• Der Tempel des Mars


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    Der Marstempel steht in unmittelbarer nähe zu den Tempeln des Augustus und der kapitolinischen Trias. Die Treppe zum Tempel ist in drei Ebenen unterteilt, auf der zweiten Ebene ist ein extra Sockel für den Opferaltar. Die Front der Kultstätte bilden acht prächtige korinthische Säule, die das große Dach stützen. Vor einiger Zeit wurde der sie von Medicus Germanicus Avarus, dem zu dieser Zeit amtierenden Quaestor Urbanus, erweitert und ausgebaut.


    Im inneren des Tempels stehen in den Säulengängen links und rechts zahlreiche Statuen von ruhm- und erfolgreichen Feldherren, die im Kampf für Rom gefallen sind und große Siege davon getragen haben. In einem Nebenraum ist eine kleinere Statuette der Bellona, der Begleiterin des Mars, zu finden. In der Haupthalle triumphiert die riesiege Statue des Kriegsgottes, welcher als kräftiger, bärgtiger Mann mit einer großen Lanze in der Hand dargestellt ist. Die Soldaten der Ala II in Mogontiacum legen dem rächenden Gott immer wieder Gaben dar, damit er sie in ihrem Kampfgeist stärkt und zusammen mit ihnen das Schwert im Krieg für Rom führt.

  • Sim-Off:

    Da es nicht möglich ist alle enstanden 'losen' Themen in diesem neuem Thema unterzubringen, da man den Eröffnungspost nicht rückdatieren kann, findet man HIER das Archiv in dem alle losen Themen zusammengesammelt sind. Der Verlauf lässt sich am besten durch die Baumstruktur nachvollziehen.

  • Witjon hatte sich den heutigen Tag komplett frei genommen, denn er hatte eine Erledigung zu machen, bei der es um Leben und Tod ging, und zwar nicht nur sprichwörtlich. Während die Legionen, in denen ein Teil seiner Sippe und einer seiner Muntlinge in den Krieg gen Italia gezogen waren, bereits ihr eigenes Opfer dargebracht hatten, hatte Witjon heute selbiges in einem etwas kleineren, aber ebenso feinen Maßstab vor.


    Gute Vorbereitung war das halbe Opfer, so hieß es, und deshalb hatte Witjon sich im Vorfeld einige Gedanken gemacht. Zunächst einmal war es für ihn ungewöhnlich, dass er außerhalb öffentlicher Angelegenheiten heute überhaupt einen römischen Tempel betrat, um ein Opfer darzubringen. Aber er hatte sich überlegt, dass ein Gott, der römische Legionen im Kampf gegen andere Römer beschützen sollte, wohl am liebsten auch unter dem Dachgebälk eines römischen Tempels und nach römischem Opferritus umworben werden wollte.


    Des Weiteren hatte sich der Sippenführer der Abkömmlinge Wolfriks natürlich Gedanken über die Opfergaben und das Drumherum des Opfers gemacht. Er hatte den Aedituus gefragt und auf dessen Rat hin ein halbes Vermögen für einen Ochsen ausgegeben, der tatsächlich strahlend rotes Fell hatte - Witjon hatte ihn zuvor selbst begutachtet und mit ausgewählt - und dessen Hörner er vom hauseigenen duccischen Goldschmied Brix hatte vergolden lassen. Das Opfertier, das sich unter Einfluss beruhigender Kräuter vom Opferhelfer relativ willig zum Altar führen ließ, war zudem mit prächtigen Blumenkränzen geschmückt und trug eine scharlachrote Wollbinde um die Stirn, wie es ihm der Aedituus empfohlen hatte. Danaben sorgten jeweils ein halbes Dutzend tibicines und fidicines für eine festliche musikalische Untermalung des Geschehens.


    Witjon trug die weißeste Toga, die er hatte auftreiben können, selbstredend ergänzt durch die Zeichen seines Ritterstandes. Er hatte sich aus der Curia sogar einen Sklaven geliehen, der dem Gewand einen besonders professionellen Faltenwurf gegeben hatte. Jetzt führte er die Opferprozession auf die Stufen des Marstempels zu, der mächtig vor ihm aufragte. Das Opfertier machte am Altar auf der zweiten Ebene der Stufen halt, während Witjon - gefolgt von den Musikanten, Weihrauchträgern und den restlichen Opferdienern, die allesamt junge und zumeist gut aussehende Männer waren - dem Eingang des Tempels auf der höchsten Ebene zustrebte. Dort unterzog er sich bereitwillig dem Reinigungsritual. Dann betrat die Prozession den Tempel.


