Die Gaue der Mattiaker - das Dorf der Sippe des Rodewini


  • Das Dorf des Rodewini liegt im Kernland des Stammes der Mattiaker, sieben Stunden zu Pferd vom Rhenus entfernt, an dessen Westufer das römische Reich beginnt.
    Die Sippe des Rodewini zählt zu den wichtigsten Adelsfamilien des Stammes, und hat schon mehrfach in Krisenzeiten den Kuningaz gestellt, der gewählt wird wenn dem Stamm besondere Gefahr droht. Insgesamt hundertzwanzig Menschen leben in der Hauptsiedlung von Rodewinis Gaue, die Kernsippe mit Rodewinis Familie, denen seiner engsten Getreuen und die Leibeigenen. Weiter verteilt in der Gaue leben seine Brüder und entferntere Verwandte in mehreren kleinen Dörfern. Insgesamt brachte Rodewini in Krisenzeiten knapp siebenhundert waffenfähige Männer hinter sich, darunter knapp 80 Schwertträger, was ihn zu den einflussreichsten Männern des Stammes zählen ließ.


    Die Gaue an sich war von fruchtbaren Wiesen und üppigen Wäldern geprägt, und Rodewini arbeitete stets daran, das Land nach römischem Vorbild noch urbarer zu machen. Was auch dadurch erkennbar war, dass die Befestigungen von Rodewinis Dorf mehr als nur peripher waren, denn die Sippe hatte schon seit mehr als zehn Jahren nicht die Gaue gelassen. So war das Dorf nicht nur mit einem schmaleren Wall und einer, im Vergleich zu römischen Verhältnissen, spartanischen Palisade umgeben, und von einem Weg sowie einem Abwassergraben durchzogen.


    Die Ordnung des Dorfs folgte einem strengen, wie für solche Siedlungen untypischem Prinzip: in der Mitte gab es einen größeren Freiplatz, auf dem Sitzungen abgehalten wurden, oder an dem einfach nur gearbeitet wurde. Um diesen Freiplatz herum war das große Langhaus, in dem die Dorfgemeinschaft beisammen war, und die Wohnhäuser der Kernsippe angeordnet. In einem zweiten Ring waren die Wohnhäuser der Untergebenen und Unfreien angeordnet, und zwischen diesen und der Pallisade befangen sich die Gatter für die Schweine und Rinder, sowie einige Aufbauten die immer wieder für verschiedene Zwecke gebraucht wurden. Durch die große Fläche des Dorfs war zwischen den Häusern immer genug Platz, um durch Binsen und Astwerk gesicherte Gärten anzulegen, in denen die Dorfbewohner das anbauten, was nicht draußen auf den Feldern wuchs.


    Alles in allem ein für germanische Verhältnisse sehr großes Dorf, und vor allem ein sehr befestigtes, was davon zeugte, dass der Stamm, der treu zu den Römern hielt, unter den freien Stämmen des Ostens nicht nur Freunde hatte.


    Dies war das Dorf des Rodewini.

  • Die vom Thing heimkehrenden Reiter wurden freudig begrüßt. Auch wenn eine solche Zusammenkunft an und für sich friedlich ablaufen sollte, bestand natürlich immer ein Risiko, und nicht nur ein Stamm, der dort vertreten war, war den Mattiakern nicht unbedingt wohlgesonnen. So waren alle froh, als der Dux und sein Sohn wohlbehalten wieder im Dorf angekommen waren. Es wurde gegrüßt, die Pferde wurden untergebracht und von den Stallburschen versorgt und Rodewini machte sich nach kurzem Geplänkel dazu auf, mit seinem Bruder Sarwolf unter vier Augen zu sprechen.
    Elfleda hatte so nur kurz die Möglichkeit, ihren Onkel wieder willkommen zu heißen, ehe dieser mit ihrem Vater sich zurückzog. Neugierig war sie ja schon, aber Rodewini würde ihr ihre Fragen nicht alle beantworten. Die Informationskette war nunmal nicht Rodewini - Elfleda, sondern eher Rodewini - Sarwolf - Smilla - Elfleda. Oder aber sie nahm die Abkürzung, wie sie es vorhatte.
    Ihr junger Cousin Folcrat, der Sohn von Rodewini, war ja immerhin mit auf dem Thing gewesen. Und mit seinen vierzehn Jahren war er die perfekte Informationsquelle. Also kam Elfleda nach der Begrüßung freudig auf ihren jungen Verwandten, mit dem sie genauso eng wie mit ihrem verstorbenen Bruder oder ihren Halbgeschwistern aufgewachsen war, zu, und umarmte ihn erstmal herzlich.
    “Du musst mir unbedingt alles erzählen!“ fing sie auch gleich schon mit strahlenden Augen an, als sie ihn wieder aus ihrer Umarmung losließ und einfach kurzerhand mit sich zog. Nicht, dass er noch auf die Idee kam, jetzt lieber was anderes machen zu wollen, als ihr ausführlich Bericht zu erstatten.
    Natürlich konnte sie ihn nicht in irgendeine uneinsehbare Ecke ziehen. Zwar war er wie ein Bruder für sie, und sie glaubte nicht ernsthaft, dass es da irgendwelche Gerüchte geben könnte, aber auf fragende Blicke konnte sie gut und gerne verzichten. Es reichte ja auch, wenn sie sich etwas abseits in den Schatten des Langhauses setzten, gut sichtbar für alle vorbeikommenden und doch unsichtbar und vor allem unhörbar. So ungestört, wie man eben in einer verbundenen Gemeinschaft sein konnte.
    Folcrat zog ein gequältes Gesicht, als Elfleda ihn so mit sich nahm. Natürlich konnte er sich nach der Reise etwas schöneres vorstellen, als seiner Cousine Neugier zu befriedigen. Viel lieber hätte er sich umgesehen, ob er nicht irgendwo etwas Essbares finden konnte. “Elfleda, muss das jetzt sein? Ich kann dir doch heut abend alles erzählen, die anderen werden ja sicher auch nach Neuigkeiten fragen. Vater wird sicher selber was sagen. Ich bin müde.“
    Elfleda zog einfach an der Hand ihres Vetters, so dass dieser sich mit ihr hinsetzen musste, wenn er nicht etwas unsanft umfallen wollte. “Ich will es aber von dir hören, Folkrat. Komm schon, sei nicht so.“
    “Hnäääh, lass mich erst was essen. Sonst erzähl ich noch was falsches, weil ich vor lauter Magenknurren meine eigenen Worte nicht hören kann.“
    Elfleda verdrehte die Augen und blickte genervt drein. “Muss ich dich denn erst erpressen, damit du mit der Sprache rausrückst? So wie du rumdruckst, könnte man meinen, du weißt was wichtiges, was du nicht sagen sollst
    Kurz blickte der Sohn des Dux auf. Erwischt, dachte Elfleda berechnend. Jetzt würde sie ihn garantiert nicht weglassen, ehe er ihr alles berichtet hatte. Ihre Augen verengten sich nur eine kleine Spur, während sie ihren Vetter so taxierte.
    “Womit willst du mich denn erpressen, Elfi?“ Folcrat machte sich gerade daran, wieder aufzustehen, als er dieses verschlagene Blitzen in den Augen seiner Cousine sah, das fast schon zornig hätte sein können.
    “Ach, ich könnte zum Beispiel erwähnen, wohin der Honigkuchen plötzlich verschwunden war, als dieser suebische Händler bei uns Gast war. Und die Würfel, die du unter deinem Kopfkissen versteckst, interessieren deine Mutter sicher auch. Oh, oder das Versteck im hohlen Baum unten am Bach…“
    Ein Vorteil, wenn man eine Frau war, war, dass man manchmal sehr viel sah und hörte, während man eigentlich etwas anderes machte. Noch dazu, wenn man wie Elfleda mit einer gesunden Portion Neugier und nicht allzu großer Abneigung gegen Intrigen gesegnet war. Und so blieb auch ihr Cousin erstmal sitzen und schaute beleidigt zu seiner Base.
    “Das merk ich mir“, drohte er leicht beleidigt.
    “Gut, dann muss ich das ja nicht wiederholen, wenn ich das nächste Mal mich mit dir kurz unterhalten möchte und du mit der Sprache nicht rausrückst.“
    Als Antwort darauf streckte Folcrat ihr die Zunge heraus, was sie mit ebenso beleidigt wirkendem Gesichtsausdruck wie dem seinen erwiderte. Sie ließ ihm die Zeit, sich damit abzufinden, dass er ihr ja doch erzählen musste, was sie wissen wollte. Sie liebte ihren Vetter ja wie einen Bruder, aber welche Schwester hatte noch nie den Bruder erpresst?


