[Probatio] Grundausbildung Caius Decimus Celsus

  • Celsus hatte gut geschlafen. Es war ein tiefer und fester Schlaf, der keinen Raum für Träume ließ. Der gestrige Ausbildungstag mit Marschieren und Schwimmen hatte das Seine dazu beigetragen.


    So trat er ausgeruht mit den anderen probati auf dem Exerzierplatz an.


    Auf das "Alle vollzählig?" des optio hin schielte er nach rechts und nach links, soweit es eben die Augen im "State!" erlaubten.


    Da seiner Meinung nach alle probati, ausgehend von der Anzahl der Teilnehmer der letzten Übung, anwesend waren, meldete er:


    "Alle vollzählig, optio."

  • "Mal schauen, wie viele heute abend noch übrig sind" grinste der Optio und schritt kurz die Linie ab, um die Ausrüstung zu kontrollieren. Auffälligkeiten entdeckte er keine. Dann trat er einen Schritt zur Seite.


    "Pila deponite! Gladios stringite! Corpora claudite! Aciem dirigite! *"


    * lat.: "Speere ablegen! Schwerter ziehen! Formation schließen! Linie ausrichten!"

  • Celsus war das Grinsen des optio nicht entgangen. Und das Grinsen eines optio - und das schon am frühen Morgen - verhieß nichts Gutes.


    Zusammen mit den anderen probati befolgte er die Befehle, präzise und in der gegebenen Reihenfolge.


    So standen sie und waren davon überzeugt, daß ihre Ausrichtung einer wirklichen Linie entsprach.

  • Daran, dass sich die Rekruten in einer Linie ausrichten würden, hatte der Optio kaum Zweifel gehabt. Immerhin wurde das fast täglich geübt. Die anderen Befehle waren ihm da wichtiger gewesen. "Dichter zusammen! Ihr habt den Gladius gezogen, das heißt ihr geht in die Kampfformation! Ihr müsst so dicht zusammen, dass die Schilde überlappen! Und die Oberkante bis hoch zur Nase! Ich will keine einzige Nasenspitze sehen!" Mit kritischem Blick kam der Optio näher und die Rekruten, die nicht zum ersten Mal bei einer solchen Übung dabei waren wussten, dass er gleich mit ziemlicher Sicherheit von seinem Optiostab gebrauch machen würde.

  • Die Übung war für Celsus neu. Ihm blieb, wie so oft, nichts anderes übrig, als schnell nach rechts und nach links zu sehen, um zumindest einigermaßen die befohlene Position einzunehmen. Die Gefahr des Auffallens wie bei jedem Erstenmal mußte er dabei in Kauf nehmen.


    Er zog seinen gladius, auch seine Nasenspitze berührte die Oberkante seines scutum, das wiederum die der neben ihm stehenden probati überlappate.

  • Nach einigen Stößen mit dem Optiostab und den damit verbundenen Korrekturen der Formation war Priscus zufrieden. "Milites, ad impetum, pergite! *" Langsamer als sonst zählte er den Gleichschritt an, damit die Formation beim Vorrücken nicht auseinander brach. "Schildwand geschlossen halten!", mahnte er trotzdem gleich nach wenigen Schritten. Dabei hüpfte er im Rückwärtsgang vor der Formation her und stieß mit seinem Optiostab gnadenlos in die sich auftuenden Lücken. Der Weg bis zum anderen Ende des Exerzierplatzes würde lang werden.


    * lat.: Soldaten, zum Angriff, Marsch!

  • Celsus wußte bald nicht mehr, was er zuerst zu tun hatte.


    Das scutum am linken Arm richtig halten, in der rechten Hand den gladius, den Gleichschritt beibehalten und dabei in der Formation zu bleiben.


    Schwierigkeiten bereitete ihm das scutum. Daß es mit dem seines rechten und linken Nachbarn überlappte, das gelang ihm. Aber das ständige Hochhalten bis hin zur Nasenspitze; er mußte es immer wieder hochreißen.


    Aber irgendwie ging es doch voran!

  • "Schild höher!" oder "Linie halten!" rief Priscus immer wieder und hielt seinen Stab quer vor dem Körper, um die gerade Linie aufzuzeigen.


    Dann bewegte er sich ein wenig zur Seite, um nicht mehr direkt vor der Formation zu laufen, sondern seitlich versetzt. "Celeriter! *" lautete dann das nächste Kommando, damit die Soldaten in einen leichten Laufschritt verfielen. Natürlich musste auch dabei weiterhin der Schritt und die Linie gehalten werden. "Linie halten! Geschlossene Formation!" lauteten daher auch weiterhin die ständigen Rufe des Optio, während es weiter über den Platz ging.


    * lat.: Schneller!

  • ...und es ging voran. Aber wie!