    Im Inneren fuhr Witjon zunächst ein Schauer der Ehrfurcht über den Rücken. Schnell zog er sich die Toga über den Kopf und zeigte so seine Funktion als Opferherr. Vor ihm ragte nun der gewaltige bärtige Mars auf, die Lanze in kriegerischer Pose gen Himmel gereckt. Prompt fühlte Witjon sich von den vielen Abbilden der Feldherren beobachtet, die von den Seitenwänden her jeden Opferherren im Blick hatten.
    Bevor der nicht mehr ganz so junge Duccius sich jedoch dem Kriegsgott höchstpersönlich zuwandte, betrat er vorerst den Nebenraum, in dem nun Bellona ihren starren Blick auf ihn richtete. Dort ließ er neuen Weihrauch auflegen und breitete sodann seine Arme zur Anrufung aus.


    "Bellona, du mächtige Herrin des Kampfes! Die Grausamkeit der Schlacht ist deine Wonne und der Kampfeslärm ist dein Loblied. Du füllst die Flüsse mit dem Blut deiner Feinde und mähst jeden Feind mit vernichtender Wucht nieder. Bellona, Tochter des Mars, wenn dein Streitwagen voranprescht, kann kein Krieger wiederstehen. Der Lobpreis der Soldaten ist dein, auf alle Zeit und in allen Völkern!"


    Jetzt trat einer der Opferdiener vor und platzierte eine flache Schale voller Honigkekse vor dem Bildnis der Göttin.


    "Bellona, dich ruft Numerius Duccius Marsus! Dieses Gebäck möge dich gütig stimmen und deine Ohren öffnen für meine Bitte."


    Als nächstes legte ein anderer Diener eine Schale mit Herbstobst und einer saftig gebratenen, gefüllten Taube auf den Opfertisch.


    "Dir weihe ich diesen Schmaus und möchte dich ersuchen: Unterstütze mich in meinem Anliegen an Mars, damit er meine Bitte erhört und Wohlwollen zeigt für die Männer, denen meine Sorge gilt!
    Gewährst du mir diese Bitte, oh starke Göttin, so will ich dir einen stolzen Ziegenbock darbringen. Do ut des!"


    Und damit beendete er seine Anrufung und drehte sich nach rechts um.


    Jetzt betrat die Opfergruppe wieder den Hauptraum des Tempels und Witjon postierte sich vor der beeindruckenden Statue des Kriegsgottes. War er beim Opfer an Bellona bereits aufgeregt gewesen, so waren seine Hände nun kalt und schweißnass und ein ungutes Gefühl der Nervosität machte sich in seinem Magen breit. Einer seiner Opferdiener legte eine großzügige handvoll Weihrauch auf, der sogleich knisternd zu schmoren begann und dessen wohlig duftender Rauch gen Dachgebälk emporstieg. Erneut hob er die Hände, schluckte einen dicken Kloß im Hals herunter und begann sein Gebet.


    "Oh starker Gott des Krieges, höre welche Bitte dein unzulänglicher Diener an dich heranträgt!
    Du Schutzherr der Soldaten, den die Römer im Jubel Mars nennen.
    Mamars, Lenker der Legionen und Führer der Feldherren.
    Marspiter, Gott des tödlichen Stahls und des schützenden Schildes.
    Herr des Kampfes, den die Griechen ehrfürchtig Ares rufen.
    Oh du Feindbezwinger, von Germanen huldvoll Teiwaz genannt."


    Witjon musste nochmal kräftig schlucken. Beinahe hätte er sich versprochen. Jetzt brauchte er ein paar Sekunden um sich an die Worte zu erinnern, die er sich im Folgenden zurechtgelegt hatte. Einer der Opferhelfer nahm die kurze Pause bereits zum Zeichen, die erste Opferschale darzubringen. Fast hätte Witjon interveniert, bevor er sich entschied einfach im Text weiterzumachen. Die Schale sollte ja genau dort hin.


