Die Gaue der Mattiaker - das Dorf der Sippe des Rodewini

  • Das Verhör von Elfleda und Loki, was sie sich gegenseitig boten, bekam Phelan in keinster Weise mit. Er hatte zwei Gründe, auf die er felstenfest fixiert war .. zwei Gründe, die eine Cousine von Elfleda vor sich trug .. ihre dicken Titten. Zuerst konnte er sich voll und ganz Elkes Redefluss hingeben. Sie redete sehr sehr viel, auch wenn vieles mehr Geplapper glich, aber irgendwann bemerkte er ihren üppigen Busen und nunja .. der junge Duccier war eben halt auch nur ein Mann und er hatte schon länger nicht mehr die Gelegenheit dazu gehabt, außer bei seiner Schwester, was aber erstens sehr unspektakulär war, da sie seine Schwester ist und zweitens, weil es ganz normal zwischen den beiden war, immerhin waren sie zusammen aufgewachsen und hatten in einem Bett geschlafen. Da kam es durchaus des öfteren, naja sagen wir jeden Tag, vor, dass die beiden sich nackt sahen.


    Kurz schielte er zu Loki herüber und warf ihm einen Blick zu, ein Blick der Kontrolle ob zwischen ihm und Elfleda alles gut lief. Gespannt wartete er auf seine Antwort, immerhin war sein Vetter der Meister der Mimik und konnte so jede Gefühlslage haargenau in seinen Gesichtszügen zeigen.

  • Auch wenn die Antworten Elfleda vielleicht nicht gefallen mochten, die er ihr geben würde, aber sie wollte sie dennoch alle hören. Solange sie wahr waren, war ihr das für den Anfang genug. Sie hielt nicht viel von Schmeicheleien und Beschönigungen, da war ihr die raue Wirklichkeit oftmals lieber. Von schönen Worten wurde niemand gesund, eine Schmeichelei füllte einem nicht den Magen. Mit der Wahrheit konnte man sich aber häufig irgendwie arrangieren – oder man wusste zumindest, dass man es nicht konnte.
    Seine Erklärungen zu der Stadt waren etwas verwirrend. Elfleda versuchte ihm zu folgen, aber wie man nur mit Handel soviel Reichtum machen sollte, war ein verwirrendes Konzept. Zwar handelte ihr Vater auch, auch manchmal mit den verbündeten Römern, aber der wahre Reichtum hier lag in der klugen Bewirtschaftung durch Rodewinis Neuerungen auf dem Land. So brachten die Felder des Dorfes gute Erträge ein, trotz der harten Winter.
    “Nicht alles. Aber dass du kein armer Mann bist, hab ich schon gehört.“ Sie lehnte sich gegen den Holzpfeiler, an dem sie stand und sah Lando verschmitzt an. “Zwei Barren Eisen… vier Pferde… ein Silberbecher…“ Ihr Grinsen wurde immer breiter und sie schüttelte lachend den Kopf. Das war wirklich nichts, was ein armer Mann hätte bezahlen können. Er musste wirklich sehr reich sein, oder er musste Elfleda wirklich haben wollen. Wenn ihr das nicht doch schmeicheln würde, hätte sie gesagt, ihr Vater habe Lando über den Tisch gezogen. Soviel war keine Frau wert, auch nicht eine mattiakische Adelige. Aber es schmeichelte ihr nun doch zu sehr, um so etwas auch nur anzudeuten.
    “Dann tauscht ihr mehr untereinander mit den Römern eure Waren? Auch mit diesen Münzen?“
    Elfleda kannte das Prinzip der Münzen. Dafür waren ihre Vorfahren schon lange genug mit den Römern verbündet, um dieses Prinzip gelernt zu haben. Auch wenn es untereinander keine Beachtung besaß und Elfleda in ihrem Leben auch nur ein paar Münzen jemals gesehen hatte. Im Grunde war es nichts anderes, als würde man gegen Schmuck tauschen, nur dass der eben nicht in Form von Spangen, Reifen und Fibeln bearbeitet war, sondern in flachen Münzen mit dem Bild eines Mannes darauf bestand. Ein wackeliges Prinzip, wie Elfleda fand. Immerhin besaß Schmuck wenigstens Kunstfertigkeit, und andere Waren wie Pelze, Leder oder Nahrungsmittel einen eigenen Wert. Die Münzen waren ihr da etwas suspekt, da sie ihnen nicht direkt einen Wert zuordnen konnte.
    “Und das mit der Verwaltung versteh ich auch nicht so recht. Meinst du die Verwaltung der Betriebe?“
    Es war wirklich etwas schwer zu verstehen. Elfleda war ja nicht dumm und hatte auch schon einiges über die Römer gelernt. Aber manche Dinge wusste sie einfach noch nicht.

  • "Eh... ja... also... naja....", stotterte Lando, als sie auf den Muntschatz zu sprechen kam, "Naja... in meinem alten Stamm war es Gang und Gäbe, die Hälfte seines Vermögens für die Braut zu geben, schließlich wurde die Habe des Mannes durch die Frau wieder vervollständigt. Ich meine... ich will dich nicht zu einer Ware reduzieren, aber es bedeutet für mich einfach, dass durch dich meine Welt wieder komplett wird. Bei den Göttern, klingt das schmalzig... vergiss was ich gerade gesagt habe.", er grinste sie breit an, und versuchte sich dann wieder an einer Erklärung der römischen Wirtschaft: "Das mit den Münzen ist eigentlich garnicht so kompliziert. Sie bestehen ja aus Edelmetall, wie Gold, Silber oder Bronze, und sind halt verschieden groß, Es ist wie Schmuck, den man einschmilzt... und damit kann man dann halt Dinge kaufen. Der Preis variiert, je nachdem wie selten eine Ware ist. Hier in Germania zum Beispiel ist der Pelz eines Bären soviel wert wie eine Goldmünze. In Rom aber, wo es nichtmehr so viele Bären gibt, bekommst du für einen Bärenpelz zwei Goldmünzen. Und die Verwaltung, das ist einer der Gründe, warum die Römer bis an den Rhenus vorstoßen konnten: ihre Stämme, die man an dem Namen erkennt, sind perfekt organisiert. Es gibt Leute, die sich nur darum kümmern, die Nahrung für die Armee zu organisieren, oder die Straßen bauen und reparieren zu lassen, oder vieles andere... ich zum Beispiel arbeite in einer Behörde, die sich Cursus Publicus nennt, und bin für den Nachrichtenverkehr von Mogontiacum nach Rom und andere Teile des Reichs zuständig."