    “Naa gut, dann erzähl ich dir eben von dem Thing. Wird dich eh langweilen, ich hab mich schrecklich gelangweilt. Die haben sich nur gezankt und gegenseitig die Schuld an dem Aufstand zugeschoben. Du weißt schon, wegen der schlechten Ernte damals. Die einen sagen, die Römer beuten die Germanen aus, die anderen sagen, wenn ihr aufhören würdet, mit den Schwertern zu rasseln und eure Felder bestellen würdet, gäb es auch keinen Hunger. Ich denke, Vater hat das schon ganz richtig gemacht, sich mit den Römern zu arrangieren, und das hat er auch gesagt. Mehr war da nicht.“
    Elfleda lauschte sehr genau. Das konnte nicht alles gewesen sein. Wahrscheinlich hatte Folcrat nicht richtig zugehört, denn dieser Streit ging schon seit Jahren, wenn nicht schon seit Generationen, so. Immer stritt der eine mit dem anderen, ob man sich besser auf diese oder eben jene Seite stellen sollte. Da hätte ihr Cousin vorhin nicht so geguckt.
    “Du willst mir doch echt nicht sagen, dass das alles war, worüber gesprochen wurde?“
    “Boah, neee, natürlich nicht. Ging auch noch um nen Tempel in der einen Grenzstadt der Römer, und um die Hochzeit von Reik mit dem Mädel von Brandolfs Stamm. Aber das weißt du ja schon.“
    Ja, das wusste Elfleda allerdings. Diese Ida war vierzehn. VIERZEHN. Und sie war mit ihren ACHTZEHN immer noch nicht verheiratet. Wie Rodewini ihr das nur antun konnte? Wie ihr Vater ihr das nur antun konnte! Das war doch wirklich zum Haare raufen.
    “Und das war alles? Du verschweigst mir doch was!“
    Jetzt schaute Folcrat so unschuldig und verwirrt, dass sie ihm beinahe glauben könnte.
    “Was sollt ich dir da verschweigen? Die Reise war lang, mir tut der Hintern vom reiten weh und ich hab soviel Hunger, dass ich mir schon überlegt habe, das Pferd kurzerhand zu braten. Also, kann ich jetzt endlich was zu essen holen, oder hältst du mich hier fest, bis ich wie ein wilder Wolf über dich herfalle?“
    Elfleda durchbohrte ihn mit ihrem Blick. Er wusste was. Er wusste irgendwas. Das sah sie ihm förmlich an der Nasenspitze an. Und entweder wollte oder sollte er ihr nichts davon sagen. Aber das würde sie schon noch rausfinden.
    “Oh, Folci, wir wollen doch nicht, dass du noch dünner wirst, hast jetzt schon kaum Fleisch auf den Knochen.“ Sie zwickte ihn leicht in die Rippen, woraufhin er mit einem Hüpfer kurz von ihr wegrobbte. Fürs erste war es genug, wenn sie noch mehr bohrte, würden sie streiten. Aber wenn sie bis heute Abend von Rodewini oder ihrem Vater Sarwolf noch nichts Weiterführendes gehört hätte, würde sie ihren Vetter aber ganz gehörig noch auszuquetschen wissen.

  • Wenige Wochen nach dem Thing der rechtsrheinischen Stämme war Lando zusammen mit dem jungen Phelan aufgebrochen, um der Sippe Rodewinis einen Besuch abzustatten. Die Reise war nicht einfach gewesen, mehrfach hatten sie durch Witterungsschäden blockierte Pässen ausweichen müssen, um letztendlich doppelt so lange zum Dorf des Mattiakerfürsten zu brauchen, wie eigentlich eingeplant.


    Ergo: es war stockfinster, und die nur annähernd erwärmte Luft war schon bald schneidend kalt. Was Lando garnicht in den Kram passte, bei dieser Witterung draußen zu übernachten war kein Ding der Unmöglichkeit, es war allerdings auch alles andere als gesund.


    Als sie schließlich den ersten Ausläufer der Gaue des Rodewini erreichten, war Lando mehr als nur erleichtert..
    "Scheint, als würden wir an diesem verdammten Treffen doch noch lebend teilnehmen...", knurrte er, nachdem man ihnen den verhältnismäßig kurzen Restweg in das Hauptdorf erklärt hatte, und gab Hermod, der unter der Eiseskälte noch mehr zu leiden hatte wie sein Reiter.
    Lando war nur allzu froh, dass die Mattiaker nach dem klassischen Prinzip der Wärmeteilung lebten: Mensch und Tier lebten unter einem Dach, und wärmten sich gegenseitig.