    "Dich preisen die Krieger aller Völker und loben dich im festlichen Kampfesjubel. Jede Schlacht wäre vergebens ohne deinen Segen und kein Schwert und keine Speerspitze träfe ohne deine lenkende Hand. Darum richte ich meine bescheidene Bitte an dich, oh ruhmreicher Bestimmer des Schlachtenglücks, in der Hoffnung auf Gehör. Dir sei dieser Kuchen zuteil, geweiht in Ehrfurcht und Verehrung!"


    Als nächstes folgten zwei Schalen mit versüßtem Obst und würzig geräuchertem Fisch.


    "Mögen diese Gaben dich wohlwollend stimmen."


    Und schließlich ließ Witjon noch eine Bronzestatuette von Mars höchstselbst auf dem Opfertisch aufstellen, die ebenfalls aus duccischer Schmiedearbeit stammte.


    "Zum Zeichen meiner Verehrung diene auch dieses Abbild deiner göttlichen Gestalt. Ich bitte um deine bescheidene Hilfe in meinem Anliegen und verspreche dir meine Dankbarkeit dafür in Form eines prächtigen Rinderpaares!"


    Erleichtert darüber, dass er sein Gebet auf die Kette bekommen hatte, drehte Witjon sich auch hier nach rechts und trat durch die Weihrauchschwaden hinaus ins Freie, wo er erstmal einen tiefen Zug Sauerstoff einatmete.

  • Vor dem Tempel hielt Witjon nun gemessenen Schrittes und unter ständiger Begleitung der Opfermusiker auf den Sockel mit dem Opferaltar zu. Dort wartete bereits der Ochse auf ihn sowie der victuarius. Einer der von Witjon engagierten Burschen besprenkelte die Prozession mit Wasser, um sie noch einmal rituell zu reinigen, dann hatten sie schon den Altar erreicht. Witjon legte nun eigenhändig Weihrauch in die Feuerschale. Ein Herold ermahnte ein paar Schaulustige mit dem obligatorischen "favete linguius" zur Ruhe. Nun konnte Witjon die Darbringungsformel vorbringen.


    "Ehrwürdiger Mars, dem Weihrauch gleich mögen meine Gebete in deine göttlichen Gefilde emporsteigen und deine Großmut erregen!"


    Es folgte die Händewaschung und noch einmal wurde Weihrauch nachgelegt. Das Opfertier war bereits in Position gebracht worden und nun wurde ihm der Schmuck entfernt. Ein Opferhelfer übergoss es mit Wein und weihte den Ochsen so dem Kriegsgott. Dann entkleidete Witjon den Ochsen symbolisch mit dem Opfermesser und konnte endlich seine Bitte vortragen:


    "Diesen Ochsen bringe ich dir, Mars, dar und trage diese Bitte vor dich: Halte deine schützende Hand über meine Vettern Alrik und Hadamar, die in den Legionen als Titus Duccius Vala und Lucius Duccius Ferox ihren Dienst versehen und sorge auch für den Schutz meines Muntlings Sönke, den seine Legionskameraden als Marcus Marius Madarus kennen. Sorge auch für meinen Bruder Arbjon, der bei den Praetorianern als Quintus Duccius Eburnus bekannt ist. Lenke ihre Klingen und lass ihre Schilde und Rüstungen sie vor feindlichem Stahl wappnen.
    Ich bitte dich, oh gewaltiger Gott der Schlacht, gewähre den Meinen deine Gunst und gewähre ihnen das Glück, die bevorstehenden Kämpfe lebendig zu überstehen, egal welcher Kriegspartei sie angehören!
    Mars, dich rufe ich an in meinem Flehen und weihe dir diesen stolzen Ochsen! Gewähre mir diese Bitte und ich will dir ein noch prächtigeres Opfer darbringen. Das verspreche ich dir in der Hoffnung auf deine gönnerische Hilfe.


    Do ut des!"


    Der Schlächter wartete einen Augenblick, dann fragte er "Agone?" und Witjon antwortete bestimmt: "Age!"