    Er sah zur Seite, begann er wirklich schon so geschwollen zu reden, wie Phelan es immer tat, wenn sich eine Person mit hohem Östrogenwert näherte. Apropos Östrogenwert, Verus unterhielt sich gerade angeregt mit Elfledas Cousine, deren Namen Lando nicht kannte, und just in diesem Moment schaute er herüber, und sah Lando fragend an.
    Lando versuchte sich so unauffällig wie möglich in seinem Ey-Mann-was-geht-hier-eigentlich-Blick aufzusetzen, und auch so schnell wie möglich wieder abzusetzen... stierte Phelan da gerade auf die Oberweite von Elfledas Cousine? Gehetzt blickte Lando sich zu Rodewini um, der gerade mit einem anderen Kerl wettsaufen machte, und so nicht in der Lage war, Phelan den Kopf abzureissen... puh, Glück gehabt.

  • Elfleda würde es ganz sicher nicht vergessen. Immerhin hatte es ihn in Verlegenheit und zum Lächeln gebracht. Zum ersten Mal war er nicht ernst. Sie schaute ihn lächelnd an und fand diesen Zug an ihm sympathisch. Zwar gab sie auf sowas bei weitem nicht so viel wie ihre Cousine Elke beispielsweise, die in ihren naiven Träumen nur darauf zu bauen schien, aber das hieß ja nicht, dass sie nicht auch ein normaler Mensch war, der ein Lächeln nicht mochte.
    Die Erklärung mit den Münzen war in etwa das, was sie schon verstanden hatte. Auch wenn sie es trotz allem merkwürdig fand. Vielleicht sollten sie mehr Bären jagen und die Pelze an die Römer verkaufen, wenn diese ihnen doppelt soviel wert waren wie den Germanen. Und auch die Sache mit der Verwaltung klang widersinnig. Wenn sich ein Mann nur um eine einzige, kleine Aufgabe kümmerte, wie konnte das System dann so gut funktionieren? In ihrer Welt konnte jeder nach Möglichkeit alles Lebensnotwendige. Wenn man einen der ihren im Wald aussetzen würde, würde er wohl überleben, bis er sich wieder einer Sippe angeschlossen hätte und dort als wertvolles Mitglied sich selbst versorgen konnte. Nungut, auch hier war es mehr und mehr so, dass einige nur eine Sache machten. Nicht jeder schmiedete selbst, viele ließen es Gerleif machen. Nicht jeder baute selber an, sondern viele tauschten untereinander, auch mit anderen Sippen tauschten sie mittlerweile viel. Aber dennoch war es in Grundzügen so, dass jeder Mann Bauer und Krieger und notfalls Werkzeugmacher, Schuster, Tierzüchter und Schedler, Zimmermann und Holzfäller selbst war. Die einen mehr, die anderen weniger. Die Edlen unter ihnen eher weniger, dafür hatte man ja auch schließlich Gesinde, aber nichts desto trotz funktionierte jede Sippe autark von der nächsten. Sich vorzustellen, bei der Größe des römischen Reiches, dass dort alle nur immer etwas bestimmtes machten und es dennoch funktionierte, war… nunja, unvorstellbar eben.
    “Dann bist du ein Bote?“
    Verwirrt blinzelte Elfleda Lando an. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Bote zu soviel Reichtum gekommen sein sollte. Ihr gefiel die Vorstellung nicht besonders, dass ihr Mann möglicherweise mehr unterwegs als zuhause dann wäre. Sie wollte ja schließlich dann auch was von ihm haben.
    Als Lando sich plötzlich nach Rodewini so umdrehte, folgte sie seinem Blick kurz und sah ihn dann noch ein wenig fragender an. Sie hatten doch nichts gemacht, weswegen er sich hätte Sorgen machen müssen? Sie berührten sich ja noch nicht einmal, außerdem waren sie verlobt. Was ihn zu dieser hektischen Bewegung inspiriert hatte, konnte sie nur mutmaßen. Aber eigentlich gab es nichts. Außer, ihre Frage hatte ihn irgendwie gestört und das war ein hilfesuchender Blick gewesen. Auch wenn er mehr ertappt gewirkt hatte.

  • "Eh, nein. Ich verwalte die Boten, die in und um Mogontiacum die Briefe zustellen, sorge dafür dass die Poststationen versorgt sind. Das Prinzip ist das folgende: du weißt, dass die Römer lange Straßen bauen. Von Rom bis hier oben in den Norden. Entlang dieser Straße, auf der Strecke einer halben Tagesreise zu Pferd, sind Poststationen eingerichtet, kleine Häuser mit einem Stall nebenan. Briefe werden von Boten von Station zu Station gebracht, und dort einem neuen Boten mit einem neuen Pferd übergeben, damit diese schneller vorrankommen als ein Bote, der die enorm lange Strecke hinter sich bringen muss. Das bedeutet einen relativ schnellen Verkehr von Nachrichten, aber auch viel Verwaltungsaufwand. Ich habe noch einen Vorgesetzten, der sich um das ganze Postwesen der Provinz kümmert... aber, um ehrlich zu sein: ich mache das nicht des Geldes wegen. Ich mache es, weil ich etwas zurückgeben will. Das römische Reich hat meiner Sippe, nachdem ihr alter Stamm zerschlagen wurde, die Möglichkeit gegeben sich wieder eine Zukunft aufzubauen, und dafür sind wir, bin ich, dankbar. Deshalb... ich verdiene mit meinem Handelshaus genug für ein Leben mit bescheidenen Annehmlichkeiten. Und mein Dienst beim Cursus Publicus ist eher... ein Ehrendienst. Ich habe so viel Gewalt in meiner Vergangenheit gesehen, ich will nicht noch mal zur Armee... außerdem wäre es mir dann verboten zu heiraten.", er zwinkerte sie offen an, war dies doch alles was er im Moment wollte...