    Wenig später waren sie schließlich am Dorf, das Lando schon in der Dunkelheit einen Mordsrespekt einflößte, angekommen, und gaben der Wache ihre Namen preis, die sie die Reise über so geflissentlich geheim gehalten hatten: "Heilsa, dies ist Phelan, Sohn des Gunnar, und ich bin Lando, Sohn des Landulf. Wir kommen, um Rodewini zu sprechen..."


    Finster dreinblickend schaute er im schwachen Licht der Fackeln den wachhabenden Germann an, und wartete darauf, dass man sie Willkommen hieß...

  • Die Reise die Loki und Phelan bestritten war alles andere als angenehm. Der Die Kälte biss in ihren Gesichtern und der Wind pfeifte ihnen um die Ohren. Alles andere als Spaß hatte der junge Priester. Er ritt kurz hinter seinem Vetter und fluchte auf die Strapatzen der Reise.


    Irgendwann konnte der junge Priester einige Fackeln erkennen, es musste nicht mehr weit sein! Ihnen wurde der Weg gewiesen und dieser führte sie schließlich vor die Wache von Rodewinis Dorf. Phelan sagte kein Wort, sondern nickte der Wache nur zu. Es war besser wenn Loki das alles regeln würde, ausserdem war er ja auch nur seine Begleitung.

  • Bitterkalt war es, und windig auch noch. Bei diesem Wetter könnte man fast glauben, dass nie Frühling werden würde. So jagte man keinen Hund aus dem Haus, aber Wache war Wache. Und so stand auch Eike am Durchgang der Palisade am Tor und hielt Wache, während so langsam aber sicher die Nacht endgültig hereinbrach. Den langen Ger hatte er lässig an die Palisadenwand gelehnt gehabt, als er aber Reiter ausmachte, ihn schnell ergriffen. Nun hielt er ihn locker , ein Ende den Boden leicht berührend, die Spitze nach oben, die Hand auf Höhe der Hüfte, und schaute den halbverfrohrenen Gestalten entgegen, wie sie sich langsam näherten. Der Atem der Pferde dampfte regelmäßig, ebenso wie der Atem der Reiter darauf. Von ihnen sollte das keiner sein, niemand war grade auf Reisen und wurde zurückerwartet. Im Winter war ohnehin eine schlechte Zeit, um zu reisen. Folglich war Eike vorsichtig und neugierig zugleich, was die beiden Reiter anging. Er gab seinem Vetter, der hinter dem Tor gemeinsam mit ihm Wache hielt, damit es nicht gar so einsam war und weil zwei Männer besser waren als einer, einen Wink, er solle erstmal zurückbleiben und notfalls bereit sein. Sicher war sicher, auch wenn von zwei Reitern keine Gefahr ausgehen sollte, mit denen das Dorf nicht fertig werden würde.


    Als die Reiter dann heran waren, erkannte Eike, dass es zwei dick eingepackte Männer waren. Der ältere von beiden ergriff das Wort und stellte seinen jüngeren, blonden Begleiter und sich vor.
    “Heilsa. Ich bin Eike, Gerleifs Sohn. Zu Rodewini also?“ Hinter sich hörte Eike das Laufen schneller Schritte. Offenbar hatte sein Vetter schnell jemanden geschickt, um das abzuklären, ob sie vielleicht sogar erwartet wurden. Auf jeden Fall würde der Dux so wissen, dass Gäste kamen, und wäre nicht gleich völlig überrumpelt.
    Einen kurzen Moment musterte Eike die Reiter noch. Sie hatten Waffen dabei, aber wer hatte die hier nicht dabei? Schließlich waren Waffen hier so überlebenswichtig wie Brot, und letztendlich der einzig wirkliche Besitz eines Mannes, der es wert war, mit herumgetragen zu werden. Zumindest laut Eikes eigener, unbedeutender Meinung.
    “Na, dann kommt mal mit. Rango?“ Eike warf seinem Vetter einen kurzen Blick zu und bedeutete ihm mit einer kleinen Kopfbewegung, kurz seine Position am Tor zu übernehmen. Er konnte die beiden Gäste ja nicht einfach nur durchwinken und hoffen, dass die ihren Weg fanden. Auch wenn geradeaus reiten auch bei Ortsfremden durchaus im Bereich des Erfüllbaren liegen sollte.
    Er nahm also seinen Speer kurz etwas fester und setzte sich mit den beiden in Bewegung. Es war ja nicht weit, auch wenn das Dorf mit seinen über hundert Einwohnern groß war. Und so bot sich ihm die Möglichkeit, seine Neugier noch zu befriedigen.


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    Vor dem großen Langhaus in der Mitte des Dorfes erwartete die beiden Duccier auch schon ein wohlbekannter Rotschopf. Anders als beim Thing war er heute nicht ganz so herausragend gekleidet, aber immer noch so, dass man Rodewini seine Stellung im Dorf auf den ersten Blick ansehen konnte.
    “Lando, du suchst dir aber einen gastlichen Tag aus, um uns zu besuchen. Willkommen. Und auch dir, Phelan, Sohn des Gunnar, willkommen. Lasst uns doch nach drinnen gehen, ihr seht so aus, als ob ihr ein warmes Feuer und etwas Met gebrauchen könntet.“

  • "Wer weiß, vielleicht schickt Freya uns einen Denkzettel... verstehen könnte ich es...", raunte Lando, der mit verdrieslicher Miene von Hermod stieg, das Pferd einem der Männer in die Hand gab und sich kurz von seinem Hengst verabschiedete, "Drinnen. Klingt gut... wir wären beinahe erfroren. Aber auch nur beinahe, wie du siehst..."


    Sie folgtem dem Mann in das Langhaus, in dessen Mitte sich der gepflasterte Kaminbereich fand... ein Feuer brandte leise prasselnd vor sich hin, und in den spärlich ausgeleuchteten Ecken beobachteten mehrere Männer und Frauen die Neuankömmlinge. Einige wenige kannte Lando vom Sehen, aber längst nicht alle... der Kontakt zu den Mattiakern hielt sich bisher in Grenzen.


    Er wies, ohne dazu gebeten zu werden, Phelan einen Platz am Feuer zu, und setzte sich dann direkt neben den Hocker des Dux, eine Dreistigkeit, aber Lando war nach dieser Reise nichtmehr nach übertriebener Höflichkeit. Immerhin war es Rodewini gewesen, der seine Anwesenheit verlangt hatte, nicht der eigene Wunsch Landos.


