Die kaiserliche Landvilla

  • Valerianus schüttelte bedauernd den Kopf, und er schien dabei entweder traurig oder müde zu sein.


    "Nein, es wird kein Treffen mit dem bisherigen Kommandeur geben. Das Kommando ist dir hiermit erteilt. Ebenso das Tribunat. Lasst euch von den anderen Offizieren einarbeiten."


    Die weiteren Details überließ er wieder Salinator, der ihm diese Ernennung ohnehin vorbereitet hatte.

  • Damit war das Gespräch beendet. Die letzte Antwort stand dem Kommandeur zu und Herius hielt damit seine Klappe. Er hoffte natürlich, das Vescularius Salinator nach dieser Audienz noch einige Stunden Zeit finden würde, um sie über die Vergangenheit, die Geschehnisse (welche ihm zu der Aussage verleidet hatte, das es Probleme mit Lieferungen gab) und vielleicht auch das eine oder andere Wort zu den Offizieren zu informieren.


    "IN FUGA FOEDA MORS EST: IN VICTORIA GLORIOSA."

  • Nun, dies war wohl eindeutig, man stiess uns also ins kalte Wasser.... im wahrsten Sinne des Wortes..... doch gut, wenn es denn so sein sollte, würden wir uns schon arrangieren.


    Man wartete noch ab, ob dieser Salinator noch etwas sagen würde....

  • Potitus neigte abermals dem Kaiser gegenüber das Haupt. "Hab Dank, mein Kaiser, für Deine Zeit." Salinator sah die Audienz ebenfalls als beendet an. Er hatte alle Unterschriften, die er gebraucht hatte und alle nötigen Dinge besprochen. Es gab keinen Grund, dem Kaiser länger zur Last zu fallen. Die wenigen Fragen, die es noch zu klären gab, konnten sie draußen besprechen.

  • Für die beiden Gäste war klar, das der Kaiser die Audienz beenden würde. So blieben sie standhaft ruhig und warteten auf das auflösende Zeichen. Im Anschluss konnten sie noch einige Fragen an den PU stellen. Vorallem jene, die Vescularius Salinator selbst aufgeworfen hatte.


    Ansonsten kannten sie sich beide mit römischer Heeresverwaltung aus. Was eine Truppe kleidete, verpflegte und bei Moral hielt, nahm sich unter den verschiedenen Gattungen wenig. Etwas anders sah es bei Material, Nutzungsgegenständen und Stützpunktarchitektur aus. Aber auch dort wurde ein Teil der Ausrüstung weitestgehend einheitlich vergeben. In all die Sachen wie Organisation und Aufteilung von Schiffen, dem seemännische Dienst oder Schiffstypen und Einsatzgebiete jener würden sie sich noch belesen können.


    "IN FUGA FOEDA MORS EST: IN VICTORIA GLORIOSA."

  • Ein Sklave und Bote kam an die gut bewachte Pforte zur Landvilla des Kaisers.
    Die Kaiserliche Garde, die Prätorianer, kannte er schon aus Rom, nicht aber den Bewaffneten, den er nun ansprach, nachdem er sich tief verbeugt hatte.


    “Mein 'err mich schickt. Lucius Aelius Quarto mein 'err ist. Er der Bruder des P'arao ist und i'n besuchen möchte. Wann er zu i'm kann, ich fragen soll.“


    Ach... vielleicht hätte Quarto doch lieber jemanden geschickt der besser Latein konnte. Ein schlimmes Kauderwelsch kam aus dem Mund dieses Boten, und besonders schlau wirkte er auch nicht.

  • Der angesprochene Wachsoldat machte ein gekonnt neutrales Gesicht und hatte tatsächlich nur die Hälfte verstanden. Was aber nicht weiter störte, denn wie fast jeder Wachsoldat war er darauf trainiert, bestimmte Stichworte hören zu müssen oder hören zu wollen, nach denen die Besucher sortiert wurden. Hier war es der Name des Bruders des Kaisers in Verbindung mit der Bezeichnung 'Herr' beziehungsweise etwas, was halbwegs danach geklungen hatte.


    Für den Wachsoldaten war damit klar, dass der Bote eingelassen und dem Vorzimmer der Schreibstube vorgeführt werden konnte. Dort wurde er dann noch einmal genauer nach seinem Anliegen befragt. Dass der dortige Schreiberling neben Latein auch Griechisch sprach, half in diesem Augenblick allerdings vermutlich nicht weiter.

