Es war ein angenehm warmer, frühlingshafter, wenngleich auch recht windiger Nachmittag im Maius. Die Ränge des gewaltigen Circus Maximus, die Hundertausende fassen konnten, lagen leer und verlassen da. Heute, ein Tag vor dem ersten Tag des Totenfestes Lemuria, waren keine Rennen angesetzt. Nur ein paar vereinzelte Gestalten standen ganz unten, nah der Rennbahn und beobachteten zwei Gespanne, die ein paar Übungsrunden drehten. Es waren bestenfalls zwei Duzend; Schaulustige, Rennsportenthusiasten, notorische Wetter und Leute, die irgendwie sonst mit dem Rennsport zu tun hatten, und deshalb nicht nur zu den Rennen hierher kamen.
Mit erkennbar nur mäßigem Einsatz wendeten die Gespanne nacheinander an der nordwestlichen meta, wobei sie Staub aufwirbelten, der von einer Bö in Richtung des Palatins fort getragen wurde.
Galeo Samius Musa beobachtete die Szene genau. Auf seinem vollen, stets gerötetem Gesicht zeigte sich Missfallen.
“Hast du gesehen? Das waren mindestens zwei gradi! Zwei, mindestens!“, sagte er zu seinem Begleiter, der ihn um Haupteslänge überragte und der neben dem dicklichen Samius Musa wie ein schlankes und gefährliches Raubtier wirkte. Sein Gesicht war ausnehmend hässlich und von einer tiefen Narbe gezeichnet, die von der linken Braue über die Wange bis zum Ohrläppchen reichte.
Was Musa gemeint hatte, dass war der Abstand des kurveninneren Wagenrades eines der beiden Gespanne zur Wendemarke.
“Zwei gradi, und dabei soll es nur ein palmus sein! Wer das Training zu leicht nimmt, der versagt im Rennen. Der Bursche taugt nichts, ich verschwende hier nur meine Zeit.“
Sein hässlicher Begleiter brummte zustimmend.