    "Nun, Rodewini... dieses Haus spricht für die Stärke deiner Sippe.", ließ sich Lando doch noch weichkochen, nachdem man ihm und Phelan eine heiße Suppe gereicht hatte, die nicht nur sein Gemüt wärmte...

  • Auch als sie von der doch nicht so grimmigen Wache zu Rodewini geführt wurden hielt Phelan die klappe. Was sein Vetter über Freya sagt war gar nicht mal so verkehrt. "Heilsa Rodewini! grüßte der junge Germane den Sippenführer.


    Die beiden Duccier wurden in das Langhaus geführt, wo eine warme gemütliche Atmosphäre auf sie wartete. Zu lange war der junge Priester nicht mehr in so einem Langhaus gewesen. Er fühlte sich sofort geborgen, nicht das er das Leben in Mogontiacum nicht mochte, er lebte sehr sehr gerne dort, aber mal wieder nur unter Germanen in einem Haus nur für Germanen zu sein war einfach fantastisch. Dankend nahm er die Suppe an, nachdem Loki ihm wie selbstverständlich einen Platz angeboten hatte.
    Dem was sein Vetter über das Langhaus sagte konnte Phelan nur zustimmen. Er machte sich weiterhin über die Suppe her um sein Gemüt zu erwärmen und sein Denkvermögen wieder vollständig in Gang zu kriegen. Er blieb dabei ruhig und sagte keinen Ton.

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    Ob Rodewini das Verhalten von Lando nicht bemerkte oder schlichtweg überging ließ sich an seinem Gesichtsausdruck nicht ablesen. Er setzte sich vielmehr zu seinen beiden Gästen auf seinen Platz und nickte kurz vielleicht etwas selbstgefällig zu dem Lob.
    “Eine große Halle für eine große Sippe, wie es sein muss. Groß genug, um auch so ehrenwerte Gäste aufnehmen zu können.“
    Ein wenig Honig ums Maul des Gastes zu schmieren konnte auch nicht allzu verkehrt sein, angesichts der Tatsache, dass Rodewini sich Hoffnungen machen durfte, dass seine Pläne in die Tat umgesetzt werden könnten. Schließlich war Lando wohl doch vernünftig geworden, obwohl er sich beim Thing noch ein wenig unwillig gezeigt hatte. Aber die Verbindung, auf die Rodewini nun spekulierte, brachte schließlich ihnen beiden Vorteile.
    “Ich weiß nicht, ob du meinen Bruder Sarwolf schon einmal getroffen hast.“


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    Aus dem Klüngel der neugierigen Gesichter trat ein Mann hervor, der zwar jünger als Rodewini war, auf seine Art aber älter aussah. Ein Mädchen von vielleicht fünf Jahren wollte den Mann begleiten, wurde aber von einer blonden Frau mit langen Zöpfen festgehalten. Ein kurzer Blick, der zwischen Schmunzeln und Strenge lag von Sarwolf brachte das Kind schließlich ganz zur Ruhe, und der große Germane trat ebenfalls zu den Gästen und setzte sich an dem ihm zugewiesenen Platz.
    “Heilsa“ fiel die Begrüßung mit dunkler Stimme etwas knapp aus. Aber Sarwolf war kein Mann großer Worte und langer Reden.

  • Lando schmunzelte anerkennend, Rodewini war immernoch ein etwas plumper Politiker, es war fast, als würde er einem Honig in die Hand drücken, damit man es sich selbst ums Maul schmierte. Lando blickte herauf, sah die Holzstreben, die auch in der Casa Duccia so charakteristisch rauchgeschwärzt waren, und entsann sich an das Langhaus seiner alten Sippe. Dann jedoch holte ihn die Gegenwart wieder ein, als Sarwolf vorgestellt wurde... Lando musste zugeben, dass er den Mann unterschätzt hatte. Er hatte einen schmächtigen Hänfling erwartet, den Rodewini ohne Mühe unterdrücken hätte können... aber diesem Mann wohnte herrschaftliches inne, ohne herrschaftlich wirken zu wollen. Wahrscheinlich hatte Sarwolf sich tatsächlich mit dem dritten Platz, direkt hinter Rodewini und seiner Ehefrau, abgefunden... oder es begrüßt.


    "Heilsam teke, Sarwolf. Wir haben schon viel über dich gehört... ein Mann, der seiner Sippe nicht wertvoller sein könnte.", machte Lando komplimentarisch klar, wem hier seine Aufmerksamkeit galt. Es war immernoch Sarwolf, der über das Schicksal seiner Tochter zu entscheiden hatte, nicht Rodewini.


    Zu dem er sich aber gleich umwandte: "Können wir uns kurz fassen? Für Geplänkel bleibt uns morgen Zeit... mein Geist ist so verfroren, dass mir nicht nach Kurzweil ist... also, eine Verbindung unserer beider Familien dürfte durchaus von Vorteil sein. Deshalb bin ich hier... wir wollen dein Angebot annehmen, unsere beiden Sippen zu verbinden. Die Söhne Wolfriks mit den Söhnen Ariviors."

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    Sarwolf warf nur einen kurzen Blick zu seinem Bruder, dessen Miene sich bei Landos Worten eine Spur erhellt hatte, und widmete sich dann ganz Lando. Immerhin wusste er von den Plänen seines Bruders, er hatte sie ihm ja mitgeteilt, ehe er zum Thing aufgebrochen war. So würde ihre Familie mit den Germanen der beiden nächstliegenden römischen Städte verwandtschaftlich verbunden sein. Der junge Reik heiratete in einem Monat Ida aus Confluentes, und seine Elfleda würde sie nun mit dem Stamm Wolfriks von Mogontiacum verbinden.
    “Nun, das ist gut, das hör ich gerne. Da sollten wir morgen ausführlicher darüber sprechen, denn für sowas sollte man einen aufgewärmten Geist haben.“