  • Auf sein Zwinkern reagierte Elfleda mit einem offenen Lächeln. Es war ein angenehmes Gefühl, zu merken, dass er sie wirklich heiraten wollte und es nicht nur aus politischem Kalkül zu tun schien. Soviel hatte Elfleda im Grunde nie zu hoffen gewagt, ihr war immer klar gewesen, dass sie nach stammespolitischen Gesichtspunkten verheiratet werden würde. Aber Lando versprach ihr jetzt schon sehr viel. Sie solle glücklich werden, hatte er gesagt. Er erkundigte sich, was ihr wichtig war, und meinte, es würde ihr an nichts mangeln. Und diese kleine Gesten und Worte - auch wenn sie, wie er schon sagte, etwas schmalzig geklungen hatten - waren einfach schön zu hören. Da fühlte Elfleda sich begehrenswert.
    Allerdings versuchte Elfleda, ihn deshalb nicht anzuschmachten. Im Grunde war sie ein vernünftiger Mensch und ließ sich da nicht über die Probleme hinwegtäuschen. Es war ja nicht alles nur eitel Sonnenschein, was er ihr berichtet hatte. Er war der Acht ausgesetzt, sein Stamm zerschlagen und nurmehr in Mogontiacum von Einfluss, und die Älteren waren nach seinen Worten fast alle tot. Es war bei weitem nicht alles perfekt und sie würde kein faules und leichtes Leben haben. Nicht, dass Elfleda sowas gewollt hätte, dafür war ihr eigener Ehrgeiz wohl auch zu groß. Aber dennoch war es eben nicht einfach.
    Und doch, wenn sie ihm so zuhörte, wie er von seinen Beweggründen sprach, den Römern zu helfen, musste sie ehrlich lächeln. Bevor sie ihn wirklich noch peinlich treudoof anschaute, senkte sie kurz den Blick und schaute dann über die Feiernden hinweg.
    “Ja, das habe ich auch schon gehört, dass die Römer ihre Kämpfer nicht heiraten lassen. Ein wenig seltsam, oder? Ich meine, für was kämpfen sie dann?“
    Immerhin waren die Frauen und Kinder die letzte Bastion, die es zu verteidigen galt, und nicht erst eine Schlacht wurde unter starker Anstrengung noch gewendet, weil die Männer ihre Frauen hinter sich gesehen hatten und daraus neuen Mut geschöpft hatten. Wenn diese Männer also gar nicht heiraten durften, wofür kämpften sie dann? Nur für Ruhm und Ehre? Die Römer waren eindeutig anders als die Germanen.
    Sie wandte sich wieder Lando zu und ließ ihren Blick kurz über ihn gleiten. Sie war froh, wenn er nicht mehr soviel kämpfen wollte, auch wenn er aussah, als könne er das wohl. Er war gut in Form, groß, sah kräftig aus. Er hatte etwas ruhiges und ernstes an sich, ähnlich einem Wolf. Und sein Lächeln war ansteckend.


    Verdammt, jetzt himmelte sie ihn ja doch an!


    Um den peinlichen Moment zu überspielen - vielleicht hatte er ihren Blick ja auch gar nicht bemerkt? - sah sie sehr interessiert nach seinem Becher.
    “Möchtest du noch etwas Met?“

  • "Soweit ich weiß, lassen sich die Soldaten nicht davon abhalten, sich mit Frauen einzulassen, es sind ja auch nur Menschen. Allerdings dürfen sie diese nicht heiraten, bis zu einem gewissen Dienstgrad. Genau weiß ich allerdings nicht bescheid, und auch nicht, warum es überhaupt so ist... wir hatten zwar einige Soldaten in unserer Sippe, aber diese lebten nie lange genug, um das Wissen darüber mit den nachfolgenden zu teilen... leider... Met? Ja, gerne.", schmunzelte Lando, dem die Art seiner Verlobten natürlich vollkommen abging. Was Frauen anging, hatte er tonnenweise Erfahrung darin, mit ihnen zu streiten, aber kaum Erfahrung darin, wenn es um das menschliche Balzgehabe ging. Eigentlich keine, wie er immer wieder feststellen musste... sein junger Begleiter Phelan allerdings schon. Dieser unterhielt sich gerade angeregt mit irgendeiner von Rodewinis Nachkomminnen , und Lando, sichtlich befangen von seiner Verlobten, bekam weniger als halb mit, was da gerade eigentlich abging. Und eigentlich konnte er da auch früh drüber sein... ;)


    "Wie ist es mit eurem Stamm? Ist der Krieg, den ihr gemeinsam mit den Römern gefochten habt, auch die letzte Prüfung für euch gewesen?"

  • Eine Frau zu nehmen, ohne sie zu heiraten, empfand Elfleda als Unsitte. Natürlich gab es das auch unter Germanen, dass sie eine Kebsfrau nur hatten, allerdings war das ja nicht dasselbe wie eine Ehefrau. Elfleda verstand auch nicht, wie sich eine Frau dafür hergeben konnte. Viele sagten, aus Liebe, aber wenn die Liebe einen dazu trieb, die persönliche Ehre wegzuwerfen, war Elfleda lieber nicht verliebt. Und natürlich gab es auch noch die Möglichkeit, dass die Frau nicht freiwillig mit dem Mann zusammen war, dann war es aber erst recht eine Schande.
    Elfleda ging schnell ein paar Schritte, um einen Krug mit Met von der nächsten Tafel zu stibitzen. Die Blicke ihrer Verwandten quittierte sie mit einem unschuldigen Klein-Mädchen-Lächeln und ging dann schnell wieder zu Lando, um ihm nachzuschenken.
    “Die letzte Prüfung? Ja und nein. Der letzte Winter war recht schlimm, das war eine Prüfung der Götter. Und wir hatten ein wenig Ärger mit ein paar Chatten. Das war zwar kein so ausgewachsener Krieg wie das mit den Römern, aber mein Bruder Arndt ist dabei gestorben. Sein Schild ist geborsten, und… nunja, er starb ehrenvoll.“
    Auch so etwas gehörte dazu. Es gab wohl keine Familie, die nicht irgendwo einen Angehörigen auf dem ein oder anderen Schlachtfeld gelassen hatte. Elfleda zuckte kurz mit den Schultern und brachte dann kurz den Krug wieder zurück. Es machte ihr nichts aus, über ihren Bruder zu sprechen, aber das Thema war vielleicht nicht so geeignet für eine Verlobungsfeier. Außerdem wollte sie nicht, dass Lando den Eindruck hatte, sie würde dem immer noch wehmütig nachhängen. Sie hatte ihre Trauer und würde ihn nie vergessen, aber das Leben ging auch weiter und hatte noch viele Prüfungen im Gepäck.
    Wieder bei Lando angekommen lehnte sie sich wieder gegen den Stutzbalken und überlegte, was sie ihn noch fragen könnte. Es gab da zwar noch einige Dinge, die ihr durch den Kopf schossen, allerdings wollte sie die nicht laut aussprechen.
    “In der Stadt, spricht man da unsere Sprache oder die römische?“ Wenn es Latein wäre, würde sie noch ein wenig mehr üben müssen, ihr Vokabular war doch recht eingeschränkt. Bislang war der wichtigste Satz ohnehin gewesen. „Mein Vater ist Sarwolf von den Mattiakern. Berede das mit ihm.“ Den konnte sie perfekt. Aber für alles andere fehlte ihr ein wenig die Übung und jemanden, mit dem sie sich in dieser Sprache hätte unterhalten sollen.

