- Officium XXII

  • Zitat

    Original von Titus Decimus Varenus
    Oh, stimmt. Er hatte tatsächlich den Termin versäumt. Passierte ihm bisher nie. Sagte wohl alles aus, was er von diesem Termin hielt.
    "Hatte ich? Passiert! Die Geschäfte hier in der kaiserlichen Finanzabteilung sind äußerst wichtig. Es müssen Prioritäten gesetzt werden. Und da ich ein Termin mit dem Queastor anberaumt habe und nicht er. Wird er damit leben müssen, warten zu müssen. Ist ja nicht so, als könnte er nicht ohne mich arbeiten oder? Die Hierarchie sollte auch dir, Petronius, bekannt sein." Der Quaestor musste tatsächlich verzweifelt sein, dass er gar jemanden betteln schickte. "Lass uns zu ihm gehen."


    Da musste Varenus allerdings noch ein bisschen warten, denn was Lucius da hörte, konnte er unmöglich so stehen lassen!
    "Mein Vorgesetzter, der Quaestor Principis, ist ein gewählter Magistrat des Cursus Honorum und der persönliche Sekretär des Kaisers! Du bist ein Primicerius, also nicht einmal ein Abteilungsleiter, der logisch betrachtet wohl ein Äquivalent zu einem solchen Sekretär wäre - die Hierarchie ist mir also durchaus bekannt! Du solltest also ein wenig bescheidener auftreten und die Termine mit dem Quaestor wahrnehmen - er hat sicherlich wichtigeres zu tun als dir wegen irgendwelchen Terminen nachzulaufen!"
    zeterte er los, wobei er ganz vergaß, eingeschüchtert zu sein. Aber nach seiner bisherigen Erkenntnis war es nunmal ganz klar so, dass ein Quaestor, der Schriftverkehr mit den Statthaltern und außenpolitische Beratungsaufgaben übernahm eindeutig wichtiger war, als ein Rädchen im Finanzverwaltungssystem. Abgesehen natürlich davon, dass sein Patron ziemlich sicher ziemlich bald ein Senator war, den man erst recht nicht warten lassen durfte (zumindest hatte er das so gelernt).

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  • Die Erklärung zu dem Cornelius quittierte ich mit einem stummen Lächeln. Dass man seinen eigenen Willen ohne große Mühen beim Kaiser durchsetzen konnte (wenigstens als hier arbeitender Finanzprimicerius), das war für das Zweckbündnis zwischen dem Decimus und mir ja eher gut. "Keine Sorge, ich werde ihn nicht vergessen.", den Pakt. Mit einem "Vale bene." (und das "bene" fügte ich nicht häufig an) verabschiedete ich mich letztlich und begab mich auf den Heimweg.


    /images/misc/ava_galerie/Junger%20Caesar.jpg

    Mein Vorzimmer-Stationarius Titus Nonius Turbo war es dann, der von mir detailiert instruiert und auf den Palatin zum Decimer geschickt wurde. Nur drei Tage nach meinem eigenen Gespräch mit dem Beamten stand der Nonier beeindruckt vor dem Kanzlei-Officium und trat ein. Er sah sich kurz um und hielt Ausschau nach einem "alten Mann mit grässlichem, grauem Zauselbart". Als er meinte ihn gefunden zu haben, gng er auf ihn zu und sprach ihn an: "Guten Tag.. Finanzprimicerius Decimus? Mein Name ist Titus Nonius Turbo und ich soll hier im Auftrag meiner Vorgesetzten, der Postpräfektin Sergia Fausta, etwas abgeben..", grüßte er, stellte sich vor und legte sein Anliegen kurz dar. Hoffentlich war er hier gleich an der richtigen Adresse gelandet. Andernfalls natürlich würde er sich einfach an die gesuchte richtige Person weiterleiten lassen.
    Erst nachdem er sicher war an den Decimer geraten zu sein, stellte er ein ledernes Säckel mit exakt 50 Goldmünzen darin vor dem Primicerius ab. * Diese Instruktion kam direkt von mir. Denn ich vertraute grundsätzlich erstmal niemandem. So hatte ich mich entschieden, dass Turbo erst eine Hälfte des Geldes übergab, dann alles unter vier Augen Besprochene regelte und erst danach auch die zweite Hälfte des Geldes beim Zauselbart ließ. "Das sind schon einmal 50 Aurei.", klärte mein Vorzimmer-Stationarius seinen Gegenüber auf. "Bevor ich dir auch die zweite Hälfte übergebe, sollst du zuerst das hier für meine Chefin abzeichnen." Mit diesen Worten holte er meine Reisekostenabrechnung hervor:


    Sim-Off:

    * 5000.00 Sz. überwiesen an den Pasceolus Imperialis ( Konto 1028 ).


    Reisekostenabrechnung der Praef. Vehiculorum Sergia Fausta
    von Anfang December 863 bis Ende Ianuarius 864 a.u.c.



    Insgesamt entstand mir damit also ein außerordentlicher Reisekostenaufwand von 2451.50 Sesterzen. Diesen Betrag beantrage ich hiermit aus der Kasse des Cursus Publicus erstattet zu bekommen.


    Mit freundlichem Gruß,


    /images/signet/Siegel_Sergia.png


    Sergia Fausta
    ANTE DIEM XVI KAL SEP DCCCLXIV A.U.C.
    Sedes admin. Ita. | Rom | Italia






    Nicht ganz grundlos war am unteren Ende der Wachstafel noch etwas Platz: Das sollte wohl ausreichen, damit der alte Zauselbart seinen Caius.. Lucius oder Marcus, Titus oder Tiberius, oder seinen wie auch immer lautenden genehmigt-Kringel unter die Abrechnung setzte. "Falls du das Original für deine Unterlagen benötigst, habe ich hier auch noch eine Zweitausfertigung für den Cursus Publicus vorbereitet.", zückte Turbo noch ein form- und inhaltsgleiches Dokument hervor. Denn eins war sicher: Ich wollte in jedem Fall die hochkaiserliche Erlaubnis durch die Finanzabteilung der Kanzlei jederzeit in meinem Officium haben können, falls mir irgendwer irgendwelche Fragen betreffliches meines Griffs in die Kasse des Postwesens stellte..

  • Zitat

    Original von Lucius Petronius Crispus


    Da musste Varenus allerdings noch ein bisschen warten, denn was Lucius da hörte, konnte er unmöglich so stehen lassen!
    "Mein Vorgesetzter, der Quaestor Principis, ist ein gewählter Magistrat des Cursus Honorum und der persönliche Sekretär des Kaisers! Du bist ein Primicerius, also nicht einmal ein Abteilungsleiter, der logisch betrachtet wohl ein Äquivalent zu einem solchen Sekretär wäre - die Hierarchie ist mir also durchaus bekannt! Du solltest also ein wenig bescheidener auftreten und die Termine mit dem Quaestor wahrnehmen - er hat sicherlich wichtigeres zu tun als dir wegen irgendwelchen Terminen nachzulaufen!"
    zeterte er los, wobei er ganz vergaß, eingeschüchtert zu sein. Aber nach seiner bisherigen Erkenntnis war es nunmal ganz klar so, dass ein Quaestor, der Schriftverkehr mit den Statthaltern und außenpolitische Beratungsaufgaben übernahm eindeutig wichtiger war, als ein Rädchen im Finanzverwaltungssystem. Abgesehen natürlich davon, dass sein Patron ziemlich sicher ziemlich bald ein Senator war, den man erst recht nicht warten lassen durfte (zumindest hatte er das so gelernt).


    Der Junge war ganz schön frech, wie ein Bauernlümmel. Doch im Gegensatz zu den vielen anderen tätigen Beamten, fand Varenus die Aussagen sehr amüsant und erfrischend. Der Kleine hatte es drauf. "Du sagst es, gewählt. Gewählt durch den Senat, für lächerliche drei Monate*. Nicht wie die Beamten am Kaiserhof, die durch den Imperator ernannt werden. Welche Stimme wiegt mehr? Die des Senates oder des Imperators? Zusätzlich frage ich mich, warum es weiterhin einen Quaestor Principis geben muss, wenn doch die Tätigkeiten sowieso vom Kaiserhof erledigt werden? Klingt vielmehr nach einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, als nach einer sinnvollen Arbeit.