    Celsus spürte seinen linken Arm kaum noch. Er wußte nicht mehr, ob er ihn anhob oder nicht. Einzig und allein gab nur seine Nase die Höhe des scutum an. Und dann kam die schnellere Gangart.


    Blieb nur noch die Frage, wann der erste zu Boden gehen würde.


    Aber Celsus` Beine zeigten bis jetzt keine Ermüdungserscheinungen.

  • Auch wenn Priscus die Ermüdung einiger Soldaten schon sehen konnte, liess er die Truppe weiter laufen. Bis zum Ende des Platzes mussten sie es schaffen. Mit den immer gleichen Ermahnungen trieb er sie weiter an und sorgte für die Geschlossenheit der Formation.


    Kurz bevor das Ende des Platzes erreicht war, sprintete der Optio ein Stück nach vorne, um wieder vor die Formation zu gelangen und drehte sich zu den herannahenden Männern um. Den Optiostab nahm er wieder quer vor den Körper, um eine Linie anzudeuten. "Hier ist die feindliche Linie!" rief er, lief dabei aber immernoch rückwärts vor den Männern her.


    Dann wurde er langsamer und liess sich einholen. "Drei! Zwei! Eins! Aufprall!" rief er dabei und brachte mit dem letzten Ruf zumindest die Rekruten in der Mitte dadurch zum Stehen, dass es sich ihnen entgegen stemmte. "Linie halten!" Die Übung war noch nicht beendet. "Schilde bleiben oben! Und mit dem Gladius stechen! Über den Schild oder unter dem Schild. Und die Wand geschlossen halten!" Jetzt sprang er wieder mit dem Stab vor der Reihe auf und ab und verteilte Stöße. "Du bist tot! Schlechte Deckung! Schild hoch!"

  • ... und Celsus stach zu. Wohin, das wußte er nicht.


    Wichtig für ihn erschien, daß er unter dem scutum zustach, denn auf diese Weise mußte er ihn nach oben halten, und da war seine Nase, die die richtige Höhe anzeigte.


    Du bist tot! vernahm er wie aus weiter Ferne den optio.


    Celsus spürte die Oberkante des scutum an der Nase. Er lebte!


    Der linke Arm schmerzte. Solange er schmerzte spürte er ihn. Wie lange noch, das war hier die Frage.

  • Nach einigen weiteren Augenblicken und weiteren Toten erlöste Priscus die Gruppe. "Aufhören! Scuta deorsum!" Grinsend schaute er in die erschöpften Gesichter. "Na, wem ist der Arm schon auf der Hälfte der Strecke abgefallen? Und das war noch gar nichts. In einem Kampf müsst ihr sowas noch viel länger aushalten. Und dabei stecht ihr nicht nur in die Luft und steht einfach so herum."

  • Das Absetzen der scuta war nicht zu überhören. Einige probati waren nicht mehr imstande, ihre Schilde zu halten, sodaß diese der Länge nach zu Boden fielen.


    Celsus` linker Arm war kurz vor dem Steifwerden. Er massierte ihn um ihn wieder dahin zu bringen, das scutum aufrecht zur Unterkunft zurückzubringen.


    Er war sich darüber im klaren, daß diese Übung noch lange nicht dazu reichte, um im Ernstfall bestehen zu können. Dazu benötigte es vieler weiterer Übungen und die ließen bestimmt nicht auf sich warten.

  • Nach der Erholungspause für die Arme war die Übung zwar noch nicht ganz beendet, aber der Optio wusste gut genug, dass zu viel Anstrengung nicht zum Ziel führte. Also lief der Rest der Übung ruhiger ab, zumindest für die Arme, bevor es wieder zurück in die Unterkünfte ging.


    Die nächste Übungseinheit begann nach dem üblichen Appell und der Ausrüstungskontrolle ebenfalls ruhig. "Heute üben wir das Rumstehen!" verkündete Priscus mit seinem üblichen Grinsen. Er schien an jeder Übung Spass zu haben. "Natürlich nicht einfach so Herumstehen, sondern das korrekte, sinnvolle, pflichtbewusste Wache stehen. Pino und Largus, ihr zwei Spielt jetzt mal Torpfosten. Stellt euch da vorne hin. Ein bisschen weiter auseinander. Das soll ein Tor sein und nicht die Tür zur Latrine! Regulus und Hyginus, ihr zwei kommt gleich von hier und wollt ganz friedlich durch's Tor. Celsus und Sermo, ihr zwei steht Wache am Tor. Tut einfach das was ihr glaubt, was eine Torwache tut." Immerhin hatten sie alle schonmal eine Torwache in Aktion erlebt.