  • Dankend nahm Lando den wiederaufgefüllten Becher zur Kenntnis, und nutzte die Chance, um unauffällig kurz über die Hand seiner Verlobten zu streicheln. Solche kleinen Berührungen waren bis zur Hochzeit das einzige Los an Nähe, was man zur Verfügung hatte, wenn überhaupt, und es ging wohl bei jedem germanischen Paar so, das sich auf Anhieb sympathisch war.
    Lando war nicht ein so eifernder Gefühlsmensch wie seine Schwester, im Endeffekt war er der festen Meinung, sich noch nie verliebt zu haben.
    Seine Schwester brachte das ja alle naselang zustande, und Lando fragte sich, ob alle Frauen so tickten. Er blickte seine Verlobte neugierig an, ob die sich wohl gerade in ihn verliebte?
    Eila hatte ihm das Gefühl, des Verliebens mal beschrieben, natürlich aus weiblicher Sicht, aber immerhin: das Gefühl, dass etwas fehlt, wenn eine bestimmte Person nicht da ist. Und zwar so fehlt, dass alles grau scheint, und keine Farbe der Welt kann Leben in den Moment bringen, bis auf diese eine Person.
    Lando hatte das nie verstanden. Die einzige Person, auf die das zutreffen würde, war seine Schwester, und das wurde ihm bisher als brüderliche Sorge beschrieben. Wie also sollte es in der richtigen Liebe verlaufen? Er schüttelte den Gedanken ab, er würde das wohl noch früh genug feststellen...


    "Die Sprache, meinst du?", griff Lando den Faden auf, den Elfleda gerade durch ihr Gespräch wob, "Naja. Mogontiacum ist vorrangig eine Veteranenstadt, es gibt einige alte Männer, die die fünfundzwanzig Winter in der Legion abgeleistet hatten. Aber die meisten Menschen sind keine römischen Bürger, eher Leute aus den linksrhenusischen Stämmen, also Germanen. Die sprechen alle einen ähnlichen Dialekt wie ihr hier, es sollte kein Problem für dich darstellen, dich dort zu verständigen. Außerdem haben wir ab und zu einen Lehrer im Haus, der unseren Jüngeren Latein beibringt, damit wir vernünftig mit den Römern kommunizieren können... aber allgemein, auf dem Markt wird ein Mischmasch gesprochen, etwas Latein, viele Dialekte aus der Region, und auch ein wenig von den alten keltischen Stämmen im Westen. Eigentlich braucht man alles... ich selbst habe mich lange schwer getan mit dem Latein, sehr lange. Und als ich es konnte, lief einiges leichter... aber es gibt auch Römer, die die hiesigen Dialekte lernen, um ihre Ware besser verkaufen zu können. Wie gesagt, ein riesen Mischmasch, es sind ja auch mehrere tausend Leute in der Stadt. Alleine mehr als fünftausend sind im Castellum der römischen Legion..."

  • Die Erinnerung an die sanfte Berührung ihrer Hand verblasste langsam schon, ebenso wie die an das Gefühl, als sie im Kreis der Zeugen gestanden hatten und sich verlobt hatten. Gerne wäre Elfleda näher gekommen, hätte Landos Hand ergriffen, einfach etwas mehr Näher hergestellt. Im Allgemeinen war sie eher berechnend als von Gefühlen beherrscht, aber sie merkte, dass sich ein Teil von ihr nach seiner Berührung sehnte. Die Zeit bis zur Hochzeit erschien ihr mit einem Mal unendlich lang, und auch wenn sie sich ein wenig auch davor fürchtete, war sie doch auch sehr neugierig darauf. Und sie merkte, dass sie seine Nähe genoss.
    Kurz flitzte die Frage durch ihre Gedanken, ob sie sich das Ganze vielleicht nur einredete. Immerhin würde sie Lando heiraten, egal, wie sie ihn eigentlich fand. Selbst wenn er ihr unsympathisch gewesen wäre, er hässlich gewesen wäre oder steinalt, hätte sie ihn heiraten müssen, wenn ihr Vater es so wollte. Vielleicht suchte sie deshalb auch nach Dingen an ihm, die ihr gefielen? Aber wenn sie ihn sich so ansah, war es ihr egal, ob sie nach diesen kleinen Zeichen nun suchte oder ob es einfach wirklich ohne Einmischung ihres Unterbewusstseins so war. Lando gefiel ihr. Sie fand ihn angenehm. Sie mochte ihn.