    Und vergiss nicht, auch so jede kleine Tätigkeit bedarf Sesterzen. Geld ist Macht. Die Finanzabteilung trägt hauptsächlich dazu bei. Legionäre kämpfen nicht ohne ihren Sold. Nicht einmal die Götter können daran etwas ändern."


    Sim-Off:

    *RL=3 Monate

  • Die Antwort ließ Lucius stutzen - der Alte hatte ihm immer eingebläut, dass die Gesellschaftspyramide nicht zu hinterfragen war: Normale Bürger mussten Decuriones mit Respekt begegnen, mehr noch Equites und gegen Senatoren und ihre Söhne hatte man geradezu unterwürfig aufzutreten. Sicher hatte er mehr als einmal erzählt, wie irgendein senatorischer Tribun sich als völlig inkompetent erwiesen hatte - trotzdem war er immer ganz andächtig geworden, wenn er von irgendeinem Legaten oder auch nur seinem ehemaligen Patron, diesem Vitamalacus geredet hatte. Aber was dieser Typ vor ihm sagte, war auch nicht ganz von der Hand zu weisen: Aus welchem Grund respektierte man den dummen Schnösel, der zufällig das Glück hatte der Sprössling eines Senators zu sein mehr als einen fleißigen Plebejer, der im Dienst für den Kaiser alt und grau geworden war? Sicherlich kümmerte sein Patron sich um Diplomatie - odwer vielmehr um den Kontakt mit den eigentlichen Diplomaten - aber war Geld nicht deutlich wichtiger?
    "Äh-"
    war deshalb wieder einmal das einzig, was er dazu sagen konnte. Aber auch wenn der Gedanke irgendwie attraktiv war, musste er das Ganze rational betrachten - es musste einen logischen Grund geben, warum Senatoren alle wirklich wichtigen Posten besetzten! Nur fiel ihm diesser momentan nicht ein... Das war schon wieder so viel Neues - er musste irgendwann einmal in Ruhe darüber nachdenken. Also klappte er seinen Mund wieder zu, wirkte kurz unschlüssig und sagte dann
    "Äh... gehen wir."
    Hier musste er vorerst kapitulieren, der alte Fuchs schien nicht dumm und sein Hinweis auf die Macht der Sesterzen ließ es logisch erscheinen, sich nicht unüberlegt mit ihm anzulegen...

  • Nach der Vorstellung beider, nahm Varenus sofort die Wachstafel an sich und lies es sich nicht nehmen alles genau zu studieren. Ihm fiel auf, wie grässlich doch die Sergia alles haargenau aufgeschrieben hatte. Sogar nach dem Kommabeträge waren vorhanden. Es war so grässlich, dass es ihm wieder gefiel. Er fragte sich, warum die Sergia eigentlich nicht als Erbsenzählerin arbeitete anstatt bei der Post zu versauert. Jeden Tag zu Stempeln und Säcke zu füllen.

    "Sag Sergia, solche Vorsichtsmaßnahme wäre nicht nötig gewesen. Ein Geschäft ist ein Geschäft."
    Anschließend quittierte er und gab die Wachstafel an den Überbringer zurück. "Hier! Die Zweitausfertigung kannst du da drüben ins Ablagekörbchen legen." Dass der fehlende Betrag in Höhe von 50 Aurei zu überweisen sei. Davon ging er selbstverständlich aus. Im Gegensatz zu Sergia vertraute er auf das Wort, sodass er Titus Nonius Turbo nicht explizit daraufhin hinwies.


    Reisekostenabrechnung der Praef. Vehiculorum Sergia Fausta
    von Anfang December 863 bis Ende Ianuarius 864 a.u.c.



