Die Gaue der Mattiaker - das Dorf der Sippe des Rodewini

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    Seine Nichte müsste sich sehr verändert haben, wenn sie einem Außenstehenden solche Worte derart unverblümt gesagt hätte. Es gab Tage, da vermisste Rodewini seine Nichte, die mit einem Lächeln und zuckersüßen Worten ihre Umgebung für sich eingewickelt hatte, nur um dann geschickt wie eine Biene ihren Stachel da anzusetzen, wo es wirklich, wirklich weh tat, wenn sie es für notwendig erachtete. Allerdings war sie damals noch jung gewesen, und vielleicht hatte sie das Alter dieser scheinbaren Geduld beraubt, oder aber sie hatte der Direktheit unter Römern einfach Vorzug gegeben, da dies die den Umständen angemessenere Waffe war.
    “Über Bertwini musst du dir diesbezüglich keine Sorgen machen. Er würde nie das Gastrecht missachten, egal, wie wütend er sein mag. Auf lange Sicht wäre ein Gespräch aber sicher nicht die schlechteste Idee.“


    Nachdem nun die Fronten geklärt waren und Valgiso etwas offenere Worte angeschlagen hatte, hörte Rodewini aufmerksam zu. “Die Mattiaker haben keinen Streit mit diesem Salinator, und auch keinen Beweis für eine Unrechtmäßigkeit seines Herrscheranspruches. Versteh mich da gleich richtig, geschätzter Freund, die Mattiaker werden für keinen der beiden Stellung beziehen, unser Bündnis gilt dem Mann, der nach diesem Krieg den Vertrag mit uns achten und sich unsere Freundschaft sichern wird, unabhängig seines Namens.“ Rodewini war es herzlich egal, ob der Anspruch des jetzigen Kaisers rechtmäßiger war oder weniger rechtmäßig wie der seines Kontrahenten. Solange jeder der beiden Herren sich der Verträge erinnern würde und einen Statthalter nach Germania schicken würde, der sich dieser Verträge bewusst wäre und sie nicht nur achten, sondern fördern würde mit Geschenken, Unterstützungen und dergleichen. Und angesichts der Rolle, die die Mattiaker auch beim Aufstand des Modorok gespielt hatten, hatte sich der letzte Kaiser respektive seine Vertreter auf römischer Seite nicht unbedingt von ihrer dankbarsten und großzügigsten Seite gezeigt.
    “Und einen Alrik kenne ich nicht, um mich auf sein Wort so verlassen zu können. So werde ich mich wohl auf deines verlassen müssen, dass dieser Cornelius Palma sich sicher daran erinnern wird, welche Entscheidungen in der nächsten Zeit hier und in Mogontiacum geschlossen werden.“

  • Mir wurde allmählich einiges klar, was ich als Germane eigentlich hätte wissen müssen, aber da hatte wohl das Leben im Imperium meinem Denken schon seine Spuren eingebrannt. Außerdem war ich im Limesvorland aufgewachsen, wo man sich sicher schon länger vieler germanischer Vorstellungen entledigt hatte. Nun begannen sich vor meinen Augen dennoch die Umrisse der bestehenden Verwerfungen abzuzeichnen.


    "Niemand in Mogontiacum erwartet oder verlangt von dir, dass du dich bei diesem Streit um die Thronfolge für den einen oder den anderen Anwärter stark machst. Alles andere wäre auch unklug. Ich sehe aber, dass es notwendig werden wird, die Verträge des Imperiums mit den Mattiakern zu erneuern".


    Meine schnoddrige Redeweise von vorhin hatte, Wotan sei Dank, bei meinem Gegenüber einigen Unmut an die Oberfläche gespült, der uns in Mogontiacum und auch dem Statthalter nicht bekannt war. Modestus hatte aber offenbar so etwas ähnliches geahnt, als er mit Liutbert über unsere Beziehungen zu den Mattiakern gesprochen hatte.


    "Was ich aus deinen Worten heraushöre ist zum Beispiel eine Unzufriedenheit mit dem Verhalten der römischen Seite, mangelnde Unterstützung von dort und eine Gefährdung des gegenseitigen Vertrauens. Alles schwer wiegende Dinge, von denen wir aber nichts wussten. Als Liutbert bei uns war, hatte Annaeus Modestus, der sich wohl dieses Mangels an Wissen bewusst war, deshalb den Vorschlag gemacht, einen Gesandten der Mattiaker in Mogontiacum anzusiedeln. Seine Idee war wohl, dass er jemand um sich haben wollte, von dem er jederzeit erfahren konnte, was man bei euch denkt. Liutbert hatte das, wohl wegen seines holperigen Lateins, nicht ganz verstanden. Er schien es aber zu ahnen, denn er war sehr betroffen, als Elfleda starb und er gab zu erkennen, dass aus seiner Sicht mit ihrem Tod die Verbindung zu den Mattiakern abgerissen war".