    “Fünftausend?“ Das war eine ganze Menge Menschen. Für Elfleda war ihr Dorf schon groß mit seinen etwas mehr als hundert Menschen. Oder das Dorf von Degenhardi, ihres Nachbarn in östlicher Richtung, der fast dreihundert Leute dort beherbergte. Aber fünftausend? Seit dem Krieg, den Lando erwähnt hatte, hatte Elfleda keine so große Menschenmenge mehr gesehen. Und damals waren ihr die vielen Krieger schon gewaltig viel vorgekommen. Und Lando sagte dieses Wort, als wären das nur sehr wenige. Ein klein wenig fühlte sich Elfleda dabei, als läge ihr Dorf hier ganz am Rande Midgards, wo man nichts mehr mitbekam vom eigentlichen Geschehen der Welt.
    “Nun, das sind dann eine ganze Menge Menschen, mit denen ich mein Latein dann üben kann. Ich verstehe vieles von ihrer Sprache, aber beim Sprechen bin ich mir meist etwas unsicher. Vater und Rodewini können es viel besser als ich, aber die müssen ja auch mit den Römern reden, wenn welche hierher kommen. Ich rede meistens…“ Sie überlegte kurz, wie es richtig heißen musste. Dass die Römer aber auch so viele verschiedene Fälle hatten! Und jedes Mal änderten sich alle Worte grundlegend. in verbis simplicis et in sententiae brevis. Sie wusste, sie hatte die Grammatik mal wieder etwas durcheinandergebracht und sah daher lächelnd kurz zu Boden. Das würde sich mit etwas Übung sicher legen, und nun hatte sie ja auch einen Grund, ein wenig mehr zu üben und zu fragen, wie es richtig heißen musste. Sie wollte sich ja dann nicht immer nur mit einfachen Worten und in kurzen Sätzen ausdrücken. Schließlich sollte ihr Mann dann auch sehen, dass er eine ebenbürtige Partnerin und eine Unterstützung für sich an seiner Seite hatte, und keine Last, die sich nichtmal vernünftig in der neuen Umgebung ausdrücken konnte.
    “Aber ich denke, das kommt dann mit der Übung, dass ich das auch besser spreche.“

  • "Bevor du dich allzusehr freust...", beschwichtigte Lando die Vorfreude seiner Verlobten, "Es wird eine ziemlich harte Zeit, das kann ich dir prophezeien. Alleine der Kulturschock, also, dass auf einmal einiges anders ist, wird schwer zu verdauen sein. Ich hab auch einige Zeit gebraucht, eigentlich Jahre, bis ich mich daran gewöhnt hatte... einige in unserem Haushalt verlassen das Grundstück kaum, weil sie weder den Römern noch ihrer Art zu Leben über den Weg trauen, oder pendeln nur zwischen unserer Hufa und der Casa, um Lebensmittel zu holen... Getreide, Bret, Gemüse, Kräuter... all das pflanzen wir außerhalb der (unhistorischen, aber schön anzusehenden :D) Stadtmauern an. Es ist nicht so, als hätten wir vollkommen verlernt, wie es sich in der Welt unserer Väter lebt... mein Vetter Phelan, der sich da so angeregt mit... eh... Alke? ..unterhält, ist zum Beispiel ein absoluter Naturbursche. Gib ihm ein Messer, und setz ihn drei Tagesreisen von zuhause aus, er kommt trotzdem nach Hause, ohne eine Menschenseele gesehen zu haben, oder dabei bekloppt geworden zu sein... wobei... vergiss das mit dem bekloppt, ich bin mir da immernoch nicht so sicher.", er grinste sie verschmitzt an, und fuhr dann fort, "Einige unserer Leute sind von der römischen Art zu Leben mehr angetan als andere, das ist jedem selbst überlassen. Innerhalb der Casa ist der Komfort, den wir genießen, wahrscheinlich durch und durch römisch... eigene Zimmer. Zwar klein, aber man hat Privatssphäre... je nachdem, ob es einem beliebt. Phelan wohnt mit seiner Schwester zusammen in einem Zimmer, ich und meine Schwester bewohnen verschiedene Zimmer, wahrscheinlich hätten wir uns sonst gegenseitig umgebracht. Alles in allem ist es ein Haus, das in keinster Weise mit einem Langhaus zu vergleichen ist. Es gibt verschiedene Räume, und keinen großen, in dem quasi alles stattfindet. Das ist sehr römisch, meine ich. Auch die Bauart, wie ich dir schon erzählt habe... alles aus Stein. Obwohl wir sehr viel Holz mit eingebaut haben, damit die Geister der Natur in unserem Heim auch ihre Schlupfwinkel haben. Es ist eine Mischung aus beidem... du wirst einiges bekanntes sehen, aber andererseits auch vieles, das dir neu ist. Aber du darfst dich davon nicht einschüchtern lassen...", er lächelte sie aufmunternd an, "Das ist alles halb so schlimm, wenn man Leute hat, die einem helfen. Und das wirst du..."

  • “Elke…“ berichtigte sie Lando mit abwesend klingender Stimme und einem noch viel abwesender aussehenden Blick zu besagter Cousine und Phelan, während sie seinen Ausführungen zuhörte. Seine Worte waren so fremd für sie, dass sie noch nicht einmal bewusst registrierte, wie euphorisch Elke über das Gespräch mit Phelan zu sein schien, sonst hätte sie Landos Vetter vermutlich gerettet. So aber versuchte sie nur zu verstehen, was ihr Verlobter ihr da sagte.
    “Wie meinst du das mit den Zimmern?“ Elfleda konnte sich das noch nicht einmal so richtig vorstellen. Sie hatte ja schon gehört, dass Römer ihre Häuser in mehrere Zimmer unterteilten, aber die Amisvarier waren doch auch Germanen? Und was meinte Lando mit Privatsphäre? Sie hatte in ihrem ganzen Leben wohl noch keine Stunde Privatsphäre gehabt. Im Dorf sowieso nicht, und allein nach draußen in den Wald ging sie nicht. Nicht, weil sie Angst davor gehabt hätte, sie konnte auf sich aufpassen, das wusste sie. Aber es gab einfach keinen Grund, sich dem Risiko auszusetzen, allein im Wald von Sklavenhändlern oder sonstigem aufgegriffen zu werden, noch dazu, wo sie ja nicht die Tochter eines Unfreien sondern die des Richs war. Die Zeiten, in denen Elfleda wirklich ganz und gar alleine gewesen wäre, die konnte man wirklich an einer Hand abzählen. Daher verstand sie auch nicht, was Lando mit dem Bedürfnis nach Privatsphäre meinte.
    “Meinst du, wir beide sind dann in einem Zimmer ganz alleine? Nur du und ich und sonst niemand?“
    Nach dem ersten Schock, der sich nun nach dem Aussprechen legte, dachte Elfleda darüber nach, was das bedeuten würde. Und so ungewohnt dieser Gedanke war, so interessant wurde er nun auf der anderen Seite. Wenn sie ein Zimmer nur für sie beide hatten, dann war das ein wirklich unerhörter Luxus. Das Maß, in dem man Rücksicht auf andere nehmen musste, war damit auf einmal um einiges kleiner geworden. Dennoch hinterließ es ein mehr als nur etwas merkwürdiges Gefühl, allein es sich vorzustellen.
    “Und deine Schwester wohnt mit ihrem Mann auch dort? In einem anderen Zimmer?“
    Das war vielleicht etwas ungewöhnlich, denn normalerweise wechselte die Frau in die Sippe des Mannes und nicht andersherum, aber vielleicht gehörte der Mann ja zur erweiterten Sippe, war befreundeter Kämpfer oder dergleichen. Aber Elfleda war sich sicher, dass niemand auf Midgard so lange darauf hatte warten müssen, verheiratet zu werden, wie sie. Immerhin war sie schon 18, da hatten die meisten anderen Frauen schon zwei bis drei Kinder. Sofern alle überlebten, aber dennoch.