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    Da sein Bruder nicht aussah, als wolle er selber nun groß noch viel mehr sagen, stieg Rodewini wieder in das Gespräch ein, da die letzten Worte ja auch ihm gegolten hatten. Und er war hoch erfreut über diese Neuigkeit. Und seine Nichte würde sich sicher als Ehefrau eines Mannes wie Lando auch erfreut zeigen. Zwei Fliegen mit einer Klappe, sozusagen.
    “Wunderbar. Die Söhne Ariviors und die Söhne Wolfriks, darauf sollten wir trinken. Guter, germanischer Met für gute, germanische Männer.“
    Er drehte kurz den Blick zu seiner Angetrauten, die einen Moment mit undeutbarem, strengen Gesicht zurückschaute und dann der Frau neben ihr etwas zuflüsterte, was die Männer nicht hören konnten. Immerhin hatte sie als Herrin des Hauses auch die alleinige Hoheit über die Speisekammer, in der nun mal auch der Met stand. Egal, wen ihr Mann zu was hier einlud. Ein paar Augenblicke später allerdings wurde den Wünschen Rodewinis aber entsprochen und Met ausgeschenkt, nicht nur an Lando, Phelan, Rodewini und Sarwolf, sondern auch an all jene, die in einigem Abstand ihre Neugierde befriedigten.
    “Ihr seid natürlich Gäste in meinem Haus für die Nacht. Aber erst einmal wollen wir euch noch ein wenig aufwärmen und diese kluge Entscheidung feiern.“

  • Lando wollte diesen Abend nurnoch hinter sich bringen... sein Magen verkrampfte sich bei den Worten Rodewinis zu einem Klumpen Blei, und die Müdigkeit nach diesem entkräftenden Tag lag beinahe noch schwerer auf seinem Gemüt.


    "Mit Verlaub... es war ein harter Tag, die Pässe sind weitgehend zugeschneit und unwegbar. Wir haben schwer gekämpft um überhaupt hier sein zu können, und das Werk des Tages fordert seinen Tribut. Wenn du uns entschuldigen würdest? Ich falle gleich vom Stuhl...", nuschelte Lando in einer ruhigeren Minute zu Rodewini, und hoffte auf sein Verständnis. Was er schließlich auch fand... so wurden ihm und Phelan zwei Schlafplätze zugewiesen, auf einem mit Fellen bedeckten Flecken Stroh, den sie sich teilen mussten... auch wenn sie in Mogontiacum jeder ihr eigenes Zimmer hatten (für Germanen ein unheimlicher Luxus, für Römer selbstverständlich), war es für Lando keinen Gedanken wert, sich heute mit seinem jungen Vetter unter eine dicke Decke zu quetschen. Was auch an de Müdigkeit lag, die Lando quasi sofort einschliefen ließ, nachdem der Trubel sein Ende gefunden hatte.

  • Im hinteren Teil der Halle, etwas abseits vom direkten Zentrum, hatte Elfleda mit ihren Cousinen und Geschwistern gestanden und neugierig gelauscht, was die zwei Fremden denn nun genau wollten. Sie hatte nur mitbekommen, dass es wohl Amisvarier von jenseits des großen Stromes waren, den die Römer Rhenus nannten. Nicht, dass sie den schon einmal gesehen hatte, weiter als einen kurzen Ausritt war sie noch nie gekommen.
    Ihr Vetter Folcrat hatte ihr nicht gesagt, worum es bei dem Thing gegangen war, trotz wirklich penetrantem Nachbohren. Aber als der ältere der beiden Fremden, den ihr Onkel als Lando begrüßt hatte, von der Verbindung ihrer beider Sippen sprach - mit ihrem Vater - wäre Elfleda beinahe ein Jubelruf herausgerutscht. Es musste einfach um sie gehen, alles andere ergäbe überhaupt gar keinen Sinn! Ihre beiden Schwestern waren viel zu jung, Siguruna war neun und Aleke grademal fünf. Und sonst hätte er zum einen Rodewini nicht gleich Sarwolf zu dem Gespräch hinzugezogen und Lando hätte auch nicht das Wort an ihren Vater so gerichtet. Elfledas Cousinen im heiratsfähigen Alter, bei denen sie gerade stand, waren wohl zu demselben Schluss gekommen, dann beinahe sofort ging das Getuschel untereinander los und fünf Mädchen, allesamt mit roten Haaren, hatten ein aufregendes Gesprächsthema gefunden.
    Zu schade, dass die Neuankömmlinge wohl müde waren, denn sie begaben sich doch recht schnell zu Bett. Aber Elfleda war viel zu aufgeregt. Selbst als sie selber zu Bett geschickt wurden - Elfleda hatte beschlossen und Smilla bekniet, heute bei ihren Cousinen übernachten zu dürfen - konnte sie nicht schlafen und lag wach auf dem Lager, dass sie sich mit der fünfzehnjährigen Elke und der vierzehnjährigen Emma teilte, während etwas weiter ihre jüngeren Cousinen schon mit leicht verschnupften Kindernasen leicht schnarchten.
    “Elke? Schläfst du schon?“, flüsterte sie also an ihre schon schlafwarme Cousine gerichtet.
    “Hmm? Nee.“ Elke klang aber so, als würde sie bereits schlafen.
    “Ich kann nicht schlafen.“
    “Mach einfach die Augen zu, das kommt schon.“ Elke gähnte laut und herzlich und rückte ein wenig auf dem Stroh, was Emma dazu veranlasste, kurz missmutig zu grunzen, weil ihr so die Decke etwas weggezogen worden war und sie sie sich mit einer herrischen Geste zurückerobern musste.
    Elfleda schwieg eine Weile und kaute sich auf der Unterlippe herum. Natürlich könnte sie jetzt schlafen. Aber das alles war viel zu aufregend! “Er sah gut aus, oder?“
    "Hmmm? Wer?“ Elke war offenbar noch im Halbschlaf, also weckte Elfleda sie etwas mehr, indem sie ihre kalten Füße an den warmen Waden der Cousinen aufheizte, was diese zum Zucken und Emma zu einem noch viel missmutigeren Grunzen animierte.
    “Na, wer schon? Der Amisvarier natürlich.“
    “Und welchen meinst du jetzt? Den Blonden oder den Rothaarigen?“ Elke drehte sich jetzt ihrer Cousine richtig zu und schlug verschlafen die Augen leicht auf. In der monderhellten Dunkelheit wirkten ihre blauen Augen auf Elfleda ganz schwarz.
    Elfledas stutzte einen Moment bei der Frage. Der jüngere war blond gewesen? Den hatte sie so gut wie gar nicht beachtet. Der war in ihrem Alter ungefähr erst gewesen und sah nicht so aus, als hätte er bei der ganzen Sache was zu sagen. Für Elfleda war aber irgendwie klar, dass sie mit einem Führer eines anderen Stammes verheiratet werden würde. Noch dazu mit einem, der auch ein wenig älter als sie war. Daher kam von den beiden ihrem Gedankengang folgend nur Lando in Frage.
    “Na, der rothaarige, du dumme Nuss.“
    “Hey!“
    “Tschuldige.“
    “Hmmm… naja, war sehr groß, oder? Und ganz verfroren und brummig und so. Und getrunken hat er auch kaum was und wollte früh schlafen…“
    “Ja, stimmt. Aber ich meinte jetzt eher weniger von dem, wie er war…“ Sie hoffte ja, der war nicht immer so. Wobei, besser so als einen weinerlichen Weichling, ein Mann sollte schon immer ausstrahlen, dass er wusste, was er wollte. Und immerhin musste er ihr auch was entgegenhalten können, wenn sie ein wenig launisch war. Ein ganz klein wenig, versteht sich.
    “Hmm… naja, der war ja so dick eingepackt, und ich hab mehr auf den Blonden geschaut. Aber die werden ja morgen auch den ganzen Tag da sein, dann können wir noch mal ganz genau schauen, wer da gekommen ist.“
    Elfleda ruckte ein wenig auf ihrer Schlafstatt und blickte nach oben zu den Balken an der Decke. Ihre Cousine kicherte plötzlich noch einmal ganz hoch.
    “Aber schade, dass wir nicht gucken können, ob er wirklich so groß ist…“
    Gespielt schockiert holte Elfleda Luft und meinte mit entsetzt klingender Stimme nur “Aber Elke!“, doch dann musste sie ebenfalls verschwörerisch kichern.
    Emma drehte sich entnervt zu den beiden gackernden Hühnern neben sich um, richtete sich auf, sah beide mit verbissenem Gesichtsausdruck an. Sie ruckte einmal kräftig an der Decke und mummelte sich dann energisch ein, ihrer Schwester und ihrer Base demonstrativ den Rücken zuwendend. Jetzt mussten Elfleda und Elke noch mehr kichern, aber bevor es noch wirklich Ärger geben würde, weil sie die Kleinen mit ihrem Gegacker weckten, legte sie sich still hin und versuchten zu schlafen. Sie wollten ja am nächsten Morgen gut aussehen, wenn sie ihre unauffällige Inspektion fortsetzen würden.