    Insgesamt entstand mir damit also ein außerordentlicher Reisekostenaufwand von 2451.50 Sesterzen. Diesen Betrag beantrage ich hiermit aus der Kasse des Cursus Publicus erstattet zu bekommen.


    Mit freundlichem Gruß,


    http://s1.directupload.net/images/140822/qc2fhgd6.png


    Sergia Fausta
    ANTE DIEM XVI KAL SEP DCCCLXIV A.U.C.
    Sedes admin. Ita. | Rom | Italia



    Titus Decimus Varenus
    ANTE DIEM XI KAL SEP DCCCLXIV A.U.C.
    Admistrationis Imperatoris | Rom | Italia



    Es war tatsächlich wenig Platz vorhanden, sodass er das Siegel direkt über das von der Sergia klatschte.

  • Zitat

    Original von Lucius Petronius Crispus
    "Äh... gehen wir."
    Hier musste er vorerst kapitulieren, der alte Fuchs schien nicht dumm und sein Hinweis auf die Macht ddr Sesterzen ließ es logisch erscheinen, sich nicht unüberlegt mit ihm anzulegen...


    Damit marschierte Lucius los.

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  • Varenus konnte innerhalb eines Jahres das Vermögen fast um das Doppelte erhöhen.


    Grobe Haushaltsübersicht - Fiscus
    von Anfang September 863 bis Ende Augustus 864 a.u.c.



    *Einheit = Sesterzen
    Angaben ohne das Vermögen der Schola Atheniensis


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    Mein Vorzimmer-Stationarius Titus Nonius Turbo nickte nur stumm. Er würde es vermutlich von der Stimmung seiner Chefin abhängig machen, ob er ihr (mir) die Botschaft des Finanzprimicerius ausrichtete. "Danke.", nahm er anschließend dann die erste Wachstafel wieder an sich. Die Zweitausfertigung würde er beim Verlassen des Büros dann wie gewünscht ins Ablagekörbchen legen. Stattdessen holte er nun auch das zweite Säckel goldener Münzen hervor und ließ es klimpernd aus einigen Digiti Höhe vor dem Decimus auf den Tisch fallen. * "Geschäft ist Geschäft.", wiederholte Turbo dabei die Worte des Finanzdecimus und lächelte etwas schief.
    Damit war der Deal über den Tisch gegangen. "Deine Zweitausfertigung leg ich beim Rausgehen gleich in diesen Korb da." Nicht dass der Primicerius glaubte, der Nonier würde das vergessen. "Kann ich sonst noch.. ähm.. dir irgendwie von Nutzen sein?", fragte er nach. Vielleicht sollte ja noch eine Nachricht überbracht werden oder sonst irgendwas. Das konnte ja sein. Und da fragte Turbo dann lieber nochmal nach, um am Ende nicht irgendeinen Fehler zu machen, der ihn noch die Gunst seiner Chefin und dadurch seine eigene Karriere kosten könnte..


    Sim-Off:

    * Nochmal 5000.00 Sz. überwiesen an den Pasceolus Imperialis ( Konto 1028 ).

  • Am Morgen nach dem Gespräch beim Quaestor marschierte Lucius nicht wie sonst direkt zum Officium seines Patrons, sondern ging noch ein paar Schritte weiter. Die ganze Nacht über hatte er überlegt, wie man am besten einen idealen Steuersatz berechnete, was man für die Taxierung für Variablen benötigte und so weiter. Am Ende hatte er alles auf einigen Tabulae zusammengekritzelt, die er jetzt auch unter dem Arm trug.


    So fühlte er sich gut vorbereitet, als er ins Officium a rationibus marschierte und direkt auf den Arbeitsplatz von Varenus zuhielt. Wenn er etwas gut konnte, dann war es Rechnen - heute brauchte er also keineswegs verlegen oder nervös zu sein!
    "Salve, Decimus. Da bin ich!"
    begrüßte er den alten Quadransfuchser.