  • "Eh, ja.", antworte Lando knapp, den die Frage schon ein wenig verwirrte, "Ja. Du und ich, alleine in einem Zimmer... ist das ein Problem für dich? Es wäre sicher kein Problem, ein eigenes Zimmer für dich herzurichten."
    Es war schon etwas seltsam... war sie nicht daran gewohnt, ständig in Anwesenheit anderer Menschen zu leben? Lando hatte es nach seinem Einzug in die Casa schon als puren Luxus empfunden, alleine seine Geschäfte verrichten zu dürfen... seine Zeit in der Insula war da schon anders gewesen, da gab es nichts anderes als Nachttopf und die öffentlichen Latrinen. Andererseits könnte es sein, dass die Fürstentöchter heutzutage vom römischen Einfluss, der in die Stammesgebiete einsickerte, so verwöhnt waren, dass sie schon eigene Zimmer forderten. Lando war das nicht unbedingt recht, er empfand es als Unsitte, dass ein Ehepaar in getrennten Zimmern wohnte, und sich nur zum kopulieren in einem Raum einfand. Für ihn war die Verbindung zwischen Mann und Frau was heiliges, so von den Göttern gesegnet, und etwas, das man nicht durch Mauern trennen sollte.. etwas ratlos blickte er also seine Verlobte an, und als diese eine Frage hinsichtlich seiner Schwester stellte, war es um Lando geschehen.


    "Also... naja... meine Schwester ist nicht verheiratet. Ich weiß, sie müsste es schon lange sein, aber unsere Lebensumstände haben uns andere Prioritäten diktiert als die Suche nach einem passenden Ehemann. Das ist unüblich, allerdings ist unser Lebenslauf auch alles andere als üblich. Das wird noch kommen, ist es aber noch nicht...", eine schwache Antwort, aber Lando hatte im Moment nicht die geringste Lust über seine heiratsunwillige Schwester zu reden...

  • Ein eigenes Zimmer nur für sie ganz alleine? Elfleda konnte nicht umhin, Lando kurz anzuschauen, als hätte er den verstand verloren. Sie wollte schon darauf antworten, als er ihr gleich noch offenbarte, dass seine Schwester noch nicht verheiratet war. Aber die musste doch älter sein als sie selber? Was auch immer Elfleda gerade hatte sagen wollen, es war wie weggeblasen. Sie stand einen Moment nur sprachlos da, zwar mit unbewegter Mimik, aber ihre Augen verrieten doch ihren Unglauben an das gehörte.
    Es dauerte ein paar Herzschläge, ehe sie sich wieder gefasst hatte und verwirrt blinzelnd durchatmete. Das war wirklich etwas anderes. Offenbar ging es den Amisvariern von Mogontiacum doch noch um einiges schlechter, als Lando ihr gesagt hatte, wenn die nicht einmal ihre Frauen verheiratet bekamen. Wobei das vielleicht auch daran liegen konnte, dass seine Schwester wohl auch geächtet und Herutin war. Diese Sippe war doch komplizierter als Elfleda angenommen hatte.
    Sie wusste nicht so recht, was sie zu der Sache mit der Schwester sagen sollte. So ganz richtig fand sie es nicht. Normalerweise sollten die Frauen vor den Männern heiraten, vor allem, wenn das Mädchen schon so alt war! Elfleda wollte sich das gar nicht vorstellen, wie das sein musste. Landos Schwester tat ihr mit einem Mal richtig leid. Aber er selber schien darüber nicht wirklich sprechen zu wollen, und noch war das zarte Band des Vertrauens zwischen ihnen nicht dick genug, um ihn deswegen etwas mehr zu triezen. Daher sammelte sie ihre Gedanken und versuchte diese wieder auf die Zimmer zu lenken.
    “Also, ich will kein eigenes Zimmer. Wir sind dann doch verheiratet? Ich meine, ich hab noch nie ganz allein irgendwo geschlafen. Meine Geschwister und ich teilen uns das Lager, oder meine Basen, da schlafen wir auch oft beisammen. Wird einem nicht kalt ganz alleine?“
    Wenn sie sich vorstellte, im Winter war es mehr als angenehm, wenn man sich einfach an jemanden noch ankuscheln konnte, wenn einen ein wenig fror. Man musste sich doch schrecklich einsam fühlen, wenn niemand um einen herum war? Und wenn er ihr schon anbot, ein eigenes Zimmer zu beziehen, was dachte er sich dann mit den Kindern? Sollten die auch nicht bei ihnen bleiben? Dabei wusste doch jeder, dass Kinder dann verrohten, wenn sie nicht genug Nähe zu den Eltern hatten. Kuscheln war schließlich wichtig. Außerdem bemerkte man so viel eher Krankheiten und konnte einschreiten als Mutter. Elfleda gefiel der Gedanke nicht, allein irgendwo in einem Zimmer zu sein.
    “Ich will mit dir das Zimmer teilen. Oder willst du unbedingt alleine schlafen?“
    In dem Fall würden sie wohl doch streiten müssen. Elfleda hatte nicht vor, einen ganzen Raum für sich zu nehmen und dann nachts zu frieren, oder durch das Haus zu huschen, wenn ihr der Sinn nach Zärtlichkeit stand. Es musste ja auch Vorteile haben, verheiratet zu sein, so dass man dann nicht mehr nur davon träumen konnte, das zu tun, was man gerade verspürte.