    "Ich denke, dass in Zukunft ein unmittelbarer Austausch der Sicht- und Denkweisen zwischen uns geschaffen werden muss und dabei, verzeih mir, auf jedwede diplomatische Verbrämungen verzichtet werden sollte".

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    Wie sein Gegenüber auf die Idee kam, dass die Verträge erneuert werden müssten, war Rodewini schon ein Rätsel.
    “Ich denke, die bestehenden Verträge in ihrer jetzigen Form sind gut und gerecht geschlossen und bedürfen nicht zwangsläufig einer neuen Verhandlung.“
    Im Grunde hatten die Mattiaker alles erhalten, was sie wollten: Souveränität in ihren eigenen Gebieten, keine Tributzahlungen, keine Steuern, eigene Rechtshoheit... im Grunde alles, was sie wollten. Und all das für den Preis von Freundschaft und ihrer Lage als Puffer zwischen dem Reich und den Chatten. Neue Verhandlungen hieß nur wieder neue Verpflichtungen, neue Geiseln, neuer Streit. Rodewini war mit den jetzigen Verträgen nicht unzufrieden, nur mit der Umsetzung seitens der Römer.


    Zum Thema Geiseln kam Valgiso dann auch sehr direkt – was in Verbindung mit der Bitte nach geharnischter Direktansprache fast schon komisch war. Einen Politiker zu bitten, doch auf Diplomatie zu verzichten, war in etwa so, wie einen Fischer zu bitten, kein Netz zu benutzen. Sicher ging das, nur was war der Nutzen davon? Rodewini hatte nicht vor, sich in seine Karten schauen zu lassen, nur weil die Römer lieb bitte-bitte gesagt hatten.


    “Meine Nichte war sicher ein herber Verlust in jeder Beziehung, allerdings hatte sie ja sehr wohl zwei Kinder. Unter anderem den jungen Hitzkopf, den du vorhin noch begrüßt hast.
    Was deine Bitte nach einem Gesandten“
    Rodewini vermied das Wort Geisel, wobei das nichts anderes war. Und diese Forderung war auch nicht unbedingt etwas, was den jetzigen Statthalter sympathischer machte. “...angeht, so sehe ich darin aus eben diesem Grund wenig Notwendigkeit. Ich kann keinem meiner Männer befehlen, sein Heim und seinen Hof zu verlassen, noch dazu, wo ich ihre Stärke brauchen werde, wenn die Chatten ihren Drohungen Taten folgen lassen.
    Abgesehen davon wäre so ein Gesandter ebenfalls mehrere Tagesreisen von uns getrennt und kann somit unmöglich wissen, wie wir zu einzelnen Punkten gewisser Entscheidungen wohl stehen könnten.“


    Rodewini gab sich bedauernd und ließ nichts von seinen Gedankengängen in seinen Worten oder Gesten erkennen. “Allerdings sind uns Gäste sicher jederzeit willkommen. Falls Annaeus Boten schicken möchte oder einen Gesandten dauerhaft als Bewohner in dieses Dorf entsenden möchte, werden wir sicher immer einen Platz dafür finden.“ Sofern der Mann den Krieg und die Zeit danach unter welchem Kaiser auch immer überhaupt überlebte.

  • Ich hatte das Gefühl, mit den Bäumen des Waldes zu reden und als Antwort das Rauschen der Blätter zu hören. Klingt ja wunderbar, aber sagt nichts.


    "Nein, Rodewini, ich habe nicht davon gesprochen, neue Verträge abzuschließen, sondern die bestehenden zu bekräftigen. Das meinte ich mit erneuern. Dabei kann, ja muss man auch eure Unzufriedenheit mit der bisherigen Handhabung der Verträge zur Sprache bringen und Lösungen finden".


    Und seine Ohren schienen taub zu sein, was einen engeren Gedankenaustausch anging. "Der Gedanke, einen Gesandten der Mattiaker in Mogontiacum zu haben, war Modestus' Idee. Und deine Antwort ist genau dieselbe, wie die, welche Liutbert uns damals gab. Es lag also nicht an seinem holperigen Latein, sondern es muss andere Gründe haben. Ich dachte auch nicht an den Austausch von Gesandten, sondern an gegenseitige Besuche, bei denen man sich vertrauensvoll über bestehende Mißhelligkeiten austauscht". Ich machte mir allerdings kaum Hoffnung, dass Rodewini oder seine Leute bei solchen Treffen auch wirklich Klartext reden würden. Es ist halt so: raunend reden die Recken und würdevoll winden sich ihre Worte.


