Wieder einmal hatte Tiberius Durus nachgedacht und das Gesetz studiert, insbesondere nachdem er seinen Platz an der Spitze der Factio Veneta abgegeben hatte. Vor geraumer Zeit bereits hatte der göttliche Iulianus ein Gesetz erlassen, das gänzlich jeglicher praktischer Nützlichkeit widersagte und dem Tiberier von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen war.
Aus diesem Grund ließ er sich vom Consul mit seiner Angelegenheit auf die Tagesordnung setzen und erhob sich, als er aufgerufen wurde. Leise räusperte er sich, dann setzte er an.
"Patres conscripti,
mein Anliegen am heutigen Tage ist eines, das mir bereits seit längerer Zeit am Herzen liegt, denn es geht um die Änderung eines Gesetzes, das der alltäglichen Praxis nicht ferner sein könnte. Ich spreche von der Lex Communitatis, die sich mit den Rahmenbedingungen für Collegia, Societates und sonstiger Gemeinschaften beschäftigt. Obwohl es mir weitestgehend angemessen erscheint, muss ich heute doch am letzten Paragraphen, versehen mit der Nummer Vier, Kritik üben. Sein Inhalt lautet:
(1) Es ist dem Verein nicht gestattet, Eigentum in jeglicher Form zu besitzen.
(2) Ein Verein darf kein Geld erwirtschaften durch Verkäufe etc. und keine Spenden annehmen.
(3) Ein Verein darf kein Gewerbe führen.
Manch einer von Euch, der etwa in einer der Factiones tätig ist, wird stutzen, denn seit jeher ist es dort üblich, eine gemeinsame Kasse zu führen, um die Ausgaben für den Rennstall zu bestreiten. Nach jenem Gesetz sind derartige Kassen jedoch illegal.
Nicht nur aus diesem Grund, sondern auch, weil bei zahlreichen anderen Gemeinschaften ähnliche Probleme auftreten und es unnötig umständlich ist, dass etwa Kultvereinigungen abwechselnd für Kosten aufkommen müssen, anstatt jeweils den gleichen Betrag in eine Gemeinschaftskasse zu legen, möchte ich für eine Änderung jenes Paragraphen plädieren.
Da ich weiß, dass der Grund für dieses Gesetz Fälle von Steuerhinterziehung waren, bei denen feige Männer die Großzügigkeit unseres Staates, der Vereine von sämtlichen Steuern ausgenommen hatte, ausnutzten, indem sie ihr Privatvermögen in den Vereinskassen versteckten, möchte ich einen Kompromiss vorschlagen:
Warum sollten Vereine nicht die Möglichkeit besitzen, eine gemeinsame Kasse zu führen, von der jedoch regelmäßig ebenso Steuern fällig werden, wie sie es bei Privatpersonen der Fall ist?
Um jegliche Steuerhinterziehung zu verhindern, könnten Vereine mit einer Kasse außerdem dazu verpflichtet werden, dem A Rationibus regelmäßig Bericht zu erstatten, was sich im Besitz des Vereins befindet mitsamt eine Erklärung dafür, sodass zusätzlich von Fall zu Fall eine Obergrenze für den Besitz festgelegt werden könnte. Damit könnte dem Rechnung getragen werden, dass eine Factio ein größeres Vermögen benötigt als etwa der Kultverein einer regionalen Gottheit, die nur einen Altar betreiben, auf dem sie regelmäßig kleine Opfer darbringen.
Sollte das Gesetz jedoch weiter bestehen bleiben, würden unsere Factiones mit ihrer langen Tradition, ebenso zahlreiche andere Gemeinschaften in konsequenter Ausführung des Gesetzes ihre finanzielle Basis verlieren und damit letztendlich eingehen oder zu privaten Veranstaltungen verkommen. Dies sollte verhindert werden, darum bitte ich um Eure Meinung zu dieser Angelegenheit."