  • "Das werde ich mir um nichts in der Welt nehmen lassen...", lächelte Lando seine Verlobte schmal an, auch wenn seine Augen einen Moment so etwas wie Verlangen ausdrückten. Ough, der Met. Lando kippte den Rest in sich rein, und überlegte wieviel er heute Abend schon getrunken hatte. Seitdem er im römischen Reich lebte, hatte seine Trinkfestigkeit eindeutig gelitten, wenn auch nicht gravierend. Der neunte? Zehnte? Elfte? Er wusste er nichtmehr, und musste auf einmal darauf achten nicht auf das gleiche Niveau wie sein Vetter herabzurutschen. Wäre Lando in diesem Fall ein fleissiger Gedankenleser, könnte er sich dazu hingerissen fühlen, Elkes T... Argumente mit denen seiner Verlobten zu vergleichen.
    Aber: Lando konnte keine Gedanken lesen. Also bewunderte er in diesem Moment einfach nur aus sehr kerliger Sicht die Schönheit seiner Verlobten, und riss sich wenige Sekunden später am Riemen, um wieder in unverfänglichere Gefielde zu gelangen...


    "Bei unserer Hochzeit werden einige Römer dabei sein, ich habe einige sehr vertrauenswürdige Freunde, die ich einladen werde, und einige weniger vertrauensunwürdigere Bekannte, die ich einladen muss.", versuchte Lando Land zu gewinnen, und riskierte gleichzeitig einen kurzen Seitenblick zu Sarwolf, um sich zu vergewissern, dass er nicht beobachtet wurde...

  • Einen Moment meinte Elfleda etwas in seinem Blick gesehen zu haben, was ihr einen warmen Schauer über den Rücken jagte. Die Zeit bis zur Hochzeit war in diesem Moment noch ein wenig länger gerade geworden. Sie wollte doch so sehr wissen, wie es war, und sie fühlte sich zu Lando auch jetzt bereits hingezogen. Doch dann war der Moment vorbei und ließ Elfleda nur mit wirren Gedanken zurück, während Lando sich der Hochzeit widmete.
    Eine gute Sache daran, Frau zu sein, war, dass das Blut nicht erst von Gegenden, in denen es mehr Spaß hatte, zurück zum Kopf fließen musste, und so blinzelte Elfleda nur einmal und war soweit wieder klar. Zwar hatte sie auch schon ein paar Becher Met getrunken zur Feier des Tages, aber nicht genug, um wirklich beschwipst zu sein. Sie trank doch eher sehr zurückhaltend, weil sie gerne die Kontrolle über alles behielt. Mit berauschem Kopf hatte man die aber doch eher selten.
    “Nun, das ist gut, wenn auch Römer Zeugen der Hochzeit werden. Das wird meinen Onkel sicher freuen, es sollen ja alle sehen, dass unsere Sippen verbunden sind.“
    Elfleda wäre es zwar nicht unrecht gewesen, auf germanischem Grund und Boden zu feiern, nur unter sich, aber sie verstand natürlich die Intentionen ihres Onkels und die Politik, die er damit verfolgte. Er suchte Anbindung an die Stadtgermanen, mehr nähe zu der Stärke der Römer, ohne die germanischen Wurzeln zu verraten. Es war teilweise eine Gratwanderung, aber es würde ihre Position stärken. Zumindest, wenn Landos Sippe doch so stark wie erhofft und nicht so zerschlagen wie von Elfleda jetzt befürchtet war. Daher wären römische Zeugen der Hochzeit wohl gar nicht schlecht.
    “Verstehen die Römer denn unsere Gebräuche?“
    Elfleda hatte nicht die geringste Ahnung von römischen Hochzeiten. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass die großartig anders sein sollten, aber die Römer beteten zu anderen Göttern als die Germanen, vielleicht waren auch ihre Gebräuche etwas verschieden.

  • "Richtig.", auch wenn es sich abzeichnete, dass diese Verbindung sicherlich nicht politisch-unterkühlt verlaufen würde, würde damit auch eine Menge ausgedrückt. Das würde eine lange Liste an geladenen Gästen werden, dessen war er sich sicher.


    "Ehm...", schon wieder so eine schwere Frage, aber was sollte er tun? Er hatte Sarolf damals genauso gelöchert, wie Elfleda gerade ihn mit Fragen abklopfte, und so kam er nicht umhin, den Lehrer für römische Fragen zu spielen, obwohl er sich selbst noch sehr schwer mit einigen Dingen tat.


    "Einige, ja. Es gibt ein paar Parallelen, besonders bei den Göttern. So wird Tyr von den Römern unter dem Namen Mars angebetet, Wodan als Iupiter, und Frigg als Iuno. Was die Traditionen angeht, geht es natürlich vollkommen auseinander, aber die Römer haben sich, zumindest teilweise, damit abgefunden, dass man Ruhe in den besetzten Gebieten vor allem durch kulturelle Freiheit erreicht. Es steht uns also frei, unsere Feste zu feiern, wie wir es seit Menschenleben tun, und auch unsere Hochzeit wird nach unseren Bräuchen stattfinden. Ich weiß nicht ob dein Vater es dir schon erzählt hat, aber wir müssen direkt nach dem Brautlauf zum Legaten, also dem Statthalter des Kaisers links des Flusses, um das Conubium zu beantragen. Das Conubium ist wichtig, du besitzt das römische Bürgerrecht nicht, ich tue es. Damit unsere Verbindung auch vor dem römischen Recht wirksam ist, und das ist wichtig, muss dir das Conubium verliehen werden. Unsere Kinder würden dann das Bürgerrecht erlangen, was für ihre Zukunft sehr wichtig sein kann."


    Kinder. Schon wieder. Lando würde sich fortpflanzen... oh mann... bekam er rote Ohren? Hoffentlich nicht.