    "Denk darüber nach, Rodewini, und sprich mit deinen Männern".


    Ich machte Kassensturz. Alle Vorschläge, die ich gemacht hatte, waren bei dem Hin und Her der Worte zerstäubt. Nachrichten, die ich überbracht hatte, waren kaum beachtet worden. Wohl hatte ich das eine oder andere Missverständnis zurecht rücken können, aber sicher war ich mir da keineswegs. Einzig die Erkenntnis, dass das Verhältnis der Mattiaker zu den Römern aus deren Sicht gefährlich angekränkelt war, konnte ich auf der Habenseite verbuchen. Auch wenn das nur sehr verfloskelt zu mir herübergekommen war. Alles sträubte sich in mir, wenn ich daran dachte, wie dieses Gespräch wohl weitergehen würde. Bring es jetzt zu Ende, sagte ich mir, obwohl ich eigentlich vorhatte, noch vieles andere anzusprechen. Vielleicht gibt es andere Gelegenheiten oder andere Männer ...

    Ich erhob mich. "Ich rühme deine vertrauensvolle Gastfreundschaft, Rodewini, aber es geziemt sich nicht, sie über Gebühr auszuschöpfen. Hab Dank, dass wir uns unter deinem gastfreien Dach ausruhen durften. Ich würde mich freuen, dich oder Leute von dir bald in meinem Haus zu sehen. Meine bescheidene Gastfreundschaft wird dir und deinen Leuten immer sicher sein. Und die Worte meiner Gäste sind mir stets willkommen, selbst dann, wenn diese Worte unliebsame Dinge ansprechen".

  • Silanus selbst, der sich immernoch als Teil des Mobiliars gab, machte hier und da ein paar Notizen wenn gewisse Fragen später noch wichtig werden könnten. Im allgemeinen hatte er allerdings den Eindruck, als würden die beiden Männer hier vollkommen aneinander vorbeireden.
    Er war kein Profi in Sachen Politik, von daher verstand er auch nicht das Problem,.. was ihn wiederrum in eine äußerst bequeme Position brachte. Er hatte hier eine genaue Funktion zu erfüllen, und das tat er. Mitdenken war gerade nicht sein Ding, auch weil er sich in Sachen germanischer Befindlichkeiten mal so rein gar nicht auskannte. Das sollte ruhig sein Lohnherr alleine ausklamüsern.


    Dann schien das Gespräch sich jedoch dem Ende zu nähern, und Silanus war froh, denn sein Kopf rauschte bereits von den Informationen, die es hier zu verarbeiten gab... und von all den Lücken, die sein Germanisch immernoch hatte. Zeit, wieder nach Hause zu kommen..

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    So wirklich überzeugt, was das bringen sollte, war Rodewini nicht, aber das musste er nicht unbedingt laut aussprechen. “Solche Bekräftigungen oder Treffen sind denke ich am sinnvollsten, nachdem die Truppen wieder zurückgekehrt sind und auch sowohl ein Kaiser als auch sein Stellvertreter in Germania nach dieser Zeit feststehen.“ Was nützten denn Vertragsbekräftigungen mit dem Verlierer eines Krieges? Ob der Annaeus noch lebte, wenn der Krieg im Süden zuende war, war nicht gewiss, und selbst wenn er es war, hieß das nicht, dass er als Statthalter zurückkehren würde. Daher waren Bekräftigungen momentan nicht viel mehr als noch mehr heiße Luft.
    “Aber ich werde unterdessen mit meinen Männern sprechen“, fügte er als kleines Zugeständnis an. Immerhin kostete ihn ein solches Gespräch nichts, und was die Botschafter aus Mogontiacum gewollt hatten würde ohnehin bald die Runde machen.


    Damit allerdings schien die Verhandlungslust Valgisos auch an einem Ende angelangt zu sein, denn mehr oder minder brachte er das Gespräch zu einem relativ eindeutigen Abschluss. “Du und diene Begleiter sind uns jederzeit willkommen, aber ja, ruht euch von der Reise aus. Eine Schlafstätte sollte inzwischen auch vorbereitet sein, und heute Abend esst ihr selbstverständlich mit uns.
    Und ich freue mich bereits darauf, deiner Einladung folge zu leisten, sobald die Lage es zulässt.“
    Was bei den Chatten einige Zeit dauern könnte, aber so konnte Rodewini auch jederzeit einen Boten von sich unterbringen – auch wenn er dies auch jederzeit bei den Duccii in Mogontiacum konnte.

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