  • “Mein 'err Lucius Aelius Quarto mich schickt. Er 'ier ist. Den P'arao er besuchen will. Ich fragen soll wann er kommen kann. Wann er kann kommen?“, wiederholte Nakhti brav, was ihm aufgetragen worden war.

  • Der Schreiberling hörte dem Sklaven mit gewichtiger Miene zu und nickte bedächtig. "Was heißt 'Er ist hier'? Hier in Misenum?" erkundigte er sich, wartete aber nicht ernsthaft auf eine Antwort. Sein Blick ging zum Fenster, um am Sonnenstand die Tageszeit zu schätzen, da er zu faul war um aufzustehen und auf die Uhr zu schauen. "Der Imperator Caesar Augustus wird deinen Herrn zum Abendessen empfangen", entschied er dann nach einem weiteren Blick auf einen wichtig aussehenden Plan auf seinem Tisch.

  • “Ja 'err. Ich i'm sagen werde. Danke 'err.“, antwortete Nakhti und verneigte sich bei diesen Worten mindestens dreimal.
    Dann trollte er sich, um seinem Herrn Bescheid zu geben.

  • Zeitig vor dem Abendessen erschien ein Wagen vor der Kaiserlichen Landvilla.
    Er brachte Lucius Aelius Quarto, den leiblichen Bruder des Kaisers.
    Aber der kam nicht alleine. Ein Mann mittleren Alters begleitete ihn.
    Es war Caius Aelius Archias, ein Vetter zweiten Grades und als solcher mit dem Kaiser ebenfalls verwandt.


    Ein Sklave bat für sie um Einlass und Quarto hoffte, dass er nun ohne große Umstände zu seinem Bruder geführt wurde.
    Seit dieser im Frühjahr Rom verlassen und nach Misenum gekommen war hatte er ihn nicht mehr gesehen.

  • Da man in der kaiserlichen Landvilla nun ausreichend über den bevorstehenden Besuch des Bruders des Kaisers informiert war, wurde der Reisewagen nicht nur von den Wachen, sondern wenig später auch von gleich mehreren Dienerns empfangen. Man sorgte für eine Unterbringung des Wagens samt der Tiere und führte den hohen Besucher samt seiner Begleitung ins Gebäude. Durch mehrere Räume und Korridore führte der Weg, auf dem die Gäste auch Gelegenheit hatten, ihre Mäntel abzulegen. Schließlich war der kleine Speisesaal erreicht, in dem der Kaiser offenbar heute sein Abendessen mit seinen Gästen einnehmen würde. Öllampen brannten, die Polster auf den Clinen frisch und einladend. Der Kaiser war noch nicht anwesend.

  • Caius hatte eigens zu diesem Zweck nicht nur seine beste, sondern seine allerbeste toga angezogen. Der Ritterring glänzte neben einem aelischen Siegelring. Leider half das auch nicht viel gegen seine Nervosität. Das Gebäude war prächtig, die Diener fein ausstaffiert, die Wachen grimmig und scheinbar bereit, den Kaiser mit ihrem Leben zu verteidigen. Caius hielt sich an Quarto, der souverän auftrat und ehrfurchtgebietend (wie Caius fand) neben ihm her schritt.


    Am Tag zuvor hatte Caius noch angenommen, dass es eine kurze Audienz werden würde, die der Kaiser ihnen beiden zuteil werden lassen würde, ehe er, Caius, hinausgebeten werden würde, um das vertrauliche Gespräch zwischen Brüdern nicht weiter zu stören. Umso überraschter war er dann gewesen, als man sie beide zum Essen eingeladen hatte. Und jetzt betraten sie einen Raum, der mit Eleganz nicht geizte, aber gleichzeitig auch angenehm normal wirkte. Caius war nervös, versuchte aber, das zu verbergen. Vor dem Kaiser mochte ihm das vielleicht gelingen, vor Quarto wohl kaum. Immerhin kannte dieser ihn inzwischen gut genug, um die auf dem Rücken zusammengefassten Hände und das gelegentliche Einziehen der Lippen richtig zu deuten.

  • Aelius Quarto sah sich interessiert um.


    “Recht hübsch hat er es hier.“, meinte er recht unbefangen.