  • Dass die Götter bei den Römern andere Namen hatten, damit hatte Elfleda kein Problem. Ein Gott war schließlich eine rohe Kraft der Natur, ein Gott eben. Warum sollten sie sich da auf einen kleinen Namen beschränken? Womit sie eher ein Problem hatte, war, dass die Römer ihre Götter ins Stein zwängen wollten, anstatt ihrer Kraft draußen in der Natur zu gedenken. Welcher arme, kleine Gott musste das sein, der sich in ein Steinhaus einsperren ließ? Auch wenn es noch so schön sein mochte.
    Doch wenn die Römer sie ihre Gebräuche fortführen ließen, dann war es ihr einerlei, was diese mit ihren Göttern machten. Sie war schon damit zufrieden, dass sie auch dort als Germanin würde leben können und nicht so tun musste, als wäre sie etwas anderes. Zumindest zu großen Teilen, denn Lando hatte ja schon einige Probleme angesprochen. Ein weiteres kam gerade dazu, denn darüber hatte ihr Vater nicht mit ihr gesprochen. Eher über eine andere römische Unsitte.
    “Nein, das hatte er nicht erwähnt. Er hat mit mir über etwas anderes gesprochen bezüglich der Ehe. Er meinte, die Römer würden das so sehen, dass ich mit der Hochzeit dir unterstehe, und ich mir da nichts dabei denken soll. Nunja, wörtlich hat er gemeint, wenn du anfängst, das auch so zu sehen, und mich wie deinen Besitz behandeln solltest, soll ich dir eins überbraten und heimkommen.“
    Sie lachte Lando an, hatte sie es ihm doch im Scherz erzählt. Auch wenn Elfleda sicher war, dass ihr Vater das durchaus auch ernst gemeint hatte. Natürlich war eine Scheidung eine schwerwiegende Sache und nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, aber das war ein Recht, das eine germanische Frau gegenüber ihrem Mann wahrnehmen konnte. Genauso wie eine germanische Frau ihre Kinder dabei behielt, nicht wie bei den Römern der Vater. Und ihre Ehe würde unabhängig von den römischen Gebräuchen in erster Linie doch eine germanische Ehe sein. Das war sowohl Elfleda als auch ihrem Vater wichtig.


    Bevor dieser Scherz aber doch zu ernst wurde, fragte Elfleda lieber einfach weiter.
    “Ist dieser Statthalter auch direkt in Mogontiacum, oder müssen wir dafür noch weiter verreisen? Für unsere Kinder sollte dieses... Conubium ja dann sichergestellt sein, damit sie alle Möglichkeiten haben.“
    Elfleda gefiel die mögliche Verzögerung der Hochzeit nicht so ganz. Nach dem Brautlauf schloss sich normalerweise nach ein bis zwei Tagen die Hochzeit auch direkt an, manchmal war es sogar am selben Tag. Immerhin symbolisierte dieser Lauf auch den Übergang von der einen Sippe zur anderen. Dass eine Reise das ganze verlängern könnte, lag nicht in Elfledas Sinn.
    Allerdings konnte sie nicht nur an sich selbst denken. Sie würde mit Lando Kinder haben, und denen wollte sie die bestmöglichen Chancen eröffnen, diesseits wie jenseits des Rhenus.

  • "Oh, hat er das?", runzelte Lando die Stirn, uns entspannte sich erst wieder, als seine Verlobte zu lachen begann, "Achso.. eh... ja. Ich werde dir keinen Grund dafür geben, das verspreche ich."
    Eigentlich war Lando, von seiner paddeligen Art, ein recht umgänglicher Mensch, zumindest glaubte er das. Allerdings machte er sich keine Illusionen zu den beliebtesten Menschen der Provinz zu gehören. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass ein Großteil der Leute sich durch die Machtfülle, die seine Familie sich langsam aber sicher aneignete, beeinflussen ließen, und die andere sich einfach von seiner sehr wechselhaften Art. Elfleda würde das gleiche bevorstehen, nur würde sie nicht die Wahl haben, sich zu entscheiden ob sie ihn nun mochte oder nicht.


    "Der Legat lebt und wirkt in Mogontiacum, allerdings ist er auch oft unterwegs um in den anderen Civitates Recht zu sprechen oder sich mit den Befehlshabern des hiesigen Militärs. Ich werde allerdings nach meiner Rückkehr das nötige in die Wege leiten, da kannst du dir sicher sein. Es ist auch in meinem Interesse, für uns Sicherheit vor dem römischen Recht zu erlangen.", er blickte sie ernst, aber warm an, immerhin waren die beiden jetzt ein Paar, das für lange Zeit gemeinsam den Willen der Nornen ertragen würde...

  • Er versprach es ihr? Elfleda musste aufpassen, dass ihr leichtes Lächeln nicht zu breit wurde. Lando versprach ihr viele Dinge am heutigen Abend. Wenn er auch nur die Hälfte davon halten würde, würde sie sich wohl sehr schnell bei ihm zuhause fühlen. Glück, Freiheit, Gesellschaft, Hilfe, all das hatte er ihr bereits zugesagt, und nun versprach er auch noch, ihr keinen Grund zu geben, ihn je zu verlassen. Nicht, dass sie in diesem Moment ernsthaft auch nur über die Möglichkeit nachdenken würde, eher im Gegenteil. Ihre Gedanken drehten sich eher darum, wie sie ihm noch ein wenig näher kommen könnte, welche Berührung zufällig genug wäre, wer schaute, wenn sie ein wenig näher noch bei ihm stand, oder ob überhaupt jemand herschaute.
    “Dann sollte es ja alles schnell gehen. Immerhin wissen die Römer ja, dass die Mattiaker ihnen treue Freunde sind. Und wenn du bei ihnen auch dieses Bürgerrecht besitzt, wissen sie ja auch, dass du ihr Freund bist. Dann sollten sie so eine Verbindung doch ebenfalls begrüßen?“
    Nunja, das war vielleicht etwas blauäugig, wie Elfleda selber wusste. Auch wenn man einen Vertrag mit jemandem hatte, hieß das noch nicht, dass man wollte, dass dieser erstarkte. Allerdings war es für die Römer wirklich von Vorteil, wenn die Mattiaker sich noch enger an sie banden. Auch wenn Rodewini nur ein Fürst unter vielen war und Lando auch kein gebürtiger Römer, sondern trotz allem ein Germane. Aber in gewisser Weise sicherte es dennoch die Grenze der Römer eher gegen romfeindliche Stämme, wenn die Mattiaker auch Sippenmitglieder jenseits des Rhenus verteidigten und nicht nur ihre Gebiete östlich davon. Zumindest ein ganz klein wenig. Vielleicht.
    “Muss ich dafür eigentlich irgendwas bestimmtes machen, oder muss ich dort nur anwesend sein?“
    Wenn sie dafür eine Prüfung ablegen musste, musste sie vielleicht noch etwas üben oder lernen. Zwar glaubte sie nicht, dass die Römer das so schwierig machten, wieso sollte es dann überhaupt ein Conubium geben. Aber fragen kostete ja nichts, höchstens die Nerven ihres Verlobten.

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