  • Die Nacht war, der Jahreszeit ensprechend, lang, und so fühlte Lando, der das erste Mal wieder auf dem mit Stroh bedeckten Boden geschlafen hatte, so wie er es gute achzehn Jahre lang in der Heimat seiner Väter getan hatte, sich wie neugeboren, als er aufwachte. Was dazu führte, dass er sich vornahm das Bett in seinem Zimmer in der Casa rauszuwerfen, und sich eine schlichte Schlafstatt nach Vorbild des Langhauses einzurichten...


    Er raffte sich auf, suchte nach seinen Klamotten und schlüpfte in diese, während er sich umsah und die schlafenden Mitglieder der Sippe Rodewinis musterte. Er war einer der ersten, der sich entschieden hatte aufzustehen, was bedeutete, dass er selbst das Vieh, das jeden Morgen für den richtigen Krach zum aufstehen sorgte, im Frühaufstehen schlug. Er trat so leise wie möglich durch das Langhaus, roch kalte Asche, altes Leder und den typischen Geruch den das Zusammenleben von Mensch und Tier in dem Haus erzeugte, und ihn erfasste zum ersten Mal seit Jahren Heimweh. Grässliches Heimweh, das sein Gemüt, kaum fünf Minuten nachdem er erwacht war, tief nach unten zog. Lando hielt sich nachdenklich an einem Stülzbohlen fest (ein vertikaler Holzbalken, kein neuzeitlicher Medienliebling), und kämpfte die düsteren Gefühle mit Mühe, aber Erfolg, herunter, bevor er nach draußen trat, und die Dunkelheit der nahenden Dämmerung bemerkte... er war nicht allein. Rodewini hatte es wohl nicht unter der warmen Decke bei seinem Weib gehalten, und so war er noch früher als Lando aus dem Haus getreten. Barfuß trat Lando durch den Schnee an eine hölzerne Tonne, deren wässriger Inhalt bei den Temperaturen draußen natürlich steif gefroren war. Was Lando nicht davon abhielt, das Eis einzuschlagen und sich daraufhin mit gekrümmten Händen eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht zu schlagen, was ihn schlagartig wach werden ließ.
    Danach schlurfte er die letzten Schritte zu Rodewini rüber, und nickte diesem grüßend zu: "Moin. Sollte es mich beruhigen, zu sehen dass ich nicht der einzige Frühaufsteher hier bin?"

  • "Heilsa Sarwolf." ließ Phelan ebenfalls verlauten, als der eben genannte dazustieß. Der junge Germane sagte kaum etwas, er ließ alles seinen Vetter regeln und beschaute sich lieber das Langhaus. Viele Leute standen um sie herum, auch etwas abseits, wo ihm eine kleinere Schar jüngerer Frauen auffiel. Er versuchte nicht zu auffällig ein paar Blicke in diese Richtung zu werfen, nicht das ein erzürnter Mann ihm krumm käme.
    Die Frauen hatten allesamt rote Haare und waren von schöner Natur. Sie schienen gespannt das Gespräch zwischen Loki und Rodewini zu belauschen, waren das etwa die Mädchen, die verheiratet werden sollen?
    Im gleichen Moment redete Loki von den Verbindungen der Söhne Wolfriks und der Söhne Ariviors. Dem jungen Priester kam das alles ziemlich merkwürdig vor, es klang nach einer großen Sache, aber sein Vetter hatte nie davon gesprochen. Waren etwa mehr Verbindungen geplant? Vielleicht sollte Witjon und eventuell sogar er selber verheiratet werden.. ahnungslos trank er etwas von dem Met, nachdem er sich dafür bedankt hatte.
    Froh war er auch, dass sein Vetter Rodewini klar machte, dass ihre Reise zu hart war, um noch ein paar Stunden aufzubleiben. So machte er sich mit den anderen auf zu seinem Schlafplatz und brauchte nicht lange bis ihn der verdiente Schlaf einfing.

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    “Guten Morgen, Lando. Nun, es sollte dich auf jeden Fall nicht beunruhigen.“
    Rodewini blickte von Lando wieder über sein kleines Dorf hinweg. Er war wirklich zufrieden mit dem, was sie hier hatten. Und nun würde das alles noch ein wenig sicherer werden. Je mehr Einfluss sie auch auf die Geschehnisse links des Rheines nehmen konnten, umso mehr Einfluss hatten sie letztendlich auch hier. Die Römer bildeten momentan die größte Macht in der Gegend und die Mattiaker waren ihre Verbündeten. Die Städte an der Grenze waren die Tore zu ihrem Reich, und dort ebenfalls germanische Verbündete zu haben würde ihnen noch mehr Sicherheit und damit Wohlstand bringen. Der Germane war also wirklich durchaus zufrieden, wie seine Pläne gediehen.