    Der Victimarius holte mit seiner Opferaxt aus und traf gekonnt die gewünschte Stelle am Kopf des Ochsen, der zuckend zusammenbrach. Jetzt lagen Witjons Verwandte und der Muntling in Mars' Händen.

  • Zum Glück waren Götter nicht an Raum und Zeit gebunden, sonst wäre Mars derzeit ganz schön ins Rotieren gekommen. In Achaia wurde schon gekämpft, in Italia war es bald soweit und überall wurde für den Ausgang dieser Schlachten gebetet und geopfert. Übermangelnde Aufmerksamkeit konnte sich Mars also wirklich nicht beklagen. Wollte er auch gar nicht, angesichts so inbrünstig und konzentriert vorgetragener Opfer und Bitten wie dieser, die dann auch noch mit dem Gelübte eines weiteren Opfers endete. Da konnte auch ein Kriegsgott nicht nein sagen, auch wenn es langsam eng wurde bei der Auswahl derer, die in der Schlacht wirklich sterben konnten, ohne dass er seinen gegebenen Versprechen brechen musste.

  • Das Blut floss in Strömen. Gut, dass die Opferdiener darauf vorbereitet waren und dementsprechend schnell reagierten, um es in Schalen aufzufangen. Schließlich wurde der Ochse geöffnet und die Innereien konnten begutachtet werden. Witjon hatte darin mittlerweile durchaus Übung. Dementsprechend sah er sich die verschiedenen Teile genauestens und mit geübtem Blick an. Mit Erleichterung stellte er letztlich fest, dass kein Makel zu erkennen war und verkündete fröhlich:


    "LITATIO!"


    Ein paar Schaulustige applaudierten, besonders diejenigen, die Witjons Sippe nahe standen oder Sympathien für die Duccier hegten. Nun folgte das Blutopfer und auch die Innereien wurden Mars dargebracht, indem sie ihren Weg ins Altarfeuer fanden. Der Ochse dagegen würde auseinandergenommen und komplett verwertet werden. Witjon wartete noch so lange, bis die Opfergaben verschmort waren. Dann bedankte er sich bei den Opferhelfern und zahlte die Musikanten aus, wünschte noch einen angenehmen Tag und verließ den Tempelvorplatz. Erfüllt von einem Gefühl der Erleichterung und der Gewissheit, dass die Seinen unter göttlichem Schutz standen, kehrte er nach Hause zurück.
    Mars mit euch, ihr tapferen Soldaten! dachte er und musste unweigerlich lächeln. Hoffentlich sah er sie alle gesund und munter wieder.

  • Es waren jetzt schon mehrere Tage, dass sein eigentlicher Schüler nicht mehr aufgetaucht war. Veranius hatte noch eine Weile gewartet. Vielleicht war der Mann ja krank geworden und hatte nur vergessen, Nachricht zu schicken? Oder hatte einen kranken Verwandten besucht, der etwas außerhalb wohnte?
    Als allerdings die Zeit doch so voranschritt, und sein Schüler Asius nach wie vor nicht wieder auftauchte und auch auf Nachfrage in der Stadt ihn niemand auch nur gesehen hatte, war die Hoffnung wohl dahin, dass Veranius bald einen Ersatzmann für sich selbst gefunden haben würde. Offenbar war Asius abgereist, oder aber es war ihm etwas zugestoßen. In jedem Fall schien er unauffindbar. Was allerdings auch hieß, dass er von der Zahlungsliste des Tempels gestrichen werden musste.


    Marcus Veranius setzte dazu ein kleines Schreiben auf, um es dem Pontifex der Stadt dann auch zukommen zu lassen.


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI
    ET IN NOMINE CIVES MOGONTIACI


    ENTLASSE ICH
    Asius
    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM VII KAL MAI DCCCLXIII A.U.C. (25.4.2013/110 n.Chr.)



    AUS DEM DIENSTE DES PROVINZKOLLEGIUMS ALS
    Discipulus - Mogontiacum


    Marcus Veranius
    Aedituus Templi Martis


    Damit sollte allen Formen genüge getan sein. Veranius seufzte leicht, gab den Brief einem Tempeldiener und fegte dann weiter seinen Tempel.

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