    Dann sah er zu Archias und sagte: “Bedenke: er ist nur ein Mensch. Ich sage nicht, dass er ein gewöhnlicher ist. Aber dennoch bleibt er ein Mensch, so wie wir alle.“
    Er lächelte ihm aufmunternd zu.

  • Eine Tür wurde geöffnet und Valerianus betrat den Raum. Einen Moment schien er zu zögern und sich dann einen Ruck zu geben, während er auf seinen Bruder zuging, um ihn zu begrüßen.


    "Salve, Quarto, Bruder!"


    Der zweite Gast musste zunächst warten, auch wenn er ebenso ein Verwandter war.

  • Als Quarto so plötzlich etwas sagte, hatte Caius gar nicht damit gerechnet und fuhr deswegen ein ganz klein wenig erschrocken zusammen. Nur ein Mensch, aber ein besonderer. Ja, das sagte er sich schon, seitdem sie von Quartos Landgut aus aufgebrochen waren. Allerdings änderte das nicht sonderlich viel daran, dass er ein Nervenbündel war.


    Und dann öffneten zwei Diener die Flügeltür und der Kaiser trat ein. Kurz hielt er inne, dann kam er auf sie beide zu. Caius blieb respektvoll dort stehen, wo er stand, auch wenn Quarto vielleicht auf seinen Bruder zugehen würde. Wie erwartet, begrüßte der Kaiser zuerst seinen Bruder und den wichtigeren seiner beiden Besucher, und Caius war das erstmal mehr als recht. So blieb nämlich genug Zeit, um den Kaiser ein wenig aus den Augenwinkeln zu mustern. Ganz so gesund sah er tatsächlich nicht aus. Fast konnte man denken, dass er sogar etwas ausgemergelt wirkte, aber seine Kleidung kaschierte diesen möglichen Umstand ganz gut. Caius jedenfalls hielt erstmal den Mund, bis er angesprochen oder vorgestellt wurde. Sicher war sicher.


    Gut, dass man das nervöse Wippen der Zehen in seinen Stiefeln nicht sehen konnte.

  • “Gaius, Bruder, salve und danke für die Einladung.“, sagte Aelius Quarto und versicherte anschließend, wie sehr er sich freue ihn zu sehen.
    Es folgten Grüße und Genesungswünsche von allen möglichen Leuten aus Rom, die er zu überbringen versprochen hätte, wie er wortreich versicherte.
    Er lobte die schöne Villa seines Bruders und wie herrlich sie gelegen sei, wie hübsch das Land hier wäre sagte er und erwähnte auch, wie unbeschwert seine Anreise gewesen war.
    Quarto redete viel, so kannte man ihn, während Valerianus der Schweigsame von beiden war; ein Mann der Tat und nicht der Worte. So unterschiedlich waren die beiden Brüder und das waren sie auch schon als Kinder gewesen.


    Schließlich machte Quarto eine Geste in Archias' Richtung.


    “Darf ich dir Caius Aelius Archias vorstellen, deinen und meinen Vetter zweiten Grades? Er ist der Sohn von Decimus Calvaster und der Enkel von Sextus Tubero, dem Bruder unseres Großvaters Quintus. Ich habe dir schon von ihm erzählt, du erinnerst dich vielleicht. Vor einiger Zeit hast du ihn zum Eques erhoben, wofür er dir sehr dankbar ist und ich auch. Er war in Aegyptus. Aber jetzt wohnt er bei mir in Rom, in der domus Aeliana auf dem Palatin.“


    Er winkte Archias zu.


    “Komm' ein wenig näher, Caius.“

  • Während Caius dastand und aufmerksam wartete, erzählte Quarto. Und erzählte. Dabei fielen schätzungsweise an die achtzig Namen (zumindest empfand Caius es so), und alle hatten Quarto Genesungswünsche und Grüße und viele liebe Worte für den Kaiser mit auf den Weg gegeben. Als es sich gerade so anhörte, als ob tatsächlich soeben der letzte Name gefallen war, machte sich Caius innerlich bereit. Aber dann folgte eine detaillierte Reisebeschreibung samt Lob über das nette Haus des Kaisers, und Caius musste wider Erwarten ein wenig schmunzeln. Bereits auf der Reise war er daran erinnert worden, wie gern Quarto redete. Was allerdings, soweit er das beurteilen konnte, eine aelische Eigenschaft war, denn auch Caius hörte sich gern selbst reden. Insofern hatten sie einige sehr interessante Unterhaltungen auf dem Weg von Rom nach Misenum gehabt.