    “Ich genieße gern die Ruhe, bevor alle wach sind.“
    In einem Dorf mit so vielen Menschen war das die einzige Möglichkeit, mal einen Moment für sich auch zu sein. Es gab hier keine große Privatsphäre, jeder teilte sein Haus mit seiner Familie, sein Bett mit Geschwistern oder Ehepartnern. Wenige Räume waren verschlossen, eigentlich hauptsächlich nur die Speisekammern. Wirklich ganz alleine war man hier nie. Aber es kannte auch niemand anders, daher vermisste das auch keiner. Dennoch genoss Rodewini auch mal die Möglichkeit, einfach in Ruhe nachdenken zu können in der klaren, kalten Morgenluft. Das machte ihn in diesem Moment beinahe menschlich, wäre dazu nicht seine etwas zu ruhige Miene, die nicht die Spur eines Lächelns innehatte.
    “Ich hoffe, du hattest eine gute Nacht?“
    Im Dorf gab es ein paar, die erkältet waren, vor allem bei den Kindern, was dazu führte, das hier und dort auch mal wer schnarchte. Es sollte ja Menschen geben, die das nicht einfach ignorieren konnten. Wobei Lando ausgeschlafen zu sein schien.

  • Lando war das Schnarchen der Leute relativ egal. Sein Vater hatte die Angewohnheit zu schnarchen, und die komischerweise nicht auf seinen Sohn vererbt, sondern auf seine Tochter. Was Lando auch in diesen Tagen einen tiefen Schlaf abrang... sonst würde er wohl kaum ein Auge zumachen.


    "Ja, hatte ich, danke der Nachfrage. Es ist willkommen anders.. ich glaube ich werde mein Bett in Mogontiacum verbrennen, oder sowas... an gewisse Dinge der Römer möchte ich mich nicht gewöhnen. Oder kann es nicht."


    Er ließ sich neben Rodewini nieder, und lehnte sich zurück, um dem immer mittlerweile dunkelblauen Himmel zu beachten, von dem sich graue Wolken düster abhoben.


    "Bevor wir uns ums Detail kümmern... ich muss dies mit dir alleine klären.", drückte Lando schließlich hervor, was ihm die ganze Zeit auf der Seele lag, "Es geht nicht um mich. Ich werde Sarwolfs Tochter nicht heiraten, auf keinen Fall. Ich kann nicht auf dein Verständnis hoffen, weil es da nichts zu verstehen gibt..."


    Jetzt war es raus, Lando musterte mit grimmigem Blick den Mattiaker, von dem er nicht weniger als einen Wutausbruch erwartete, was er vollkommen verstehen konnte. Er selbst hatte sich oft genug einen Narren gescholten, diese Gelegenheit zu vergeben, aber er hatte sich zu dieser Entscheidung gezwungen. Er würde nicht vor seiner Schwester heiraten, das hatte er sich geschworen... solange er seine Schwester nicht in die Hände eines Mannes gab, der sich ebenso um sie zu kümmern vermochte, wie er es nach dem Tod ihrer Eltern getan hatte, würde er sich an keine neue Frau binden. Aber das konnte Rodewini egal sein, dieser würde eh denken was er wollte.
    "Es geht um Phelan. Ich habe ihn mitgebracht, damit du siehst, welcher Mann die Verbindung unserer Familien bilden wird. Er ist Sohn Gunnars, welcher die Linke Hand des Audaod war, und Feruns, dessen Tochter, und somit ein direkter Abkömmling Wolfriks. Was ich nicht bin. Er ist noch jung, und hat bis vor kurzem nur Flausen im Kopf gehabt, aber er arbeitet an sich... er war in Rom, hat sich zum Priester ausbilden lassen", und weiß noch garnich, was ihm blüht, "..und er wird seiner Familie viel Ehre machen."

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    “Was?“ entfuhr es Rodewini wenig diplomatisch. Hatte dieser Amisvarier hier den Verstand verloren? Er ritt allen Ernstes durch Magna Germania mitten im Winter, um ihm zu sagen, dass er es ablehnte, seine Nichte zu heiraten? Und stattdessen schleppte er einen jungen Burschen an, der grademal so alt war wie die Braut und den ganzen Abend nur schweigend dagesessen war? Der würde bei Elfleda ja sowas von untergehen, wenn Rodewini diese Möglichkeit ja auch nur in Betracht ziehen würde.


    “Bist du verrückt geworden? Ich muss dir jetzt doch nicht ernsthaft erklären, warum ich dir dieses Angebot unterbreitet habe?“


    So dumm konnte Lando gar nicht sein, um nicht zu begreifen, dass es hier nicht darum ging, wirklich unbedingt Elfleda mit jemandem zu verheiraten, der auch ganz sicher Wolfriks Blut in sich trug. Lando war der Führer der Amisvarier von Mogontiacum, noch dazu war er interessant, eben weil er auch Herute war. Beizeiten würde sich seine ursprüngliche Sippe daran schon noch erinnern, und selbst wenn nicht, war es so noch eine nahezu perfekte Partie.
    Ein römischer Priester… Rodewini war es egal, ob dieser Mann römischer Priester oder keltischer Druide war. Hätte bei dem Namen ohnehin eher gepasst. Was das wichtigste war: Er war jung und hatte damit keine Stimme, die ihm persönlich etwas bringen würde im Moment. In zehn Jahren vielleicht, aber Rodewini musste auch an die momentane Situation denken, die alles andere als einfach war.


    Einen Moment lang wollte Rodewini diesem Dummkopf hier vor ihm am liebsten den Kopf abreißen. Aber vielleicht hatte er Lando nur falsch eingeschätzt. Es gab einige Männer, die kalte Füße bekamen, wenn es darum ging, sie zu verheiraten. Vor allem, wenn sie die Braut noch nie gesehen hatten.
    “Geht es darum, dass du Elfleda nicht gesehen hast? Ist es das?“

  • Das fehlende Olivenholz zwischen seinen Zähnen sorgte dafür, dass Lando laut hörbar mit den Zähnen knirschte. Er würde sich selbst für verrückt erklären, hätte er diese bekloppte Entscheidung nicht selbst getroffen. Und da musste er jetzt durch...