    Als alle auf dem Posten waren ging es los und die beiden "Besucher" spazierten auf das "Tor" zu. Der Optio blieb schweigend daneben stehen und beobachtete, wie die Wache sich anstellen würde.

  • Doch waren nicht zwei Probati, die sich der Wache als erste näherten, sondern es war ein ausgewachsener Luchs, der sich von seinem Besitzer entfernt hatte und einfach an den beiden Probati vorbei auf den vermeintlichen Wachposten hinzugerannt war.


    Tiberius Vitamalacus stand zusammen mit seiner üblichen Begleitung und wartete darauf, was passieren würde. Angst um seinen Luchs Taranis hatte er nicht, dieser war erfahren genug, mit jeder Reaktion der Probati irgendwie klarzukommen.

  • Celsus hatte mit Sermo ordnungsgemäß vor dem Tor Posten bezogen: Celsus stand links und Sermo rechts vor dem Bogen.


    Dann sah Celsus ein Viech auf sich zurennen. So etwas hatte er noch nicht zu Gesicht bekommen. Eine Katze? Dazu war es zu groß! Aber es sah so aus! Was dann?


    Zu mehr Überlegungen war die Zeit zu kurz. Das Tier kam immer näher.


    Geistesgegenwärtig griff Celsus seinen gladius und das scutum und rief seinem Kameraden zu:


    "Sermo, nimm` dein scutum und schlag` mit dem gladius drauf, so fest du kannst!"


    Und dann schlugen sie so fest sie konnten, daß es nur so dröhnte und brüllten:


    "Retro, retro!" *



    Sim-Off:

    * Hau ab!

  • Eigentlich gab es nichts, das Taranis mehr hasste als dieser unnötigen Lärm. Für seine empfindlichen Ohren war dieses schlagen unzählige Male Lauter als für alle anderen um ihn herum. Aber letzlich war er es auch gewohnt, die Calligae des Legatus neben sich zu hören, wie sie über den Boden des Praetoriums hallten.


    Der Blick des Luchses war scharf, der Krach mochte störend sein, doch als wirkliche Bedrohung erkannte er die Waffen der Miles, ihre Scuti, Gladi und Pila. Wenn er hindurch wollte, musste er zwischen ihnen hindurch.


    Doch hier war kein Tor, hier gab es kein Hinderniss links oder rechts, und so :


    Ein Satz nach links,... ein Satz nach rechts,... und dann im Bogen um die Miles herum bis er direkt hinter ihnen war, sich schlicht hinsetzte, die Männer vorsich ansah, als ob er vollverständniss fragen wollte : Was hat euch der ganze Lärm gebracht ?

  • Bisher hatte noch niemand Priscus gefragt, was er davon hielt, dass der Legatus mit einem recht auffälligen Haustier durch die Gegend lief. Also brauchte er auch nicht seine Meinung dazu zu äußern, sondern betrachtete halb amüsiert über die Reaktion der Rekruten und halb genervt über die unnötige Störung den weiteren Ablauf. Solange der Legatus nicht näher kam, sah der Optio zumindest keine Notwendigkeit, die Übung zu unterbrechen.


    "Na los, worauf wartet ihr?", rief er daher den "Besuchern" zu, die von dem Besuch des Luchses wohl ein wenig aus dem Konzept gebracht worden waren und erst jetzt zögerlich auf das Tor zuliefen. Largus und Pino, die beiden menschlichen Torpfosten, machten ihre Sache dagegen beachtlich lässig und ließen sich bisher durch nichts irritieren. Nur Pino konnte sich einen grinsenden Blick, ein Augenzwinkern und ein leise zischendes "Ksksks" in Richtung des Luchses nicht verkneifen.

  • Celsus sah, wie das unbekannte Tier friedlich hinter ihm Platz nahm. Fast enttäusscht wandte er sich an seinen Kameraden.


    "Ich glaube fast, daß der dressiert ist, so wie der da sitzt. Vielleicht so ein Ersatzschoßhündchen. Soll er da sitzen! Wir haben etwas anderes zu tun als solche Viecher zu kratzen."


    Er stellte sich in Position, aufrechte Haltung, verfassungsbejahender Blick und rief den Ankömmlingen entgegen.


    "Halt! Wer seid ihr und was wollt ihr hier?"

  • Die beiden "Besucher" hatten die Verzögerung immerhin genutzt, sich eine kleine Geschichte auszudenken, die sie der Wache erzählen wollte. Es war ihnen wohl zu langweilig, wenn sie einfach gesagt hätten, dass sie zwei Rekruten sind die durchs Tor wollen.


    "Salve", grüßte daher Hyginus ausgesucht höflich und Regulus deutete eine Verbeugung an. "Mein Name ist Sinus und dies ist mein Kollege Cosinus. Wir sind Händler und möchten den Praefectus Castrorum sprechen."

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