klinen gebracht. Den Namen des Weines hatte sie noch nie gehört. Es konnte daran liegen, dass sie so selten welchen trank und wenn, dann mit eher schlechten Erfahrungen. Sie brauchte da ja nur an Amneris eindringen in ihre Wohnung denken und dem alles verändernden Kuss. Wie wäre das wohl ausgegangen, wenn sie dem Wein damals nicht so gut zugesprochen hätte und wesentlich nüchterner gewesen wäre. Die Kopfschmerzen danach sollte sie auch nicht außer Acht lassen. Sie war es einfach nicht gewohnt gewesen Wein zu trinken. Celeste ließ sich aus dem Mantel helfen, bedankte sich und setzte sich dann auf eine der Klinen.
    "Ein recht netter Ort so auf den ersten Blick. Warst du hier öfter und kennst ihn daher gut?"
    So versteckt wie der hier lag, musste er es entweder schon besucht haben oder aber empfohlen bekommen haben. Einfach spontan war hierher zu finden wohl eher schwer.

  • Sorgfältig hängte ich unsere Umhänge auf, dann liess ich mich auf der anderen Kline nieder. Gut, dass es Celeste anscheinend hier gefiel. (Mir fiel aber auf, dass sie mit ihrem 'auf den ersten Blick' nur vorläufig urteilte. Ob das daran lag, dass ihr Misstrauen so allgegenwärtig war, dass es sich nicht nur auf Personen, sondern auch auf Orte erstreckte? - Gleich darauf wunderte ich mich, warum mir so viel daran gelegen war, zu verstehen was in ihrem Kopf vorging.) Ich jedenfalls mochte den Laden, auch wenn er recht künstlich wirkte, so wie alles aufeinander abgestimmt war, und trotz der Farben etwas kühl.
    "Ja, früher hin und wieder. In letzter Zeit aber nur ganz selten. Ich mag das Flair... Manchmal machen sie hier auch Lesungen."
    Mein Kopf fuhr herum, als die Türe sich öffnete, und einige weitere Gäste hereinkamen. Beschwingt, locker scherzend, suchten sie sich einen Tisch in der Nähe der Musikers. Niemand war dabei, den ich kannte... Ich wandte mich wieder Celeste zu, doch ich hatte komplett den Faden verloren. Da kam zum Glück schon der Wein, und natürlich das Wasser. Formvollendet wurden die Karaffen vor uns abgestellt, dazu zwei Weinkelche aus matt bläulichem Glas.
    "Ah, der Wein", kommentierte ich, bedankte mich, und griff schon nach der Karaffe. Bevor ich einschenkte, erkundigte ich mich, mit einem Hauch von Augenzwinkern: "Welche Mischung soll es denn sein, Celeste? Du bist heute abend die Regina Bibendi. Ich muss aber warnen, gar zu sehr verdünnen darf man einen Tempranillo nicht... er ist von sich aus nicht so sonderlich stark, eher fruchtig, mit einem feinwürzigen Aroma, jedenfalls wenn's ein guter ist. Aus Hispania kommen doch die besten Weine, finde ich, und ich sage das nicht nur, weil ich auch von dort komme... Woher stammst Du eigentlich?"
    Dass der Wein nicht schlecht war, davon ging ich eigentlich aus, aber natürlich würde ich es überprüfen müssen. So ein guter Tropfen am Abend, das war mir in letzter Zeit schon wichtiger geworden, um nach der Arbeit zu entspannen, um den Dingen die Schwere zu nehmen... Ich schenkte uns beiden die Mischung ein, welche die Dame verlangte, und hob mein Glas.
    "Auf gute Zusammenarbeit."

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  • Da saß sie nun auf der Kline und wartete darauf, dass Serapio zurück kehrte. Als dieser sich gesetzt hatte, bestätigte er ihre Vemrutung. Nun das war nicht wirklich schlimm und würde auch nichts ändern an diesem Abend. Wieder sah sie sich um. Nun konnte sie dies in Ruhe tun. Man musste dem Besitzer Geschmack zugestehen. Auf seine ganz eigene Art hatte es Charme, war etwas Besonderes und vermutlich daher genau das Passende zu diesem Abend, der auch seine ganz eigene Geschichte bekommen hatte. Für einen Moment ergab sie die junge Frau den Eindrücken, die sie aufnahm und verarbeite.
    "Lesungen? Es werden sicher interessante Texte vorgetragen. Von Philosophen? Vielleicht auch Geschichten?"