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  • Varenus hatte sich zuvor selbst ein paar Gedanken gemacht, wie man das Ganze am besten aufzog. Und da hatte er eine blendende Idee, nämlich, dass doch die hauptsächliche Arbeit von den Petronius geleistet werden sollte. Immerhin hatte sich dieser zu beweisen. Varenus selbst würde die Aufsicht führen. Eine wichtige Aufgabe, nicht wahr, denn ohne Führung entstünde Chaos und Chaos verursacht alles andere als ein Ergebnis. So oder so, es musste angepackt werden. Es waren einiges an Informationen zu sammeln, erst dann würde eine Berechnung stattfinden können.


    Als dann der Petronius eintrat stand Varenus gemächlich auf. "Salve, Petronius." Ein Blick auf die Sanduhr. "Und sogar pünktlich. Eine Tugend, die für einen Beamten unersätzlich ist. So, nimm doch erst einmal Platz. Du wirst nämlich noch genug in Bewegung sein." Varenus setzte sich wieder und nahm eine Wachstafel zur Hand. Auf der Stand nämlich was zu tun war. "Zu allererst müssen wir Informationen sammeln, also alle Grundstücke zusammenaddieren. Natürlich getrennt nach Status, Ordo und Stand. Wir finden alle Informationen im Grundstücksarchiv. Ich denke wir sollten dort beginnen." Er blickte ein weiteres Mal zu Petronius. "Auf, auf! Was sitzt du herum?" Das 'wir' war wohl eher als 'du Petronius' zu verstehen.

  • Brav setzte sich Lucius und freute sich still ein bisschen über das Lob - auch wenn es im Grunde der Alte gewesen war, der ihm Pünktlichkeit eingeprügelt hatte, war es doch eine nützliche Eigenschaft. Weniger verstand er dagegen, was für Bewegung ihm nun blühen würde.


    Gerade wollte er dann seine Gedanken ausführen, wie man ihr Vorhaben am geschicktesten umsetzte, als der Decimer auch schon ziemlich klare und uninspirierte Anweisungen gab. Seine tollen Ideen zerplatzten wie eine Seifenblase - scheinbar hatte Varenus ihn sich als den gleichen Hilfskrafttrottel gesichert, als der er auch für Lepidus arbeiten musste! Grundstücke addieren und aufschreiben - im Archiv! Und er hielt es nicht einmal für nötig, ihm gleich ein bisschen mehr von seinem Plan zu verraten, sondern scheuchte ihn direkt los!


    Schließlich rappelte er sich doch auf, als er so angepflaumt wurde, während der alte Primicerius seelenruhig sitzen blieb - hatte er nicht "wir" gesagt?
    "Alle Grundstücke des Imperiums?"
    fragte der junge Petronier ungläubig - das mussten... also das ließ sich gar nicht überschlagen, so viele waren das wohl!

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  • Er war sowas von überzeugt, dass er ein guter Ausbilder gewesen wäre. Petronius wäre nicht der Erste, den Varenus erfolgreich bearbeitete, um später ein guter Finanzbeamter zu sein. Nur in der Familie selbst hatte er so seine Schwierigkeiten gehabt, wenn man die Geschichte um Flavus in Betracht zog. Dieser Flegel hatte sich stets gegen Varenus und seine Methoden gestellt. Und das mit Erfolg! Doch wie gesagt, am Palatium war Varenus sowas wie ein Guru gewesen. Nein, er litt nicht an Überschätzung, sondern Finanzbeamter zu sein, das wollten nur wenige, sodass es kaum Konkurrenz gab. Die meisten Bewerber in den letzten Jahren hatten es viel mehr auf die anderen Abteilungen abgesehen.


    "Wenn du Pluto kennenlernen möchtest, dann wäre es wohl der richtig Weg. Die mathematische Methode einer Hochrechnung wäre wohl angebrachter. Wir haben mit diesem Verfahren bisher gute Erfahrung sammeln können. Geh also in das Archiv und du findest im Bereich F - I alle Akten die auch zum Census verwendet wurden." Ob Petronius damit arbeiten konnte? Weil auch die Hochrechnung war nicht ganz so einfach gewesen, denn man musste mathematische Kenntnisse wie Quotienten, Gleichungen und so Zeug kennen und verstehen.