    Jetzt fiel aber sein Name, und Caius lenkte wieder mehr von seiner Aufmerksamkeit auf die beiden Brüder. Quarto winkte ihn gerade heran. Caius hatte plötzlich das Gefühl, dass seine Schuhe am Boden festklebten und er sich nicht rühren konnte. Er riss sich allerdings los und gesellte sich zu Quarto, der gerade versicherte, wie sehr er sich mit Caius über den Ritterstand freute. Caius schluckte und deutete ein Lächeln an.


    »Es ist mir eine Ehre, dich endlich persönlich kennenzulernen, Augustus«, sagte er seinen ersten Satz zu dem mächtigsten Mann der Welt und fand, dass das gar nicht so schwer gewesen war. Ein wenig von seiner Nervosität fiel von ihm ab, jetzt wo der erste Schritt erfolgreich getan war.

  • Valerianus hörte schweigend zu, was ihm sein Bruder alles erzählte und nur die Tatsache, dass es eben sein Bruder war, der zu ihm sprach, sorgte dafür, dass er daran sogar etwas wie Freude empfand. Nachdem ihm schließlich auch sein Verwandter vorgestellt worden war, ergab sich endlich eine Pause, in der er selber das Wort ergreifen konnte.


    "Lasst uns Platz nehmen."


    Langes Stehen war er nämlich schon lange nicht mehr gewohnt, denn spätestens seit er in Misenum Quartier bezogen hatte, gab es dazu keine Grund. Also nahm er auf den Clinen den Platz des Gastgebers ein, während sich die anderen beiden auf die naheliegende Weise auf die anderen beiden Clinen verteilen konnten.


    "Du wirst all den genannten Herren und Damen meinen Dank für ihre guten Wünsche ausrichten. Es freut mich, dass sie in Gedanken genauso bei mir sind, wie ich bei ihnen und Rom."


    Ein Lächeln zeichnete sich in seinem Gesicht ab, aber es blieb unklar, ob es von den vielen guten Wünschen oder dem Gedanken an Rom herrührte. Dann wandte sich seinem Vetter zweiten Grades zu.


    "Schön, dass du meinen Bruder begleitet hast. Ich kenne meine Familie viel zu wenig. Du warst also in Aegyptus? Berichte mir."


    Sich von einer Reise berichten zu lasen, war schließlich eine der angenehmsten Arten, selber nichts sagen, nicht nachdenken und vor allem nichts entscheiden zu müssen.

  • Caius ließ auch hier wieder höflich Quarto den Vortritt, nachdem der Kaiser Platz genommen hatte, und legte sich dann auf die dritte der äußerst bequemen Liegen. Seine Anrede schien ja ganz gut angekommen zu sein, zumindest hatte er weder pikiert geschaut noch die Stirn erunzelt. Als er ihn dann aufforderte, von Ägypten zu erzählen, überlegte Caius hastig. Sollte er das Land beschreiben oder besser, was er dort gearbeitet hatte und wie das gewesen war? Er unterdrückte einen Blick zu Quarto und schoss einfach ins Blaue, indem er von allem etwas erzählte.


    »Ich war für knapp sechs Jahre in Alexandrien und habe beim cursus publicus als Postpräfekt von Ägypten gearbeitet. Das Klima dort ist grandios, schön warm, aber nicht zu trocken. Die Landschaft außerhalb des Deltas ist zwar eher karg, aber direkt am Nilus ist es grün und blüht, soweit das Auge reicht«, berichtete er und verfiel dabei vielleicht in eine etwas zu poetische Erzählweise, zumindest für seinen sonstigen Erzählstil.


    »Die Alexandriner sind zwar etwas schreibfaul, aber sonst ganz nette Menschen. Dort unten herrscht eine ganz andere Mentalität als in Italien oder Germanien. Darf ich fragen, ob du schon einmal in Ägypten warst, Augustus?« fragte Caius dann interessiert und hoffte, dass er damit nicht zu sehr in die Privatsphäre des Kaisers eindrang. Jetzt wäre wohl ein guter Zeitpunkt gewesen, die Falerneramphoren mit Palmwein zu verschenken, aber da Quarto es für keine gute Idee gehalten hatte, lagerten die beiden Mitbringsel nun im Weinkeller in Quartos Landsitz ein. Caius allerdings würde heute aufpassen, ob Valerianus nicht vielleicht doch Wein trank.

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