    Besucht hatte sie eine Lesung bisher noch nie. Den Begriff mal gehört und stellte sich seitdem fast so etwas wunderschönes wie eine Theateraufführung vor. Jemand würde mit verstellten Stimmen Dialoge lesen, ihnen Leben einhauchen und so den Text viel besser deutlich machen können als wenn man ihn stumpf für sich allein las. Es musste wirklich etwas Außergewöhnliches sein bei so einer Sache dabei sein zu können. Vielleicht sollte sie einfach mal eine besuchen, wenn es sich einrichten ließ.
    Aufgeschreckt durch die plötzliche Kopfbewegung Serapios, spannte sich sofort der ganze Körper der Keltin an. Ganz genau beobachtete sie Besucher, die die Taverne betraten, sich einen Platz suchten und dann weiter ihrem Abendvergnügen nachgingen. Die ausgesprochen gute Laune war ihnen nicht nur anzusehen sondern auch anzuhören. Womöglich war dies auch nicht die erste Taverne, die sie am heutigen Tage aufsuchten. Erst als die Situation wieder eindeutig war, entspannte sich Celeste und konnte auch wieder lächeln. Es war ein schrecklicher Reflex, der auf der anderen Seite ihren Kopf retten konnte. Hier war es jedoch unangebracht. Genauso gut konnte man versuchen dem Mond das sich Füllen und Verschwinden auszureden. Der Effekt würde der gleiche sein, wenn man mal davon absieht, dass vermutlich keiner auf den Gedanken kommen würde dies überhaupt zu versuchen.
    Der Wein wurde gebracht. Nachdem die Bedienung sie wieder allein gelassen hatte, wurde ihr auch schon ihre heutige Aufgabe zugetragen. Mit einem breiten Lächeln reagierte sie darauf, in dem sie es sich erst einmal richtig auf der Kline bequem machte und dann Serapio direkt ansah. Der kleine Lehrvortrag über den Wein half ihr sich in der Mischung zu entscheiden und so wurde auch nicht all zu sehr dünner Wein daraus. Zwei Drittel Wein und ein Drittel Wasser sollte doch eine gute Mischung sein, oder? Celeste dachte sich das. Das blaue Glas mit dem roten Wein war ein interessantes Farbspiel und dieses galt es für einen Augenblick zu beobachten.
    "Regina Bibendi,"
    wiederholte die Worte und begann schon extrem breit zu grinsen.
    "Meine Herkunft ist leider ein kleines Rätsel, dessen Lösung nicht so einfach ist wie man denken könnte. Mein Vater erzählte mir, dass wir aus einem Land des Nordwestens kommen. Ich war damals klein und hörte lieber der Geschichte zu, die er erzählte als mir den Namen des Ortes zu merken aus dem ich stamme. Meine Erinnerung reicht nicht daran zurück. Ich bin hier in Italia groß geworden. Eine Stadt im Norden der Regio war es ehe wir den Weg hierher fanden. Ich kann Germanin sein oder eher wahrscheinlicher Keltin. Viele finden das Keltin irgendwie besser und so titeln sie mich so. Die kleine Keltin. Außergewöhnlich kurz geraten für eine Nordfrau."
    Celeste schmunzelte ein wenig während sie das erzählte.
    "Wenn mich so viele für eine Keltin halten, kann es doch nicht falsch sein, oder?"
    Es war mehr eine rhetorische Frage denn wirklich ernst gemeint. Ob Germane oder Kelte, es war zum einen gleich und änderte nichts an ihr. Aus dem Norden kam sie eindeutig und da war diese Unterscheidung doch nicht so relevant. Dann wurde das Glas erhoben und Celeste tat es ihm gleich.
    "Auf eine gute Zusammenarbeit!"
    Hier nach trank sie einen Schluck und und verkostete den Wein. Er schmeckte angenehm und durch das Wasser nicht ganz so schwer. Für Celeste war jeder Rotwein schwer und stieg ihr gleich in den Kopf wenn sie nicht aufpasste. Von diesem hier würde sie aber gefahrlos einen oder vielleicht auch zwei Becher trinken können ohne dann nicht mehr Herrin über sich zu sein.
    "Ein wirklich guter Wein. Erzähle mir doch bitte mehr über das Land, das solch guten Wein und solch beflissene Männer hervorbringt."