  • "Äh - Hochrechnung?"
    fragte Lucius verwirrt. Darüber hatte ihm Xanthippus nie etwas erzählt - und Eumenius schon gar nicht (der hatte aber Zahlen sowieso verabscheut)! Natürlich war es ziemlich einfach, nur einen Teil der Akten durchzusehen - wobei F bis I ja auch vier Buchstaben waren, bei zwanzig Buchstaben insgesamt also doch immerhin ein Fünftel aller Kandidaten (wenn man vernachlässigte, dass die Namensverteilung auf das Alphabet wahrscheinlich nicht völlig gleichmäßig war). Auf jeden Fall immer noch eine Menge!
    "Und - äh - alle Grundstücksbesitzer mit einem Gentilnomen F bis I? Oder wie?"
    Natürlich wusste er nicht, ob das aus den Census-Akten direkt hervorging - er hatte ja noch nie einen veranstaltet!

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  • Varenus packte sich an die Stirn. Entweder der Petronius nahm ihn auf die Schippe oder dieser war tatsächlich ein wenig mit der Aufgabe überfordert. So oder so musste das Vorhaben endlich begonnen werden, sodass ihm nichts anderes übrig blieb, als nochmals deutlicher zu werden.
    "NEIN! Im Bereich F bis I befinden sich alle Akten zum Cenus. NICHT! Nur die Akten mit den Gentilnomen F bis I." Er befreite seine Stirn wieder. "Du musst richtig zuhören, dann fallen solche unsinnigen Nachfragen im Vorhinein weg. Such also erst einmal die Akten zusammen und notiere die Anzahl der Gründstücke pro Person." Eques sein, aber von Tuten und Blasen keine Ahnung haben...

  • Varenus war ganz offensichtlich mindestens genauso schrecklich wie sein Vater - trotzdem erschrak die heftige Reaktion den jungen Petronier, der sich nun wirklich keiner Schuld bewusst war. Im Gegenteil - der Decimer hatte ihm nicht richtig zugehört! Genaugenommen hatte er ja genau das vermutet und wollte nur sichergehen - nicht, dass man ihn am Ende anmeckerte, weil er Unmengen an Arbeit (die ganz sicher vor ihm lagen) ganz umsonst gemacht hatte! Wenn er nur daran dachte: Unter I gab es ja beispielsweise die Iulii und von denen kannte er ja schon in Mogontiacum eine ganze Menge, im gesamten Imperium aber vermutlich Millionen! Andererseits wusste er aus Erfahrung mit dem Alten, dass man unsinnige Aufgaben mit diesem Typ von Mensch überhaupt nicht diskutieren brauchte - also schluckte er seinen Ärger einfach herunter.
    "Jawohl, Primicerius."
    erwiderte er stattdessen in giftigem Ton, stand auf und ging. Während er in den Flur hinaus trat, malte er sich noch aus, wie er diesen alten Spinner mit Pythagoras zerteilte - da würde er endlich mal einen Grund haben, herumzubrüllen...

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  • Es dauerte schon eine geraume Zeit, bis Lucius sich endlich wieder traute, seinem Vorgesetzten unter die Augen zu treten. Aber er hatte eben bisher noch nie in einem Archiv gearbeitet und die Aufgabe, die er bekommen hatte, wäre wahrscheinlich selbst für einen erfahrenen Archivar eine Sisyphusarbeit gewesen. Doch irgendwann hatte er zumindest die senatorischen Familien von F bis I beisammen und beschloss, zumindest das dem mies gelaunten Decimer vorzulegen - nicht, dass der noch dachte, sein petronischer Mitarbeiter würde nichts tun!