    "Nein, geht es nicht.", meinte er letztendlich mit ruhiger, aber fester Stimme. Das schlimmste was er nun machen konnte, war vor Rodewini den Eindruck von Schwäche zu erwecken, damit die Verbindung nicht gefährdet würde, "Ich traue Sarwolf und seiner Frau zu, nicht weniger als eine wunderschöne Tochter gezeugt zu haben", was bei Landos Glück sogar stimmte, "Was auch immer ich dir als Grund nenne, es wird dir nicht reichen. Die Verbindung wird auf keinen Fall zwischen mir und der Tochter Sarwolfs bestehen, ich werde dabei bleiben, aber ich kann deine Wut verstehen."


    Der Versuch, Rodewini zu beruhigen, war selbstverständlich zum Scheitern verurteilt, allerdings schuf Lando sich eine Basis für die späteren Verhandlungen. Später musste er zuhause eh erklären, warum er Phelan für dieses Unternehmen ausgewählt hat, und nicht Witjon, der seinem Vetter bei der Arbeit für die Familie noch um Welten voraus war.
    Seine Pläne für die ganze Familie würden hier von Erfolg gekrönt, oder scheitern... das war klar.


    "Sieh es so, ich bin ein Herute, der von seinem Stamm ausgeschlossen wurde. Nicht nur ausgeschlossen, meine Familie wurde Opfer der Stammesacht, du weißt was das bedeutet.", meinte Lando schließlich mit grimmiger Miene, "Zwei Jahre später haben ich den Tod meiner Eltern blutig gerächt, und dabei sind einige wichtige Leute meiner ehemaligen Sippe draufgegangen. Was glaubst du, wie erfreut gewisse Stämme sein werden, wenn du Elfleda mit einem verheiratest, der sich nicht nur der Acht wiedersetzt hat, sondern sich auch noch blutig für diese rächte? Ich könnte mir vorstellen, dass das euren östlichen und nördlichen Nachbarn Grund genug für einige Bosheiten sein könnte. Willst du wirklich die Sicherheit eurer Grenzen riskieren, nur weil ich bei den Römern ETWAS zu sagen habe? Ich denke nicht... so dumm kannst du nicht sein. Deshalb ist der junge Phelan definitiv die bessere Wahl. Jung, unbescholten, und auf dem aufsteigenden Ast."


    Was er sagte war weit bekannt. Lando hatte mit seiner kleinen Strafexpedition damals nicht nur bei den Cheruskern Aufsehen erregt, und seitdem war er, genauso wie die Teilnehmer seiner blutigen Reise damals, vogelfrei für die Stämme, die sich immer wieder um die Cherusker scharten. Doch den wahren Trumpf in dieser Runde hatte er noch garnicht ausgespielt...

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    “Da hast du recht“, meinte Rodewini kalt. “Das reicht mir als Grund nicht.“
    Das war vollkommen verrückt, was Lando da als Grund angab. Zum einen konnte er sich nicht vorstellen, dass Lando, auch wenn er ihn als ehrenwerten Mann einschätzte, sich wirklich so viele Sorgen um Rodewinis Grenzen machte, und zum anderen waren die Dinge, die für Phelan sprachen, doch wirklich klein im Vergleich zu den Vorteilen, die Lando trotz allem brachte.
    “Ich bin sicher, Phelan wird einmal ein ehrbarer Mann sein, der seiner Familie sehr viel Ehre bringen wird. Aber er ist jung und unerfahren. In fünf Jahren können wir uns gerne noch einmal über ihn unterhalten. Aber wie alt ist er? Zwanzig? Die Braut ist fast so alt wie er.“
    Rodewini machte eine hilflose Geste mit den Händen. Sein Bruder Sarwolf vertraute ihm zwar und hatte ihm Elfleda ja auch in gewisser Weise zur Verfügung gestellt, so dass er sie voll und ganz für seine Politik einsetzen konnte. Aber ihm klarzumachen, warum seine Tochter einen jungen Burschen heiraten sollte, der noch nichts geleistet hatte und gerademal so alt war wie seine Tochter selbst, das war noch mal ganz was anderes. Bisher lief ihre stillschweigende Übereinkunft unter dem Wissen, dass Elfleda nicht nur eine für ihre Sippe vorteilhafte, sondern auch starke Partie ehelichen würde. Phelan fiel zumindest momentan eher weniger in diese Kategorie Mann.


    “Und du weißt so gut wie ich, dass die Sicherheit meiner Grenzen nicht von dieser einen Hochzeit abhängen wird. Wenn die Heruten angreifen wollen, werden sie es mit oder ohne diese Hochzeit tun. Und ich werde mich dann schon zu verteidigen wissen.“
    Dieses kategorische nein von Lando wollte Rodewini nicht einfach so akzeptieren. Die Gründe waren in seinen Augen nur Vorwände, und warum sich Lando so weigerte war nicht im Mindesten verständlich.
    Wenn Rodewini dieses Bündnis nicht so sehr wollen würde, wäre dies so ein Zeitpunkt gewesen, sich umzuorientieren und die Amisvarier einfach zu vergessen. Oder wahlweise Lando den Hals umzudrehen. Am besten wohl beides. Aber er versuchte, seine Wut erstmal zurückzustellen. Vielleicht ließ sich der Dickkopf ja noch umstimmen.
    “Mein Angebot galt für dich, nicht für den jungen Gunnarssohn. Und ich sehe keinen Grund, das Angebot abzuändern.“

  • "Und was genau muss ich tun, um dich von diesem fix an mich gerichteten Angebot abzubringen?", fragte Lando, mit stärker knirschenden Zähnen und schon fast hilfloser Gestik, dieser Rodewini war ein größerer Dickkopf als er gedacht hatte, wie bei Lok... bei den Nornen sollte er aus dieser Nummer wieder rauskommen? Und was würde Phelan eigentlich sagen, wenn er ihm auf die Nase binden würde, dass er ihn mit einer germanischen Edelfrau verheiraten wollte?


    Lando wandte den Blick ab, und bemerkte zum ersten Mal seit langer Zeit, dass sein Plan nicht aufgehen würde... nicht, dass er nicht durfte, er hatte sich ja mit seiner Schwester darüber unterhalten, und trotzdem... wahrscheinlich war es die männliche Panik, wenn es darum ging in Ketten gelegt zu werden. Er wusste es selbst nicht... sein Widerstand bröckelte, und er hasste sich selbst dafür. Dann kam ihm eine Idee, er würde es in die Hände der Götter legen, ob er selbst den Schritt in die Ehe wagen sollte.


    "Wir werden darum würfeln.", haute Lando sein letztes Angebot raus, ein gutes Würfelspiel war das beliebteste Mittel, um Entscheidungen herauszukitzeln, die sich den Menschen nicht offenbahren wollten...

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