    Die letzten Worte kamen natürlich nicht ohne ein typisches Celest'sches Grinsen aus. Es war jenes, welches sie gern zeigte wenn sie sich sicher fühlte, etwas ausgelassen und vor allem guter Laune war.

  • Diese Mischung war mir sehr recht, und ich trank zugleich mit Celeste, setzte das Glas allerdings erst deutlich später ab.
    "Ach, Hispania...", sagte ich wehmütig, "Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das ist, seine Wurzeln nicht zu kennen. Meine Familie wurzelt nämlich sehr tief in der Gegend von Tarraco. Seit vielen Generationen, seit der Zeit von Scipio Africanus, haben Decimer dort das Land bebaut, Wein gekeltert, Weizen gesät, und Vieh gezüchtet. Und selbst wenn man, wie ich, und wie viele heutzutage, was ganz anderes macht - es bleibt doch eine Verbundenheit."
    Ja, ich hatte es genau vor Augen, wie all diese Ahnen über ihre Felder geschritten waren, zufrieden die dunkle Erde zwischen den Fingern zerbröckelt hatten - das ist gute Erde - und mit schwieligen, breiten, von der Arbeit gezeichneten Händen über die goldenen Weizenähren gestrichen hatten - das wird eine gute Ernte. Auch mir steckte das irgendwie noch im Blut... vielleicht war's ja diese Erdschwere gewesen, die meine Künstlerallüren damals daran gehindert hatten, sich in die Lüfte zu schwingen?
    Ich schnürte meine Caligae auf, streifte sie ab und zog die Füsse zu mir auf die Kline. Den Ellbogen auf die Lehne gestützt betrachtete ich forschend Celeste und gab meine Expertise ab:
    "Hm... ich finde auch, dass Du eher keltisch aussiehst. Germanen haben ja mehr so einen stechenden Blick und rötliches Haar."
    Nicht, dass ich mich mit Germanen so besonders auskennen würde. Mein Onkel Magnus hatte zwar eine Germanin (eine romanisierte, versteht sich) geheiratet, aber ich hatte sie bisher noch nie getroffen.
    "Kleine Keltin... hm ja, passt" wiederholte ich, angesteckt von diesem schalkhaften Grinsen, und neckte Celeste: "Ich hoffe nur, Du hast keine kleine Kopfsammlung zu Hause!"
    Was gab es besseres, um die Schwermut zu vertreiben, als in angenehmer Gesellschaft was trinken zu gehen?
    "Beflissen." Ich zog eine kleine Grimasse und spülte mir das Wort mit einem tiefen Schluck von der Zunge. Beflissen klang irgendwie so... bemüht. Noch ein Schluck. Ich schenkte nach.
    "Hispania ist wunderbar. Lichtdurchflutet, schroff und lieblich zugleich... Nichts gegen Italia, aber hier ist die Landschaft doch schon sehr domestiziert, sehr gezähmt. Tolle Strände gibt es auch, bei Tarraco. Und die Menschen dort sind, wie das Land, etwas hitziger als die Italier. Heissblütiger. Vielleicht nicht ganz so verfeinert, aber dafür unmittelbarer!" Ich grinste breit, und liess bei diesen Worten den iberischen Akzent durchschimmern: Heisssblütigerrr!
    Der Musiker hatte zu spielen begonnen, leise Töne, die geschmeidig durch den Raum flossen, ihn unaufdringlich erfüllten, so dass man sich getrost weiter unterhalten konnte, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich sah zu ihm hinüber, betrachtete das flinke Spiel seiner Finger auf den Saiten. Wovon hatten wir es vorhin noch gehabt? Ach ja, die Lesungen.
    "Ja, es wurden Geschichten vorgetragen, als ich mal bei einer Lesung war. In Versen. Und Oden. Magst Du Gedichte, Celeste?"

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  • Musternd beobachtete sie den Decimer sich gegenüber. Wobei das Wort musternd auch nicht recht passte. Neugierig war auch nicht richtig, beschrieb aber eher die Abischt dieses Beäugens. Celeste versuchte gern ohne viele Fragen zu stellen mehr über eine Person herauszufinden. man konnte viel in den Gesichtern der Menschen lesen. Aber nicht in allen. Das würde sie auch nie behaupten. Man konnte Absichten erkennen, Hintergedanken, manchmal auch den Charakte. Dies alles verbarg Serapio aber hinter einer Fassade, die manchmal so undurchdringlich wie die Palastmauern des Kaiserhauses war. Zumindest stellte die Keltin sich diese als undurchdringlich vor. So sehr sie sich auch bemühte, sie konnte nicht so viel erkennen wie sie wollte. Etwas das ihnen wohl beiden lag. Sich verstellen können, andere hinters Licht führen, ein Stück weit unberechenbar sein.