    Also marschierte er zum Officium des Primicerius, trat ein und legte die Tabula auf den Tisch:

    [FONT=freestyle script, amaze]Senatorische Familien:


    [/FONT]


    Dann wischte er sich die schwitzigen Finger an der Tunica ab - irgendwie hatte er doch ein bisschen Angst vor Varenus - fuhr sich durchs Haar und erklärte, was er hier gebastelt hatte:
    "Die Arbeit ist - äh - ziemlich umfangreich. Ich hab' jetzt angefangen mit den Senatoren und ihren Angehörigen, weil ich mir - äh - gedacht habe, dass es ja vor allem um die geht. Danach würde ich mit - äh - mit den Equites weitermachen und so weiter. Weil wenn ich allein denk', wie viele Iulii es in Rom gibt... da - äh - wird die Grundstücksteuer ja nie fertig!"

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  • Auch wenn mehrere Tagen vergingen, war der Petronius überraschend flink gewesen. Andere hätten wohl Wochen gar Monate gebraucht, aber nicht dieser Petronius. Die Stimmung ging ruckartig steil nach oben. Sogar ein Lächeln war zu erkennen, als er die Tafel zu sich nahm.


    "Gute Arbeit! Wirklich sehr gute Arbeit! Und deine Vorgehensweise ist brillant gewählt." Die Sesselpupser sollen Bluten! "Du darfst natürlich jeder Zeit zu deiner eigentlichen Aufgabe zurück. Und sei dir gewiss, dass dein Name nicht nur als Fußnote endet."


    Dass das Grundsteuervorhaben vorerst seine letzte Bemühung sein werde, daran dachte er in diesem Moment nicht.

  • Der junge Petronier war überrascht - sogar ziemlich überrascht - als der bisher eher übellaunige Decimer ihn so überschwänglich lobte. Wieder einmal hatte sich erwiesen, dass eine rationale Vorgehensweise sich bewährte und sogar Leute begeisterte, die zuerst einmal von sich selbst eingenommen waren...
    "Äh - danke!"
    war allerdings alles, was er auf diese unverhofften Ankündigungen erwidern konnte. Nicht nur als Fußnote - ob Varenus damit meinte, dass er ihn unterstützen würde? Vielleicht konnte er ja dafür sorgen, dass er nach dem Amtsjahr seines Patrons tatsächlich einen Offiziersposten irgendwo im Imperium ergatterte... wie hatte er noch gesagt? Geld ist Macht. Die Finanzabteilung trägt hauptsächlich dazu bei...


    Aber bevor die Laune des Primicerius wieder kippte, beschloss er, auch Lepidus über seine Erfolge in Kenntnis zu setzen. Also sagte er nur
    "Dann - äh - schaue ich mal nach dem Quaestor. Wenn ihr mich braucht, wisst ihr ja, wo ihr mich - äh - finden könnt!"
    und ging ein paar Officia weiter...

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  • Nachdem sich Varenus in letzter Zeit etwas zurückgezogen hatte. Ein wenig Urlaub genoss, um den ganzen Trouble um die Kaiserkür auszuweichen. Kam er am nächsten Morgen, nachdem der neue Imperator ausgerufen worden war, zur Arbeit. Er stieß seine Arbeitszimmertür auf und holte kräftig aus. "Salve Lusticus, na... wer hätte es gedacht. Der Aquilier hat es doch tatsächlich geschafft! Kein Wunder oder? Immerhin wählt der Senat jemanden, der ja im Umkehrschluss den Senat wieder mehr Macht schenken möchte. Wenn das kein Gegenseitiges zurande kommen ist, dann weiß ich auch nicht. Die eine Hand wäscht die andere. Welcher Senat hätte jemanden als Imperator gekürt, der wie Vescularius aufgetreten wäre, niemand. Gähn...


    Tja, ändern können wir nichts daran, alter Freund. Doch die Auswirkungen sind klar. Wir haben nun mehr Arbeit als denn je. War es doch einfach einem Mann´s Willen umsetzen, müssen noch alle Senatoren befriedigt werden. Vielleicht gibt es doch noch ein wenig Hoffnung. Immerhin ist der Senat dafür bekannt, dass er alles totredet ohne wirklich etwas zu entscheiden. Also liegt es wieder an uns! Wer hätte das gedacht…"

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