    "Ich vermute, dass es für dich so unvorstellbar ist, weil du deine Wurzeln kennst und sie wirklich weit zurück reichen und es dort auch noch Verwandte gibt. Wenn du das nicht hast, dann vermisst du auch nichts wirklich. Das Land im Norden soll doch alles andere als attraktiv sein. Dunkel, grau, wild, unwirtlich.. Ich könnte die Liste noch eine Weile weiterführen. Sind das nicht Beschreibungen, die ein Römer gerne für dieses Land aus dem ich stamme, finden? Wenn ich dem Glauben schenke, ist es nicht wirklich verlockend."
    Sie lächelte wieder einmal ehrlich. Es war kein bedrückender Ton in ihrer Stimme. Ihre ehrliche Meinung, die sie hier kundtat. Welche Bindung hatte man zu einem Land, dass man nicht kannte? Kaum eine!
    Serapio machte es sich etwas bequemer. Celeste hingegen konnte sich nicht wirklich entspannen. Ein fast schon angeborener natürlicher Instinkt, der es der beute ermöglichte besondere Obacht zu zeigen und in einer gefährlichen Situation blitzschnell die Flucht zu ergreifen. Dieses Gefühl konnte sie nur abstreifen wenn sie zu Hause war. Hier wusste sie alles unter Kontrolle, wusste, dass keiner ihr etwas tun würde. Hier würde sie vermutlich auch in Sicherheit sein, aber konnte sie wirklich so überzeugt davon sein? Eher nicht. Also blieb ein unterschwelliger Reflex bestehen. Fremdes Gebiet, besondere Obacht.
    Hinter ihrem Becher, welchen sie gerade an die Lippen gesetzt hatte, zeichnete sich ein breites Lächeln ab als ihr Titel bestätigt wurde. Er war also auch der Meinung. Es musste die Haarfarbe sein. Vielleicht auch die helle Haut, die sich in ihrem Gesicht und an den Händen nicht so deutlich zeigte, wie an Stellen die sie immer verdeckt trug.
    "Eine kleine Kopfsammlung? Nein, habe ich nicht zu Hause. Also keine kleine."
    Sofort wurde das Lächeln zu einem ausgewachsenen Grinsen und in Erwartung eines zumindest mäßig geschockten Gesichtes trank sie einen Schluck. Den Blick jedoch nicht von ihrem gegenüber nehmend. Sie wollte diesen Moment genießen bis ihm die Erleuchtung kommen würde, dass sie doch nur gescherzt hatte.
    "Wenn man das lichtdurchflutet weg lässt und sich die Wärme wegdenkt, beschreiben deine Worte auch die westlichsten Küsten meines Landes oder auch Britannias. Zumindest beschrieb Vater diese Länder immer so. Ein grünes fruchtbares Land, dem Willen des Meeres ausgesetzt, sich den Winden entgegenstemmend und dennoch reizvoll und wild für die Bewohner. Nur sie können die wirkliche Schönheit ihres Landes erkennen. Sie lieben die Gegensätze, die ihnen das alles bieten."
    Scheinbar neigte man hier wieder zu Gemeinsamkeiten, die sich so nicht vermuten ließen. Nach einem kurzen, fast verträumten Blick, kam das Lächeln, das Grinsen wieder zurück.
    "Du willst dich also heißblütig sehen. Das ist wirklich interessant. Ich kenne nicht viele Iberer und daher fehlt mir die Erfahrung ob du wirklich Recht mit deinen Worten hast, aber ich will es dir glauben. Eine Frau muss also besonders in der Nähe eines Südländers auf der Hut sein?"
    Ein leieses Kichern war zu hören, der Becher wurde auf dem kleinen Tisch zwischen ihnen abgestellt und erneut achtete Celeste besonders auf die Reaktionen des Mannes.
    "Gedichte können sehr vielseitig sein und so viel aussagen ohne wirklich direkte Worte zu nutzen. Sie können verzaubern, eine besondere Wirkung erlangen. Ich kenne nicht viele Gedichte, höre sie aber gern wenn es mir möglich ist."

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